Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.11.2014, Az. VII B 65/14

7. Senat | REWIS RS 2014, 1055

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Gegenstand

Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen Kernbrennstoffsteuer


Leitsatz

1. Ruft ein FG das BVerfG an oder richtet es an den EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen, entfalten diese Vorlagen im Hinblick auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Verwaltungsentscheidung für den BFH keine Bindungswirkung.

2. Ein Antrag auf AdV, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit oder Unionsrechtskonformität des der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Gesetzes begründet wird, ist abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls dem erforderlichen besonderen Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt. Einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit oder Unionsrechtskonformität bedarf es in diesen Fällen grundsätzlich nicht. Dem Aufhebungsinteresse des Antragstellers ist nicht allein aufgrund der Befassung des BVerfG oder des EuGH der Vorrang einzuräumen.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) betreibt ein Kernkraftwerk. Nachdem sie in den Kernreaktor Brennelemente eingesetzt und anschließend eine selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst hatte, was zur Steuerentstehung nach § 5 Abs. 1 des Kernbrennstoffsteuergesetzes ([X.]) führte, gab sie für den Monat, in dem die Steuer entstanden war, eine Steueranmeldung ab. Die in der Steueranmeldung berechnete Steuer ist zunächst bezahlt worden. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, worauf die Antragstellerin Klage erhob. Außerdem stellte sie einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ([X.]).

2

Das Finanzgericht ([X.]) hat durch Beschluss die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung mit der Begründung aufgehoben, es sei ernstlich zweifelhaft, ob die Kernbrennstoffsteuer dem verfassungsrechtlichen Typus einer Verbrauchsteuer entspreche und ob dem [X.] einer solchen Steuer die Gesetzgebungskompetenz zustehe. Auf die vom Antragsgegner und Beschwerdeführer (Hauptzollamt --[X.]--) erhobene Beschwerde hat der beschließende Senat mit Beschluss vom 9. März 2012 VII B 171/11 ([X.], 206, [X.], 418) den Beschluss des [X.] aufgehoben und den Antrag auf [X.] abgelehnt. Zur Begründung verwies der Senat unter Beachtung der [X.] des [X.] ([X.]) nach § 32 Abs. 1 des Gesetzes über das [X.] ([X.]G) auf die Notwendigkeit eines besonderen berechtigten Interesses des Antragstellers, welches im Streitfall nach der gebotenen Interessenabwägung nicht vorliege, weil die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einem einstweiligen Außerkraftsetzen des [X.] gleichkäme und mit Einnahmeausfällen in [X.] verbunden sei. Dass der Antragstellerin durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohe, habe sie nicht schlüssig dargelegt.

3

Mit Beschluss vom 29. Januar 2013  4 K 270/11 (Zeitschrift für das gesamte Recht der [X.], 422) hat das [X.] das Klageverfahren ausgesetzt und dem [X.] die Frage vorgelegt, ob das [X.] mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar und deshalb ungültig sei. Dabei ist das [X.] zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine formell verfassungswidrige Steuer handele, weil sie keine Verbrauchsteuer sei und infolgedessen dem [X.] zum Erlass des [X.] die Gesetzgebungskompetenz gefehlt habe. Eine Entscheidung des [X.] in der Sache 2 BvL 6/13 steht noch aus.

4

Ein Parallelverfahren hat das [X.] mit Beschluss vom 19. November 2013  4 K 122/13 ([X.] 2014, 233) ebenfalls ausgesetzt und dem [X.] ([X.]) mehrere Fragen zur Vereinbarkeit des [X.] mit unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere mit der Richtlinie 2003/96/[X.] (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen [X.] zur Besteuerung von [X.] und elektrischem Strom ([X.] --[X.]-- Nr. L 283/51) und mit Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) gestellt. Dabei hat das [X.] seine Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts damit begründet, dass die EnergieStRL der Einführung einer nationalen Steuer auf zur gewerblichen Stromerzeugung verwendete Kernbrennstoffe entgegenstehe und es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine Abgabe handeln könnte, die gegen das Beihilfeverbot (Art. 107 Abs. 1 [X.]) und gegen die Regelungen des [X.] [X.] verstoße. Über das Vorabentscheidungsersuchen ([X.]) hat der [X.] noch nicht entschieden.

5

Nachdem der erneute Antrag auf [X.] der angefochtenen Steueranmeldung vom [X.] abgelehnt worden war, hat die Antragstellerin unter Hinweis auf die [X.] des [X.] bei diesem abermals beantragt, die Vollziehung der Steueranmeldung aufzuheben. Daraufhin hat das [X.] die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung mit Wirkung ab Fälligkeit der Steuer aufgehoben und bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen eine das erstinstanzliche Verfahren der Hauptsache abschließende Entscheidung ausgesetzt. In seiner Begründung geht das [X.] aufgrund der inzwischen gefassten [X.] von veränderten Umständen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) aus. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der [X.] in der Einführung der Kernbrennstoffsteuer eine Verletzung von Unionsrecht sehen werde, bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steueranmeldung. Zudem sei es sogar wahrscheinlich, dass das [X.] gegen die EnergieStRL und gegen die Richtlinie 2008/118/[X.] (VStSystRL) des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der [X.] ([X.] Nr. L 9/12) verstoße. Dabei ergebe sich die [X.] aufgrund einer analogen Anwendung des einer Input-Besteuerung entgegenstehenden Art. 14 Abs. 1 EnergieStRL und aufgrund des Fehlens einer von Art. 1 Abs. 2 VStSystRL geforderten besonderen Zwecksetzung der als indirekte Steuer auf elektrischen Strom einzustufenden Kernbrennstoffsteuer. Darüber hinaus sei die [X.] auch wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des [X.] zu gewähren, denn die ursprünglichen Zweifel an dessen Verfassungskonformität hätten sich nunmehr zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des [X.] verdichtet, wie die Vorlage an das [X.] belege. Zumindest in Bezug auf die durch das Unionsrecht begründeten Zweifel bedürfe es keines zusätzlichen besonderen Interesses der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zweifel liege ein solches Interesse aufgrund der Befassung des [X.] nunmehr vor. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob der Vorlagebeschluss von einem [X.] oder vom [X.]esfinanzhof ([X.]) gefasst worden sei. Von der Anforderung einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, weil das [X.] keine Umstände hinreichend substantiiert vorgebracht habe, die eine Sicherheitsleistung geboten erscheinen ließen. Eine hinreichend konkrete Gefährdungssituation habe das [X.] nicht belegt.

6

Mit seiner Beschwerde begehrt das [X.] die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Ablehnung des Antrags auf [X.] der angefochtenen Steueranmeldung, hilfsweise, die [X.] nur gegen Sicherheitsleistung anzuordnen. Da aufgrund der [X.] des [X.] keine veränderten Umstände i.S. des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O vorlägen, sei der Antrag auf [X.] unzulässig. Fehl gehe die Annahme des [X.], bereits eine Vorlage an das [X.] begründe ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O, so dass aufgrund der Bindungswirkung in jedem Fall vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden müsse. Im Übrigen bestünden hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des [X.] --insbesondere am Verbrauchsteuercharakter der Kernbrennstoffsteuer und an der Gesetzgebungskompetenz des [X.]es-- keinerlei ernstliche Zweifel. Einstweiliger Rechtsschutz sei auch aufgrund der Vorlage an den [X.] nicht geboten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die an ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 [X.] zu stellenden Anforderungen wesentlich geringer seien als die Voraussetzungen für die Gewährung einer [X.]. Ein Gericht könne bereits bei geringen Zweifeln den [X.] anrufen, während die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein höheres Maß an Zweifeln erfordere. Nach der Rechtsprechung des [X.] gehe von einem Vorabentscheidungsersuchen eines [X.] keine Bindungswirkung aus. Auch im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer. In diese Richtung wiesen auch die in der Rechtssache [X.] abgegebenen schriftlichen Erklärungen der [X.]esrepublik Deutschland, der [X.] und der [X.] sowie die schriftlichen Erklärungen der [X.] in der Rechtssache [X.]/13. Insbesondere sei die Kernbrennstoffsteuer keine indirekte Steuer auf Strom, die in den Anwendungsbereich der EnergieStRL falle, und auch keine selektiv begünstigende staatliche Beihilfe. Auch in Anbetracht der [X.] des [X.] sei eine Entscheidung unter Abwägung des Individualinteresses der Antragstellerin und des öffentlichen [X.] zu treffen. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führe zur vorläufigen Nichtanwendung des [X.] und damit zu Steuerausfällen in [X.]. Das öffentliche Interesse des [X.]es an einer geordneten Haushaltsführung sei höher zu gewichten als das Individualinteresse der Antragstellerin. Schließlich habe die Antragstellerin keine hinreichenden Gründe für die Annahme vorgetragen, durch die Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung drohten nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche Nachteile, so dass von einer Gefährdung ihrer Existenz ausgegangen werden müsse. Entgegen der Auffassung des [X.] bestehe aufgrund der Einkommens- und Vermögenslage der Antragstellerin --insbesondere unter Berücksichtigung des Eigenkapitals und der hohen [X.] ein Sicherungserfordernis, so dass einstweiliger Rechtsschutz allenfalls gegen eine entsprechende Sicherheitsleistung gewährt werden könne.

7

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des [X.] an. Allein das Vorabentscheidungsersuchen des [X.] an den [X.] begründe ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Steueranmeldung, zumal eine inhaltliche Auseinandersetzung des [X.] mit den gegen das [X.] erhobenen unionsrechtlichen Bedenken noch nicht stattgefunden habe. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei auch unter dem Gesichtspunkt des effet-utile-Grundsatzes geboten. Da unionsrechtliche Zweifel bestünden, bedürfe es ihrerseits keines besonderen Interesses, weshalb auch eine Abwägung mit öffentlichen Interessen an einer geordneten Haushaltsführung nicht statthaft sei. Auch komme es auf eine detaillierte Auseinandersetzung mit den für das Hauptsacheverfahren bedeutsamen unions- und verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht an. Für eine Gefährdung des Steueranspruchs habe das [X.] keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, so dass die [X.] ohne Sicherheitsleistung zu gewähren sei. Allein die voraussichtliche Dauer des Verfahrens und die Höhe der Steuernachforderungen könnten die Anforderung einer Sicherheitsleistung nicht rechtfertigen. Im Übrigen bestünden ausweislich des Geschäftsberichts für das [X.] auch keine konkreten Anhaltspunkte für das Anfallen weiterer Verluste, die zu einer Zahlungsunfähigkeit führen könnten. Ihre aktuelle wirtschaftliche Situation sei gut, sie verfüge zudem über ein kurzfristiges liquides Vermögen und ein Anlagevermögen. In Hinblick auf die streitgegenständlichen Steuerbeträge und etwa anfallende Zinsen habe sie durch liquide Konzernforderungen gesicherte Rückstellungen gebildet, die selbst unter Berücksichtigung der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung von Kernbrennstoffen bis Ende 2016 und des [X.] nicht korrigiert werden müssten. Im Übrigen seien die Stellung einer Bankbürgschaft, die Hinterlegung von Anleihen oder Barhinterlegungen unzumutbar.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Beschwerde des [X.] ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf [X.].

9

1. Entgegen der Auffassung des [X.] ist der erneute Antrag auf [X.] zulässig. Da die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 69 Abs. 3 [X.]O nicht in materielle Rechtskraft erwächst, steht es der Antragstellerin frei, unter den in § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O festgelegten Voraussetzungen jederzeit einen neuen Antrag zu stellen. Jedoch kann sie eine erneute Entscheidung in der Sache nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände herbeiführen. Hinsichtlich der unionsrechtlichen Fragestellungen liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des [X.] vor. Denn dieses ist an den [X.] erst nach der Entscheidung über den Antrag auf [X.] und dem Senatsbeschluss in [X.], 206, [X.], 418 gerichtet worden (vgl. [X.] vom 21. Oktober 2013 V B 68/13, [X.], 173, und [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, [X.]O, § 69 [X.]O Rz 166, unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes Urteil des Hessischen [X.] vom 22. Oktober 2008  7 V 2514/08). Wegen somit veränderter Umstände ist es unerheblich, ob die im Unionsrecht begründeten Zweifel bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten vorgebracht werden können. Auch ist es unerheblich, dass nicht der [X.], sondern ein erstinstanzliches Gericht den [X.] angerufen hat. Ob die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O auch im Hinblick auf den Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG vorliegen, bedarf aufgrund der Zulässigkeit des Antrags keiner Entscheidung.

2. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts oder hätte seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, hat das [X.] im Regelfall dessen Vollziehung auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 [X.]O). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.

a) Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen ([X.] vom 10. Februar 1984 III B 40/83, [X.]E 140, 396, [X.] 1984, 454). Ist dies der Fall, setzt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen des [X.] jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes (d.h. im Sinne eines ordnungsgemäßen Gesetzgebungsvorgangs) zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus ([X.]-Beschlüsse vom 1. April 2010 II B 168/09, [X.]E 228, 149, [X.] 2010, 558; vom 27. August 2002 XI B 94/02, [X.]E 199, 566, [X.] 2003, 18; vom 6. November 2001 II B 85/01, [X.]/NV 2002, 508; vom 30. Januar 2001 VII B 291/00, [X.]/NV 2001, 1031, und vom 17. März 1994 VI B 154/93, [X.]E 173, 554, [X.] 1994, 567).

aa) Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an ([X.]-Beschlüsse vom 21. November 2013 II B 46/13, [X.]E 243, 162, [X.] 2014, 263; in [X.]E 199, 566, [X.] 2003, 18; vom 20. Juli 1990 III B 144/89, [X.]E 162, 542, [X.] 1991, 104, und vom 20. Mai 1992 III B 100/91, [X.]E 168, 174, [X.] 1992, 729). Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des [X.] bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat ([X.] in [X.]E 228, 149, [X.] 2010, 558).

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die [X.] einer Steueranmeldung wegen der vom [X.] angenommenen Verfassungswidrigkeit des [X.] nicht nur die konkrete Steueranmeldung der Antragstellerin im Streitfall betrifft. Sie wäre vielmehr in gleicher Weise sämtlichen Adressaten des [X.] für jeden Fall einer Steueranmeldung zu gewähren und bedeutete deshalb im Ergebnis die vorläufige Außervollzugsetzung des gesamten ordnungsgemäß zustande gekommenen Steuergesetzes bis zur Entscheidung des [X.], d.h. für einen nicht absehbaren Zeitraum.

Die Befugnis, eine solche Rechtsfolge herbeizuführen, steht jedoch nur dem [X.] zu, dem allein die Feststellung der Nichtigkeit eines Gesetzes sowie der sich aus der Nichtigkeit ergebenden Konsequenzen vorbehalten ist und das nach § 32 [X.]G einen streitigen Zustand bis zu seiner Entscheidung vorläufig regeln, also auch ein Gesetz, über dessen Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden ist, vorläufig außer Vollzug setzen kann. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Ohne Rücksicht auf die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechenden Gründe sind die Nachteile des Ausbleibens einer vorläufigen Maßnahme gegen die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn die Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes erginge, die Verfassungsbeschwerde aber schließlich ohne Erfolg bliebe ([X.]-Beschluss vom 27. Juni 2013  1 BvR 1501/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2013, 1145, m.w.N.). Von dieser Möglichkeit ist nach Auffassung des [X.] nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen, denn der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Gesetz stellt stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar, so dass die Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, ein besonderes Gewicht haben müssen ([X.]-Beschlüsse in NVwZ 2013, 1145, und vom 22. Mai 2001  2 BvQ 48/00, [X.]E 104, 23, 27 f.).

Auch wenn die Antragstellerin im konkreten Normenkontrollverfahren nicht nach § 32 [X.]G, sondern allein beim [X.] gemäß § 69 [X.]O vorläufigen Rechtsschutz beantragen kann, ist jedenfalls für den Fall, dass --wie vorliegend-- die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch ein Fachgericht gleichbedeutend ist mit der Außervollzugsetzung eines kompletten Gesetzes, kein Grund ersichtlich, weshalb das Fachgericht insoweit weniger strengen Anforderungen unterliegen sollte als das [X.].

bb) Wie das [X.] entschieden hat, verstößt eine solche Interessenabwägung --die auch das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltsführung berücksichtigt-- nicht grundsätzlich gegen den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz, zumindest so lange, wie der sofortige Vollzug des Verwaltungsakts die Ausnahme bleibt; in Ausnahmefällen können deshalb überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den [X.] einstweilen zurückzustellen ([X.]-Beschluss vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, [X.], Finanzgerichtsordnung, § 69, Rz 283; im Ergebnis ebenso [X.]-Beschlüsse vom 6. Mai 2013  1 BvR 821/13, NVwZ 2013, 935, und vom 24. Oktober 2011  1 BvR 1848/11, [X.] --HFR-- 2012, 89).

cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gelten diese Grundsätze auch dann, wenn ein Instanzgericht im Rahmen eines [X.] das [X.] zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder eines Steuergesetzes angerufen hat.

Die Anrufung des [X.] entfaltet im Hinblick auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung für den [X.] keine Bindungswirkung. Wie das [X.] entschieden hat, begründet das aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den [X.] keine Bindung an instanzgerichtliche Überzeugungen von der Verfassungswidrigkeit einer Norm, selbst wenn diese durch einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG geäußert worden sind ([X.]-Beschluss in NVwZ 2013, 935). Ebensowenig wird durch einen solchen Vorlagebeschluss der Weg für eine Interessenabwägung versperrt. Mit unterschiedlichen Ergebnissen hat der [X.] eine Interessenabwägung zwischen der einer Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden individuellen Interessen des Steuerpflichtigen selbst in den Fällen vorgenommen, in denen er selbst eine Entscheidung des [X.] eingeholt hat ([X.]-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, [X.]E 202, 380, [X.] 2003, 807, und vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, [X.]E 202, 53, [X.] 2003, 663). Entgegen der Auffassung des [X.] ist auch dem Beschluss des [X.] in [X.]E 243, 162, [X.] 2014, 263 nicht zu entnehmen, das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers habe stets Vorrang, wenn der [X.] in der Sache einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG gefasst hat. Vielmehr hat der [X.] in der Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, im Rahmen der Interessenabwägung sei der Umstand zu berücksichtigen, dass die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes praktisch zu einer einstweiligen Nichterhebung der gesamten Steuer führen könne und dass in Ausnahmefällen überwiegende öffentliche Belange eine Zurückstellung des [X.] des Grundrechtsträgers rechtfertigen könnten. Im Ergebnis hat er dem Rechtsschutzanspruch des Erbschaftsteuerpflichtigen nur deshalb den Vorrang eingeräumt, weil dieser zur Entrichtung der Erbschaftsteuer eigenes Vermögen hätte einsetzen oder die im Wege der Erbschaft erworbenen Gegenstände veräußern oder belasten müssen.

Daraus folgt, dass --selbst wenn der Senat den im Vorlagebeschluss des [X.] und den in der Literatur geäußerten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des [X.] folgen könnte ([X.], Die Richtervorlage des [X.] zum [X.]gesetz, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2014, 18; [X.], Es gibt Grenzen der Besteuerung!, Der Betrieb 2013, Heft 28 M 1; [X.], [X.]gesetz mangels Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig, [X.], 192; [X.], Ein neuer Blick auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes, [X.] 2012, 205; [X.], [X.] der Verbrauchsteuer – dargestellt am Negativbeispiel der [X.], [X.], 309; [X.], Vorläufiger Rechtsschutz bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes, [X.], 325; [X.], [X.] als Verbrauchsteuer und die steuerrechtliche Typenlehre, [X.], 57; Bruch/[X.], [X.] im Fokus der Finanzgerichtsbarkeit, Betriebs-Berater 2012, 234)-- eine Abwägung des für eine [X.] sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses geboten ist.

b) Auch in Bezug auf ernstliche Zweifel an der [X.] des [X.] ist der [X.] nicht an die Rechtsauffassung des [X.] gebunden. Darüber hinaus ist dem [X.] der Antragstellerin nicht allein aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des [X.] der Vorrang einzuräumen. Ist ein komplettes Gesetz betroffen, erfordert die [X.] eines darauf gestützten Verwaltungsakts ebenfalls ein besonderes Aussetzungsinteresse.

aa) Wenn der [X.] selbst im Fall eines [X.] nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht an die instanzgerichtliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Norm gebunden ist ([X.]-Beschluss in HFR 2013, 639), kann schwerlich angenommen werden, dass eine solche Bindungswirkung hinsichtlich der unionsrechtlichen Beurteilung des [X.] besteht (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2009 VII B 186/08, [X.]/NV 2009, 942), zumal eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 AEUV keine Überzeugung des Gerichts von der [X.] erfordert. Sofern die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt, ist es dem nationalen Gericht unbenommen, den [X.] anzurufen, wenn es dies für angebracht hält ([X.]-Urteil vom 6. Oktober 1982 C-283/81 --CILFIT--, [X.]. 1982, 3415). Im Rahmen eines Verfahrens über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kann es somit einem Gericht nicht verwehrt werden, hinsichtlich der Beurteilung unionsrechtlicher Fragestellungen zu einer anderen Auffassung als das Gericht zu gelangen, das in einer identischen Rechtsfrage bereits den [X.] angerufen hat (Entscheidungen des [X.] Münster vom 18. Januar 2013  5 V 3800/12 U, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 556, und des Hessischen [X.] vom 17. Mai 2013  1 V 337/13, nicht veröffentlicht). Nach der Rechtsprechung des [X.] richtet sich der einstweilige Rechtsschutz gegen den Vollzug nationaler Gesetze, deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in Frage gestellt wird, allein nach den durch das vom zuständigen Gericht anzuwendende nationale Recht festgelegten Kriterien, sofern diese Kriterien weder weniger günstig ausgestaltet sind als die für entsprechende innerstaatliche Klagen noch die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren ([X.]-Urteile vom 22. Dezember 2010 [X.]/09 --DEB [X.] mbH--, [X.]. 2010, [X.], und vom 13. März 2007 [X.]/05 --Unibet ([X.]) Ltd und Unibet (International) Ltd--, [X.]. 2007, [X.]). Diesen Grundsätzen steht es nicht entgegen, wenn erstinstanzlichen Vorabentscheidungsersuchen keine Bindungswirkung hinsichtlich der unionsrechtlichen Beurteilung durch andere Gerichte zuerkannt wird.

bb) Im Streitfall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen des [X.] ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 [X.]O begründen, wobei der ergänzende Hinweis geboten erscheint, dass die [X.] in ihrer schriftlichen Stellungnahme in der Rechtssache [X.] die Rechtsauffassung des [X.] nicht geteilt und die [X.] als mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar angesehen hat. Denn selbst wenn aufgrund des an den [X.] gerichteten Vorabentscheidungsersuchens ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des [X.] mit unionsrechtlichen Vorgaben bestehen sollten (zu den verschiedenen Rechtsauffassungen hinsichtlich der sekundärrechtlichen und beihilfenrechtlichen Problemstellungen vgl. [X.], [X.] und [X.], Internationales Steuerrecht 2012, 553; [X.], Steuerliche Sonderbelastung als verbotene Beihilfe – eine unionsrechtliche Achillesverse der [X.], Steuer und Wirtschaft 2012, 318; [X.], Die beihilfenrechtliche Bewertung der [X.] – Zeit für eine Ausdehnung der steuerlichen Kontrolle durch das Europarecht?, [X.]s Wirtschafts- und Steuerrecht 2013, 113; [X.], Grenzen des mitgliedschaftlichen Steuerfindungsrechts am Beispiel der [X.], [X.], 150, und Schröer-Schallenberg, Anmerkung zum Vorlagebeschluss des [X.] Hamburg vom 19. November 2013  4 K 122/13 zur Vereinbarkeit der [X.] mit Unionsrecht, [X.] 2014, 239), wäre die beantragte [X.] unter den besonderen Umständen des Streitfalls nur dann zu gewähren, wenn zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestünde.

cc) Soweit andere Senate des [X.] bei Zweifeln an der Vereinbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften mit Unionsrecht die Voraussetzungen für die [X.] auf diese Vorschriften gestützter Steuerbescheide bejaht haben, weicht der beschließende Senat im Streitfall nicht von den insoweit vertretenen Rechtsauffassungen ab. Fälle der Außervollzugsetzung eines kompletten Steuergesetzes lagen den Entscheidungen anderer Senate bisher nicht zugrunde. Es ging stets allein um die vorläufige Nichtanwendung einzelner Steuernormen.

Zwar hat der [X.] entschieden, seine Rechtsprechung, nach der bei der Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden wegen der Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Vorschrift die Geltendmachung eines berechtigten Interesses an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verlangt wird, könne auf die Geltendmachung von Verletzungen des Vertrages zur Gründung der [X.] ([X.]) nicht übertragen werden, weil die Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten unmittelbares Recht darstellten, das von jedem Gericht unbeschadet der Möglichkeit der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens zu beachten sei (Entscheidungen des [X.] vom 14. Februar 2006 VIII B 107/04, [X.]E 212, 285, [X.] 2006, 523, und vom 24. März 1998 I B 100/97, [X.]E 185, 467, entgegen dem Beschluss vom 22. Januar 1992 I B 77/91, [X.]E 166, 350, [X.] 1992, 618, in dem eine Interessenabwägung unter Beachtung des öffentlichen Interesses der [X.] an einer geordneten Haushaltsführung trotz [X.] eines [X.] vorgenommen worden ist). Im Streitfall geht es aber nicht um die Verletzung unionsrechtlich garantierter Grundrechte, deren unmittelbare Geltung der [X.] zu beachten hätte. Ungeachtet dessen betrifft der Streitfall jedenfalls nicht die unionsrechtliche Begutachtung einer Steuerrechtsnorm im Einzelfall, welche die Geltung des Gesetzes grundsätzlich nicht in Frage stellt, sondern die Frage der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes insgesamt mit den unionsrechtlichen Vorgaben.

Ausweislich des [X.] ist das [X.] selbst nicht zu der Überzeugung gelangt, dass das [X.] gegen geltendes Unionsrecht verstößt, vielmehr hat es die [X.] ausdrücklich nur für möglich bzw. wahrscheinlich gehalten. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, erforderlichenfalls befugt, jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein verfassungsrechtliches Verfahren abwarten müsste ([X.]-Urteile vom 18. Juli 2013 [X.]/12, [X.] Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2013, 782, Rz 33, und vom 5. Oktober 2010 [X.]/09, [X.]. 2010, [X.], Rz 31). Von seiner demnach eingeräumten Befugnis, § 5 Abs. 1 [X.] bzw. das [X.] insgesamt unangewendet zu lassen, hat das [X.] jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern seine Zweifel zum Anlass genommen, dem [X.] die abschließende Beurteilung der unionsrechtlichen Fragestellungen zu überlassen. Würde in einem solchen Fall kein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gefordert, so dass sowohl das vorlegende Gericht als auch der [X.] an einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung gehindert wären, müsste ein ordnungsgemäß zustande gekommenes Gesetz im Vorgriff auf die noch ausstehende Beurteilung der Rechtslage durch den [X.] bereits dann zumindest vorläufig außer [X.] gesetzt werden, wenn vernünftige Zweifel an der [X.] bestünden, welche die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht offenkundig erscheinen ließen. Ein solch schwerwiegender Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei ungewissem Ausgang des Verfahrens vor dem [X.] ginge jedoch über das hinaus, was zur Durchsetzung des Unionsrechts erforderlich wäre.

Soweit im Vorlagebeschluss des [X.] die Frage aufgeworfen wird, ob die Erhebung der [X.] gegen das unionsrechtlich kodifizierte Beihilferecht verstößt, ist darauf hinzuweisen, dass es dem mitgliedstaatlichen Gericht nicht obliegt, darüber zu entscheiden, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ausschließlich die [X.] oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig ([X.]-Urteile vom 18. Juli 2007 C-119/05, [X.]. 2007, [X.], und vom 22. März 1977 Rs. 78/76, [X.]. 1977, 595, Rz 9). [X.] ist das Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV, das weder absolut noch unbedingt ist, nicht unmittelbar anwendbar ([X.]-Urteil vom 31. Juli 2013 I R 82/12, [X.]E 243, 180, m.w.N.). Daher lassen sich die [X.]-Entscheidungen in [X.]E 212, 285, [X.] 2006, 523 und in [X.]E 185, 467 nicht auf den Streitfall übertragen.

Zudem lässt sich den Entscheidungen des [X.] vom 19. Dezember 2012 V S 30/12 ([X.]/NV 2013, 779) und vom 5. Mai 1994 V S 11/93 ([X.]/NV 1995, 368), die sich mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung bestimmter Leistungen (Durchführung ästhetisch-chirurgischer Maßnahmen bzw. entgeltliche Überlassung eines Wohnmobils) und der Auslegung von Bestimmungen der [X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) --Amtsblatt der [X.]en Nr. L 145/1-- befassen, kein Rechtssatz entnehmen, nach dem eine Abwägung der öffentlichen Interessen und der Individualinteressen des Antragstellers bei der Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens beim [X.] in jedem Fall zu unterbleiben hat. Vielmehr hat der V. Senat des [X.] aufgrund der von ihm selbst und von einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats an den [X.] gerichteten Vorabentscheidungsersuchen --ohne die Vereinbarkeit der streitentscheidenden Vorschriften des nationalen Umsatzsteuerrechts mit den Bestimmungen der Richtlinie 77/388/[X.] in Frage zu stellen-- ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide angenommen und einstweiligen Rechtsschutz gewährt, wobei er auf die Frage eines berechtigten Interesses des Antragstellers nicht eingegangen ist. Da sich diese Entscheidungen lediglich auf die steuerrechtliche Beurteilung einzelner Sachverhalte unter Beachtung der sekundärrechtlichen Vorgaben und auf eine entsprechende Auslegung einzelner nationaler Bestimmungen und nicht auf den Geltungsanspruch eines verfassungsmäßig zustande gekommenen Steuergesetzes und dessen Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht beziehen, stehen sie der im Streitfall gebotenen Interessenabwägung nicht entgegen.

3. Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze hat das [X.] im Streitfall die [X.] der angefochtenen Steueranmeldung zu Unrecht angeordnet. Die gebotene Abwägung des für eine [X.] sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung sowie die gebotene Beachtung der [X.] des [X.] führen zu dem Ergebnis, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden kann.

a) Die erforderliche Abwägung der beiderseitigen Interessen fällt im Streitfall zu Lasten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung sowie an dem Vollzug eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes auch in der vom Gesetzgeber hierfür bestimmten Zeit überwiegt das Interesse der Antragstellerin, das allein darin besteht, die [X.] nicht entrichten zu müssen. Dass die Antragstellerin bei Entrichtung der angemeldeten Steuer nicht wiedergutzumachende Nachteile von erheblichem Gewicht erlitte oder nicht mehr gewinnbringend gewerblich tätig sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Darüber hinaus führte eine faktische Außerkraftsetzung des [X.] zu [X.] in Milliardenhöhe. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der beschließende Senat auf die Ausführungen in seinem Beschluss in [X.], 206, [X.], 418. Ausweislich der vom [X.] veröffentlichten Statistik über das Steueraufkommen betrug das Aufkommen der [X.] in 2011  0,92 Mrd. €, in 2012  1,57 Mrd. € und in 2013  1,28 Mrd. €. Letztlich können Unsicherheiten bei der exakten Bestimmung des [X.] bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung auf sich beruhen. Entscheidend ist, dass durch eine [X.] der angefochtenen Steueranmeldung das gesamte [X.] faktisch mit der Folge drohender hoher Einnahmeausfälle außer [X.] gesetzt würde. Keiner entscheidungserheblichen Bedeutung kommen dabei die Gründe zu, die für die Verfassungswidrigkeit oder [X.] des [X.] sprechen ([X.]-Beschluss in NVwZ 2013, 1145, m.w.N., und [X.] in [X.]E 228, 149, [X.] 2010, 558). Von entscheidender Bedeutung sind vielmehr die Nachteile der Gewährung der beantragten [X.] und die [X.] des [X.]. In Anbetracht der zeitlichen Begrenzung der Erhebung der [X.] und ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung hätte die [X.] eine so weitreichende Wirkung, wie sie nur durch eine Entscheidung des [X.] herbeigeführt werden könnte.

b) Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohen. Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt eine [X.] wegen unbilliger Härte voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht ([X.]-Beschlüsse vom 29. März 2001 III B 80/00, [X.]/NV 2001, 1294, und vom 27. August 2002 XI B 94/02, [X.]E 199, 566, [X.] 2003, 18). Nach Einschätzung des Senats ist die (vorläufige) Entrichtung der Steuer der Antragstellerin durchaus zumutbar. Dies wird auch durch den Verzicht des [X.] auf die Anforderung einer Sicherheitsleistung belegt, den es damit begründet hat, dass Anhaltspunkte für eine Gefährdung des [X.] Streitfall sehr hohen-- Steueranspruchs nicht ersichtlich seien. Im Übrigen hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, die aktuelle wirtschaftliche Situation sei gut und sie verfüge zudem über ein kurzfristig liquides Vermögen und ein Anlagevermögen, das die Steuerforderungen bei Weitem übersteige. Zudem seien die Steuerforderungen durch Rückstellungen gedeckt, denen ausreichend Aktiva gegenüberstehen.

Meta

VII B 65/14

25.11.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 11. April 2014, Az: 4 V 154/13, Beschluss

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 69 Abs 2 FGO, § 5 Abs 1 KernbrStG, Art 267 AEUV, § 69 Abs 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.11.2014, Az. VII B 65/14 (REWIS RS 2014, 1055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1055

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