Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.12.2013, Az. 2 B 60/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 572

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Gegenstand

Bildung der Vergleichsgruppe als Beurteilungsmaßstab für den Wirtschaftsreferent einer Staatsanwaltschaft


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 7. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der Kläger, ein Diplomkaufmann, wendet sich gegen seine Regelbeurteilung für den [X.]eurteilungszeitraum 1. Juli 2001 bis 30. Juni 2004. Im [X.]eurteilungszeitraum war er [X.] ([X.]esoldungsgruppe [X.]) und als Wirtschaftsreferent bei der Staatsanwaltschaft [X.] tätig. Widerspruch, Klage und [X.]erufung gegen die Regelbeurteilung hatten nur zu einem geringen Teil Erfolg.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Kläger nach den Anforderungen des [X.] [X.] - und nicht nach einem höheren [X.] - zu beurteilen sei und auch beurteilt worden sei. Die [X.]eklagte habe eine ordnungsgemäße Vergleichsgruppe gebildet und die [X.]esonderheiten der Tätigkeit des [X.] ausweislich der Aufgabenbeschreibung und der Ausführungen in den einzelnen [X.]ewertungsfeldern einbezogen. Zwar sei die [X.]eurteilung des [X.] aufgrund seiner spezifischen Tätigkeit schwierig, aber auch die Tätigkeit der Rechtspfleger in der [X.]esoldungsgruppe [X.] sei vielfältig.

4

2. Der geltend gemachte Revisionsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

5

Der [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18 und vom 2. Februar 2011 - [X.]VerwG 6 [X.] 37.10 - NVwZ 2011, 507).

6

Die aufgeworfenen Fragen,

ob für den Wirtschaftsreferenten bei einer Staatsanwaltschaft der [X.]eurteilungsmaßstab aus der Vergleichsgruppe des gehobenen Dienstes entnommen werden kann,

und

ob eine Zuordnung des Wirtschaftsreferenten einer Staatsanwaltschaft zum gehobenen Justizdienst zulässig ist,

rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Welcher [X.]eurteilungsmaßstab anzulegen ist, bestimmt sich nach den jeweils für den [X.]eamten geltenden [X.]estimmungen des [X.]eurteilungsrechts und kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Ebenso wenig kann allgemeingültig beantwortet werden, welcher Laufbahngruppe und welchen Statusämtern der Wirtschaftsreferent einer Staatsanwaltschaft zuzuordnen ist. Je nach Aufgabenstellung und Zuschnitt kann ein solcher Dienstposten unterschiedlich eingestuft sein. Abgesehen davon ergibt sich der [X.]eurteilungsmaßstab aus dem [X.], das der zu beurteilende [X.]eamte innehat; an dessen Anforderungen sind die auf dem konkreten Dienstposten erbrachten Leistungen zu messen. Nur eine dienstliche [X.]eurteilung, die dies berücksichtigt, kann ihre Zweckbestimmung erfüllen, Grundlage für eine [X.]ewerberauswahl bei einem höheren [X.] zu sein (vgl. zu dieser Funktion der dienstlichen [X.]eurteilung und den sich daraus ergebenden Anforderungen nur: stRspr, Urteil vom 4. November 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 16.09 - [X.]VerwGE 138, 102 Rn. 46 f.). Es kommt also weder auf die Wertigkeit des Dienstpostens an, den der [X.]eamte im [X.]eurteilungszeitraum bekleidet, noch darauf, ob er „an sich" ein höheres [X.] haben müsste als er tatsächlich hat. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht auf seine rechtskräftige Entscheidung hingewiesen, dass der Kläger keinen Anspruch darauf habe, einer anderen Laufbahn oder [X.]esoldungsgruppe zugewiesen zu werden oder eine andere [X.]ewertung seines Dienstpostens zu erhalten. Der Kläger ist [X.] ([X.]esoldungsgruppe [X.]) und damit nach den für einen [X.] geltenden Maßstäben zu beurteilen.

7

3. Auch der geltend gemachte [X.] der Divergenz ist nicht gegeben.

8

Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.]undesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das [X.]erufungsgericht den Rechtssatz des [X.]undesverwaltungsgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die [X.] [X.]eweiswürdigung geboten sind (stRspr, vgl. nur [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Mai 2012 - [X.]VerwG 2 [X.] 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). So liegt der Fall hier.

9

Der Kläger ist der Ansicht, das Oberverwaltungsgericht weiche mit der [X.]illigung der Vergleichsgruppe der Rechtspfleger von der Rechtsprechung ab, dass Vergleichsgruppen nur dann zulässig seien, wenn es um Dienstposten mit im Wesentlichen vergleichbaren Aufgaben und deshalb vergleichbaren Leistungsanforderungen gehe, und zitiert hierfür das Senatsurteil vom 24. November 2005 [X.]VerwG 2 [X.] 34.04 - und den [X.]eschluss des [X.] vom 25. Oktober 2011 - [X.]VerwG 1 W[X.] 51.10 -.

Damit ist eine Divergenz nicht dargetan. Unabhängig davon, dass der Kläger keinen Rechtssatz des [X.] benannt hat, der von einem Rechtssatz des [X.]undesverwaltungsgerichts abweichen könnte, liegt eine solche Abweichung schon deshalb nicht vor, weil die zitierte Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts andere Regelungsgrundlagen und andere Sachverhaltskonstellationen betrifft und deshalb vom Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung in diesem Fall nicht zugrunde gelegt werden musste.

Das vom Kläger herangezogene Senatsurteil vom 24. November 2005 - [X.]VerwG 2 [X.] 34.04 - [X.]VerwGE 124, 356 hat ebenso wie der benannte [X.]eschluss die Vergleichsgruppenbildung bei Richtwerten (Quoten) zum Gegenstand. Für diesen Fall hat das [X.]undesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Richtwerte ihre Verdeutlichungsfunktion gegenüber dem einzelnen [X.]eurteiler nur entfalten können, wenn sie auf eine für ihn noch überschaubare Gruppe bezogen sind; diese Gruppe müsse außerdem hinreichend groß und hinreichend homogen sein. [X.] homogen seien nach den einschlägigen normativen Grundlagen außer den [X.]eamten derselben Laufbahn und derselben Laufbahngruppe auch diejenigen [X.]eamten derselben Funktionsebene, die Dienstposten mit weitgehend denselben Leistungsanforderungen inne hätten (Urteil vom 24. November 2005 a.a.[X.] sowie [X.]eschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.[X.] Rn. 40). Demgegenüber geht es im Fall des [X.] nicht um eine Vergleichsgruppenbildung für Richtwerte, sondern allein um den auf das [X.] bezogenen [X.]eurteilungsmaßstab.

4. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Zugrundelegung eines falschen oder unvollständigen Sachverhalts nicht vor.

§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ist verletzt, wenn das Gericht bei seiner rechtlichen Würdigung von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist. Dies ist z.[X.]. gegeben, wenn es wesentliche [X.]ekundungen eines [X.]eteiligten nicht berücksichtigt oder ihm Erklärungen unterstellt, die er nicht abgegeben hat (Urteile vom 28. April 1983 - [X.]VerwG 2 [X.] 89.81 - [X.] 237.6 § 39 L[X.]G Niedersachsen Nr. 1 und vom 23. Januar 1984 - [X.]VerwG 6 [X.] 131.81 - juris Rn. 10; [X.]eschlüsse vom 17. Mai 2011 - [X.]VerwG 8 [X.] 88.10 - juris Rn. 8 m.w.N. und vom 21. März 2012 [X.]VerwG 2 [X.] 11.11 - juris Rn. 7). Es fehlt an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, wenn es einzelne Tatsachenfeststellungen oder [X.]eweisergebnisse bei seiner rechtlichen Würdigung außer Acht lässt, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen (vgl. [X.]eschlüsse vom 15. Februar 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 126.09 - [X.] 232.0 § 96 [X.][X.]G 2009 Nr. 1

Ein solcher Verfahrensfehler ist hier nicht festzustellen. Der Kläger rügt, dass das Oberverwaltungsgericht zwar den richtigen Rechtssatz zur Notwendigkeit der Orientierung der dienstlichen [X.]eurteilung an den Anforderungen des [X.]es gebildet habe, allerdings dann zu der aktenwidrigen Überzeugung gelangt sei, dass der Kläger auch an diesen Anforderungen beurteilt worden sei. Diesen Vorwurf begründet er mit Ausführungen des [X.]eklagten im gerichtlichen Verfahren.

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Feststellung, dass die dienstliche [X.]eurteilung am Maßstab eines [X.]es erstellt worden ist, aus einer wenn auch knappen - Analyse der dienstlichen [X.]eurteilung selbst gewonnen. Die vom Kläger herangezogenen Ausführungen des [X.]eklagten im gerichtlichen Verfahren sind nicht so zu verstehen, dass die dienstliche [X.]eurteilung auf einem anderen Maßstab beruhe; vielmehr beschreiben sie lediglich die Schwierigkeiten, die sich bei der Erstellung der dienstlichen [X.]eurteilung am Maßstab des [X.]es aus der Singularität der Aufgabenstellung des Dienstpostens des [X.] ergeben. Das Oberverwaltungsgericht wertet lediglich den Sachverhalt und den Vortrag des [X.]eklagten anders als der Kläger. Eine aktenwidrige Feststellung ist hierin nicht enthalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

2 B 60/12

04.12.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 7. Februar 2012, Az: 2 A 288/11, Urteil

§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.12.2013, Az. 2 B 60/12 (REWIS RS 2013, 572)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 572

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