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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 55/00vom11. April 2000in der Strafsachegegenwegen gefährlicher Körperverletzung u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom11. April 2000, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.],[X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenklägerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklä-gerin wird das Urteil des [X.] 1999 im Schuldspruch dahin geändert, daß der An-geklagte der Körperverletzung in fünf Fällen, der [X.] in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowieder Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beleidigung schuldigist.Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsan-waltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittelentstandenen notwendigen Auslagen; die Nebenklägerin trägtdie Kosten ihrer Revision.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in [X.], wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen [X.] Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. [X.] der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin in zwei Fällen hates den Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die zuun-gunsten des Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft und- 4 -der Nebenklägerin, die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt sind.Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.[X.] Die Revision der [X.] Die Staatsanwaltschaft beantragt, das Urteil "im [X.]" aufzuheben. Sie wendet sich jedoch im einzelnen dagegen, daß [X.] in den Fällen I[X.] 1 bis 4 der Urteilsgründe nicht wegen gefährlicherKörperverletzung und im Fall I[X.] 5 nicht wegen versuchter Nötigung verurteiltworden ist. Sie rügt auch im vollen Umfang den Freispruch vom Vorwurf [X.] in zwei Fällen. Das [X.] ist damit in sich wi-dersprüchlich; es ist mit Rücksicht auf das ersichtlich erstrebte Ziel dahin aus-zulegen, daß über den gestellten Antrag hinaus auch der Schuldspruch in [X.] I[X.] 1 bis 5 der Urteilsgründe und der Freispruch angegriffen ist (vgl.[X.], Urteil vom 23. Oktober 1997 - 4 [X.]; [X.] in [X.], [X.]. § 344 Rdn. [X.] Die Verfahrensrüge, die [X.] habe zwei am 26. Juli 1999"hilfsweise und schriftlich" gestellte Beweisanträge der Nebenklägerin weder inder Hauptverhandlung noch in den Urteilsgründen beschieden, hat keinen [X.]. Wie sich aus dem [X.] ergibt, ist die [X.]. Die Beweisanträge sind in der Hauptverhandlung durch [X.] Beschluß beschieden worden.3. Soweit die Staatsanwaltschaft mit der Sachbeschwerde rügt, das [X.] habe den Angeklagten in den Fällen I[X.] 1 bis 4 und 6 der [X.] Unrecht nur wegen einfacher und nicht wegen gefährlicher [X.], läßt die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zugunsten des- 5 -Angeklagten erkennen. Die [X.] hat nicht sicher feststellen können,wie lange und intensiv der Angeklagte jeweils ein Kissen oder eine Decke aufdas Gesicht der Geschädigten gedrückt hat. Sie hat [X.] sachverständig beraten[X.] die vom Tatopfer geschilderte Atemnot für sich allein zur Annahme einer le-bensgefährdenden Behandlung nicht als ausreichend angesehen. Die [X.], Atemnot bedrohe ohne nähere Feststellungen zur Dauer nicht in [X.] das Leben des Opfers einer Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1Nr. 5 StGB, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. [X.]R StGB §223a Abs. 1 Lebensgefährdung 1, 7 und 8). Das ergänzende Vorbringen derBeschwerdeführerin zu den Verletzungen am Körper des Tatopfers und zumöglichen Gründen, die den Angeklagten veranlaßt haben könnten, das Kis-sen oder die Decke wieder vom Gesicht der Geschädigten zu entfernen, [X.] auf, weshalb die [X.] zu einem anderen Beweisergebnis hättekommen müssen.4. Im Fall I[X.] 5 der Urteilsgründe liegt nach dem festgestellten Sachver-halt nicht nur eine gefährliche Körperverletzung, sondern auch eine versuchteNötigung vor. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPOsteht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht hätte anders verteidigenkönnen. Der Strafausspruch kann jedoch bestehen bleiben. Der Senat [X.], daß das [X.] auf eine höhere Strafe erkannt hätte.5. Soweit das [X.] den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewal-tigung in zwei Fällen freigesprochen hat, hält die Beweiswürdigung rechtlicherÜberprüfung stand. Die Beschwerdeführerin rügt ohne Erfolg, das [X.]habe sich trotz der vergleichbaren Tatbilder nicht näher mit der "Teilglaubwür-digkeit der Zeugin" [X.] 6 -a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die [X.] [X.] einzelnen dargelegt hat, weshalb sie die Aussagen der Geschädigten zuden angeklagten Vergewaltigungen nicht in gleichem Maße wie bei den [X.] als glaubhaft angesehen hat. Da objektive [X.] diesen Taten fehlen und der Angeklagte die Vergewaltigungen bestreitet,hat das [X.] die Entstehung und die Entwicklung der Aussage der [X.] einer kritischen Prüfung unterzogen. Die Aussagegenese zu denbeiden Fällen hat der [X.] Anlaß zu Zweifeln gegeben, weil die Ge-schädigte sämtliche vom Angeklagten an ihr verübten Gewalttaten erst [X.] später angezeigt und [X.] nach anwaltlicher Beratung - erstmals [X.] noch späteren Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft angegeben hat,auch zweimal vergewaltigt worden zu sein. Indes hat sie als Zeugin in [X.] trotz detaillierten Erinnerungsvermögens im übrigen [X.] mehrfachem Nachfragen keine genauen Angaben über die Tatzeitpunktemachen können. In diesem Zusammenhang war für die Zweifel der [X.] maßgeblich, daß die Geschädigte trotz der wiederholten Übergriffe undmassiven Verletzungen die Beziehung zum Angeklagten aufrecht erhalten [X.] daß sie erst nach der endgültigen Trennung "nur noch die für den Ange-klagten negativen Aspekte schildert und hervorhebt". Was die Beschwerdefüh-rerin gegen diese Urteilsfeststellungen vorbringt, läuft im wesentlichen daraufhinaus, die Umstände abweichend zu werten. Dies ist im Revisionsverfahrennicht zulässig.b) Rechtsfehlerfrei hat die [X.] bei der Prüfung des Vorwurfsder Vergewaltigung eine Gesamtschau der Aussage der Geschädigten vorge-nommen. Dies ist nach der Rechtsprechung des [X.] für den- 7 -Fall Aussage gegen Aussage sogar geboten ([X.]R StPO § 261 Beweiswürdi-gung 1, 13; § 267 Abs. 1 Satz 1 Beweisergebnis 8; ausführlich [X.], 45 ff.). Daß das [X.] den Angeklagten wegen der [X.] verurteilt hat und sich im übrigen von der Schuld des [X.] nicht hat überzeugen können, ist daher hinzunehmen.6. Die nach § 301 StPO veranlaßte Überprüfung des Urteils zugunstendes Angeklagten hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erge-ben.I[X.] Die Revision der [X.] Die Nebenklägerin rügt ohne Erfolg einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3StPO. Das [X.] hat die am 26. Juli 1999 gestellten Beweisanträge vorder Urteilsberatung rechtsfehlerfrei wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeitabgelehnt. Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen,wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sach-zusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangsselbst im Fall ihres [X.] die Entscheidung nicht beeinflussen könnten([X.] StV 1997, 567, 568; [X.]/[X.], StPO 44. Aufl. § 244Rdn. 56). So war es hier. Gegenstand der Aussagen von Zeugen aus dem per-sönlichen Umfeld sollte sein, der Angeklagte habe die Geschädigte nach [X.] immer wieder zur Rückkehr gedrängt. Das [X.] hat den [X.] damit begründet, es sei nach dem bisherigen Ergebnis der Be-weisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, zwischen dem Angeklagten und [X.] hätten flkaum nachvollziehbare, sehr ambivalente [X.] be-standen. Entgegen der Auffassung der Nebenklägerin stellt es keine unzuläs-- 8 -sige Beweisantizipation dar, daß die [X.] aus den Aussagen dieserZeugen keine Schlüsse über die generelle Glaubwürdigkeit der [X.] ziehen wollen.2. Unbegründet ist deshalb auch die mit demselben Beweisziel erhobe-ne Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO. Die [X.] war nicht ge-drängt, die Zeugen unter Aufklärungsgesichtspunkten zu hören. Sie hat in [X.] auch ausgeführt, es habe nicht zuletzt nach den [X.] des Angeklagten und der Nebenklägerin festgestanden, daß es nach [X.] Auseinandersetzungen immer wieder zu Kontaktaufnahmen zwischen bei-den gekommen sei.3. Auch die Nebenklägerin greift die Beweiswürdigung des [X.]sohne Erfolg an:a) Sie rügt, die den Freispruch tragenden Urteilsgründe verstießen ge-gen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Zögerliches Anzeigeverhalten dürfenicht als Indiz gegen das Vorliegen einer Vergewaltigung gewertet werden; die[X.] habe nicht berücksichtigt, daß es sich bei diesem Verhalten umeine typische Schamreaktion eines Vergewaltigungsopfers handele. [X.] wechselnde Angaben seien ein typisches Indiz für Vergewaltigungen [X.] längeren Beziehung. Dem Verhalten dürfe daher kein Indizwert beige-messen werden; es müsse vielmehr als Bestätigung erheblicher Traumatisie-rung und Destabilisierung nach erheblichen Körperverletzungen gewertet wer-den. Dies trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Es gibt keine empirisch abgesi-cherten Erfahrungssätze über das Anzeigeverhalten von Vergewaltigungsop-fern in Fällen der vorliegenden Art, die es verbieten, die feststellbaren [X.] -de zur Aussagegenese und [X.]entwicklung zu bewerten und im [X.] zu ziehen. Steht bei diesen Delikten nach Durchführung der oftschwierigen Beweisaufnahme Aussage gegen Aussage, so muß sich das [X.] bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der widersprechenden Angabenvielmehr in besonderem Maße mit der Entstehung und der Entwicklung einerAussage auseinandersetzen. Dies hat das [X.] ohne Rechtsfehler ge-tan.b) Schließlich rügt die Nebenklägerin auch vergeblich, die Beurteilungvon Aussagen und Indizien, aufgrund derer das [X.] ihre Aussagen zuden Vergewaltigungen als nicht glaubhaft angesehen habe, beruhe auf wider-sprüchlichen und lückenhaften Tatsachenfeststellungen. Mit ihrem Vorbringensetzt die Nebenklägerin aber nur ihre eigene Wertung der festgestellten Tatsa-chen an die Stelle der Auffassung des [X.]s.Schäfer [X.] [X.] Boetticher [X.]
Meta
11.04.2000
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2000, Az. 1 StR 55/00 (REWIS RS 2000, 2539)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 2539
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