Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2012, Az. 5 StR 219/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4993

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5 [X.]/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 4. Juli 2012
in der Strafsache
gegen

wegen [X.] u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 4. Juli 2012
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2011 gemäß §
349 Abs.
4 StPO aufgehoben

a)
im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall III.1
b und über die Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren,

b)
im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall [X.] und über die
Gesamtfreiheitsstrafe von drei [X.] und neun Monaten, insoweit mit den [X.] die Schadenshöhe im Fall [X.] betreffend.

2.
Die weitergehende Revision wird nach §
349 Abs.
2 StPO als unbegründet verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.] in zwei Fäl-len, davon in einem Fall in Tateinheit mit falscher Verdächtigung und ver-suchter Strafvereitelung, in einem Fall in Tateinheit mit falscher Verdächti-gung unter Einbeziehung der [X.]n aus dem Strafbefehl des [X.] vom 7. August 2007 und zwei [X.]n aus dem Urteil 1
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des [X.] (Oder) vom 23. Juli 2008 zu einer [X.] von vier Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es den Angeklagten wegen Diebstahls und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat schließlich aus den [X.] zwei [X.]n aus dem genannten Urteil des [X.] (Oder) eine dritte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf
Monaten gebildet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der beiden höchsten Einzel-strafen und der zugehörigen Gesamtstrafen; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die für den vom Angeklagten in Tateinheit mit falscher Verdächti-gung und versuchter Strafvereitelung begangenen Meineid (Fall III.1
b) ver-hängte [X.] hat aufgrund der unzureichenden Prüfung des minder schweren Falls nach §
154 Abs.
2 StGB keinen Bestand.

a) Nach den Feststellungen des [X.] hat sich der zum dama-ligen Zeitpunkt wegen illegalen Aufenthalts in [X.] untergetauchte Angeklagte in dem gegen

[X.]
wegen eines Tötungsdeliktes geführ-ten Ermittlungsverfahren am 16. Januar 2007 als Entlastungszeuge gemeldet und sich vom sachbearbeitenden Staatsanwalt die Zusage geben lassen, nach seiner Vernehmung trotz angedeuteter Probleme mit der [X.] das Gerichtsgebäude wieder verlassen zu können. In der noch am selben Tag durchgeführten richterlichen Zeugenvernehmung hat der Ange-klagte bewusst wahrheitswidrige
Angaben gemacht und den Tatverdacht des Tötungsdelikts auf einen Alternativtäter gelenkt. Da der bei der Vernehmung ebenfalls anwesende sachbearbeitende Staatsanwalt den Ermittlungsrichter nicht über die Probleme des Angeklagten mit der Ausländerbehörde infor-miert hatte, fand eine Belehrung des Angeklagten über ein Auskunftsverwei-gerungsrecht gemäß §
55 StPO nicht statt. Im [X.] an seine Verneh-mung wurde der Angeklagte gemäß §
62 Nr.
2, §
59 Abs.
1 Satz
1 StPO ver-eidigt.
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Die Falschaussage des Angeklagten hinderte eine alsbaldige Mordan-klage gegen

[X.]
nicht, der trotz wiederholter Falschaussage des Angeklagten in der Hauptverhandlung

unter erneuter Vereidigung in Ver-kennung des § 60 Nr. 2 StPO

auch anklagegemäß verurteilt wurde.

b) Die für diese Tat verhängte [X.] von zwei Jahren und acht Monaten hat das [X.] dem Regelstrafrahmen des §
154 Abs.
1 StGB entnommen und das Vorliegen eines minder schweren Falls abgelehnt. Zwar hat es bei der [X.] zutreffend eine Strafmilderung wegen der unterbliebenen

jedoch objektiv gebotenen

Belehrung gemäß §
55 StPO verneint, weil der zur Aussage entschlossene Angeklagte sich auch durch den Hinweis auf sein Aussageverweigerungsrecht nicht von der Falschaus-sage hätte abhalten lassen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 1991

3 [X.], [X.]R StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 4). Es hat zudem rechtsfehlerfrei das Vorliegen eines Eidesverbots nach § 60 Nr. 2 StPO verneint. Gleichwohl hätte das [X.] bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall des Meineids nach § 154 Abs. 2 StGB vorliegt, straf-mildernd berücksichtigen müssen, dass bereits die Voraussetzungen für eine Vereidigung des als Zeugen vernommenen Angeklagten nach der seit 1.
September 2004 geltenden Neuregelung des § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO, wonach die Nichtvereidigung eines Zeugen der Regelfall und die Vereidigung die Ausnahme ist, bei [X.] Rechtsverständnis nicht vorlagen. Denn die Aussage des Angeklagten war für das Ermittlungsverfahren, das an-schließend ohne Verzögerung gegen

[X.]
weiterbetrieben wurde, schon damals absehbar nicht von ausschlaggebender Bedeutung; auch [X.] die Feststellungen nicht erkennen, dass eine Vereidigung zur Herbeifüh-rung einer wahren Aussage notwendig gewesen
wäre (vgl. [X.]/[X.] in [X.], 26. Aufl., § 59 Rn. 6 ff.). Angesichts einer aus Rechtsgründen nicht an-gezeigten, mithin objektiv verfahrensfehlerhaften Vereidigung lag für das [X.] die Annahme eines minder schweren Falls auf der Hand (vgl. [X.], Urteil vom 19. Februar 1960

1 [X.], [X.]St 17, 128, 136, Fi-scher, StGB, 59. Aufl., § 154 Rn. 19 mwN). Zwar hatte die Bestrafung [X.]
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ger auszufallen als die im Fall III.1
c

bei Annahme eines minder schweren Falls und unter Zubilligung eines [X.] (§
157 StGB)

zuge-messene Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Der [X.] kann jedoch angesichts des anzuwendenden beträchtlich milderen Strafrah-mens des §
154 Abs.
2 StGB nicht ausschließen, dass das [X.] auf eine geringere Einzelfreiheitsstrafe als die verhängte erkannt hätte.

Die Aufhebung der [X.] führt zur Aufhebung der [X.] von vier Jahren. Da lediglich [X.] vorliegen, können sämtliche Urteilsfeststellungen zu diesem Fall bestehen bleiben.

2. Auch die für den vom Angeklagten verübten Einbruchsdiebstahl vom 24. April 2010 (Fall [X.]) verhängte [X.] von drei Jahren und sechs Monaten hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen der [X.] entwendeten der Angeklag-te und seine Mittäter bei dieser Tat diverse Gegenstände, darunter aus vier

2.000 Bohrer und Frä-e-m-men. Den Schadensumfang hat es dabei auf die Bekundungen des Geschä-digten gestützt, der den Schaden freilich im Rahmen einer im Ermittlungsver-fahren abgegebenen Schätzung noch auf etwa 120.000

S. 20, 70).

Die mehrdeutigen Angaben zur Anzahl der entwendeten Werkzeuge tragen die Feststellungen zur Schadenshöhe nicht. Dies gilt schon deswe-gen, weil
sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, ob die [X.] bei der Strafzumessung den [X.] zugrunde gelegt hat. Ferner verhalten sich die Urteilsgründe nicht zu dem Umstand, dass der Zeuge ur-sprünglich von einem beträchtlich geringeren Schaden ausgegangen war und

aufgrund noch nicht erfolgter Regulierung durch die Versicherung

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keine weiteren objektiven Anhaltspunkte zur Schadenshöhe vorlagen. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Bewertung der Schadenshöhe. Da die Schadenshöhe ein wesentlicher Strafschärfungsgrund war, kann der [X.] nicht ausschließen, dass die [X.] ungeachtet sämtlicher weiterer Strafschärfungsgründe niedriger ausgefallen wäre. Nur zur Schadenshöhe werden neue Feststellungen zu treffen sein.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der verhängten [X.] von drei Jahren und neun Monaten. Abgesehen von den [X.] im Fall [X.] wird das neue Tatgericht der Beurtei-lung sämtliche sonstigen bestehenbleibenden Feststellungen zugrunde zu legen haben.

Die Gesamtstrafbildung in Anwendung der Prinzipien des §
55 StGB erweist sich als insgesamt rechtsfehlerfrei, so dass neben den beiden [X.] [X.] auch die dritte Gesamtfreiheitsstrafe bestehen bleibt.

[X.] Dölp

König Bellay

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Meta

5 StR 219/12

04.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2012, Az. 5 StR 219/12 (REWIS RS 2012, 4993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4993

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