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Keine Anerkennung von Kann-Vordienstzeiten bei Überschreiten der Versorgungshöchstgrenze
Die Nichtigerklärung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG in der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 11. Februar 2015 – Vf. 1-VII-13 – (BayVBl 2015, 558-564) steht der Anwendung des Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG für Kann-Vordienstzeiten (wissenschaftliche Qualifikationszeiten), in denen Leistungen aus privaten Betriebsrenten erworben wurden, nicht entgegen. (Rn. 25 und 26)
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der am ...1950 geborene Kläger stand zuletzt als Professor an der Hochschule ... im Fachbereich Betriebswirtschaft im Dienst des Beklagten (zuletzt Besoldungsgruppe C3 / Stufe 15) und ist nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit Ablauf des ... 2015 in den Ruhestand getreten.
Im Rahmen der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge teilte er mit, dass er ab 1. Juni 2015 eine Betriebsrente der ... von monatlich 482,87 EUR sowie ab 1. Oktober 2015 eine monatliche Rente von der ... in Höhe von 1.006,37 EUR beziehe.
Mit Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle, vom 31. August 2015 wurden die Versorgungsbezüge des Klägers festgesetzt und ein monatlicher Versorgungsbezug von 3.478,25 EUR basierend auf einem Ruhegehaltssatz von 52,61 v.H. bei 29,33 ruhegehaltsfähigen Dienstjahren ermittelt. Bei der Zusammenstellung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten blieben im Rahmen der Ermessensausübung die Beschäftigungszeiten bei der ... vom 17. März 1975 bis 31. August 1975, 1. November 1975 bis 31. August 1976, 1. Juli 1981 bis 30. Juni 1991 und 1. Juli 1991 bis 28. Februar 1995 als wissenschaftliche Qualifikationszeiten im Sinne von Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG außer Ansatz. Da die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG in Höhe von 4.743,67 EUR für den Kläger nicht überschritten wurde, führte die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu keinem Ruhen des Versorgungsbezugs.
Mit Schreiben vom 18. September 2015 erhob der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der vorgenannten Beschäftigungszeiten bei der ... im Bescheid vom 31. August 2015 Widerspruch, über den bislang noch nicht entschieden wurde. Der Kläger ließ am 30. Juni 2016 Klage erheben; für ihn ist beantragt,
Der Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruch des Klägers vom 18. September 2015 unter Berücksichtigung von dessen Kann-Vordienstzeiten und ohne Anrechnung seiner privaten betrieblichen Altersversorgung ermessensfehlerfrei zu verbescheiden.
Die Festlegung der Höhe der Versorgungsbezüge des Klägers sei rechtswidrig erfolgt. Die in Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG vorgesehene Anrechnung sei vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom 11. Februar 2015 (Az. Vf. 1-VII-13) für verfassungswidrig erklärt worden, da die Regelung gegen das durch Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV geschützte Alimentationsprinzip verstoße. Eine derartige Anrechnung von u.a. Betriebsrenten überschreite die Grenzen des Alimentationsprinzips, da weder eine Betroffenheit öffentlicher Kassen noch eine Störung des beamtenrechtlichen Pflichtengefüges gegeben sei. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit privatwirtschaftlicher Einkünfte, die der Versorgung dienten, liege daher nicht vor. Die Anrechnung bewirke eine unzulässige Kürzung der Versorgungsbezüge. Dieses Ergebnis dürfe auch nicht dadurch umgangen werden, dass Kann-Zeiten für den Erwerb besonderer Fachkenntnisse (hier im Rahmen der Art. 22 Satz 4, Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG) unter Ausübung des behördlichen Ermessens nicht berücksichtigt würden. Die unterbliebene Anerkennung der Arbeitszeiten bei der ... sei daher aufgrund einer fehlerhaften Ermessensanwendung rechtswidrig. Der Beklagte habe von seinem Ermessensspielraum nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung Gebrauch gemacht und somit die Grenzen des Ermessens überschritten. Zweck der Anrechnungsvorschriften der §§ 10 bis 12 und § 67 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG, ebenso wie der Vorschriften der Art. 18 bis 20 und Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG, sei, einem erst im vorgerückten Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommenen Beamten annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die er erhalten würde, wenn er sich während der fraglichen Zeit, in der er die besondere Eignung für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erlangt habe, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte. Es gehe mithin im Rahmen dieses Regelungsbereichs nicht um die Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln, sondern allein um die annähernde Gleichstellung der Versorgung mit derjenigen eines „Nur-Beamten“. Die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten sei im Hinblick auf den Gesetzeszweck der Gleichstellung daher dann ermessensfehlerhaft, wenn sie dazu führe, dass dem Beamten ein Ruhegehalt unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze ausgezahlt und die Differenz nicht durch eine andere Versorgung ausgeglichen werde.
Des Weiteren habe der Gesetzgeber auf Bundesebene durch § 55 BeamtVG abschließend zu erkennen gegeben, ob und in welchem Umfang sich der Bezug einer Rente nachteilig auf das Ruhegehalt auswirke. Das gleiche Ziel verfolge der weitestgehend gleichlautende Art. 85 BayBeamtVG. Zu dem Verhältnis zwischen § 55 BeamtVG und § 67 Abs. 2 BeamtVG habe das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012 (Az. 3 A 533/10) ausgeführt, dass für die Ermessensausübung im Rahmen des § 67 Abs. 2 BeamtVG auch die in § 55 BeamtVG zum Ausdruck kommende gesetzliche Wertung zu berücksichtigen sei. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen dürften demnach Leistungen der Altersversorgung, die von der Ruhensvorschrift nicht erfasst würden, auch nicht zu Lasten des Beamten in die Ermessenausübung bei Anrechnungsvorschriften einbezogen werden. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass private Betriebsrenten, welche aufgrund der Verfassungswidrigkeit des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG nicht in den abschließenden Anwendungsbereich des Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG fielen, nicht im Rahmen der Ermessensausübung des Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG zu Lasten eines Beamten einbezogen werden dürften.
Die betriebliche Rente sei auch nicht an die Stelle der gesetzlichen Rente getreten, sondern werde neben dieser bezogen. Sie stelle daher eine von Art. 85 BayBeamtVG nicht erfasste zusätzliche private Vorsorgeleistung dar. Es stehe jedoch jedem Beamten (auch dem „Nur-Beamten“) frei, über die Alimentation des Dienstherrn hinaus eine Eigenvorsorge für das Alter zu treffen. Zwar möge es zutreffen, dass der „Nur-Beamte“ nicht in den Genuss einer vom Arbeitgeber finanzierten Betriebsrente komme. Insoweit dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Betriebsrente des Klägers nicht aus öffentlichen Kassen, sondern ausschließlich privat finanziert sei. Für die gesetzliche Wertung sei es dabei irrelevant, wer die Beiträge für die private Vorsorge aufgebracht habe. Anderenfalls würde dies zu kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen, wenn etwa der frühere private Arbeitgeber dem späteren Beamten die Vergütung erhöhe, um ihm eine private Altersvorsorge zu ermöglichen. Im Ergebnis könne daher auch die vom Beklagten angewendete Ermessensvorschrift des Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG die gesetzlich vorgegebenen Ergebnisse nicht korrigieren und stehe daher einer Berücksichtigung der Zeiten zum Erwerb besonderer Fachkenntnisse nicht entgegen.
Weiter sei zu beachten, dass es sich bei der Betriebsrente des Klägers nicht um Leistungen aus öffentlichen Kassen handele, sondern um eine rein privatrechtliche Vereinbarung, die nicht auf das Ruhegehalt angerechnet werden könne. Dies würde ansonsten zu einer Ungleichbehandlung derjenigen Beamten, welche während ihrer Kann-Dienstzeiten ein erhöhtes Entgelt für eine rein private Altersvorsorge in Eigenregie erhalten hätten und solchen, welche Ansprüche auf eine Betriebsrente erworben hätten, führen. Gleiches gelte auch für den Fall, dass sich der künftige Beamte vor seinem Wechsel in den Staatsdienst die Betriebsrente kapitalisiert als Barwert auszahlen lasse, mit dem Ergebnis, dass in solchen Fällen eine Berücksichtigung der Kann-Zeiten erfolge, die Höhe der Altersvorsorge sich jedoch nicht unterscheide. Eine Schlechterstellung gegenüber „Nur-Beamten“ trete auch in solchen Fällen ein, in denen die Betriebsrente durch den Tod des Berechtigten entfalle. Denn in einem solchem Fall müssten die entsprechend umgangenen Kann-Zeiten nun doch angerechnet werden, um den finanziellen Nachteil für die Versorgung der Witwe auszugleichen. Darüber hinaus bleibe unklar, wie eine zukünftige unterschiedliche Anpassung (Inflationierung) bei der Betriebsrente und der Pension gehandhabt werde. Bei unterschiedlicher inflationärer Entwicklung der staatlichen Pensionsansprüche einerseits und Erhöhung der Betriebsrente andererseits könne sich die durch die Anpassung der Berücksichtigung von Kann-Zeiten erreichte Relation noch weiter verschlechtern.
Im Übrigen seien die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 22 Satz 4 Halbs. 1 BayBeamtVG erfüllt. Bei der Beschäftigung für die ... handele es sich um eine Tätigkeit während der besondere Fachkenntnisse erworben worden seien, die für die Wahrnehmung des Amtes an der Fachhochschule ... förderlich gewesen seien. Dies seien Fachkenntnisse, die dem späteren Beamten bei der Ausübung des ersten übertragenen Amtes von Nutzen sein könnten, ohne dass es sich um eine Einstellungsvoraussetzung handeln müsste. Diese Voraussetzungen seien aufgrund der sich überschneidenden Fachgebiete während der Anstellung bei der ... und der Lehrtätigkeit an der Fachhochschule ... erfüllt. Vorliegend handele es sich sogar um eine Tätigkeit, welche gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayHSchPG Einstellungsvoraussetzung für Professoren an Fachhochschulen sei. Nach dieser Vorschrift werde eine mindestens fünfjährige berufliche Praxis, davon mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs, vorausgesetzt.
Der Beklagte wandte sich mit Schreiben des Landesamts für Finanzen, Dienststelle, vom 29. März 2016 gegen das Klagebegehren. Für ihn ist beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Ermessensausübung des Beklagten im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge sei nicht zu beanstanden. Bei der Ermessensausübung nach Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG sei nach Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG zu beachten, dass die Gesamtversorgung aus der in Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG genannten Tätigkeit hervorgehenden Versorgungsleistungen und den nach dem BayBeamtVG zu leistenden Versorgungsbezügen die Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG nicht übersteigen dürfe. Dementsprechend sei das Ermessen des Beklagten dahingehend auszuüben gewesen, die genannten wissenschaftlichen Qualifikationszeiten des Klägers nicht als ruhegehaltfähig anzuerkennen. Denn die Gesamtversorgung des Klägers aus dem ermittelten Versorgungsbezug (3.478,25 EUR), der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (1.006,37 EUR) und der Betriebsrente (482,87 EUR) in Höhe von 4.967,49 übersteige die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG (4.743,67 EUR).
Auch stelle das vom Beklagten ausgeübte Ermessen keine unzulässige Umgehung des zitierten Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 11. Februar 2015 zur Nichtigkeit des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG dar, da sich diese Entscheidung nur auf die generelle Berücksichtigung sonstiger Versorgungsleistungen im Rahmen des Art. 85 BayBeamtVG und nicht auf die Frage des durch Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG konkretisierten Ermessens bei der Anerkennung von Vordienstzeiten beziehe. Hinsichtlich anderweitig erworbener Versorgungsleistungen von Mischlaufbahnbeamten stelle der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung zu Art. 85 Abs. 1 Satz Nr. 6 BayBeamtVG ausdrücklich darauf ab, dass dort auch Leistungen, die außerhalb ruhegehaltsfähiger Vordienstzeiten erworben worden seien, berücksichtigt worden seien. Dies sei im Rahmen des Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG gerade nicht der Fall. Dieser beziehe sich allein auf Versorgungsleistungen, die während Kann-Vordienstzeiten erworben worden seien. Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG solle sicherstellen, dass Vordienstzeiten nur insoweit berücksichtigt würden, als dies zur Schließung von Versorgungslücken bei erst später ins Beamtenverhältnis Berufenen erforderlich sei. Eine Besserstellung dieses Personenkreises durch eine höhere Gesamtversorgung mit verschiedenen Alterssicherungsleistungen gegenüber den „Nur-Beamten“ werde insoweit vermieden. Dies erfolge im Rahmen einer zeitbezogenen Betrachtung ausschließlich, soweit anderweitige Versorgungsleistungen während potentiell ruhegehaltsfähiger Kann-Vordienstzeiten erworben worden seien. Aufgrund des eigenständigen Regelungsgehalts von Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG könne dessen Anwendung daher keine Umgehung der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zu Art. 85 Abs. 1 Satz Nr. 6 BayBeamtVG darstellen.
Weiter enthalte Art. 85 BayBeamtVG keine abschließende Wertung hinsichtlich der Berücksichtigung anderweitig erworbener Versorgungsleistungen, welche auch im Rahmen des Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG berücksichtigt werden müsse. Der Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 55 BeamtVG a.F. und die daran anschließende Rechtsprechung könnten nicht überzeugen. Denn das BayBeamtVG treffe im Gegensatz zum BeamtVG a.F. neben Art. 85 BayBeamtVG eine ausdrückliche gesetzgeberische Wertung zur Berücksichtigung anderweitig erworbener Leistungen bei der Anerkennung von Vordienstzeiten in Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG. Unter Geltung des BeamtVG a.F. sei dies allein durch Ermessensvorschriften umgesetzt worden. Hingegen habe sich der bayerische Gesetzgeber dazu entschieden, den Gedanken der versorgungsrechtlichen Gleichstellung spätberufener Beamten mit „Nur-Beamten“ bei der Anerkennung von Vordienstzeiten durch eine ermessenslenkende Norm explizit im BayBeamtVG zu regeln. Daher könne für das maßgebliche Landesrecht keinesfalls von einer abschließenden Wertung für die Berücksichtigung anderweitig erworbener Versorgungsleistungen durch Art. 85 BayBeamtVG gesprochen werden. Zudem halte das Bundesverwaltungsgericht an der Auffassung, dass der Ermessensspielraum bei der Anerkennung von Vordienstzeiten nach den §§ 10 bis 12, § 67 Abs. 2 BeamtVG a.F. durch die Wertung des § 55 BeamtVG a.F. begrenzt werde, ausdrücklich nicht mehr fest. Mit Urteil vom 19. November 2015 (Az. 2 C 22.14) werde klargestellt, dass das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt werde, wenn Vordienstzeiten nicht angerechnet würden, weil der Beamte andernfalls eine höhere Gesamtversorgung aus dem Ruhegehalt und einem anderem System der Altersvorsorge haben würde als der „Nur-Beamte“.
Eine Ungleichbehandlung derjenigen Beamten, welche während ihrer Kann-Dienstzeiten ein erhöhtes Entgelt für eine rein private Altersvorsorge in Eigenregie erhalten hätten und solchen, welche Ansprüche auf eine Betriebsrente erworben hätten, sei nicht erkennbar, da es schon an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Schließlich könne im Falle des Erwerbs einer Betriebsrente diese allein aufgrund des Umstands erworben werden, dass keine Tätigkeit im Beamtenverhältnis ausgeübt worden sei, wohingegen eine reine private Altersvorsorge sowohl Beamten als auch Nicht-Beamten offenstehe. Jedenfalls bestünden sachliche Gründe für die unterschiedliche Sachbehandlung. Während eine private Altersvorsorge stets unangetastet bleibe, sei es bei der versorgungsrechtlichen Berücksichtigung von Vordienstzeiten aus dem Grunde der Gleichbehandlung mit einem „Nur-Beamten“ gerade geboten, diese nur soweit als ruhegehaltsfähig zu berücksichtigen, als in diesem Zeitraum nicht anderweitige Versorgungsleistungen (beim damaligen Arbeitgeber) erworben worden seien. Nur so könne der verfolgte Zweck der Gleichstellung mit einem „Nur-Beamten“ erreicht werden. Eine Schlechterstellung erfolge ebenso wenig beim Tod des Berechtigten. Sollte die Witwe keinen Anspruch auf Betriebsrente haben, wären die Kann-Zeiten im Rahmen der Festsetzung des Witwengeldes wieder berücksichtigungsfähig. Letztlich bleibe auch die unterschiedliche Entwicklung von Versorgung und Betriebsrenten nicht unberücksichtigt. Denn die Anrechnung von Kann-Vordienstzeiten auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit gelte nur, solange sich die der Berechnung zugrunde liegenden Verhältnisse nicht wesentlich änderten, die geänderte andere Versorgungsleistung um mindestens 10 v.H. von dem der früheren Ermessensentscheidung zugrunde liegenden Betrag abweiche.
Die Beteiligten erklärten sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte die Entscheidung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte über die Anerkennung seiner Beschäftigungszeiten bei der ... vom 17. März 1975 bis 31. August 1975, 1. November 1975 bis 31. August 1976, 1. Juli 1981 bis 30. Juni 1991 und 1. Juli 1991 bis 28. Februar 1995 als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Beklagte hat sein Ermessen im Bescheid vom 31. August 2015 ordnungsgemäß ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 22 Satz 4 Halbs. 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) kann die nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums vor der Ernennung zum Professor oder zur Professorin liegende Zeit einer hauptberuflichen Tätigkeit nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (BayHSchPG) als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden, soweit sie als Mindestvoraussetzung für die Einstellung gefordert wird.
Nach Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG ist im Rahmen der Ermessensausübung nach Art. 19, 20 und 22 Sätze 3 bis 5 BayBeamtVG zu berücksichtigen, dass die Gesamtversorgung aus den dort genannten Tätigkeiten hervorgehenden Versorgungsleistungen und den nach diesem Gesetz zu leistenden Versorgungsbezügen die Höchstgrenze nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG nicht übersteigen soll.
Im Falle einer Ermessensentscheidung ist das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO darauf beschränkt, zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Das Gericht kann aber nicht die Zweckmäßigkeit der Entscheidung überprüfen oder eigene Ermessenserwägungen anstellen. Liegen bei einer Regelung aufgrund einer Soll-Vorschrift – wie hier nach Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG – keine Gründe vor, die ein Abweichen von dieser Soll-Vorschrift rechtfertigen, genügt für die Ermessensentscheidung die Erklärung, dass die Sachlage derjenigen entspricht, die Grundlage der Soll-Vorschrift ist. Abgesehen von atypischen Ausnahmen ist grundsätzlich nach der Soll-Vorschrift zu verfahren (BVerwG, U.v. 4.3.1993 – 5 C 27.91 – BVerwGE 92,169; B.v. 27.7.2006 – 1 WB 15.06 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 37).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Beklagte ermessensfehlerfrei entschieden, dass die vom Kläger bei der ... zurückgelegten Beschäftigungszeiten vom 17. März 1975 bis 31. August 1975, 1. November 1975 bis 31. August 1976, 1. Juli 1981 bis 30. Juni 1991 und 1. Juli 1991 bis 28. Februar 1995 nicht nach Art. 22 Satz 4 Halbs. 1 i.V.m. 24 Abs. 4 BayBeamtVG anerkannt werden. Bei den Vordienstzeiten handelt es sich um nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums vor der Ernennung zum Professor liegende hauptberufliche Tätigkeiten nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des BayHSchPG, die als Mindestvoraussetzung für die Einstellung gefordert werden (Art. 22 Satz 4 Halbs. 1 BayBeamtVG). Der Beklagte hat sich bei seiner Entscheidung von der Maßgabe leiten lassen, dass die Vordienstzeit dem Grunde nach berücksichtigt wird, allerdings die Höchstgrenze der Versorgungsleistungen nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG, die sich aus der vollen Altersversorgung eines „Nur-Beamten“ ergibt, nicht überschritten werden soll (Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG). Diese Einschränkung greift hier, denn die Gesamtversorgung des Klägers aus dem ermittelten Versorgungsbezug (3.478,25 EUR), der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (1.006,37 EUR) und der Betriebsrente (482,87 EUR) in Höhe von 4.967,49 EUR würde die Höchstgrenze aus Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG (4.743,67 EUR) übersteigen. Auch lagen keine Gründe vor, welche die Behörde zu einem Abweichen von der Soll-Vorschrift des Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG bewegen hätten müssen.
So stellt das vom Beklagten im Rahmen des Art. 22 Satz 4 i.V.m. Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG ausgeübte Ermessen im Hinblick auf Kann-Vordienstzeiten, in denen Leistungen aus privaten Betriebsrenten erworben wurden, keine unzulässige Umgehung der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 11. Februar 2015 – Vf. 1-VII-13 – (BayVBl 2015, 558-564) zur Nichtigkeit des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG dar. Diese Entscheidung befasst sich nur generell mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Nichtanrechenbarkeit von privatwirtschaftlichen Einkünften, die der Versorgung dienen. Dies ist aber zu unterscheiden von der Frage des durch Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG konkretisierten Ermessens bei der Anerkennung von Vordienstzeiten im Rahmen des Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG. Während im Rahmen des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 BayBeamtVG a.F. auch Vorsorgeleistungen zu berücksichtigten waren, die außerhalb ruhegehaltsfähiger Vordienstzeiten erworben wurden, ist dies bei Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG gerade nicht der Fall. Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG bezieht sich allein auf Versorgungsleistungen, die zeitlich gesehen während Kann-Dienstzeiten erworben wurden (BayVV-Versorgung Nr. 24.4.2.1 Satz 3). Grund hierfür ist, dass Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG nach dessen Normzweck sicherstellen soll, dass Mischlaufbahnbeamte keine höheren Alterssicherungsleistungen erhalten, als sie „Nur-Beamte“ höchstens erreichen können (LT-Drs. 16/3200, S. 469). Daher werden in ständiger Verwaltungspraxis Vordienstzeiten im Rahmen der Kannvorschriften nur soweit berücksichtigt, als die Gesamtversorgung nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG nicht überschritten wird. Die Kodifizierung dieses ermessenslenkenden Grundsatzes in Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG soll daher die Gleichbehandlung aller Ruhestandsbeamten und Ruhestandsbeamtinnen sicherstellen (LT-Drs. 16/3200, S. 469). Dagegen ist der primäre Zweck des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG, eine Doppelalimentation aus verschiedenen öffentlichen Kassen zu vermeiden bzw. die „Einheit der öffentlichen Kassen“ herzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – C 22.14 – juris Rn. 23). Aufgrund des unterschiedlichen Reglungsgehaltes von Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG stellt dessen Anwendung daher keine Umgehung der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 11. Februar 2015 – Vf. 1-VII-13 (BayVBl 2015, 558-564) dar.
Weiter enthält Art. 85 BayBeamtVG keine abschließende gesetzgeberische Wertung hinsichtlich der Berücksichtigung anderweitig erworbener Versorgungsleistungen, die auch im Rahmen des Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG beachtet werden müsste. Der Umstand, dass eine private Betriebsrente aufgrund des Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 11. Februar 2015 – Vf. 1-VII-13 (BayVBl 2015, 558-564) nicht mehr der Anrechnungsvorschrift des Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG unterfällt, kann nicht dazu führen, dass die entsprechenden Vordienstzeiten des Klägers bei der ... im Rahmen des Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG berücksichtigt werden müssten, obwohl sie entgegen Art. 24 Abs. 4 BayBeamtVG eine über die Höchstversorgung nach Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG hinausgehende Gesamtversorgung bewirken würden. Andernfalls würde dies zwingend zu einer Besserstellung von Mischlaufbahnbeamten gegenüber den „Nur-Beamten“ führen. Die Ansprüche aus der privaten Betriebsrente blieben im Rahmen der Anwendung der Ruhensbestimmungen nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG außer Betracht, zugrunde liegende Vordienstzeiten müssten aber – ihre Förderlichkeit vorausgesetzt, die in den Fällen des Art. 22 Satz 4 BayBeamtVG regelmäßig zu bejahen ist – stets berücksichtigt werden, obwohl die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG überschritten wäre. Eine derartige Privilegierung von Mischlaufbahnbeamten durch die Kombination der Nichteinbeziehung von Versorgungsleistungen in die Ruhensregelung und eine gleichzeitige Berücksichtigung der entsprechenden Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähig ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht rechtskonform (vgl. zu den entsprechenden Vorschriften des Bundesversorgungsrechts: BVerwG, U.v.19.11.2015 – C 22.14 – NVwZ-RR 2016, 425-428; B.v. 24.9.1991 – 2 B 111.91 – Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 5 S. 3f.; U.v. 6.7.1967 – 2 C 56.64 – BVerwGE 27, 275-279).
Da auch die weiteren vom Kläger angeführten Gesichtspunkte die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung des Beklagten nicht in Frage zu stellen vermögen, war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und 4, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht
Meta
01.06.2017
Urteil
Sachgebiet: K
Zitiervorschlag: VG Augsburg, Urteil vom 01.06.2017, Az. Au 2 K 16.149 (REWIS RS 2017, 9984)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 9984
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Widerruf der Anerkennung von Vordienstzeiten
Anspruch auf Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei Festsetzung von Versorgungsbezügen
Vf. 15-VII-13 (VerfGH München)
Kein Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten eines Beamten
Rentenversicherung, Leistungen, Rente, Arbeitgeber, Versorgung, Beamte, Unfallversicherung, Dienstherr, Minderung, Besoldungsgruppe, Anrechnung, Popularklage, Ruhegehalt, Arbeitsleistung, gesetzlichen …
Kein Zulassungsgrund für die Berufung bei Nichtanerkennung von Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten
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