Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2003, Az. III ZR 368/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 743

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BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILIII ZR 368/02Verkündet am:13. November 2003F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ:neinBGHR:ja BGB § 677; WHG §§ 22 Abs. 1, 28a)Zur (öffentlich-rechtlichen) Geschäftsführung ohne Auftrag durch die Er-füllung von Gewässerunterhaltungspflichten seitens eines privaten Dritten(hier: Beseitigung des an einem Kraftwerksrechen angeschwemmtenPflanzenschnitts).b)Bei Unterhaltungsarbeiten abgemähte und im Wasser treibende Wasser-pflanzen sind nicht im Sinne von § 22 Abs. 1 WHG in das Gewässer ein-gebracht.BGH, Urteil vom 13. November 2003 - III ZR 368/02 -OLG Karlsruhe LG Konstanz- 2 -Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlungvom 13. November 2003 durch die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa, Dörr undGalkefür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesge-richts Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - vom 24. Oktober 2002im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil derBeklagten erkannt worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszu-ges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegenTatbestandDie Klägerin betreibt in R. -A. an einem von der Radolfzeller(Hegauer) Aach abzweigenden Triebwerkskanal unterhalb von S. zweiWasserkraftwerke. Sie nimmt das erstbeklagte Bundesland und die zweitbe-klagte Stadt wegen der Anschwemmung größerer Mengen von Wasserpflanzenauf Schadensersatz oder Aufwendungsersatz in Anspruch.- 3 -Die Radolfzeller Aach ist ein Gewässer zweiter Ordnung, dessen Unter-haltung nach § 49 Abs. 2 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (künf-tig: WG) grundsätzlich den Gemeinden obliegt. Anstelle einiger Aach-Anliegergemeinden, darunter der Stadt S. , übernahm das Land Baden-Württemberg im November 1986 deren Unterhaltungslast. Jedoch erklärtensich die Gemeinden nach Maßgabe einer gleichzeitig geschlossenen geson-derten Vereinbarung gegen Kostenerstattung seitens des Landes bereit, dienotwendigen Unterhaltungsarbeiten selbst unter der fachlichen Anleitung desLandes auszuführen.In der Aach wächst in größerem Umfang der flutende Hahnenfuß (soge-nanntes Aachkraut), der bis zu 12 m lang werden kann und dabei den Abflußdes Wassers behindert. Aus diesem Grund läßt das Land Baden-Württembergdurch die Stadt S. das Aachkraut nach Bedarf abmähen. Die abgeschnit-tenen Wasserpflanzen treiben zunächst flußabwärts und werden von der Be-klagten zu 2 zusammen mit anderem Treibgut teils oberhalb des Wasserkraft-werks der Klägerin in S. , teils unterhalb an der Rechenanlage M. Brücke - unmittelbar vor der Einmündung der Aach in den Bodensee - aus demFluß entnommen. Ein im Umfang streitiger Anteil des Aachkrauts und anderesSchwemmgut wird an den Rechen vor den Kraftwerksturbinen der Klägerin an-getrieben. Dieses Schwemmaterial läßt die Klägerin beseitigen und auf einerDeponie entsorgen. Von den hierdurch nach ihrer Behauptung in den Jahren1999 und 2000 entstandenen Kosten macht die Klägerin 80 %, insgesamt46.463,66 Beklagten anzulastenden Schaden geltend.Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hatihr, abgesehen von einer Reduzierung der Zinsforderung, in vollem Umfang- 4 -stattgegeben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstre-ben die Beklagten Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.EntscheidungsgründeDie Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteilsund zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.I.Das Berufungsgericht bejaht einen Aufwendungsersatzanspruch der Klä-gerin aus dem Gesichtspunkt öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohneAuftrag entsprechend den §§ 677, 683, 670 BGB. Es führt dazu aus: Die Be-seitigung des Aachkrauts sei eine öffentlich-rechtliche Pflicht des unterhal-tungspflichtigen erstbeklagten Landes und zugleich eine durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übernommene Verpflichtung der zweitbeklagten Stadt. Dieswerde dadurch deutlich, daß die Beklagte zu 2 im Auftrag des Beklagten zu 1bei M. sämtliches Treibgut aus der Aach entnehme. Für die zur Rechen-anlage der Klägerin gelangten Gegenstände sei dies nicht mehr erforderlichgewesen. Die Klägerin habe dabei zumindest auch mit dem Willen gehandelt,ein Geschäft der Beklagten zu führen, und dies habe außerdem dem mutmaß-lichen Willen der Beklagten, mindestens deren Verpflichtung zur Entnahme derStoffe noch vor dem Bodensee, entsprochen. Es komme auch nicht darauf an,ob es sich bei dem von der Klägerin entnommenen Rechengut ausschließlichum durch Abmähen freigesetzte Aachkrautmassen gehandelt habe. Auch ande-- 5 -res Treibgut hätte von den Beklagten an ihrer Entnahmeanlage M. geborgenund entsorgt werden müssen. In diesem Fall wären die Kosten der Beklagtennicht geringer gewesen als die von der Klägerin geltend gemachten. Auf einemögliche Haftung der Beklagten nach § 22 WHG komme es daher nicht mehran. Auch solche Ansprüche wären indes dem Grunde nach als Einbringen vonfesten Stoffen, das zu einer Verschlechterung der physikalischen Beschaffen-heit des Wassers geführt habe, gegeben.II.Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung hinsichtlich beiderBeklagten nicht stand.1.Beklagter zu 1a) Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von einer öf-fentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag der Klägerin für das erstbe-klagte Bundesland ausgegangen. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag ent-sprechend den §§ 677 ff. BGB kann auch dann vorliegen, wenn ein PrivaterAufgaben wahrnimmt, die objektiv zum Pflichtenkreis eines Trägers öffentlicherVerwaltung gehören (Senatsurteile BGHZ 138, 281, 286 ff. und vom15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 f.; BVerwGE 80, 170,172 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 8. Teil III 1 c cc S. 343 f. m.w.N.). Daskommt vor allem in Selbsthilfefällen zum Schutz individueller Rechte oderRechtsgüter des Bürgers in Betracht. Daß er dabei zugleich eigene Interessenwahrnimmt, steht nicht entgegen. Die Anwendung der Regeln über die Ge-- 6 -schäftsführung ohne Auftrag darf freilich nicht dazu führen, daß vorhandeneund zumutbare Rechtsschutzmöglichkeiten überspielt werden oder daß eindem Verwaltungsträger im öffentlichen Interesse gegebenes Handlungsermes-sen ohne triftigen Grund außer Kraft gesetzt wird (vgl. BGHZ aaO S. 288 f.;Senatsurteil vom 15. Dezember 1977 aaO S. 1259; BVerwGE aaO S. 174 ff.;Ossenbühl aaO).aa) Daran gemessen hat die Klägerin ein Geschäft für das beklagteLand allenfalls insoweit geführt, als es um das bei den Mäharbeiten abge-schnittene Aachkraut geht. Soweit sie dagegen sonstige an ihrem Einlaufre-chen angeschwemmte Gegenstände aus dem Wasser gefördert hat (Äste,Laub, aus natürlichen Gründen losgerissene Wasserpflanzen, Müll u.ä.), han-delt es sich um ein ausschließlich eigenes Geschäft der Klägerin, für das siekeinen Ersatz ihrer Aufwendungen beanspruchen kann.(1) Dem Erstbeklagten oblag an dem hier interessierenden Teil der Aachkraft öffentlich-rechtlicher Übernahme gemäß § 49 Abs. 6 WG i.d.F. der Be-kanntmachung vom 26. April 1976 (GBl. S. 369) die Gewässerunterhaltungs-pflicht. Die Unterhaltung eines Gewässers umfaßt die Erhaltung eines ord-nungsgemäßen Zustands für den Wasserabfluß (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WHG inder für den Streitfall noch maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom12. November 1996, BGBl. S. 1695; heute § 28 Abs. 1 Satz 5 WHG i.d.F. derBekanntmachung vom 19. August 2002, BGBl. I S. 3245). Hierzu gehört auchdas Entkrauten des Gewässerbetts sowie, um das Gewässer dadurch nicht inanderer Weise zu belasten, die Entfernung der im Zuge der Mäharbeiten vomBoden getrennten Pflanzen aus dem Wasser (vgl. OVG NW OVGE 36, 8 f.;Bulling/Finkenbeiner, WG für Baden-Württemberg, § 47 Rn. 2; Czychowski/- 7 -Reinhardt, WHG, 8. Aufl., § 28 Rn. 26; s. auch Habel, WG für Baden-Würt-temberg, § 47 Rn. 20). Die Beseitigung des abgeschnittenen Aachkrauts ausdem Wasser war daher objektiv zugleich ein Geschäft des beklagten Landes.Daß die Klägerin dabei auch erkennbar mit dem Willen gehandelt hat, dessenAufgaben mitzuerledigen, hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfreiund unangegriffen festgestellt.(2) Anders liegt es hingegen hinsichtlich des übrigen Geschwemmsels.Daß diese Gegenstände, solange sie in der Aach trieben, den Wasserabflußbehindert hätten und aus diesem Grunde von dem Gewässerunterhaltungs-pflichtigen hätten entfernt werden müssen, ist weder festgestellt noch vorgetra-gen. Von der Ermächtigung in § 28 Abs. 1 Sätze 3 und 4 WHG a.F., die Ge-wässerunterhaltungspflicht auf die bundesrechtlich nicht umfaßte (SenatsurteilBGHZ 65, 221, 224; Czychowski/Reinhardt, § 28 Rn. 28) Reinigung des Was-sers von festen Stoffen zu erstrecken, hat der baden-württembergische Lan-desgesetzgeber - im Gegensatz etwa zu dem Freistaat Bayern (Art. 42 Satz 2Nr. 5 BayWG) oder dem Land Rheinland-Pfalz (§ 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7LWG) - keinen Gebrauch gemacht; die in § 47 Abs. 1 Nr. 1 WG normierte Rei-nigungspflicht bezieht sich lediglich auf das Gewässerbett (s. Habel, § 47Rn. 20). Sonstige Rechtsgrundlagen für eine Beseitigungspflicht des beklagtenLandes sind nicht ersichtlich, insbesondere wäre nach dem Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetz - soweit hier überhaupt anwendbar (vgl. dessen § 2Abs. 2 Nr. 6) - die Klägerin selbst als Besitzerin der Abfälle verpflichtet gewe-sen, diese zu sammeln und sie dem Entsorgungsträger zu überlassen (§§ 11Abs. 1, 13 Abs. 1 KrW-/AbfG). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtsgenügt es auch nicht, daß das beklagte Land tatsächlich ohne die Maßnahmender Klägerin diesen Teil des Treibguts gleichfalls an der Entnahmestelle- 8 -M. entsorgt hätte und darum mittelbar begünstigt worden ist. Die rein fakti-sche Übernahme derartiger Arbeiten begründet noch keine Rechts- undPflichtenbindung des Landes und ist deswegen nicht objektiv dessen Geschäft.Ebensowenig ist insoweit Raum für einen Ausgleichsanspruch der Klägerinnach Bereicherungsgrundsätzen.bb) Im Ergebnis mit Recht bekämpft die Revision ferner, auch soweit esum die bei den Mäharbeiten abgeschnittenen Wasserpflanzen geht, die An-nahme des Berufungsgerichts, die Geschäftsführung der Klägerin habe außer-dem dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Landes, zumindest des-sen Verpflichtung zur Entnahme der Stoffe, entsprochen. Das ist zwar nichtschon deswegen ausgeschlossen, wie die Revision meint, weil ein privaterDritter grundsätzlich nicht gegen die gesetzliche Ermessenszuweisungbestimmen kann, wann und auf welche Weise die zuständige Stelle ihre ge-setzlichen Pflichten erfüllt, und weil er darüber hinaus keinen Rechtsanspruchauf Erfüllung der Gewässerunterhaltungspflicht hat (so ausdrücklich § 46 Abs.1 Halbsatz 2 WG; allgemein: Senatsurteil BGHZ 125, 186, 188; Czy-chowski/Reinhardt, § 28 Rn. 55). Besonderheiten können bei unverhältnismä-ßiger Beeinträchtigung des Eigentums Dritter und einem dringenden Bedürfnisnach sofortiger Abhilfe bestehen (vgl. Czychowski/Reinhardt, § 28 Rn. 56), undim Streitfall war ohne die sofortige Entfernung der angeschwemmten Aach-krautmassen die Funktionsfähigkeit des gesamten Wasserkraftwerks der Klä-gerin gefährdet. Diese Umstände könnten ein öffentliches Interesse an derAusführung des Geschäfts durch die Klägerin im Sinne des § 679 BGB be-gründen. Derartige Erwägungen verbieten sich indes dann, wenn die Klägerin,worauf die Revision sich außerdem beruft, gemäß § 60 Abs. 2 WG zur Duldungder Beeinträchtigungen verpflichtet gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift ha-- 9 -ben die Benutzer eines Gewässers, soweit es zu dessen ordnungsgemäßerUnterhaltung notwendig ist, zu dulden, daß die Benutzung vorübergehend be-hindert oder unterbrochen wird. Wenn und soweit es deshalb dem beklagtenLand unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, die in Ausführung seinerGewässerunterhaltungspflicht abgemähten Wasserpflanzen noch vor der Ab-zweigung des Triebwerkskanals der Klägerin aufzufangen, hätte die Klägerinersatzlos (die Schadensersatzpflichten nach §§ 30 Abs. 3 WHG und 60 Abs. 4Satz 2 WG beziehen sich auf diese Fallgestaltung nicht) notfalls die zeitweiligeEinstellung ihres Betriebs hinnehmen müssen, um innerhalb kurzer Zeitspan-nen durch geeignete technische Maßnahmen, etwa die Absperrung des Trieb-werkskanals, den Pflanzenschnitt an dem Kanal vorbeizuleiten. Es ginge dannauch zu ihren Lasten, wenn sie sich statt dessen dafür entschieden hat, ihrenBetrieb fortzuführen und ein Anschwemmen des Aachkrauts an ihrem Rechenin Kauf zu nehmen. Für das Revisionsverfahren ist zugunsten des beklagtenLandes davon auszugehen, daß die Voraussetzungen einer solchen Dul-dungspflicht hier vorlagen. Die Beklagten haben behauptet, angesichts der ho-hen Fließgeschwindigkeit der Aach sei es seinerzeit technisch nicht möglichgewesen, das abgeschlagene Aachkraut unmittelbar hinter dem Mähboot auf-zufangen oder es an der ersten Entnahmestelle der Stadt S. vollständig zuentnehmen. Dementgegen habe die Klägerin die Möglichkeit gehabt, einenGroßteil des ankommenden Pflanzen- und Treibguts an den wenigen Mähta-gen an ihrem Kanal vorbeizuleiten. Gegenteilige, das Revisionsgericht binden-de Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.cc) Die Revision erhebt weitere Einwendungen gegen die Höhe des vomBerufungsgericht berechneten Aufwendungsersatzes. Hierzu muß der Senatnicht im einzelnen Stellung nehmen. Das beklagte Land hat Gelegenheit, in der- 10 -erneuten Berufungsverhandlung seine Einwände dem Berufungsgericht vorzu-tragen.b) Die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts trägt die Verurteilung deserstbeklagten Bundeslandes schon deswegen nicht, weil auch die vom Ober-landesgericht im Ergebnis bejahte Haftung nach § 22 Abs. 1 WHG allenfalls fürdas abgemähte Aachkraut und nicht für das sonstige Treibgut in Betrachtkäme. Davon abgesehen scheidet eine Schadensersatzpflicht aus § 22 Abs. 1WHG unter den gegebenen Umständen aber schon dem Grunde nach aus.Das Land hat weder diesen Pflanzenschnitt in das Gewässer eingebracht nochhat es sonst derart auf das Gewässer eingewirkt, daß die physikalische, che-mische oder biologische Beschaffenheit des Wassers nachteilig verändertworden wäre. "Einbringen" setzt schon begrifflich voraus, daß die Gegenständesich zuvor außerhalb des Gewässers befunden haben. Dafür mag es zwar aus-reichen, daß am Rechen angeschwemmte Pflanzenteile kurzfristig aus demWasser gehoben und anschließend wieder dorthin zurückbefördert werden (sofür § 26 WHG: BVerwG ZfW 1980, 227, 228 ff.; Beschluß vom 27. Januar 1997- 11 B 1/97 - zitiert nach juris; Schwendner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp,WHG, AbwAG, Stand Juni 2003, § 22 WHG Rn. 17; zweifelnd Czychowski/Reinhardt, § 22 Rn. 9, § 26 Rn. 5; ablehnend Kibele, ZfW 2002, 133 ff.). Eswürde jedoch die jeder Auslegung durch den Wortlaut des Gesetzes gezoge-nen Grenzen sprengen, wollte man unter diesen Begriff auch Fallgestaltungenfassen, in denen, wie hier, die Feststoffe stets innerhalb des Gewässersverblieben sind und dort nur vom Gewässerbett gelöst wurden. Auch die Rein-haltung des Wassers als Schutzzweck der Vorschrift fordert eine solche Aus-dehnung der Schadensersatzpflicht nicht. Die daneben noch denkbare weitereTatbestandsvariante eines schädlichen "Einwirkens" auf das Gewässer hängt- 11 -zwar nicht ebenso davon ab, daß diesem von außen Stoffe zugeführt werden(vgl. die Fallgestaltung im Senatsurteil vom 1. März 1984 - III ZR 3/83 - VersR1984, 541 sowie Czychowski/Reinhardt, § 22 Rn. 17). Das Einwirken muß aberzur Folge haben, daß die Beschaffenheit des Wassers selbst, nicht allein desGewässers, verändert wird. Das erfordert eine Verschlechterung der Wasser-qualität (Senatsurteil BGHZ 103, 129, 136), d.h. eine nachteilige Veränderungseiner Eigenschaften, wie es das Gesetz in zahlreichen anderen, insoweit imwesentlichen inhaltsgleichen (Czychowski/Reinhardt, § 3 Rn. 68, § 26Rn. 24 f.) Vorschriften formuliert (z.B. §§ 1a Abs. 2, 24 Abs. 1, 26 Abs. 2, 34Abs. 1 und 2; weitere Nachweise bei Czychowski/Reinhardt, § 26 Rn. 24). Derbloße Transport von größeren, als solchen nicht wassergefährdenden Fest-stoffen erfüllt diese Voraussetzungen nicht (Czychowski/Reinhardt, § 22 Rn. 20a.E., s. aber auch Rn. 19). Abgeschnittene Wasserpflanzen mögen zwar all-mählich verrotten und auf diese Weise letztlich die Wasserqualität mindern.Eine solche Entwicklung hat das Berufungsgericht hier aber schon nicht fest-gestellt; der Schaden der Klägerin wäre auch nicht auf eine derartige Beein-trächtigung der Wasserqualität zurückzuführen.2.Beklagte zu 2a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gibt es gegenüber derzweitbeklagten Stadt für eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auf-trag seitens der Klägerin weder insgesamt noch auch nur hinsichtlich des ab-gemähten Aachkrauts eine Grundlage. Deren ursprüngliche Verpflichtung zurGewässerunterhaltung war kraft öffentlich-rechtlicher Vereinbarung mit befrei-ender Wirkung (vgl. Czychowski/Reinhardt, § 29 Rn. 23; Habel, § 49 Rn. 26;für die entsprechende Rechtslage in Rheinland-Pfalz etwa Beile, WG für das- 12 -Land Rheinland-Pfalz, Stand November 1995, § 65 Rn. 1) auf das Land Baden-Württemberg übergegangen. Soweit sich die Stadt S. gleichwohl dem Landgegenüber weiterhin zur Durchführung von Unterhaltungsarbeiten verpflichtethat, handelt es sich lediglich um eine verwaltungsinterne Mitwirkung, die esnicht rechtfertigt, die Erfüllung von Aufgaben des Landes seitens der Klägerinobjektiv auch als Geschäft der nur intern beteiligten Gemeinde anzusehen.b) Sofern es allerdings - entsprechend den obigen Ausführungen in be-zug auf das erstbeklagte Land - der Beklagten zu 2 möglich und zumutbar ge-wesen wäre, die von ihr abgeschnittenen und abwärts treibenden Wasser-pflanzen noch vor der Abzweigung des Triebwerkskanals aus dem Gewässerzu bergen, kommt statt dessen eine privatrechtliche Geschäftsführung ohneAuftrag auch zugunsten der beklagten Stadt - oder alternativ eine Schadenser-satzpflicht der Zweitbeklagten nach § 823 Abs. 1 BGB - in Frage. In diesemFall hätte die Beklagte zu 2 (durch Unterlassen) widerrechtlich in das Eigentumder Klägerin an ihrem Kraftwerk und zugleich in deren eingerichteten und aus-geübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Dabei handelte es sich nicht lediglichum eine vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzung eines einzel-nen Gegenstands, die in der Regel nicht als Eigentums- und Besitzverletzunggenügt, vielmehr war die Funktionsfähigkeit des gesamten Wasserkraftwerksgefährdet. Bei dieser Sachlage wäre die beklagte Stadt wegen ihrer vorausge-gangenen, die Gefahr begründenden Handlungen neben dem gewässerunter-haltungspflichtigen Land Störerin. Sie wäre deswegen gleichfalls zur Beseiti-gung des angeschwemmten Pflanzenschnitts verpflichtet gewesen (§ 1004Abs. 1 Satz 1 BGB). Soweit demnach die Klägerin anstelle der Beklagten zu 2diese Eigentumsstörung selbst beseitigt hätte, hätte sie objektiv auch ein Ge-schäft für die beklagte Stadt geführt (s. hierzu Senatsurteil BGHZ 142, 227,- 13 -237). Hinreichende Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht indes nichtgetroffen.- 14 -III.Das angefochtene Urteil kann nach alledem insgesamt nicht bestehen-bleiben. Die Sache ist unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Beru-fungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungennachholen kann.StreckSchlickKapsaDörrGalke

Meta

III ZR 368/02

13.11.2003

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2003, Az. III ZR 368/02 (REWIS RS 2003, 743)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 743

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