Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.08.2012, Az. 5 StR 408/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4091

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Gegenstand

Nachverfahren bei Vermögensbeschlagnahme: Berücksichtigung eines Justizverschuldens bei Anwendung der Beweislastregel


Tenor

Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des [X.] vom 28. Februar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat im Nachverfahren gemäß § 439 (i.V.m. § 442) StPO die Anträge der Antragstellerin, festzustellen, dass sie Eigentümerin der anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 29. September 2007 beschlagnahmten Geldbeträgen in Höhe von 20.500 € und 7.000 € sei und dass die Geldbeträge an sie herauszugeben seien, durch Urteil als unbegründet verworfen. Die hiergegen gerichtete Revision der Antragstellerin hat Erfolg.

2

Mit Urteil vom 7. August 2008 hatte das [X.] den [X.]  der Antragstellerin wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gleichzeitig hatte es nach § 33 BtMG, §§ 73, 73d StGB den Verfall von beim Verurteilten anlässlich der Durchsuchung der Wohnung am 29. September 2007 beschlagnahmten Geldbeträgen angeordnet, weil „die Umstände bei der [X.] im Rahmen der Verhaftung des Angeklagten M. die Annahme rechtfertigen, dass die Geldbeträge im Rahmen der hier abgeurteilten Ausfahrertätigkeit erlangt wurden“. Das Urteil ist seit dem 21. April 2009 rechtskräftig. Im Ermittlungsverfahren hatte die Antragstellerin am 12. November 2007 die Herausgabe der Gelder beantragt, ist jedoch bis zur Rechtskraft des Urteils nicht als [X.] beteiligt worden.

3

Den nunmehr im Nachverfahren weiterverfolgten Herausgabeanspruch hat das [X.] als unbegründet erachtet, weil das behauptete Recht nicht erwiesen sei (§ 439 Abs. 4 StPO). Die Antragstellerin habe zwar belegt, dass sie am 27. Mai 2005 und am 17. März 2006 Barbeträge in Höhe von 21.220 € und 5.000 € von ihren Konten abgehoben habe. Es sei jedoch unklar, ob diese Gelder – wie von der Antragstellerin vorgetragen – aus einer ihr im Jahre 1997 gewährten Entschädigungszahlung in Höhe von 57.000 DM stammen. Dies führe mit weiteren Indizien ([X.] bei der Beschlagnahme, Telefonat von Mittätern zwischen der Verhaftung des [X.] und der Wohnungsdurchsuchung) zu dem Ergebnis, dass der Anspruch nicht zur Überzeugung der Strafkammer nachgewiesen sei.

4

Diese Beweiswürdigung ist unzureichend. Das [X.] hat sich durch das Abstellen auf die – ihrerseits kaum überzeugend behandelte – Frage, ob es sich bei den abgehobenen Geldbeträgen originär um die 1997 erlangte Entschädigungszahlung handelt, den Blick darauf verstellt, dass sich eine erlangte Eigentümerposition der Antragstellerin an dem abgehobenen Geld aus der unstrittigen, für sich nicht verdächtigen Abhebung von ihren Bankkonten ergibt. Die vom Tatgericht benannten Umstände können bei Beurteilung des Anspruchs der Antragstellerin zwar Indizwirkung entfalten, eine solche Beweiswürdigung ist aber dem Tatgericht vorbehalten, das einer detaillierteren Aufklärung des Vorbringens der Antragstellerin gegenüber den ermittelnden Beamten höhere Aufmerksamkeit wird widmen müssen. Es wird auch zu berücksichtigen sein, dass mindestens ein Teil des Geldes sich im Schrank zwischen [X.] der Antragstellerin befand, dass die von der Antragstellerin bei der Beschlagnahme nur teilweise für sich reklamierten Geldbeträge in ihren Teilbeträgen überwiegend im Einklang mit den von der Antragstellerin vorgetragenen Abhebevorgängen stehen und dass der gegen den verurteilten [X.] der Antragstellerin geführte [X.] für sich keinen konkreten Anhalt für einen Besitz von [X.] in höherer Summe ergab, geschweige denn einen Anhalt für eine gezielte Vertuschung solcher Gelder durch Einschaltung der Mutter des Verurteilten. Bei der Anwendung der Beweislastregel des § 439 Abs. 4 StPO wird zu beachten sein, dass eine alsbaldige Beteiligung der Antragstellerin am Verfahren, welche sie frühzeitig beantragt hatte und welche ihr unter Umständen bessere Nachweismöglichkeiten eröffnet hätte, durch [X.] verhindert wurde. Auf § 439 Abs. 5 StPO weist der Senat hin.

[X.]                                    Raum                                    Schaal

                         Dölp                                     [X.]

Meta

5 StR 408/11

02.08.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 28. Februar 2011, Az: (511) 69 Js 222/08 KLs (8a/08)

§ 439 Abs 4 StPO, § 439 Abs 5 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.08.2012, Az. 5 StR 408/11 (REWIS RS 2012, 4091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4091

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