Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.2011, Az. RiZ (R) 9/10

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2011, 2612

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Gegenstand

Übertragung eines Richteramtes in einen anderen Gerichtszweig bei Veränderungen in der Einrichtung der Gerichte


Leitsatz

Bei einer Veränderung in der Einrichtung der Gerichte im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG kann einem auf Lebenszeit ernannten Richter dieser Gerichte auch ein Richteramt in einem anderen Gerichtszweig übertragen werden (hier: Versetzung aus der Arbeits- in die Sozialgerichtsbarkeit).

Tenor

Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Dienstgerichts für [X.] bei dem [X.] vom 10. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Sprungrevision zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Versetzung der Klägerin vom [X.]      an das Sozialgericht M.     .

2

Die Klägerin wurde am 14. September 1994 zur [X.]in am Arbeitsgericht ernannt. Sie wurde in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] beim [X.]      eingewiesen und war seitdem dort tätig.

3

           

Aufgrund des [X.] [X.] vom 14. Februar 2008 (GVBl. [X.] ff.) wurde das [X.]     aufgehoben. Der Bezirk des [X.]       wurde dem Arbeitsgericht M.     zugelegt. Das Gesetz lautet auszugsweise:

       

"…    

        
        

§ 3

        
        

Aufhebung der Arbeitsgerichte [X.]       und N.     

        
        

(1)     

Das [X.]     wird mit Ablauf des 31. Mai 2009 aufgehoben. Ab dem 1. Juni 2009 ist der Bezirk des aufgehobenen [X.]      dem Bezirk des Arbeitsgerichts M.     zugelegt.

        
        

…       

        
        

§ 6

        
        

Folgeänderungen

        
        

(1)     

Das Gesetz über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] vom 24. August 1992 (GVBl. LSA S. 652), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. April 2007 (GVBl. [X.]), wird wie folgt geändert:

        
                 

…       

                 
                 

3.    

Nach § 4 wird folgender neuer § 5 eingefügt:

        
                          

§ 5

        
                          

(1)     

Das Gericht, dem der Bezirk eines aufgehobenen Gerichts zugelegt worden ist (aufnehmendes Gericht), tritt an die Stelle des aufgehobenen Gerichts.

        
                          

…       

                 
                          

(3)     

Ehrenamtliche [X.] eines aufgehobenen oder von einer Änderung betroffenen Gerichts werden unter Fortsetzung ihrer Amtszeit ehrenamtliche [X.] des entsprechenden Gerichts, in dessen Bezirk sie im Zeitpunkt der Aufhebung oder Änderung ihren Wohnsitz haben. …

        
                          

…       

                 
        

(2)     

Das Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen vom 23. August 1991 (GVBl. LSA S. 287), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. April 2007 (GVBl. [X.]), wird wie folgt geändert:

        
                 

…       

                 
                 

3.    

§ 4 erhält folgende Fassung:

        
                          

§ 4

        
                          

Wird der Bezirk eines Arbeitsgerichts aufgehoben oder geändert, findet § 5 Abs. 1 und 3 Satz 1 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass die ehrenamtlichen [X.] eines aufgehobenen oder von einer Änderung betroffenen Gerichts unter Fortsetzung ihrer Amtszeit ehrenamtliche [X.] des entsprechenden Gerichts, in dessen Bezirk sie im Zeitpunkt der Änderung oder Aufhebung als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer tätig sind, werden.

        
        

…"    

                          

4

Mit der Klägerin war bereits seit Ende des Jahres 2006 die Möglichkeit einer Versetzung in die Sozialgerichtsbarkeit erörtert worden. Dies hatte die Klägerin stets abgelehnt. Die anderen beim [X.]      tätigen [X.] wurden mit ihrer Zustimmung an andere Gerichte versetzt.

5

Mit Schreiben des Beklagten vom 9. April 2009 wurde die Klägerin über die beabsichtigte Versetzung an das Sozialgericht M.       informiert. Die Klägerin widersprach der beabsichtigten Versetzung mit [X.] ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 8. Mai 2009. Durch Verfügung des Beklagten vom 20. Mai 2009 wurde der Klägerin mit Wirkung vom 1. Juni 2009 gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG das Amt einer [X.]in am Sozialgericht bei dem Sozialgericht M.      übertragen. Die Klägerin wurde zugleich vom [X.]      an das Sozialgericht M.     versetzt.

6

Zur Begründung der Maßnahme berief sich der Beklagte darauf, dass die Aufhebung des [X.]        eine Änderung der Gerichtsorganisation darstelle, die den Wegfall der [X.]ämter am [X.]     zur Folge habe und ihre Versetzung erforderlich mache. In die Auswahl der zu versetzenden [X.] seien nur die dem aufgehobenen [X.]       angehörenden [X.] einzubeziehen, nicht jedoch die [X.] des Arbeitsgerichts M.      . Nach der Personalbedarfsberechnung für das [X.] habe sich für das [X.]      ein Bedarf von 2,36 richterlichen Arbeitskräften und am Arbeitsgericht M.      ein solcher von 7,09 richterlichen Arbeitskräften ergeben. Aufgrund der geänderten Organisation errechne sich daher ein Bedarf von 9,45 richterlichen Arbeitskräften für das neu konzipierte Arbeitsgericht M.      . Dem stehe am 31. Mai 2009 beim Arbeitsgericht M.      eine Personalausstattung von 11 [X.]n/innen und beim [X.]       eine solche von einer [X.]in (der Klägerin) gegenüber. Unter Zugrundelegung einer Personalausstattung von insgesamt 12 [X.]n ergebe sich eine Auslastung der einzelnen [X.] des Arbeitsgerichts M.        von nur 79 %. Eine Versetzung der Klägerin an das Arbeitsgericht M.       sei daher aufgrund des fehlenden Personalbedarfs nicht möglich. Aus demselben Grund komme auch eine Versetzung an ein anderes Arbeitsgericht in [X.] nicht in Betracht. Beim [X.]        betrage die Belastung 47 %, am [X.].  80 % und am [X.]82 %.

7

Somit müsse der Klägerin ein [X.]amt in einem anderen Gerichtszweig übertragen werden. Dafür komme nur die Sozialgerichtsbarkeit in Betracht, da dort Personalbedarf bestehe und diese Gerichtsbarkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit am ehesten verwandt sei. In der Sozialgerichtsbarkeit betrage die Arbeitsbelastung 191 %, beim Sozialgericht M.     liege sie bei 185 %. Als langjährige und erfahrene [X.]in erfülle die Klägerin die fachlichen und personellen Voraussetzungen für die Wahrnehmung eines [X.]amts in der Sozialgerichtsbarkeit. Unter Berücksichtigung ihres Wunsches, wohnortnah eingesetzt zu werden, erfolge die Versetzung an das Sozialgericht M.     . Eine Versetzung der Klägerin an ein wohnortnahes Amtsgericht im [X.] sei nicht möglich, da auch dort kein Personalbedarf bestehe. Eine Nachfrage bei dem [X.] des [X.] habe ergeben, dass auch bei den im [X.] gelegenen [X.] Gerichten keine Planstellen zu besetzen seien.

8

Die Klägerin legte mit [X.] vom 27. Mai 2009 gegen die Versetzungsverfügung Widerspruch ein. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2009 zurück.

9

Mit der vorliegenden Klage hat sich die Klägerin gegen die Versetzung an das Sozialgericht M.     gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung könne nicht auf § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG gestützt werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt. Das Arbeitsgericht M.      sei - im Gegensatz zum [X.]        - bereits vor der Zusammenlegung mit dem [X.]        personell überbesetzt gewesen. Die Arbeitsbelastung habe dort 64 % betragen, nach der Zusammenlegung 79 %. Durch die Zusammenlegung seien daher keine [X.]ämter entfallen. Sie müsse nach dem [X.] [X.] in Verbindung mit dem Gesetz über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] - ebenso wie die ehrenamtlichen [X.] des [X.]      - am Arbeitsgericht M.      eingesetzt werden.

Die Entscheidung, sie in die Sozialgerichtsbarkeit zu versetzen, sei zudem ermessensfehlerhaft, da sie nicht erforderlich und unverhältnismäßig sei. Es sei dem Beklagten zumutbar, sie auch weiterhin als [X.]in in der Arbeitsgerichtsbarkeit, und zwar am Arbeitsgericht M.       , zu verwenden. An anderen Gerichten belaufe sich die Arbeitsbelastung ebenfalls auf weniger als 80 %. Der Beklagte verhalte sich daher widersprüchlich, wenn er sie in die Sozialgerichtsbarkeit versetze. Dies belege auch der Fall einer von der Arbeitsgerichtsbarkeit an das [X.].  versetzten [X.]in. Diese sei trotz einer Arbeitsbelastung am [X.].  von 80 % und der behaupteten übermäßigen Belastung am Sozialgericht sofort zum [X.].  rückabgeordnet worden. Ein anderer [X.] sei vom [X.]      zum [X.]versetzt worden, obwohl dadurch die Belastung am [X.]von 81 % auf 69 % gesunken sei. Ihre Versetzung in die Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der weniger als 100 %igen Belastung des Arbeitsgerichts M.        verstoße daher gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Übermaßverbot.

Selbst wenn durch die Zusammenlegung der Arbeitsgerichte M.     und [X.]     eine Versetzung von [X.]n erforderlich geworden sein sollte, habe der Beklagte eine fehlerhafte Auswahlentscheidung getroffen. In die Entscheidung hätten nicht nur die [X.] des [X.]       einbezogen werden dürfen, vielmehr hätten auch die [X.] des Arbeitsgerichts M.      einschließlich der bereits von dort an das Sozialgericht abgeordneten [X.] berücksichtigt werden müssen. Der Personalbedarf beim Sozialgericht M.        könne durch eine beim Verwaltungsgericht tätige Proberichterin gedeckt werden, zumal absehbar sei, dass im [X.] zwei [X.]innen aus der Elternzeit an das Sozialgericht M.      zurückkehrten. Im Übrigen gehe der Beklagte zu Unrecht davon aus, dass die Sozialgerichtsbarkeit die sachnähere Gerichtsbarkeit zur Arbeitsgerichtsbarkeit sei. Größere Sachnähe bestehe zwischen der Arbeitsgerichtsbarkeit und der Zivilgerichtsbarkeit. Der Beklagte hätte daher ihre Versetzung an das [X.]         in Betracht ziehen müssen. Im Zeitpunkt der Versetzung sei bekannt gewesen, dass eine [X.]in des [X.]         beabsichtigt habe, im [X.] vorzeitig in den Ruhestand zu treten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des beklagten Ministeriums vom 20. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009 ([X.]: 5002 [X.]/2009) aufzuheben,

hilfsweise,

das beklagte Ministerium zu verpflichten, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 20. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009 das Amt einer [X.]in am Arbeitsgericht bei dem Arbeitsgericht M.       (Besoldungsgruppe [X.] BBesO) zu übertragen und sie zugleich vom [X.]        an das Arbeitsgericht M.        zu versetzen,

weiter hilfsweise,

das beklagte Ministerium zu verpflichten, den Bescheid des beklagten Ministeriums vom 20. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009 (Aktenzeichen: 5002 [X.]/2009) aufzuheben und über die Versetzung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Auflösung des [X.]        sei ei-ne Veränderung in der Einrichtung der Gerichte im Sinne von § 32 Abs. 1 DRiG, da bei diesem Gericht alle [X.]ämter entfallen seien; entscheidend sei allein die Einwirkung auf den Personalbedarf des [X.]        . Der Beklagte habe das ihm in § 32 Abs. 1 Satz 1 DRiG eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. In die Ermessensentscheidung seien die betroffenen [X.] einzubeziehen. Das seien lediglich die an dem aufgelösten Gericht amtierenden [X.], nicht jedoch die [X.] des Arbeitsgerichts M.     , weil diese gegen ihren Willen nicht versetzt werden könnten. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten dargelegten Personalberechnung für die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit sei die Versetzung der Klägerin an das Sozialgericht M.     nicht zu beanstanden.

Mit der vom [X.] zugelassenen Sprungrevision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Sprungrevision.

Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision hat keinen Erfolg.

I. Die Sprungrevision ist zulässig. Sie ist nach § 72, § 55 Nr. 4 [X.]G-LSA in der hier maßgeblichen, bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung in Verbindung mit § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und form- und fristgerecht unter Beifügung der Zustimmung des [X.]n eingelegt und begründet worden (§ 79 Abs. 2, § 78 Nr. 4 Buchst. a, § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G i.V.m. § 139 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

II. Die Sprungrevision ist jedoch nicht begründet. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die auf § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G gestützte Versetzung der Klägerin vom [X.]      an das [X.]        ist rechtmäßig. Aufgrund der Aufhebung des [X.]      ist das [X.]amt der Klägerin - ebenso wie alle anderen [X.]ämter an diesem Gericht - entfallen. Dies berechtigte den [X.]n zur Versetzung der Klägerin an ein anderes Gericht. Die Entscheidung des [X.]n, die Klägerin an das [X.]        zu versetzen, lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

1. Der [X.] war nach § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G berechtigt, der Klägerin ein anderes [X.]amt zu übertragen.

a) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G kann bei einer Veränderung in der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke einem auf Lebenszeit ernannten [X.] dieser Gerichte ein anderes [X.]amt übertragen werden. Dies kann auch ein [X.]amt in einem anderen Gerichtszweig sein (vgl. [X.], D[X.]G, 6. Aufl., § 32 Rn. 8).

Veränderungen der Gerichtsorganisation sind Maßnahmen, die den Bedarf an [X.]n bei dem betroffenen Gericht so einschneidend verringern, dass [X.]ämter entfallen ([X.], Beschluss vom 19. Dezember 2003 - AR([X.]) 1/03, NVwZ-RR 2004, 467). Die Veränderung kann z.B. auf der Zusammenlegung zweier oder mehrerer Gerichte zu einem Gericht, der Umstrukturierung von Gerichtsbezirken, der Neueinrichtung eines Gerichts oder der Auflösung eines Gerichts bestehen (vgl. etwa [X.], D[X.]G, 6. Aufl., § 32 Rn. 3). Keine Veränderung in der Einrichtung der Gerichte im Sinne von § 32 D[X.]G liegt vor, wenn sich lediglich der Geschäftsanfall an einem Gericht ändert ([X.], D[X.]G, 6. Aufl., § 32 Rn. 3).

Die Errichtung und Aufhebung von Gerichten sowie die Änderung der Grenzen ihrer Bezirke dürfen mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Maßnahmen für die Unabhängigkeit der Rechtspflege im Rechtsstaat nur durch förmliches Gesetz angeordnet werden (vgl. [X.] 2, 307, 316, 320; 24, 155, 166; BVerfGK 8, 395, 399 f.).

b) Das [X.]      wurde durch § 3 Abs. 1 Satz 1 des [X.] [X.] vom 14. Februar 2008 mit Ablauf des 31. Mai 2009 aufgehoben. An seine Stelle ist nach § 4 des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] - jeweils in der Fassung von § 6 des [X.] [X.] vom 14. Februar 2008 - das Arbeitsgericht M.       getreten, da dem Arbeitsgericht M.       der Bezirk des [X.]        zugelegt wurde. Dies ist eine durch Gesetz angeordnete Änderung der Einrichtung der Gerichte. Durch die Aufhebung des [X.]     sind sämtliche [X.]ämter an diesem Gericht - auch das der Klägerin - weggefallen. Das erforderte die Versetzung der Klägerin an ein anderes Gericht. Dies gilt unabhängig davon, ob an den Arbeitsgerichten in [X.], insbesondere an den Arbeitsgerichten [X.]        und M.       , bereits vor der Aufhebung des [X.]        eine personelle Überbesetzung im [X.]dienst bestand. Hierauf hätte eine Versetzung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G zwar nicht gestützt werden können. Das ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund der vom Gesetzgeber des Landes [X.] angeordneten Änderung der Gerichtsorganisation die [X.]ämter an dem aufgehobenen [X.]       unabhängig vom Arbeitsanfall an diesem oder anderen Arbeitsgerichten entfallen sind mit der Folge, dass die Versetzung oder Amtsenthebung der bisher an diesem Gericht eingesetzten [X.] und damit auch der Klägerin zwingend erforderlich geworden ist.

Die Versetzung der Klägerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die [X.]ämter des [X.]         kraft Gesetzes vom [X.]       auf das Arbeitsgericht M.        übergegangen wären, wie die Klägerin offenbar meint. Derartiges sieht das [X.] [X.] nicht vor. § 6 des Gesetzes trifft lediglich Regelungen zur Verwendung der einem aufgehobenen Gericht angehörenden ehrenamtlichen [X.]. Diese werden nach § 4 des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen in Verbindung mit § 5 Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] - jeweils in der Fassung von § 6 des [X.] [X.] vom 14. Februar 2008 - unter Fortsetzung ihrer Amtszeit ehrenamtliche [X.] des Gerichts, in dessen Bezirk sie im Zeitpunkt der Aufhebung als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer tätig sind. Hierbei handelt es sich um eine besondere Regelung ausschließlich für ehrenamtliche [X.]. § 4 des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im [X.] in der Fassung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 des [X.] [X.] bestimmt zwar, dass das Gericht, dem der Bezirk eines aufgehobenen Gerichts zugelegt worden ist, an die Stelle des aufgehobenen Gerichts tritt. Diese Vorschrift regelt jedoch lediglich die Funktionsnachfolge, nicht hingegen die Zuordnung der [X.]ämter des aufgehobenen Gerichts zu dem Gericht, dem der Gerichtsbezirk zugelegt wurde. Das ergibt sich schon daraus, dass § 6 des [X.] [X.] die Verwendung der an einem aufgehobenen Gericht ernannten ehrenamtlichen [X.] für den Rest ihrer Amtszeit ausdrücklich regelt. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn das "aufnehmende" Gericht insgesamt und damit auch hinsichtlich des richterlichen Personals an die Stelle des aufgehobenen Gerichts treten würde.

2. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass der [X.] das ihm durch § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G eingeräumte Ermessen bei der [X.] rechtsfehlerfrei ausgeübt hat. Ermessensfehler im Sinne von § 114 VwGO sind nicht ersichtlich.

a) Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der [X.] im Rahmen der [X.] nicht zu prüfen hatte, ob anstelle der Klägerin ein [X.] des Arbeitsgerichts M.      gegen seinen Willen an ein anderes Gericht zu versetzen war. Vom Wegfall der [X.]ämter am [X.]        auf Grund der Änderung der Gerichtsorganisation waren nur die [X.] des [X.]       betroffen, nicht jedoch die [X.] des Arbeitsgerichts M.     . Deren Ämter blieben erhalten. Durch die Zulegung des Bezirks des [X.]        zum Arbeitsgericht M.      hat sich der Bedarf an [X.]n am Arbeitsgericht M.       nicht verringert. Hinsichtlich der [X.] am Arbeitsgericht M.      lagen daher die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G für eine Versetzung nicht vor. Dies gilt auch für die seinerzeit vom Arbeitsgericht M.     an das [X.]        abgeordneten [X.]. Diese behielten während der Dauer ihrer Abordnung an das Sozialgericht ihre [X.]ämter am Arbeitsgericht M.     .

b) Das [X.] hat auch ohne Rechtsfehler erkannt, dass der [X.] nicht wegen einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet war, der Klägerin ein [X.]amt am Arbeitsgericht M.       zu übertragen. Der [X.] war auch nicht gehalten, die Klägerin weiterhin in der Arbeitsgerichtsbarkeit einzusetzen.

aa) Nach den Feststellungen des [X.]s ergab sich nach den Personalbedarfsberechnungen für das [X.] bei dem neu konzipierten Arbeitsgericht M.        ein Bedarf an 9,45 richterlichen Arbeitskräften, dem eine Personalausstattung von 11 [X.]n/innen gegenüberstand. Bei diesem Gericht gab es daher - ebenso wie an den anderen Arbeitsgerichten in [X.] - keinen zusätzlichen Personalbedarf. Demgegenüber war in der Sozialgerichtsbarkeit eine erhebliche personelle Unterdeckung zu verzeichnen. Die Belastung der richterlichen Arbeitskräfte am [X.]     belief sich - unter Einschluss der Klägerin sowie der beiden im Jahr 2010 aus der Elternzeit zurückerwarteten [X.]innen - auf 185 % bzw. - mit Proberichtern - auf 144 %. In Anbetracht dessen ist es nicht zu beanstanden, dass der [X.] der Klägerin ein [X.]amt an dem überlasteten [X.]     anstatt an dem personell überbesetzten Arbeitsgericht M.      übertragen hat. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass auch andere Arbeitsgerichte in [X.] personell überbesetzt waren. Daraus kann die Klägerin keinen Anspruch darauf ableiten, an das Arbeitsgericht M.      versetzt zu werden und damit die dort bereits vorhandene personelle Überbesetzung noch zu vergrößern, obwohl in der Sozialgerichtsbarkeit ein erheblicher Personalbedarf bestand.

bb) Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob einzelne personelle Maßnahmen des [X.]n wie z.B. die Versetzung eines [X.]s vom [X.]     an das [X.]oder die Rückabordnung einer an das [X.].  versetzten [X.]in an das [X.].  bedarfsgerecht waren oder nicht. Ein nicht bedarfsgerechter Einsatz einzelner [X.] führt nicht dazu, dass auch die Klägerin unabhängig von einem bestehenden Bedarf an [X.]n eingesetzt werden müsste. Im Übrigen hat der [X.] nachvollziehbar dargelegt, dass für die genannten Maßnahmen sachliche Gründe vorlagen. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, der [X.] hätte statt ihrer eine Proberichterin vom [X.].  an das [X.]       versetzen können, ist damit ebenfalls kein Ermessensfehler dargelegt. Nach den Feststellungen des [X.]s wäre bei den weit über 100 % liegenden Belastungszahlen der Einsatz der Klägerin in der Sozialgerichtsbarkeit gleichwohl erforderlich gewesen.

c) Der [X.] war auch nicht gehalten, der Klägerin ein [X.]amt am [X.]      zu übertragen. Dort bestand nach den Feststellungen des [X.]s im Zeitpunkt der Versetzung kein Personalbedarf. Seinerzeit stand auch nicht fest, ob im Jahr 2010 eine dort tätige [X.]in in den Ruhestand treten würde. Da das [X.]       zum 31. Mai 2009 aufgelöst wurde, hatte der [X.] zum 1. Juni 2009 - nach § 32 Abs. 3 D[X.]G spätestens bis zum 31. August 2009 - die weitere Verwendung der Klägerin zwingend zu regeln. Angesichts der Belastungssituation in der Sozialgerichtsbarkeit war es ihm nicht zuzumuten, sie an ein Gericht zu versetzen, bei dem nicht abzusehen war, ob demnächst ein Personalbedarf entstehen würde. Weitere Möglichkeiten einer Versetzung der Klägerin an ein wohnortnäheres Gericht im [X.] bestanden nach den Feststellungen des [X.]s nicht.

d) Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der [X.] entschieden hat, die Klägerin als [X.]in in der überlasteten Sozialgerichtsbarkeit einzusetzen und ihr unter Berücksichtigung ihres Wunsches nach einer möglichst wohnortnahen Verwendung ein [X.]amt am [X.]       zu übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin fachlich und persönlich nicht geeignet wäre, das Amt einer [X.]in am Sozialgericht auszuüben, sind nicht erkennbar. Dies hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht.

III. [X.] beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]G in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren auf 32.719,96 € festgesetzt (§ 47 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG).

Bergmann     

        

    Joeres     

        

Fischer

        

V[X.]BAG Gräfl ist
erkrankt und an der
Unterschrift verhindert.

                          
        

Bergmann

        

[X.]     

        

Meta

RiZ (R) 9/10

06.10.2011

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend LG Magdeburg, 10. Juli 2010, Az: DG 4/09, Urteil

§ 32 Abs 1 S 1 DRiG, § 3 Abs 1 GerStrukGNOG ST

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.2011, Az. RiZ (R) 9/10 (REWIS RS 2011, 2612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2612

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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