Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2011, Az. II ZB 6/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8960

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Gegenstand

Handelsregisterverfahren: Beschwerderecht eines Notars bei Zurückweisung einer Gesellschafterliste; Zulässigkeit der Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile


Leitsatz

1. Weigert sich das Registergericht wegen formaler Beanstandungen, eine von einem Notar eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, hat der Notar ein eigenes Beschwerderecht .

2. Die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile in der Gesellschafterliste ist dann zulässig, wenn jeder Geschäftsanteil durch die Angabe der bisherigen Nummerierung zweifelsfrei zu identifizieren bleibt .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] vom 2. Februar 2010 und der Beschluss des [X.] - Registergericht - vom 1. Dezember 2009 aufgehoben.

Das Registergericht wird angewiesen, die vom Antragsteller am 5. Dezember 2009 eingereichte Gesellschafterliste in den für das Registerblatt bestimmten Registerordner aufzunehmen.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Antragsteller beurkundete in seiner Eigenschaft als Notar die Übertragung sämtlicher insgesamt zwölf Geschäftsanteile an einer GmbH auf einen neuen Gesellschafter. Nachdem der Gesellschafterwechsel wirksam geworden war, reichte er zum Handelsregister eine aus sieben Spalten bestehende Gesellschafterliste ein:

Lfd. Nr. der
Geschäftsanteile

Bisherige lfd.
Nr. der
Geschäftsanteile

Gesellschafter
(Name, Vorname,
Geburtsdatum und
Wohnort bzw.
Firma und Sitz)

Anzahl der
Geschäftsanteile
(Stück)

Nennbetrag
der einzelnen
Geschäftsanteile
(in [X.])

Summe der
Nennbeträge

Veränderungen

                                                              

Unter den laufenden Nummern 1 bis 12 der ersten Spalte waren die Namen, Geburtsdaten und Wohnorte der bisherigen Gesellschafter sowie deren Geschäftsanteile nach Anzahl, Nennbetrag pro Stück und Summe der [X.] eingetragen. Diese Eintragungen waren durchgestrichen. Unter den laufenden Nummern 13 bis 24 folgte jeweils der Name des neuen Gesellschafters mit den fortgeschriebenen Angaben zu den zwölf erworbenen Geschäftsanteilen einschließlich der Angabe der bisherigen Nummern. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Registergericht die Aufnahme der eingereichten Gesellschafterliste in den für das Registerblatt bestimmten Registerordner abgelehnt, weil die einmal festgelegte Nummerierung der Geschäftsanteile auch nach einem Gesellschafterwechsel beizubehalten sei.

2

Die hiergegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das [X.] ([X.], [X.], 1394) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Registergericht stehe zwar kein materielles Prüfungsrecht hinsichtlich der nach § 40 Abs. 2 GmbHG einzureichenden Gesellschafterliste zu. Es habe jedoch zu prüfen, ob die Liste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspreche, da die Norm gläubigerschützend im Sinne von § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG sei. Im Rahmen dieser Prüfungskompetenz habe das Registergericht die Umnummerierung der Geschäftsanteile zu Recht beanstandet. Auf die Erforderlichkeit der Beibehaltung der einmal festgelegten Nummerierung deute bereits der Wortlaut des § 40 Abs. 1 GmbHG hin. Außerdem sei die Norm im Zusammenhang mit der ebenfalls neu gefassten Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG zum Inhalt der Gesellschafterliste bei Neugründung einer GmbH zu sehen, wonach bereits bei der Gründung der Gesellschaft jedem vorhandenen Geschäftsanteil eine laufende Nummer zugeordnet werde. Mit der neuen Gesellschafterliste seien daher nur die vorgenommenen Änderungen zu dokumentieren, während die nicht von Änderungen betroffenen Eintragungen der früheren Gesellschafterliste beibehalten werden müssten. Schließlich entspreche die Beibehaltung der Nummerierung der Geschäftsanteile auch dem Sinn und Zweck der Regelung des § 40 Abs. 1 und 2 GmbHG. Die durch das [X.] erheblich aufgewertete Gesellschafterliste habe die Funktion eines Rechtsscheinträgers erhalten und verlange deshalb nach einer übersichtlichen und eindeutigen Darstellung, aus der für einen Dritten zweifelsfrei erkennbar sei, welche Geschäftsanteile zum aktuellen Zeitpunkt vorhanden seien und von wem der einzelne Geschäftsanteil derzeit gehalten werde. Diesen Erfordernissen werde eine Gesellschafterliste aber nur dann gerecht, wenn die einmal vorgenommene Nummerierung in den nachfolgenden Listen beibehalten werde.

3

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner weiterverfolgt.

4

II. [X.] ist zulässig und begründet. Sie führt - unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen - zur Weisung an das Registergericht, die vom Antragsteller eingereichte Gesellschafterliste in den für das Registerblatt bestimmten Registerordner aufzunehmen.

5

1. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des [X.] und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ([X.]) das seit 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren einleitende Antrag - hier in Form der Einreichung der Gesellschafterliste - am 5. November 2009, also nach Inkrafttreten der Neuregelung, bei Gericht eingegangen ist.

6

Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. [X.]befugnis des beteiligten Notars ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ohne Erfolg geblieben ist.

7

2. [X.] hat auch in der Sache Erfolg. Das [X.] hat die Beschwerde des Notars gegen den angefochtenen Beschluss des Registergerichts zu Unrecht zurückgewiesen, da diese zulässig und begründet ist.

8

a) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Nach dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in "Angelegenheiten nach diesem Gesetz" statt, also in Angelegenheiten nach dem FamFG. Zu diesen Angelegenheiten gehört auch die in § 9 Abs. 1 Handelsregisterverordnung ([X.]) geregelte Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner, denn die in der [X.] ergänzend geregelten Verfahrensvorschriften beruhen auf der Verordnungsermächtigung des § 387 Abs. 2 FamFG.

9

Der einreichende Notar ist auch dazu befugt, die Beschwerde im eigenen Namen einzulegen. Das folgt zwar noch nicht aus § 59 Abs. 2 FamFG. Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59 Abs. 2 FamFG müssen immer auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein ([X.], Beschluss vom 27. August 2003 - [X.] 33/00, [X.], 1738, 1740 zu § 20 [X.]; [X.] in [X.]-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 59 Rn. 25). Das ist hier aber der Fall. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in eigenen Rechten beeinträchtigt ist. Durch die Ablehnung des Registergerichts, die vom Notar gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, wird (auch) der Notar in eigenen Rechten beeinträchtigt. Soweit die Beschwerdebefugnis des Notars von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung mit der Erwägung in Abrede gestellt wird, der Notar habe seiner persönlichen Amtspflicht bereits mit der Einreichung der Liste genügt, so dass ihn die Zurückweisung der Liste durch das Registergericht nicht mehr in eigenen Rechten beeinträchtige ([X.], [X.] 2010, 202), vermag der Senat dem nicht zu folgen.

§ 40 Abs. 2 GmbHG verpflichtet einen Notar, der an Veränderungen des Gesellschafterbestandes mitgewirkt hat, unverzüglich nach deren Wirksamwerden die geänderte Gesellschafterliste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben, zum Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln. Der Notar kommt mit der Einreichung der Liste zum Handelsregister einer ihm obliegenden Amtspflicht nach, die ihm als Folgeverpflichtung aus seiner Mitwirkung an der [X.] erwächst ([X.], [X.] 2010, 202; [X.]/[X.], GmbHG, 6. Aufl., § 40 Rn. 14; [X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., § 40 Rn. 38). Weist das Registergericht eine vom Notar eingereichte Gesellschafterliste zurück, macht es ihm die Erfüllung seiner Amtspflicht streitig. Wäre die Zurückweisung berechtigt, stünde der Notar weiterhin gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG in der Amtspflicht, eine (korrigierte) Gesellschafterliste einzureichen (im Ergebnis ebenso [X.], [X.], 831, 832).

b) Die Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist auch begründet. Das Registergericht hat die eingereichte Gesellschafterliste zu Unrecht zurückgewiesen.

Dabei kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Registergericht das Recht oder die Pflicht hat, die eingereichte Gesellschafterliste zu prüfen (vgl. hierzu [X.], NJW-RR 2009, 972, 973; [X.], [X.], 831; [X.] in [X.]-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., [X.]. § 387 Rn. 5a; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., Rn. 1105; [X.]/[X.], Handelsregisterverordnung, § 9 Rn. 6; Gutachten DNotI-Report 2009, 190, 193; [X.], [X.], 1037, 1039; [X.]/[X.], GmbHG Nachtrag [X.], 10. Aufl., § 40 Rn. 36; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rn. 75; [X.], GmbHR 2010, 596, 597, [X.]., [X.] 2009, 1001, 1002). Denn jedenfalls hat es die von dem Antragsteller eingereichte Liste zu Unrecht beanstandet.

Die Umnummerierung der abgetretenen Geschäftsanteile unter Kennzeichnung ihrer Herkunft ist zulässig (§ 40 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Gliederungskontinuität, wie er beispielsweise für den Jahresabschluss angeordnet ist (§ 265 Abs. 1 HGB), in Bezug auf die Gesellschafterliste nicht aufgestellt. Ohnehin kann eine Stetigkeit der Nummerierung nicht in allen Fällen durchgehalten werden, etwa nach einer Teilung oder Zusammenlegung von Geschäftsanteilen, erst recht wenn vormals geteilte Geschäftsanteile anschließend mit anderen Geschäftsanteilen zusammengelegt werden. In solchen Fällen wird teils die Vergabe von [X.] (1.1, 1.2, ...), teils die Verwendung ergänzender Buchstaben (1a, 1b, ...) und teils die Vergabe der nächst freien Nummern vorgeschlagen (vgl. [X.], [X.], 831, 832; [X.], [X.] 2010, 283, 284; Gutachten DNotI-Report 2010, 147, 148 f.). Das Gesetz macht hierzu - soweit der Begriff der "laufenden Nummern" erfüllt bleibt - keine zwingende Vorgabe, obwohl das Problem bereits im Gesetzgebungsverfahren bekannt war (vgl. die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des [X.] Nr. 43/07 vom 5. September 2007 zum Regierungsentwurf des [X.], Rn. 28). Sind in manchen Fällen Brüche in der Gliederungskontinuität unvermeidlich, besteht keine Notwendigkeit, in allen übrigen Abtretungsfällen die Stetigkeit der Nummerierung zu fordern, solange die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse unter einer Umnummerierung nicht leidet und jeder Geschäftsanteil durch die Angabe der bisherigen Nummerierung zweifelsfrei zu identifizieren bleibt. [X.], die allerdings regelmäßig für eine Beibehaltung der Nummerierung sprechen, berühren die Rechtsgültigkeit der eingereichten Liste nicht. Inhaltliche Zweifel daran, welche Geschäftsanteile bestanden und durch welche Abtretungsketten diese in die Hand des neuen Gesellschafters gelangt waren, konnten hier nicht aufkommen. Durch das [X.] der laufenden Nummern 1 bis 12 sowie durch die Veränderungsnachweise unter den laufenden Nummern 13 bis 24 ist die Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet.

Daher hätte das [X.] der Beschwerde stattgeben und das Registergericht zur Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner anweisen müssen. Dieses kann der Senat selbst nachholen, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

Strohn                               Reichart                                      Drescher

                  Born                                  [X.]

Meta

II ZB 6/10

01.03.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 2. Februar 2010, Az: 6 W 40/09, Beschluss

§ 40 Abs 1 GmbHG, § 40 Abs 2 GmbHG, § 59 Abs 1 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2011, Az. II ZB 6/10 (REWIS RS 2011, 8960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8960

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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