Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. IX ZB 26/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8959

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170518BIXZB26.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZB 26/17
vom

17. Mai
2018

in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Brüssel-I-VO Art. 34 Nr. 2, Art. 45
a)
Hat sich der [X.] auf das Verfahren nicht eingelassen und ist ihm das verfah-renseinleitende Schriftstück nicht zugestellt worden, darf eine Entscheidung nur dann für vollstreckbar erklärt werden, wenn das Gericht feststellt, dass der [X.] die Möglichkeit hatte, im Urteilsstaat einen Rechtsbehelf gegen die Entschei-dung einzulegen.
b)
Ob der [X.] die Möglichkeit hatte, gegen eine ergangene Entscheidung einen Rechtsbehelf einzulegen, richtet sich nach dem Recht des [X.]. [X.] ist, ob die Gerichte des [X.] einen vom [X.]n eingelegten Rechtsbehelf nach Maßgabe des von ihnen zu beachtenden Rechts entsprechend der tatsächlichen Auslegung und Anwendung dieses Rechts als zulässig behan-delt hätten und dieser eine vollständige Überprüfung der Entscheidung in [X.] und tatsächlicher Hinsicht ermöglicht hätte.
[X.], Beschluss vom 17. Mai 2018 -
IX ZB 26/17 -
OLG Hamm

[X.]

-

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin Möhring
und den
Richter Dr. Schoppmeyer

am 17. Mai
2018
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 25.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Juni 2017 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurück-verwiesen.

Der Wert des [X.] wird auf 2.281,57

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines [X.] Zahlungsbefehls. Sie macht [X.] in Höhe von insgesamt 19.500 [X.] gegen den in [X.] wohnhaften Antragsgegner geltend. [X.] erhob die Antragstellerin Klage beim Amtsgericht in [X.] in [X.] über einen Teilbetrag von 9.750 [X.]. Hierbei gab die Antragstellerin als ladungsfähige Anschrift die Adresse des Antragsgegners
in [X.] an. Der Antragsgegner
bestellte in diesem Verfahren einen [X.]
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tigten in [X.]. Für die andere
Hälfte der von ihr verlangten Provisionsforderung erhob die Antragstellerin eine zweite Klage beim Amtsgericht [X.]. In diesem Verfahren gab die Antragstellerin als ladungsfähige Anschrift des [X.] die [X.] Adresse des vom Antragsgegner im ersten Verfah-ren benannten Zustellungsbevollmächtigten an.

Das Amtsgericht [X.] ließ die Klageschrift im zweiten Verfahren an die von der Antragstellerin angegebene Anschrift in [X.] zustellen. Am 4.
April 2013 erließ das Amtsgericht [X.] im zweiten Verfahren einen Zahlungsbefehl, mit dem der Antragsgegner verpflichtet wurde, an die Antrag-stellerin 9.750 [X.] nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 22.
Dezember 2012 so-wie bestimmte Kosten des Prozesses zu bezahlen. Der Antragsgegner hat sich im zweiten Verfahren nicht eingelassen.

Die Antragstellerin hat die Vollstreckbarerklärung des [X.] [X.] vom 4. April 2013 in [X.] nach der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zustän-digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (fortan: [X.] aF) beantragt und hierzu beglaubigte und übersetzte Abschriften des Zahlungsbefehls sowie eine Bescheinigung nach Art.
54 [X.] aF vorgelegt. Der Vorsitzende einer Zivilkammer des Landge-richts hat dem Antrag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das [X.] mit Maßgaben zur Höhe der Zinsen zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsgegner weiter gegen die Vollstreckbarerklärung.

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II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß Art.
44 [X.] aF, §
15 Abs.
1 [X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statthaft und zulässig (§
574 Abs.
2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur [X.] an das Beschwerdegericht.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Zahlungsbefehl sei in [X.] vollstreckbar. Dies habe die Antragstellerin durch die Bescheinigung gemäß Art.
54 [X.] aF belegt. [X.] bestünden nicht.

Gemäß Art.
34 Nr. 2 [X.] aF sei es nicht erforderlich, dass das [X.] Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Es ge-nüge, wenn der Antragsgegner noch Einspruch gegen den Zahlungsbefehl ein-legen könne und ihm dies zumutbar sei. Die
Einspruchsfrist beginne nach pol-nischem Recht erst mit der Zustellung des Zahlungsbefehls. Diese Frist sei mangels wirksamer Zustellung nicht in Lauf gesetzt worden. Soweit das polni-sche Gericht eine wirksame Zustellung bescheinigt habe, treffe dies nicht
zu, weil die Zustellung nur an die Anschrift des im anderen Verfahren bestellten Zustellungsbevollmächtigten erfolgt sei. Die im Zuge der von der Antragstellerin begehrten Vollstreckbarerklärung in [X.] erfolgten Zustellungen hätten die Rechtsmittelfrist in [X.] nicht in Lauf gesetzt. Eine Einlegung eines Rechtsmittels sei dem Antragsgegner auch zumutbar gewesen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem wesentli-chen Punkt nicht stand.

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a) Auf das Verfahren ist die Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen anzuwen-den, weil das Verfahren vor dem 10.
Januar 2015 eingeleitet worden ist (Art.
66 der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Ra-tes vom 12.
Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Aner-kennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen). Gemäß Art.
45 Abs. 1 [X.] aF in Verbindung mit Art. 34 Nr. 2 [X.] aF ist eine Entscheidung nicht anzuerkennen und demgemäß die Vollstreckbarer-klärung zu versagen, wenn dem [X.]n, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der [X.] hat gegen die Entschei-dung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte.

b)
Der Antragsgegner hat sich auf das Verfahren vor dem [X.] Gericht nicht eingelassen. Das Beschwerdegericht hat weiter festgestellt, dass dem Antragsgegner die das Verfahren einleitende Klageschrift nicht zugestellt worden ist. Maßgeblich sind die [X.], die der Urteilsstaat im [X.] zum Wohnsitzstaat des Schuldners zu beachten hat ([X.], Beschluss vom 21.
September 2017

IX
ZB 83/16, [X.], 2031 Rn. 17 mwN). Dies richtet sich gegenüber den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
nach den Bestimmungen der Verordnung ([X.]) Nr. 1393/2007 des [X.] und des Rates vom 13.
November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-
oder
Handelssachen in den Mit-gliedstaaten (fortan: [X.]), sofern der Empfänger eines gerichtlichen Schriftstücks im Ausland ansässig ist ([X.], Urteil vom 19.
Dezember 2012

C-325/11, [X.] 2013, 157 Rn. 25). Die Zustellung an einen [X.] ge-8
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nügt den Anforderungen der Art.
4 ff, 12 ff [X.] auch dann nicht, wenn der [X.] diesen [X.] in einem früheren Verfahren zwischen den Parteien zu seinem Zustellungsbevollmächtigten bestellt hatte. Das Beschwerdegericht hat auch nicht feststellen können, dass der Antragsgegner die Schriftstücke tat-sächlich
erhalten hat.

c) Hingegen hält die Annahme des [X.], der Antrags-gegner habe die Möglichkeit gehabt, einen Rechtsbehelf gegen die [X.] Entscheidung einzulegen, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Beschwer-degericht ist insoweit von falschen Voraussetzungen ausgegangen und hat

wie die Beschwerde mit Recht rügt

die rechtlichen Anforderungen für die Feststellung des anzuwendenden [X.] Rechts verkannt.

aa) Ob es dem [X.]n möglich ist, gegen die ergangene Entschei-dung einen Rechtsbehelf einzulegen, richtet sich nach dem Recht des Urteils-staates. Im Streitfall ist daher entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Antrags-gegner nach dem maßgeblichen [X.] Recht noch gegen den [X.] einen Rechtsbehelf in [X.]
einlegen konnte. Das Beschwerdegericht hat sich keine ausreichenden Informationen über das [X.] Recht ver-schafft, um dieses Recht auslegen und anwenden zu können.

Das Beschwerdegericht hat das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln (§
293 ZPO). Dabei hat [X.] das ausländische Recht so anzuwenden, wie es [X.] des betreffenden [X.] auslegt und an-wendet ([X.], Urteil vom 14.
Januar 2014

[X.], NJW 2014, 1244 Rn.
15; vom 7. Juni 2016

[X.], [X.]Z 210, 292 Rn. 70; Beschluss vom 13.
September 2016

VI
ZB 21/15, [X.]Z 212, 1
Rn. 55 mwN). Wie der Tatrich-ter sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. 10
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Jedoch darf sich die Ermittlung des fremden Rechts nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestal-tung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländi-sche Rechtsprechung, berücksichtigen. Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat. Er muss dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen ([X.], Urteil vom 14.
Januar 2014, aaO mwN). Vom Rechtsbeschwerdegericht wird insoweit lediglich überprüft, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere sich anbietende Erkenntnisquellen unter Berücksichti-gung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Januar 2014, aaO mwN).

[X.]) Diesen Maßstäben hält die angefochtene Entscheidung nicht stand.

(1) Dem angegriffenen Beschluss lässt sich schon nicht entnehmen, ob und auf welche Weise das Beschwerdegericht seiner Pflicht nachgekommen ist, den Inhalt des [X.] Rechts zu ermitteln. Im Gegenteil hat das Beschwer-degericht im Hinweisbeschluss vom 28.
Juni 2016 darauf hingewiesen, dass es derzeit über keine hinreichenden Kenntnisse zum [X.] Recht verfüge.
Soweit das Beschwerdegericht im angefochtenen Beschluss davon ausgeht, dass gegen den [X.] Zahlungsbefehl ein Einspruch gegeben sei,
die zweiwöchige Einspruchsfrist gemäß §
502 des [X.] Zivilverfahrensge-setzbuches (fortan: [X.]) mangels Zustellung nicht zu laufen begonnen habe
und der Antragsgegner noch Einspruch habe einlegen können, hat es sich [X.] ausschließlich auf den von der Antragstellerin mit einer Übersetzung vorge-legten Text vereinzelter
Bestimmungen des [X.] gestützt. Seine
weitere
An-nahme, dass nur eine Auslandszustellung nach der Verordnung ([X.]) Nr.
1393/2007 ([X.]) die Frist habe in Lauf setzen können, enthebt das 13
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Beschwerdegericht nicht seiner Pflicht, den Inhalt des [X.] Rechts zu ermitteln.

(2) Das Beschwerdegericht wählt im Hinblick auf die für Art.
34 Nr. 2 [X.] aF maßgebliche
Frage, ob der [X.] die Möglichkeit hatte, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einzulegen, den falschen Ausgangs-punkt. Art.
34 Nr. 2 [X.] aF erfordert die tatsächliche Wahrung der Vertei-digungsrechte ([X.], Urteil vom 14.
Dezember 2006

C-283/05, [X.], [X.] 2008, 519 Rn. 20; vom 7. Juli 2016

[X.]0/15, [X.], [X.] 2016, 593 Rn. 38). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf
das
Ziel, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung zu erleichtern,
nicht dadurch erreicht werden, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör in [X.] Weise beeinträchtigt wird ([X.], Urteil vom 11.
Juni 1985 -
49/84, Debaecker, [X.] 1985, 967 Rn. 10; vom 3.
Juli 1990

[X.]/88, [X.], [X.] 1991, 177, 178; vom 28. März 2000

[X.]/98, [X.], [X.] 2000, 406 Rn. 43; vom 6.
September 2012

[X.]/10, [X.], [X.] 2013, 427 Rn. 41 f; vom 7.
Juli 2016,
aaO Rn. 34; vgl. auch [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2012

C-325/11, [X.], [X.] 2013, 157 Rn. 35).

Soweit dem [X.]n, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen
hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück

wie im Streitfall

nicht zugestellt [X.] ist, kommt eine Anerkennung der Entscheidung nur in Betracht, wenn ihm noch im Urteilsstaat ein effektiver Weg tatsächlich zur Verfügung stand, seine Rechte geltend zu machen. Dies
bedingt, dass die Rechtsbehelfe eine vollstän-dige Überprüfung der Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ermöglichen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Dezember 2015

[X.], [X.], [X.] 2016, 598 Rn. 38 zu Art. 19 EuVTVO).
Es kommt darauf an, ob der [X.] seine Rechte wirksam vor dem Gericht des Ursprungs-15
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staats hätte geltend machen können ([X.], Urteil vom 14.
Dezember 2006

C-283/05, [X.], [X.] 2008, 519 Rn. 48).
Ausschlaggebend ist dabei, ob diese Möglichkeit tatsächlich bestand (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 2016

[X.]0/15, [X.], [X.] 2016, 593 Rn. 47 f). Dies hat das Beschwerdegericht im Rahmen der Vollstreckbarkeitserklärung festzustellen.

Maßgeblich ist allein, ob der Antragsgegner nach dem Inhalt
des polni-schen Rechts, so wie es [X.] auch im Hinblick auf die [X.] geltenden Vorschriften des [X.] Rechts auslegt und anwendet, tatsächlich in der Lage gewesen ist, gegen den Zahlungsbefehl noch einen zu-lässigen Einspruch oder einen anderen zulässigen Rechtsbehelf einzulegen,
und dieser Rechtsbehelf eine vollständige Überprüfung der Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ermöglicht hätte. Mithin hat das Be-schwerdegericht festzustellen, wie ein [X.]s Gericht über einen vom [X.] gegen den Zahlungsbefehl erhobenen Einspruch nach Maßgabe des vom [X.] Gericht zu beachtenden Rechts entsprechend der tatsäch-lichen Auslegung und Anwendung dieses Rechts durch die [X.] Gerichte
entschieden hätte. Solche Feststellungen
fehlen. Tatsächlich hat das Be-schwerdegericht nicht den Inhalt des [X.] Rechts in seiner tatsächlichen Auslegung und Anwendung ermittelt, sondern hat die in [X.] unter der [X.] des früheren Zustellungsbevollmächtigten des
Antragsgegners erfolgte Zu-stellung aufgrund einer eigenen Auslegung aus europarechtlichen Gründen für unwirksam gehalten und daraus den Schluss gezogen, dass deshalb auch für [X.] die Einspruchsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Dies
führt dazu, dass die tatsächliche Möglichkeit eines Rechtsbehelfs sich nicht nach dem Maßstab der tatsächlichen Auslegung und Anwendung des Rechts durch die [X.] Gerichte richtet, sondern nach Maßstäben,
die das 17
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Beschwerdegericht für richtig hält. Dies ist für die Beurteilung, ob dem Antrags-gegner ein Rechtsbehelf in [X.] noch möglich gewesen ist, unergiebig.

Soweit das Beschwerdegericht davon ausgeht, dass die Zustellung nach [X.]m Recht keine Wirkungen entfalte, hat es den Inhalt des [X.] Rechts nicht aufgeklärt. Offen ist insbesondere, wie die [X.] Gerichte über die Wirksamkeit der Zustellung entscheiden und ob für den Einspruch nach [X.]m Recht eine Höchstfrist besteht oder ein eingelegter [X.] aus anderen Gründen nicht mehr zulässig ist. So
erklärt das Beschwerde-gericht nicht, warum die von der Antragstellerin vorgelegte Bescheinigung des [X.] Amtsgerichts [X.] vom 2.
November 2015, wonach der Zahlungsbefehl dem Antragsgegner wirksam zugestellt worden sein soll, nach [X.]m Recht ohne Bedeutung ist. Das Beschwerdegericht geht auch nicht

wie die Rechtsbeschwerde rügt

auf die Feststellung im Beschluss des Amts-gerichts [X.] vom 9.
Juli 2013 ein, wonach der Zahlungsbefehl rechts-kräftig sei, obwohl das Beschwerdegericht diesen Beschluss im anderen [X.]

nämlich hinsichtlich der Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls

als zutreffende Darstellung des [X.] Rechts behandelt.

(3) Darüber
hinaus lässt die Verfahrensweise des [X.]

wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt

befürchten, dass das Beschwerde-gericht bei der Ermittlung des ausländischen Rechts gemäß §
293 ZPO eine Darlegungslast der Parteien annimmt. Die Ermittlung hat jedoch von Amts we-gen zu erfolgen ([X.], Urteil vom 15.
Juli 2008

VI
ZR 105/07, [X.]Z 177, 237 Rn.
7 mwN; Beschluss vom 30.
April 2013

VII
ZB 22/12, [X.], 1225 Rn.
39). Dies gilt auch für die Frage, ob der Antragsgegner, nachdem ihm der Zahlungsbefehl im Rahmen des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung zugestellt wurde, nach den einschlägigen Vorschriften des [X.] Verfah-18
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rensrechts (noch) die rechtliche Möglichkeit hatte, einen statthaften [X.] gegen den Zahlungsbefehl des Amtsgericht [X.] einzulegen. Dies ist nicht nach den Grundsätzen der Darlegungs-
und Beweislast zu beurteilen, weil
ausländische Rechtsnormen
Rechtssätze und keine Tatsachen sind. Sie sind
deshalb nach ständiger Rechtsprechung von Amts wegen zu ermitteln (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Dezember 2007

XII
ZB 240/05, [X.] 2008, 251 Rn.
37). Eine prozessuale Beweisführungslast einer Partei für den Inhalt des ausländischen Rechts besteht im Rahmen des § 293 ZPO nicht. Nur der [X.] der Ermittlungspflicht kann durch den Vortrag der Parteien beeinflusst werden ([X.], Urteil vom 25.
Januar 2005

XI
ZR 78/04, [X.], 478, 480 unter [X.]. mwN).

-

12

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III.

Die Beschwerdeentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur erneuten Ent-scheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§
577 Abs. 4 ZPO).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Möhring
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.02.2015 -
2 O 20/15 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 13.06.2017 -
I-25 W 88/15 -

20

Meta

IX ZB 26/17

17.05.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. IX ZB 26/17 (REWIS RS 2018, 8959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8959

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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