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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 [X.] vom 28. August 2007 [X.]St: ja [X.]R: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StGB § 66b, § 67d Abs. 6 Wird die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt er-klärt (§ 67d Abs. 6 StGB), so kann dies regelmäßig nur dann Grundlage nach-träglicher Sicherungsverwahrung (§ 66b Abs. 3 StGB) sein, wenn der Betroffe-ne andernfalls in die Freiheit zu entlassen wäre. Hat er dagegen im [X.] an die Erledigung noch Freiheitsstrafe zu verbüßen, auf die zugleich mit der Un-terbringung erkannt worden war, kann nachträgliche Sicherungsverwahrung re-gelmäßig nur unter den Voraussetzungen von § 66b Abs. 1 StGB oder § 66b Abs. 2 StGB angeordnet werden. [X.], [X.]eil vom 28. August 2007 - 1 [X.] - [X.] in der Strafsache - 2 - gegen wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsver-wahrung - 3 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28. August 2007, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.] und [X.] am [X.] Dr. Wahl, [X.], [X.]in am [X.] Elf, [X.] am [X.] Dr. [X.], Staatsanwalt als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 4 - 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das [X.]eil des [X.] vom 22. Januar 2007 wird verworfen. 2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Betroffenen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen [X.] der Staatskasse zur Last. Von Rechts wegen
Gründe: Das [X.] hat es abgelehnt, gegen den Betroffenen gemäß § 66b Abs. 3 StGB nachträglich Sicherungsverwahrung anzuordnen. Die hiergegen gerichtete auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft bleibt [X.]. 1 [X.] 1. Folgender Verfahrensgang war vorausgegangen: 2 Der wiederholt und auch einschlägig vorbestrafte Betroffene war am 3. Juli 1997 wegen näher geschilderten sexuellen Missbrauchs eines acht Jahre alten Jungen in 13 Fällen - Gewalt hatte hierbei nie eine Rolle gespielt - zu [X.] und acht Monaten (Einzelstrafen je sechs Monate) verurteilt worden; zugleich war er gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden. [X.] beraten 3 - 5 - hatte das Gericht erheblich verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) wegen "[X.] bzw. einer organischen Persön-lichkeitsstörung" und wegen Pädophilie bejaht. 4 Der Betroffene befand sich - mit einer Unterbrechung - im psychiatri-schen Maßregelvollzug, bis die Strafvollstreckungskammer am 21. Dezember 2005 die Maßregel "in entsprechender Anwendung von § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB" für erledigt erklärte, da ein die Unterbringung gemäß § 63 StGB rechtfer-tigender Zustand gemäß §§ 20, 21 StGB nicht gegeben sei. [X.] be-raten hat sie festgestellt, dass zwar eine Pädophilie vorliege, die im Erkenntnis-verfahren gestellte Diagnose im Übrigen aber eine "Fehlbeurteilung" gewesen sei. Der Betroffene habe "die Angaben, auf die die Diagnose gestützt wurde, le-diglich aus Angst gemacht, um statt ins Gefängnis in die Psychiatrie zu kom-men". Zugleich wurde die Vollstreckung des noch nicht erledigten Teils der zugleich mit der Unterbringung ausgesprochenen Freiheitsstrafe (letztlich 311 Tage) angeordnet, die er dann bis Februar 2007 vollständig verbüßt hat. 2. Nach sachverständiger Beratung hat die [X.] beim Betrof-fenen eine Störung der Sexualpräferenz vom Prägnanztyp der Pädophilie (ICD 10 F 65.4) im Sinne einer homosexuell ausgerichteten Pädophilie mit einer Orientierung auf pubertierende Jungen und jugendliche Männer festgestellt. Seine Persönlichkeit sei darüber hinaus von infantilen und dependenten Per-sönlichkeitszügen geprägt. Ein chronisches organisches Psychosyndrom vom Prägnanztyp der organischen Wesensänderung infolge frühkindlicher Hirnschä-digung bzw. cerebraler Dysfunktion liege dagegen nicht vor. Ein Hang zu Taten wie den abgeurteilten sei zu bejahen. Es bestehe auch die hohe Wahrschein-lichkeit, dass er weiterhin derartige Taten begehen werde. 5 - 6 - 3. Die Ablehnung von nachträglicher Sicherungsverwahrung hat die Ju-gendkammer wie folgt begründet: 6 7 a) § 66b Abs. 3 StGB setze voraus, dass die Unterbringung im [X.] gemäß § 67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt worden sei. Die Strafvollstreckungskammer habe ihrer Entscheidung demgegenüber auf eine entsprechende Anwendung von § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB gestützt. Daher sei § 66b Abs. 3 StGB hier schon aus formalen Gründen nicht anwend-bar. b) Es sei auch nicht sicher, dass die Opfer der zu erwartenden Taten hierdurch seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden würden. Der Be-troffene habe bei seinen früheren Taten nie Gewalt angewendet; "eine [X.] mit zunehmender Gewaltanwendung" sei bei ihm "wenig wahrscheinlich". [X.] er aber keine Gewalt an, sei "mit schweren posttraumatischen Belastungsstörungen" bei den Opfern seiner künftigen Taten "kaum zu rechnen". Obwohl "größere" seelische Schäden bei ihnen nicht sicher auszuschließen seien, fehle es an der gemäß § 66b Abs. 3 StGB erforderlichen erhöhten Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts. 8 c) Außerdem führt die [X.], der Sache nach hilfsweise, weite-re Gesichtspunkte an, die die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung hier unverhältnismäßig erscheinen ließen: 9 [X.]) die Fehldiagnose im Erkenntnisverfahren hätte bei gehöriger Sorgfalt vermieden werden können; (2) es falle ins Gewicht, dass der Betroffene nach seiner Entlassung un-ter Führungsaufsicht stünde, wodurch die Gefahr künftiger Straftaten "minimiert" würde; - 7 - (3) schließlich sei noch Freiheitsstrafe zu vollstrecken, nachdem die Un-terbringung für erledigt erklärt worden sei; in derartigen Fällen sei nach dem Willen des Gesetzgebers § 66b Abs. 1 bzw. § 66b Abs. 2 StGB vor § 66b Abs. 3 StGB vorrangig. I[X.] 10 Das [X.]eil hat im Ergebnis Bestand. Allerdings liegen die formalen Voraussetzungen von § 66b Abs. 3 StGB vor. Die fehlerhafte Bezeichnung der Rechtsgrundlage für die Erledigung der Unterbringung durch die Strafvollstreckungskammer ist unschädlich [X.].). [X.] wenig kommt es darauf an, dass die für erledigt erklärte Unterbringung von vorneherein hätte vermieden werden können (2.). Der abstrakte Hinweis auf die Möglichkeiten der Führungsaufsicht könnte die Notwendigkeit nachträglicher Sicherungsverwahrung hier nicht in Frage stellen (3.). Auch die Erwägungen zu den Unklarheiten über die seelischen Schäden, die durch die zu befürchtenden künftigen Straftaten bei deren Opfern eintreten werden, sind nicht tragfähig (4.). 11 Jedoch weist die [X.] zu Recht darauf hin, dass der Betroffe-ne nach der Erledigung der Unterbringung nicht in die Freiheit zu entlassen war; vielmehr hatte er zugleich mit der Unterbringungsanordnung verhängte Frei-heitsstrafe zu verbüßen. Dies begründet nach Auffassung des Senats regelmä-ßig eine Sperrwirkung von § 66b Abs. 1 und Abs. 2 StGB gegenüber § 66b Abs. 3 StGB (5.). 12 1. Zwar weist die [X.] zu Recht darauf hin, dass die Strafvoll-streckungskammer in ihrem Beschluss vom 21. Dezember 2005 die Unterbrin-gung in entsprechender Anwendung von § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB für erledigt erklärt hat. § 66b Abs. 3 StGB verlangt dagegen, dass die Unterbringung [X.] - 8 - mäß § 67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt worden ist. Die Auffassung der Ju-gendkammer, hieraus folge aus zwingenden rechtlichen Gründen ohne [X.], dass § 66b Abs. 3 StGB unanwendbar sei, geht jedoch fehl. 14 Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer entsprach, wie auch die [X.] nicht verkennt, der früheren ganz überwiegenden Recht-sprechung der Strafvollstreckungsgerichte. Diese hatten in richterrechtlicher Rechtsfortbildung die Maßregel in analoger Anwendung von § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB für erledigt erklärt, wenn zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung die [X.] nicht vorlagen, sei es, dass sie von Anfang an ge-fehlt hatten, sei es, dass sie nachträglich weggefallen waren (vgl. [X.]/[X.] StV 2007, 434 ff. mit umfangreichen Nachw. aus der [X.].). Diese [X.] sollte nach dem Willen des Gesetzgebers durch den durch das Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23. Juli 2004 ([X.] 1838) neu geschaffenen § 67d Abs. 6 StGB festgeschrieben werden ([X.]. 15/2887 [X.], 13 f.); die materiellen Voraussetzungen einer solchen Erledigterklärung sollten sich also gerade nicht ändern. Dies verkennt die [X.], wenn sie hervorhebt, dass es an der erforderlichen "qualifizierten" Erledigterklärung - gemeint: gemäß § 67d Abs. 6 StGB - fehle. Für solche Erwägungen wäre, ebenso wie für die Überlegungen der [X.] zu planwidriger [X.] und [X.] nur Raum, wenn sich die materiellen Vorausset-zungen einer Erledigterklärung gemäß § 67d Abs. 6 StGB wegen Fehlens der Unterbringungsvoraussetzungen im Vergleich zur früheren Rechtslage in hier relevanter Weise geändert hätten. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Die Strafvollstreckungskammer hat der Sache nach, wie dies § 66b Abs. 3 StGB erfordert, die Maßregel für erledigt erklärt, weil der die [X.] vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat. Sie hat lediglich übersehen, 15 - 9 - dass sich die paragraphenmäßige Bezeichnung der sachlich unverändert ge-bliebenen rechtlichen Voraussetzungen für diese Entscheidung geändert hat. 16 Dieser Mangel führt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Unan-wendbarkeit von § 66b Abs. 3 StGB. Entscheidend ist nicht, ob die - ohnehin nicht in Rechtskraft erwachsenden - Gründe des Beschlusses der [X.] die Worte "§ 67d Abs. 6 StGB" enthalten oder ob sie gar keine Rechtsgrundlage ausdrücklich nennen oder ob sie, wie hier, eine veraltete Rechtsgrundlage nennen; entscheidend ist vielmehr, ob die Unterbringung aus den in § 66b Abs. 3 StGB genannten Gründen der ersten Alternative von § 67d Abs. 6 StGB - fehlende Unterbringungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der [X.] - für erledigt erklärt worden ist. Da dies der Fall ist, ist § 66b Abs. 3 StGB hier anwendbar. 2. Die [X.] und zuvor auch die Strafvollstreckungskammer gehen übereinstimmend davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Unter-bringung im psychiatrischen Krankenhaus bei deren Anordnung nicht vorgele-gen haben und dass dies auch im Erkenntnisverfahren hätte bemerkt werden können. Der Senat teilt die Auffassung der [X.] nicht, dass diese - im Einzelfall schwierige und oft nicht klar mögliche (vgl. [X.]/[X.] StV 2007, 434, 440) - Unterscheidung die Frage der Verhältnismäßigkeit der nach-träglichen Sicherungsverwahrung beträfe. 17 a) Für die von § 66b Abs. 3 StGB vorausgesetzte Erledigterklärung ge-mäß § 67d Abs. 6 StGB ist nach der Konzeption des Gesetzgebers der Zustand bei der vollstreckungsgerichtlichen Entscheidung maßgebend ([X.]. 15/2887 [X.]). Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. Die unterschiedlich beurteilte Frage, ob von diesem Grundsatz Ausnahmen in Fällen zu machen sind, in denen eine - von Anfang an vorliegende - "[X.] - 10 - weisung" auf bloßer rechtsfehlerhafter Wertung der zutreffend festgestellten Tatsachen durch das erkennende Gericht beruhte (vgl. einerseits [X.], 430; hierzu auch [X.]
Meta
28.08.2007
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2007, Az. 1 StR 268/07 (REWIS RS 2007, 2274)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 2274
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
JKII Qs 35/20 jug (LG Nürnberg-Fürth)
Entziehungsanstalt, stationär, Therapie, Unterbringung, Reststrafaussetzung
2 BvR 2122/11, 2 BvR 2705/11 (Bundesverfassungsgericht)
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2 Ws 272/19 (Oberlandesgericht Karlsruhe)
Vollständige Anrechnung der vollstreckten Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus bei anfänglicher Fehldiagnose
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