Bundesgerichtshof, Vorlagebeschluss vom 14.11.2018, Az. XII ZB 292/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 1744

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AUSLAND BUNDESGERICHTSHOF (BGH) EHE BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) FAMILIENRECHT FAMILIE FLÜCHTLINGE KINDER KINDERBETREUUNG RICHTER

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Gegenstand

Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Verfassungsmäßigkeit der Qualifizierung einer unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen noch nicht 16 Jahre alten Minderjährigen geschlossene Ehe nach deutschem Recht als Nichtehe


Leitsatz

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt, ob Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2429) mit Art. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit eine unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach deutschem Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB - ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert wird, wenn der Minderjährige im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Entscheidung des [X.] zu der Frage eingeholt, ob Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB in der Fassung des [X.] vom 17. Juli 2017 ([X.]) mit Art. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit eine unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach [X.] Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 EGBGB - ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert wird, wenn der Minderjährige im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte.

Gründe

A.

1

Der am 1. Januar 1994 geborene Antragsteller und die am 1. Januar 2001 geborene Betroffene sind syrische Staatsangehörige. Als Verwandte (Cousin / Cousine) wuchsen sie im selben Dorf in [X.] auf. Am 10. Februar 2015 schlossen sie vor dem [X.] in [X.]/[X.] die Ehe. Aufgrund der [X.] flüchteten sie über die sogenannte "[X.]" von [X.] nach [X.], wo sie am 27. August 2015 ankamen. Nach ihrer Registrierung in der Erstaufnahmeeinrichtung in [X.] wurden sie nach [X.] gebracht. Dort wurde die Betroffene, die bis dahin seit Februar 2015 mit dem Antragsteller zusammengelebt hatte, am 10. September 2015 vom Jugendamt in Obhut genommen, vom Antragsteller getrennt und in eine Jugendhilfeeinrichtung für weibliche minderjährige unbegleitete Flüchtlinge verbracht. Durch einstweilige Anordnung vom 16. September 2015 stellte das Amtsgericht das Ruhen der elterlichen Sorge bezüglich der Betroffenen fest und ordnete Vormundschaft an. Zum Vormund wurde das Stadtjugendamt [X.] bestellt.

2

Der Antragsteller, der zunächst nicht wusste, wohin die Betroffene verbracht worden war, hat sich im Dezember 2015 an das Amtsgericht gewandt und eine Überprüfung der Inobhutnahme sowie die Rückführung der Betroffenen beantragt.

3

Das Amtsgericht, das das Begehren des Antragstellers in einen Antrag auf Regelung des Umgangsrechts zwischen dem Antragsteller und der Betroffenen umgedeutet hat, hat das Umgangsrecht dahingehend geregelt, dass die Betroffene das Recht habe, jedes Wochenende von Freitag 17 Uhr bis Sonntag 17 Uhr mit dem Antragsteller zu verbringen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vormunds der Betroffenen hat das [X.] zurückgewiesen; zugleich hat es die Entscheidung des Amtsgerichts von Amts wegen aufgehoben. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Vormunds der Betroffenen, der eine Regelung des Umgangs dahingehend anstrebt, dass die Betroffene lediglich einmal wöchentlich die [X.] von 14 bis 17 Uhr in Begleitung eines [X.] mit dem Antragsteller verbringen darf.

B.

4

Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 [X.] auszusetzen. Nach Überzeugung des Senats ist es mit Art. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 [X.] unvereinbar, dass Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB eine unter Beteiligung eines nach ausländischem Recht ehemündigen Minderjährigen geschlossene Ehe nach [X.] Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - ohne einzelfallbezogene Prüfung als Nichtehe qualifiziert, wenn der Minderjährige im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des [X.] einzuholen.

I.

5

Das [X.], das noch vor Inkrafttreten des [X.] vom 17. Juli 2017 ([X.] I, [X.] ff.) entschieden hat, hat zur Begründung seiner in [X.], 1270 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die Beschwerde des Vormunds der Betroffenen sei zulässig. Die Frage, ob durch die Umgangsregelung das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Vormunds für die Betroffene beeinträchtigt werde, könne im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsmittels dahingestellt bleiben, da es sich insoweit um eine sogenannte doppelrelevante Tatsache handele.

7

Die Beschwerde des Vormunds habe keinen Erfolg, führe jedoch zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen.

8

Die internationale Zuständigkeit sei für den vorliegenden Verfahrensgegenstand nach Art. 1 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a, Art. 8 Abs. 1 [X.] ([X.] a) gegeben. Sie ergebe sich zudem aus Art. 6 [X.] und Art. 16 GFK.

9

Da dem Vormund indessen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Betroffene nicht zustehe, sei eine Rechtsbeeinträchtigung zu seinen Lasten durch die angefochtene Entscheidung nicht gegeben. Vielmehr sei die angefochtene Umgangsregelung ersatzlos aufzuheben, da die Betroffene insoweit selbst Trägerin der Entscheidungsbefugnis sei.

Nach Art. 15 Abs. 1 [X.] bestimme sich das Recht der elterlichen Verantwortung vorliegend nach [X.] Recht. Danach komme der Betroffenen die eigene volle Entscheidungsbefugnis für ihren Aufenthalt und ihren Umgang zu, da die Vormundschaft nach §§ 1800, 1633 [X.] sich für einen verheirateten Minderjährigen nicht auf Belange des Aufenthalts und des Umgangs erstrecke. Eine solche Entscheidungsbefugnis für den Vormund ergebe sich auch nicht aus Art. 16 Abs. 3 und 4 [X.] (bzw. Art. 12 GFK) iVm dem [X.] Kindschaftsrecht, da die elterliche Verantwortung für die Betroffene nach syrischem Recht mit der Eheschließung erloschen sei.

Die Voraussetzungen der Eheschließung bestimmten sich hier gemäß Art. 13 Abs. 1 [X.]BGB nach syrischem Recht, da beide Ehegatten bei Eingehung der Ehe syrische Staatsangehörige waren. Damit gelte das [X.] vom 17. September 1953, geändert durch das [X.] vom 31. Dezember 1975 - syrisches Personalstatutgesetz (im Folgenden: [X.]; [X.] Übersetzung bei [X.]/Ferid Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Arabische Republik [X.] S. 11 ff.).

Die Eheschließung erfolge nach Art. 1 ff. [X.] durch Vertrag zwischen Ehemann und Ehefrau. Die Ehefähigkeit erfordere nach Art. 15 Abs. 1 [X.] geistige Gesundheit und Geschlechtsreife. Gemäß Art. 16 [X.] erlange [X.] die Ehefähigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, die Frau mit Vollendung des 17. Lebensjahres. Wenn eine Jugendliche, die das 13. Lebensjahr vollendet hat, die Eheschließung mit der Behauptung beantrage, geschlechtsreif zu sein, könne der [X.] nach Art. 18 Abs. 1 [X.] die Heirat erlauben, falls er die Richtigkeit ihrer Angaben sowie ihre körperliche Reife als erwiesen ansehe. Eine solche Heirat bedürfe der Zustimmung des [X.] oder des Großvaters der Minderjährigen, soweit diese zugleich Ehevormund der Minderjährigen sind. Der Antrag auf Eheschließung müsse nach Art. 40 Abs. 1 [X.] beim Bezirksrichter eingereicht werden; dabei müsse u.a. das Alter der Verlobten durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Geburtsurkunde belegt werden. Gemäß Art. 41 [X.] gebe der [X.] seine Zustimmung zur Eheschließung, sobald alle erforderlichen Unterlagen vorliegen. Die Eheschließung erfolge nach Art. 43 [X.] durch den [X.] oder einen von ihm ermächtigten Rechtspfleger. Über den Ehevertrag müsse gemäß Art. 44 [X.] eine Niederschrift gefertigt werden, von der der Rechtspfleger nach Art. 45 [X.] eine Abschrift für das Standesamt fertige.

Ausweislich der vorgelegten Unterlagen, die in der Sitzung vor dem [X.] durch einen Dolmetscher nochmals übersetzt worden seien, seien vorliegend sämtliche Voraussetzungen für eine wirksame Eheschließung nach syrischem Recht eingehalten. Anhaltspunkte dafür, dass die vorgelegten Unterlagen falsch sein könnten, bestünden nicht. Auch die [X.] in [X.] habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich nicht um eine nach syrischem Recht wirksame Eheschließung handelt.

Die Eheschließung in [X.] sei auch anzuerkennen, da ein möglicher Verstoß gegen den ordre public dem nicht entgegenstehe. Zwar sei nach [X.] Eheschließungsrecht (§ 1303 Abs. 2 BGB a.[X.]) die Eingehung der Ehe frühestens mit Vollendung des 16. Lebensjahres unter gewissen Voraussetzungen zulässig. Dies bedeute jedoch nicht automatisch, dass bei einer Unterschreitung der Ehemündigkeit die nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nicht anerkannt werden könne. Ob und ggf. bis zu welchem Lebensalter die Unterschreitung des [X.] bei Eheschließung im Ausland zu einem Verstoß gegen den ordre public führe, sei in der Rechtsprechung umstritten. Die Frage eines Verstoßes gegen den ordre public könne aber vorliegend offen bleiben, da selbst bei einem solchen Verstoß hier eine wirksame Ehe vorläge. Denn die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen den [X.]n ordre public sei die Nichtanwendung der ausländischen Vorschrift, wobei die dadurch entstehende Regelungslücke nach Möglichkeit nach ausländischem Recht zu schließen sei.

Nach Art. 47 bis 52 [X.] sei ein Ehevertrag gültig, wenn seine wesentlichen Elemente und seine allgemeinen Voraussetzungen gegeben sind. Gemäß Art. 48 Abs. 1 [X.] sei der Ehevertrag lediglich fehlerhaft, wenn die Grundlage für den Ehevertrag aus Angebot und Annahme vorhanden ist, die anderweitigen Voraussetzungen jedoch nicht vollständig erfüllt sind. Für den fehlerhaften Ehevertrag regele Art. 51 Abs. 1 [X.], dass er einem nichtigen Ehevertrag, der gemäß Art. 50 [X.] keine Rechtswirkungen habe, nur solange entspreche, als die Beiwohnung nicht stattgefunden habe. Dagegen sei den genannten Vorschriften nicht zu entnehmen, dass ein fehlerhafter Ehevertrag zu einem nichtigen Eheschluss führe, wenn - wie hier nach den Angaben der Eheleute in der Anhörung - ehelicher Verkehr bereits stattgefunden habe. Schließlich bestimme Art. 305 [X.], dass bezüglich verbleibender Regelungslücken die herrschende Theorie der hanafitischen Lehre anzuwenden sei. Vorliegend gehörten beide Eheleute nach ihren Angaben der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Auch nach sunnitischem Recht komme eine Ungültigkeit der Ehe nur für eine Ehe eines [X.] mit einer Muslima in Betracht, während im Übrigen mangelhafte Eheschließungen nur anfechtbar seien.

Damit läge selbst bei fehlender Ehemündigkeit nach syrischem Recht lediglich eine fehlerhafte und anfechtbare, jedoch keine unwirksame Eheschließung vor. Dies entspreche dem [X.]n Eheschließungsrecht, da auch eine unter Nichteinhaltung der Ehemündigkeit nach § 1303 BGB a.[X.] geschlossene Ehe gemäß § 1314 Abs. 1 BGB a.[X.] lediglich aufhebbar sei. Ein Aufhebungs- oder Anfechtungsverfahren bezüglich der Eheschließung sei vorliegend aber nicht anhängig. Die Anwendung des [X.] Rechts im konkreten Fall führe daher auch nicht zu einem Ergebnis, das aus der Sicht grundlegender [X.]r Rechtsvorstellungen nicht mehr hinnehmbar sei.

Daran ändere auch die Wertung des § 182 Abs. 3 StGB nichts, da eine Strafbarkeit bei 14-jährigen Sexualpartnern insoweit der Einzelfallbetrachtung unterliege.

Auch [X.] erforderten vorliegend keine andere Beurteilung. Die [X.] enthalte hinsichtlich einer Eheschließung keine Altersgrenze, bei deren Unterschreitung zwangsläufig ein Verstoß gegen Kinderrechte anzunehmen wäre. Die Betroffene sei bei Eheschließung 14 Jahre alt gewesen. Die Eheleute seien unter erheblichen Gefahren gemeinsam von [X.] nach [X.] geflohen. Anhaltspunkte für eine Zwangsheirat seien nicht ersichtlich. Auch der [X.] beider Eheleute für eine zukünftige gedeihliche Lebensführung in [X.] stehe der Anerkennung der [X.] Eheschließung nicht entgegen.

Damit sei aufgrund der wirksamen Ehe der Betroffenen das Personensorgerecht des Vormunds gemäß §§ 1633 a.[X.], 1800 BGB eingeschränkt. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht komme daher der Betroffenen als minderjähriger Verheirateter selbst zu.

II.

Der Senat ist überzeugt, dass die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB, wonach für den Fall, dass die Ehemündigkeit eines Verlobten ausländischem Recht unterliegt, die Ehe nach [X.] Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - unwirksam ist, wenn der Verlobte im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte, mit Art. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 [X.] unvereinbar ist. Die Frage, ob diese während des laufenden Verfahrens durch das [X.] vom 22. Juli 2017 ([X.] I, [X.] ff.) eingefügte Regelung verfassungsgemäß ist, ist für die Entscheidung des Verfahrens erheblich. Denn nur bei Geltung dieser Regelung wäre die Rechtsbeschwerde des Vormunds der Betroffenen begründet, während ansonsten die mit der Rechtsbeschwerde angestrebte Ausübung der elterlichen Sorge dahingehend, dass die Betroffene als verheiratete Minderjährige mit ihrem Ehemann wöchentlich lediglich drei Stunden begleiteten Umgang pflegen darf, ausscheidet.

Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB ist nach herkömmlicher Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte, des gesetzgeberischen Willens und ihres Sinns und Zwecks dahingehend zu verstehen, dass nach ausländischem Recht geschlossene Ehen nach [X.] Recht unwirksam ("Nichtehe") sein und keinerlei Rechtswirkungen entfalten sollen, wenn der Verlobte im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Eine abweichende verfassungskonforme Auslegung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB kommt nicht in Betracht.

1. Die Rechtsbeschwerde hätte ohne Geltung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB keinen Erfolg.

a) Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das [X.] sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig.

b) Indessen wäre die Rechtsbeschwerde ohne Geltung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB in der Sache nicht begründet.

aa) Die internationale Zuständigkeit der [X.]n Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts des § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der [X.] von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2017 - [X.] 333/17 - FamRZ 2018, 457 Rn. 9 und [X.], 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 11), ergibt sich vorliegend jedenfalls aus Art. 1 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a, Art. 8 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 1347/2000 ([X.]. [X.] Nr. L 338 S. 1; im Folgenden: [X.]a-VO).

Die internationale Zuständigkeit der [X.]n Gerichte wäre hier auch nach Art. 6 des [X.] über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (Kinderschutzübereinkommen - [X.]; [X.] [X.], 603) gegeben; diese Vorschrift ist indessen nach Art. 61 lit. a [X.]a-VO nachrangig.

bb) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vormund der Betroffenen im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt ist.

Die Beschwerde steht nach §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamG demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dabei muss es sich um eine unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln (vgl. Senatsbeschluss vom 25. April 2018 - [X.] 414/16 - FamRZ 2018, 1184 Rn. 11 [X.]). Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, sind schlüssig vorzutragen (vgl. [X.] Beschluss vom 24. April 2012 - [X.] - [X.] 2012, 169 Rn. 15 [X.]).

Der Vormund der Betroffenen sieht sich in der Ausübung der Personensorge, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts, nach §§ 1800, 1631 Abs. 1 BGB beeinträchtigt. Damit ist eine Beeinträchtigung in einem eigenen Recht schlüssig dargelegt.

Dass die Betroffene das 14. Lebensjahr vollendet hat und deshalb auch bei [X.] Minderjährigkeit nach § 60 Satz 1 und 3 FamFG das Beschwerderecht in [X.] ihre Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung ihres Vormunds und damit selbst ausüben kann, steht der Beschwerdebefugnis des Vormunds nicht entgegen, sondern begründet lediglich ein zusätzliches eigenständiges Beschwerderecht der Betroffenen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2018 - [X.] 383/17 - FamRZ 2018, 601 Rn. 13 [X.]).

cc) Gemäß Art. 15 Abs. 1 [X.] findet auf die vorliegende Kindschaftssache (§ 151 Nr. 1 und 3 FamFG) [X.]s Recht Anwendung.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht eine Überprüfung der Inobhutnahme sowie die Rückführung der Betroffenen zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft beantragt. Insoweit handelt es sich entgegen der Umdeutung durch das Amts- und das [X.] nicht um einen Antrag auf Regelung des Umgangs des Antragstellers mit der Betroffenen, sondern um einen Rückführungsantrag entsprechend § 1632 Abs. 4 BGB. Denn der Antragsteller macht im Hinblick auf die Ehe geltend, dass das Jugendamt die Betroffene zu Unrecht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft herausgenommen habe und als Vormund ihm die Betroffene durch eine missbräuchliche Ausübung des Sorgerechts widerrechtlich vorenthalte.

dd) Der Rechtsbeschwerdeführer hat die Betroffene im Falle einer wirksamen Ehe zu Unrecht vom Antragsteller getrennt. Eine Ausübung der elterlichen Sorge durch den Vormund (§§ 1800, 1631 bis 1632 BGB) dahingehend, dass die Minderjährige mit ihrem Ehegatten lediglich drei Stunden wöchentlich begleiteten Umgang pflegen darf, scheitert an der Widerrechtlichkeit des Vorenthaltens, solange eine wirksame Ehe vorliegt.

Nach § 1633 BGB a.[X.] beschränkte sich bis zum 21. Juli 2017 die Personensorge für einen verheirateten Minderjährigen auf die Vertretung in persönlichen Angelegenheiten. Zur Bestimmung des Aufenthalts oder Regelung des Umgangs eines verheirateten Minderjährigen waren danach weder die Eltern noch ein Vormund (§§ 1800 BGB a.[X.], 1633 [X.]) berechtigt.

Zwar wurde § 1633 BGB durch das [X.] zum 22. Juli 2017 aufgehoben, so dass jetzt auch bezüglich eines verheirateten Minderjährigen das volle Sorgerecht der Eltern bzw. des Vormunds besteht (§§ 1631 bis 1632, 1800 BGB). Jedoch scheitert eine Trennung des Minderjährigen von seinem Ehegatten, die weder die Wirksamkeit der Ehe noch das Kindeswohl berücksichtigt, an der Widerrechtlichkeit des Vorenthaltens des Ehegatten.

(1) Die Vorfrage, ob die minderjährige Betroffene vorliegend eine wirksame Ehe eingegangen ist, ist selbständig anzuknüpfen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. März 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 651, 653) und richtet sich gemäß Art. 11, 13 Abs. 1 [X.]BGB nach syrischem Recht, weil beide Ehegatten zum [X.]punkt der Eheschließung in [X.] die syrische Staatsangehörigkeit hatten und noch haben, und das syrische Recht gemäß Art. 13 des [X.] Bürgerlichen Gesetzbuchs Nr. 84 vom 18. Mai 1949 ([X.] Übersetzung abgedruckt bei [X.]/Ferid Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Arabische Republik [X.] S. 9) keine Rückverweisung ausspricht.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s liegen ausweislich der von den Eheleuten im Verfahren vorgelegten Urkunden sämtliche Voraussetzungen nach dem [X.] Personalstatutgesetz für eine wirksame Eheschließung nach syrischem Recht vor. Ebenso bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vorgelegten Urkunden falsch sein könnten.

Selbst wenn - wofür allerdings hier keine Anhaltspunkte bestehen - eine Ehe unter Verstoß gegen die Ehemündigkeitsvorschrift geschlossen wird, liegt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s nach syrischem Recht eine wirksame, lediglich aufhebbare Ehe vor.

(2) Ohne Geltung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB verstößt die Wirksamkeit der Ehe des Antragstellers und der Betroffenen als Ergebnis der Anwendung [X.] Rechts im konkreten Fall nicht gegen den ordre public.

(a) Art. 6 Satz 1 [X.]BGB untersagt die Anwendung einer Rechtsnorm eines anderen Staates, wenn diese zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des [X.]n Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Nach Satz 2 der Bestimmung ist die Rechtsnorm eines anderen Staates insbesondere dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Als negative Vorbehaltsklausel mit Abwehrfunktion bzw. "[X.]" der Grundrechte in das Internationale Privatrecht bringt Art. 6 [X.]BGB damit zum Ausdruck, dass die Völkerrechtsfreundlichkeit der [X.]n Rechtsordnung nicht zur uneingeschränkten Anwendung fremden Rechts durch inländische Hoheitsträger auf Sachverhalte mit Auslandsbezügen verpflichtet. Die Anwendung des berufenen ausländischen Rechts steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass eine innerstaatliche Rechtshandlung [X.]r Staatsgewalt in Bezug auf einen konkreten Sachverhalt, der eine mehr oder weniger starke [X.] aufweist, nicht zu einer Grundrechtsverletzung führt ([X.] Nichtannahmebeschluss vom 12. September 2006 - 2 BvR 2216/05 - juris Rn. 13 [X.]; [X.]E 31, 58, 86; [X.]E 31, 58, 75 f.). Zu den wesentlichen Grundsätzen des [X.]n Rechts in [X.] gehört dabei insbesondere die Beachtung des Kindeswohls des betroffenen Minderjährigen, das sich aus dem Grundrecht jedes einzelnen Kindes auf Schutz und Achtung seiner Persönlichkeitsentfaltung aus Art. 2 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] ableitet (vgl. etwa [X.] FamRZ 2010, 865 Rn. 23 ff. [X.]).

(b) Die Ehe, die die Betroffene im Alter von 14 Jahren geschlossen hat, ist nach syrischem Recht wirksam, obwohl die für eine Frau nach Art. 16 [X.] erforderliche Ehefähigkeit (Vollendung des 17. Lebensjahres) unterschritten wird, weil ein [X.] sie gemäß Art. 18 [X.] gestattet hat, nachdem er im konkreten Einzelfall die körperliche Reife der Betroffenen und ihre Behauptung, geschlechtsreif zu sein, überprüft und bestätigt hat.

Anhaltspunkte für eine sogenannte Zwangsehe sind nach den Feststellungen des [X.]s hier weder dargelegt noch ersichtlich.

Dass die Betroffene bei der Eheschließung (erst) 14 Jahre alt war, vermag für sich genommen jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine konkrete Prüfung der Ehefähigkeit im Einzelfall erfolgt ist, keinen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des [X.]n Rechts zu begründen.

Wann das noch akzeptabel erscheinende Mindestalter für die Eheschließung nach [X.] Recht unterschritten ist, wurde vor Inkrafttreten des [X.] bislang unterschiedlich beurteilt. Teilweise wurde die Grenze grundsätzlich bei 16 Jahren gezogen ([X.], 1495, 1496 [wenn auch nicht statisch]; wohl AG [X.], 1561, 1562; [X.] [X.] 1988, 122, 123 und MünchKommBGB/[X.] 6. Aufl. Art. 13 [X.]BGB Rn. 38; eher bei Vollendung des 16. Lebensjahres: [X.] [Stand: November 2011] Art. 13 [X.]BGB Rn. 25), teilweise zwischen dem 15. und dem 16. Lebensjahr ([X.] Deutsches und Internationales Familienrecht im Personenstandsrecht [2010] S. 179 [[X.]]), teilweise bei 15 Jahren ([X.] [X.], 1274, 1275 und [X.]/[X.] BGB [2011] Art. 13 [X.]BGB Rn. 203; [X.] FamRZ 2002, 1116, 1117; KG FamRZ 1990, 45, 46; Rohe [X.] 2000, 161, 165), teilweise eher bei 14 Jahren (bei Differenzierung nach Kulturkreisen für die [X.] des Vorderen Orients: Scholz [X.] 2002, 321, 328) und teilweise bei einem [X.] von unter 14 Jahren ([X.] 1992, 48 [[X.] für Mädchen von 12 Jahren nach uruguayischem Recht kein Verstoß gegen den ordre public]; [X.]/Hohloch BGB 13. Aufl. Art. 13 [X.]BGB Rn. 24; [X.]/[X.] [2009] Art. 6 [X.]BGB Rn. 89; [X.]/[X.]/[X.] BGB 2. Aufl. Art. 6 [X.]BGB Rn. 24; Rohe [X.] 2006, 93, 95; [X.] Internationales Privatrecht [2004] Art. 6 [X.]BGB Rn. 44). Teilweise wurde auch für eine Gesamtschau plädiert, für die es nicht allein und nicht einmal entscheidend auf ein Alter von 14 oder 15 Jahren bei der Eheschließung ankommt (Frank [X.] 2012, 129, 130). Die unterschiedlichen Ansätze belegen eindrücklich, dass sich im Hinblick auf die individuelle Entwicklung jedes Kindes jegliche schematische Lösung verbietet.

Die Frage eines generellen Mindestalters für die Eheschließung bedarf indessen im Rahmen der Prüfung des ordre public vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn zu den wesentlichen Grundsätzen des [X.]n Rechts bei der Eheschließung Minderjähriger gehört nicht eine umstrittene generelle Altersgrenze, sondern die Beachtung des Kindeswohls in jedem Einzelfall.

Weder hinsichtlich des Schutzes des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 [X.] noch im Übereinkommen über die Rechte des Kindes ([X.] - [X.]; [X.] II 1992 S. 121 und 990) wurde ein Mindestalter für die Eheschließung festgesetzt. Vielmehr verlangen Art. 3 Abs. 1 [X.], dass das individuelle Kindeswohl vorrangig berücksichtigt, und Art. 12 Abs. 1 [X.], dass der Reife und der Autonomie des jeweiligen Kindes Respekt gezollt wird (vgl. [X.] FamRZ 2017, 1374, 1377; Stellungnahme der Kinderrechtekommission des [X.] e.V. vom 29. November 2016 [Berichterstattung: [X.]] FamRZ 2017, 77, 79). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Betroffene nicht über die erforderliche Reife für die Eheschließung verfügt hat. Auch im Übrigen haben sich danach im gesamten Verfahren keine konkreten Bedenken hinsichtlich des Kindeswohls der Betroffenen ergeben.

Auch eine abweichende Beurteilung aufgrund der Wertung des § 182 Abs. 3 StGB hat das [X.] mit zutreffender Begründung verneint. Aus dieser Vorschrift lässt sich weder ein generelles Mindestalter für die Eheschließung noch ein Verstoß gegen das Kindeswohl der Betroffenen ableiten.

Schließlich war eine (im Februar 2015) unter Verstoß gegen die Regelung der Ehemündigkeit in § 1303 Abs. 1 BGB a.[X.] geschlossene Ehe nach [X.] Recht nicht unwirksam, sondern nach § 1314 Abs. 1 BGB a.[X.] aufhebbar. Bei dieser Aufhebbarkeit bleibt es nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 1 [X.]BGB für Ehen, die nach [X.] Recht vor dem 22. Juli 2017 geschlossen wurden. Ein Anfechtungs- oder Aufhebungsverfahren wurde hier zu keinem [X.]punkt betrieben.

Damit scheidet im Ergebnis ein Verstoß gegen den ordre public aus.

(3) Eine danach wirksame Ehe des Antragstellers mit der Betroffenen schließt das Vorenthalten der ehelichen Lebensgemeinschaft durch den Vormund auch insoweit aus, als ihm nach §§ 1800, 1631 bis 1632 BGB die gesamte elterliche Sorge für den minderjährigen Ehegatten zusteht. Dass durch das [X.] auch § 1633 BGB a.[X.] aufgehoben wurde, wonach sich die Personensorge für einen verheirateten Minderjährigen auf die Vertretung in den persönlichen Angelegenheiten beschränkte, ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich. Denn die allein vom Vormund der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde ist bei Wirksamkeit der Ehe des Antragstellers und der Betroffenen unabhängig von der Regelung des § 1633 BGB a.[X.] unbegründet.

Zu den [X.] der Ehe gehört, dass die Ehegatten gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind und für einander Verantwortung tragen. Unter der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist dabei primär die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten zu verstehen. Die häusliche [X.] umschreibt dagegen die äußere Realisierung dieser Lebensgemeinschaft in einer beiden Ehegatten gemeinsamen Wohnstätte. Die häusliche [X.] bezeichnet also einen äußeren, freilich nicht notwendigen Teilaspekt dieser [X.] (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 210, 124 = [X.], 1142 Rn. 13 [X.] und Senatsurteil [X.]Z 149, 140 = FamRZ 2002, 316, 317 [X.]). Eine anderweitige Lebensgestaltung können die Ehegatten im gegenseitigen Einvernehmen vereinbaren (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2016 - [X.] 485/14 - [X.], 1142 Rn. 14 [X.]). Dass die Ehegatten aber von einem [X.] daran gehindert werden, die eheliche Lebensgemeinschaft in ihrem Teilaspekt der häuslichen [X.] zu verwirklichen, ist mit dem Wesen der Ehe nicht vereinbar. [X.] der Vormund als Inhaber der Personensorge für einen minderjährigen Verheirateten - wie hier - ohne sachlichen Grund die häusliche [X.] der Ehegatten, stellt dies vielmehr eine Kindeswohlgefährdung dar, die das Familiengericht gemäß § 1666 Abs. 1 BGB durch geeignete Maßnahmen abzuwenden hat.

2. Dagegen wäre die Rechtsbeschwerde bei Anwendbarkeit des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB begründet.

Unterliegt die Ehemündigkeit eines Verlobten ausländischem Recht, ist nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB die Ehe nach [X.] Recht unwirksam, wenn der Verlobte - wie hier die Betroffene - im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Da eine unwirksame Ehe als Nichtehe keine Rechtsfolgen zu bewirken vermag, wäre die Ehe damit für die Ausübung der elterlichen Sorge durch den Vormund unbeachtlich.

Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB enthält insoweit eine spezielle Regelung des ordre public, die der allgemeinen Regelung in Art. 6 [X.]BGB vorgeht. Eine Prüfung des ordre public im Einzelfall unter Berücksichtigung des konkreten Wohls des betroffenen Kindes ist danach ausgeschlossen.

a) Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB ist nach herkömmlicher Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte, des gesetzgeberischen Willens und ihres Sinns und Zwecks dahingehend zu verstehen, dass nach ausländischem Recht geschlossene Ehen nach [X.] Recht unwirksam ("Nichtehe") sein und keinerlei Rechtswirkungen entfalten sollen, wenn der Verlobte im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte.

aa) Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist allerdings der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt aber nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte [X.] deutlich, der sich der [X.] nicht entgegenstellen darf. Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte [X.] bezogen auf den konkreten Fall - auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der [X.] des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Für die Beantwortung der Frage, welche [X.] dem Gesetz zugrunde liegt, kommt neben dem Wortlaut den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fern liegen. Anderenfalls wäre es für den Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber der Rechtsprechung über einen längeren [X.]raum durchzusetzen (vgl. [X.] NJW 2013, 1058 Rn. 66 [X.]).

bb) Gemäß Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB sind nach ausländischem Recht geschlossene Ehen - ebenso wie jetzt im Inland geschlossene Ehen nach § 1303 Satz 2 BGB - stets unwirksam, wenn ein Ehepartner bei Eheschließung das 16. Lebensjahr nicht vollendet hatte.

(1) Dies ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der ausnahmslos eine Unwirksamkeit solcher Ehen vorsieht. Diese Ehen entfalten mithin keinerlei Rechtswirkung.

Zwar erfährt Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB insoweit eine Einschränkung, als diese Vorschrift nach Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB nicht gilt, wenn der minderjährige Ehegatte vor dem 22. Juli 1999 geboren oder die nach ausländischem Recht wirksame Ehe bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Ehegatten geführt worden ist und kein Ehegatte seit der Eheschließung bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hatte. Liegen diese Voraussetzungen - wie hier - aber nicht vor, bleibt es bei der in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB ausdrücklich angeordneten Nichtigkeit.

(2) Ein anderes Verständnis der Vorschrift ist vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte und dem gesetzgeberischen Willen ausgeschlossen.

Der Gesetzgeber hat mit dem [X.] ausdrücklich auf die angefochtene Entscheidung reagiert. Er wollte ein Ergebnis wie in dem angefochtenen Beschluss des [X.]s, nach dem auf der Rechtsfolgenseite (hinsichtlich der Aufhebbarkeit der Ehe wegen Unterschreitens der Ehemündigkeit) zunächst ausländisches Recht zur Anwendung gelangt, ausdrücklich vermeiden (BT-Drucks. 18/12086 S. 16).

Der Gesetzgeber hat das [X.] im Interesse des [X.] auf 18 Jahre heraufgesetzt (§ 1303 Satz 1 BGB). Ehen, die unter Verstoß gegen die [X.] geschlossen wurden, sind unwirksam, wenn ein Ehegatte im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (§ 1303 Satz 2 BGB). Diese Ehen entfalten keinerlei Rechtswirkung (BT-Drucks. 18/12086 [X.]). Sämtliche Vorschriften, die den minderjährigen Ehegatten betrafen, wie etwa § 1633 BGB a.[X.], wurden entsprechend aufgehoben. Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB ergänzt diese Regelungen lediglich für das internationale Privatrecht: Auch eine nach ausländischem Recht geschlossene Ehe ist nach [X.] Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - unwirksam ("Nichtehe"), wenn der Eheschließende im [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (vgl. BT-Drucks. 18/12086 [X.]).

(3) Auch der Sinn und Zweck der Regelung in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB stehen einem anderweitigen Verständnis entgegen.

(a) Sinn und Zweck der Regelung war nach der Gesetzesbegründung, zur Wahrung des Kindeswohls klare Regelungen für den Umgang der [X.]n Rechtsordnung mit Ehen minderjähriger ausländischer Staatsangehöriger zu schaffen, weil die bisherige Rechtslage hinsichtlich der Ehen von Minderjährigen im Zuge der Einreise von Flüchtlingen zunehmend als unbefriedigend empfunden wurde (BT-Drucks. 18/12086 S. 14 f.). Inländische und nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Minderjährigenehen sollten insoweit gleich behandelt werden (BT-Drucks. 18/12086 [X.]). Dieses gesetzgeberische Konzept ist auch weder unstimmig noch widersprüchlich umgesetzt.

(b) Angesichts des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte und des gesetzgeberischen Willens ist es ausgeschlossen, die abschließende Vorschrift des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB verfassungskonform erweiternd dahin auszulegen, dass eine nach ausländischem Recht unter Beteiligung eines Minderjährigen, der bei Eheschließung noch nicht das 16. Lebensjahr vollendet hatte, geschlossene Ehe im Einzelfall unter [X.] auch nach [X.] Recht wirksam sein kann.

Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber gebietet es zwar, eine Vorschrift durch Auslegung so weit aufrecht zu erhalten, wie dies in den Grenzen des Grundgesetzes möglich ist, ohne dass sie ihren Sinn verliert. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet aber dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde ([X.] NJW 2015, 1359 Rn. 132 [X.]; NJW 2007, 2977 Rn. 91 [X.]; [X.], 347, 349; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2015 - [X.] 89/15 - FamRZ 2015, 1484 Rn. 35). Eine verfassungskonforme Auslegung gegen den Willen des Gesetzgebers ist nicht zulässig (Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 - [X.] - FamRZ 2012, 1489 Rn. 50; Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.], [X.], 1477 Rn. 28). Eine solche Korrektur des Gesetzes würde nicht zuletzt Art. 100 Abs. 1 [X.] zuwiderlaufen, der die Autorität des parlamentarischen Gesetzgebers im Verhältnis zur Rechtsprechung wahren soll ([X.] NJW 2007, 2977 Rn. 91; [X.] Beschluss vom 16. Mai 2013 - [X.] - NJW 2013, 2674 Rn. 38 [X.]).

III.

Der Senat ist der Überzeugung, dass die gesetzliche Anordnung der Unwirksamkeit der von einem noch nicht 16-jährigen Minderjährigen nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehe in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - insofern mit Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 [X.] unvereinbar ist, als die Wirksamkeit der Ehe nach [X.] Recht ohne Rücksicht auf den konkreten Fall versagt wird, und - im Gegensatz zur Übergangsregelung für im Inland geschlossene Kinderehen nach Art. 229 § 44 Abs. 1 [X.]BGB - auch solche vor dem 22. Juli 2017 nach ausländischen Recht wirksam geschlossene Ehen unwirksam werden, die bis zum Inkrafttreten des [X.] auch nach [X.] Recht wirksam und nur aufhebbar waren.

1. Die Anordnung in Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB, dass nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehen nach [X.] Recht - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - unwirksam sind, wenn einer der Eheschließenden zum [X.]punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ist nach Überzeugung des Senats mit Art. 6 Abs. 1 [X.] unvereinbar (ebenso: [X.] FamRZ 2017, 77, 79; [X.] FamRZ 2017, 1374, 1377; kritisch auch zu weiteren Aspekten des Gesetzes: [X.], 1369 ff.; [X.] FamRZ 2018, 412, 419; [X.] FamRZ 2018, 1149, 1151; Weller/[X.]/Hategan/[X.] FamRZ 2018, 1289 ff.).

a) Art. 6 Abs. 1 [X.] stellt die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nach der Rechtsprechung des [X.] enthält diese Vorschrift sowohl ein Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates als auch eine Institutsgarantie und eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte die Familie betreffende private Recht ([X.]E 62, 323, 329; [X.]E 31, 58, 67 [X.]). Sie beinhaltet dabei ein Verbot, die Ehe zu schädigen ([X.] FamRZ 1990, 727 Rn. 29). In diesen Schutz sind auch nach ausländischem Recht geschlossene Ehen einbezogen ([X.]E 62, 323, 329; [X.]E 51, 386, 396; [X.]E 31, 58, 67; [X.] FamRZ 2017, 77, 79). Verfassungsrechtlichen Schutz genießt insofern die familiäre Verantwortlichkeit füreinander, die von der wechselseitigen Pflicht der Ehegatten zu Beistand und Rücksichtnahme geprägt ist (vgl. [X.] FamRZ 2005, 872 Rn. 71 [X.]). Dies erfasst die freie Gestaltung des gesamten Verhältnisses der Ehegatten untereinander. Ohne das Vorliegen zwingender sachlicher Gründe verbieten sich daher Behinderungen bzw. Vorenthaltung des räumlichen Zusammenlebens der Ehegatten (vgl. [X.][X.] [Stand: 15. August 2018] Art. 6 [X.] Rn. 28 [X.]). Wenn dem Gesetzgeber bei der Regelung der Ehemündigkeit auch ein erheblicher Gestaltungsspielraum zusteht, so können dennoch zu strenge Voraussetzungen der Eheschließung mit der Freiheit der Eheschließung oder anderen sich aus der Verfassung ergebenden Strukturprinzipien der Ehe unvereinbar sein ([X.]E 31, 56 NJW 1971, 1509, 1510).

b) Diesen Anforderungen wird Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB nicht gerecht. Denn diese Regelung versagt den nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen den gebotenen Schutz ohne Rücksicht auf den konkreten Fall (vgl. [X.] FamRZ 2017, 77, 79). Sie greift ohne sachlichen Grund in den Kernbereich der Ehe ein, indem sie den Ehegatten die Gestaltung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse nach ihren Vorstellungen verweigert. Darüber hinaus fehlt jegliche Regelung über die Rechtsfolgen der Nichtigkeit der Ehe, etwa zur Frage der Abstammung von Kindern, die in der unwirksamen Ehe geboren werden, zur elterlichen Sorge für solche Kinder oder zu etwaigen Unterhaltsansprüchen des Minderjährigen aus der unwirksamen Ehe (vgl. [X.] FamRZ 2017, 1374, 1377 f.). Zudem leistet die Vorschrift der Entstehung von Doppelehen Vorschub.

2. Die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - verstößt nach Auffassung des Senats zudem gegen Art. 6 Abs. 1 [X.] unter dem Gesichtspunkt des aus Art. 20 Abs. 3 [X.] abgeleiteten Vertrauensschutzes.

a) Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind. Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände ohne weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum [X.]punkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten.

Die "echte" Rückwirkung ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen") ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Erst mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des [X.], ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem [X.]punkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird. Ausnahmsweise können aber zwingende Belange des Gemeinwohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des Verbots einer "echten" Rückwirkung gestatten.

Dagegen ist die "unechte" Rückwirkung ("tatbestandliche Rückanknüpfung") nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des [X.] der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des [X.] geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt ([X.]E 131, 20 = NVwZ 2012, 876 Rn. 71 ff. [X.]).

b) Zwar beinhaltet Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB keine echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn das Vertrauen der Betroffenen wird insoweit lediglich in Gestalt einer tatbestandlichen Rückanknüpfung beschränkt, weil die belastende Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Ehe nach [X.] Recht erst nach der Verkündung des Gesetzes eingreift. Soweit jedoch vor Inkrafttreten des [X.] die vor dem 22. Juli 2017 nach ausländischem Recht wirksam geschlossenen Ehen bei Unterschreitung der Ehemündigkeit nach [X.] Recht wirksam und lediglich aufhebbar waren, verletzt Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB den durch den [X.] diesbezüglich begründeten Vertrauensschutz. Zu dem [X.]punkt, als der Antragsteller und die Betroffene in die Bundesrepublik [X.] eingereist sind, war ihre in [X.] geschlossene Ehe nach [X.] Recht wirksam und lediglich aufhebbar. Die Wirksamkeit ihrer Ehe stand zudem unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 [X.]. Dass die Nichtigkeit sämtlicher vor Inkrafttreten des [X.] unter Verstoß gegen die [X.] geschlossener Ehen zur Erreichung des [X.] nicht erforderlich war, belegt die abweichende Übergangsregelung des Art. 229 § 44 Abs. 1 [X.]BGB; danach bleibt es für nach [X.] Recht vor dem 22. Juli 2017 geschlossenen Ehen bei der bisherigen Regelung, dass diese Ehen wirksam und lediglich aufhebbar sind. Zu einem generalpräventiven Schutz des Kindeswohls ist die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB darüber hinaus ungeeignet, weil sie weder direkte noch indirekte Wirkungen auf die Eheschließung nach ausländischem Recht haben kann (vgl. [X.] FamRZ 2017, 77, 79).

3. Die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - verstößt nach Auffassung des Senats ferner gegen Art. 3 Abs. 1 [X.].

a) Art. 3 Abs. 1 [X.] gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 [X.] dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und [X.] unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa [X.] NJW 2018, 2542 Rn. 69 und [X.], 78 Rn. 26 [X.]).

b) Diesen Anforderungen wird die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - nicht gerecht.

Zum einen ist ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen im Ausland und in [X.] geschlossenen Ehen nicht ersichtlich: Während eine nach [X.] Recht vor dem 22. Juli 2017 unter Verstoß gegen die Ehemündigkeit geschlossene Ehe nach Art. 229 § 44 Abs. 1 [X.]BGB weiterhin wirksam, aber aufhebbar bleibt, ist die nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB iVm Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB unwirksam, wenn der minderjährige Ehegatte nicht vor dem 22. Juli 1999 geboren wurde und die Ehegatten vor der Volljährigkeit dieses Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] genommen haben (vgl. [X.]-Waltjen IPrax 2017, 429, 433).

Ebenso wenig ist ein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass es bei der Nichtigkeit gemäß Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB auch in dem Fall verbleibt, dass der zuvor in die Bundesrepublik [X.] eingereiste Minderjährige hier das 18. Lebensjahr vollendet, während nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 44 Abs. 4 Nr. 2 [X.]BGB die Ehe nach [X.] Recht wirksam ist, wenn die nach ausländischem Recht wirksame Ehe bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Ehegatten geführt worden ist und kein Ehegatte seit der Eheschließung bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hatte.

4. Die Regelung des Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - verstößt nach Auffassung des Senats schließlich gegen den nach Art. 2 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 1 [X.] gebotenen Schutz des Kindeswohls.

a) Das minderjährige Kind hat als Grundrechtsträger Anspruch auf staatlichen Schutz seines Grundrechts auf Schutz und Achtung seiner Persönlichkeitsentfaltung aus Art. 2 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] ([X.] FamRZ 2010, 865 Rn. 23 ff. [X.]). Zugleich bildet das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 [X.] ([X.] FamRZ 1999, 85 Rn. 57). Das staatliche "Wächteramt" beinhaltet insoweit eine Verpflichtung zu kindeswohlgerechtem Handeln, das auf die Kindesgrundrechte abzustimmen ist ([X.] FamRZ 1999, 85 Rn. 58 [X.]). Entsprechend gehört der Schutz des Kindeswohls, wie bereits ausgeführt, zu den wesentlichen Grundsätzen des Kindschaftsrechts.

b) Die Qualifizierung als Nichtehe nach Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB - vorbehaltlich der Ausnahmen in der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 44 Abs. 4 [X.]BGB - verletzt den danach erforderlichen Schutz des Minderjährigen.

Der Schutz des Kindeswohls gebietet eine konkrete Prüfung des Wohls des betroffenen Kindes im Einzelfall. Denn jeder Minderjährige ist ein Wesen mit eigener Menschenwürde und einem eigenen Recht auf Entfaltung und Entwicklung seiner Persönlichkeit. Dies steht mit einem generellen Mindestalter für die Eheschließung, das keinerlei Ausnahmen im Einzelfall zulässt, nicht in Einklang. Entsprechend setzt die [X.] ein Mindestalter für die Eheschließung gerade nicht fest, sondern verlangt vielmehr, dass nach Art. 12 [X.] der Reife und der Autonomie des jeweiligen Kindes Respekt gezollt wird, und dass nach Art. 3 [X.] das individuelle Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt wird (vgl. [X.] FamRZ 2017, 77, 79).

Demgegenüber lässt die durch Art. 13 Abs. 3 Nr. 1 [X.]BGB angeordnete Unwirksamkeit keinen Spielraum für die erforderliche einzelfallbezogene Prüfung des Wohls des betroffenen Kindes.

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 292/16

14.11.2018

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Vorlagebeschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 12. Mai 2016, Az: 2 UF 58/16, Beschluss

Art 13 Abs 3 Nr 1 BGBEG, Art 229 § 44 Abs 1 BGBEG, Art 229 § 44 Abs 4 BGBEG, Art 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 100 Abs 1 S 1 GG, Art 1 Nr 2 KiEheBekG, § 1303 S 1 BGB, § 1303 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Vorlagebeschluss vom 14.11.2018, Az. XII ZB 292/16 (REWIS RS 2018, 1744)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 102-104 NJW 2019, 464 REWIS RS 2018, 1744


Verfahrensgang

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Az. 1 BvL 7/18

Bundesverfassungsgericht, 1 BvL 7/18, 01.02.2023.

Bundesverfassungsgericht, 1 BvL 7/18, 05.12.2019.


Az. XII ZB 292/16

Bundesgerichtshof, XII ZB 292/16, 14.11.2018.


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71 F 268/17 (Amtsgericht Frankenthal (Pfalz))


2 UF 58/16 (OLG Bamberg)

Wirksamkeit der in Syrien geschlossenen Ehe einer zum Eheschließungszeitpunkt 14-Jährigen mit einem Volljährigen


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