Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2014, Az. I ZB 60/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7122

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/13
vom

13. März 2014

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 259 Abs. 2
Bei der Prüfung, ob es dem zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilten [X.] nicht zugemutet werden kann, die eidesstattliche Versi-cherung ohne anwaltlichen Rat und Beistand abzugeben, ist dem Verpflichteten ein großzügiger Beurteilungsspielraum zuzubilligen.
[X.], Beschluss vom 13. März 2014 -
I [X.]/13 -
O[X.]

[X.]

Berichtigt durch Beschluss
vom 16. September 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 13.
März 2014 durch [X.] Dr.
Büscher, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, [X.] und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] wird der Beschluss des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Juli 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt 2.500

Gründe:

[X.] Die Klägerin ist ein Softwareunternehmen. Sie arbeitete mit der [X.] von 2004 bis Mai 2009 bei der Vermarktung ihrer Produkte zusammen. Die Klägerin macht im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Stufenklage Ansprü-che auf Zahlung von Lizenzgebühren geltend. Das [X.] hat
die Beklagte in der ersten Stufe zur Erteilung von Auskünften
verurteilt. Die dagegen gerich-tete Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer der [X.] für die Auskunftsstufe lediglich bis zu 300

1
-
3
-

Nach der Auskunftserteilung hat das [X.] die Beklagte auf Antrag der Klägerin verurteilt, durch ihr Organ die Richtigkeit der erteilten Auskünfte an Eides Statt zu versichern. Den Streitwert für diesen Teil des Rechtsstreits hat das [X.] auf 2.500

Die gegen ihre Verurteilung zur [X.] der eidesstattlichen Versicherung gerichtete Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht mangels Erreichens
des erforderlichen Wertes
der Beschwer als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechts-beschwerde.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
574 Abs.
2, §
575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] 600

511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO). Dazu hat es ausgeführt:

Der Wert der Beschwer der [X.] bemesse sich nach dem voraus-sichtlichen Aufwand an [X.] und Kosten, der für sie mit der Abgabe der eides-stattlichen Versicherung verbunden sei. Dieser übersteige nicht den Betrag von 600

selbst
dann, wenn man berücksichtige, dass die Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über den Umfang der Verpflich-tung zur Auskunftserteilung nach
dem ersten Teilurteil
des [X.]s hin-ausgehe. Der Wert der Beschwer übersteige auch nicht deshalb den Betrag von 600

h einen Rechtsanwalt erforderlich sei. Der [X.] sei hinreichend bestimmt. Die erteilten Auskünfte, deren Richtigkeit die Beklagte versichern solle, seien im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführt. Die Formel für die eidesstattliche Versicherung sei im [X.] ebenfalls schon festgelegt, so 2
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-
4
-
dass es keiner Beratung durch einen Rechtsanwalt über die Fassung der ei-desstattlichen Versicherung bedürfe. Die Abgabe der eidesstattlichen Versiche-rung stelle keine berufstypische Leistung der Geschäftsführer der [X.] dar. Bei der Bemessung des Wertes des erforderlichen [X.]aufwands sei daher nicht der Verdienst eines Geschäftsführers der [X.], sondern der Stun-densatz zugrunde zu legen, den der Auskunftspflichtige als Zeuge
in einem Zi-vilprozess erhalte. Selbst wenn insoweit 12

r-den, übersteige der erforderliche Aufwand für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht den Betrag von 600

2. Die Begründung des Berufungsgerichts erfordert eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht gel-tend, dass das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung von der Rechtspre-chung des [X.] abgewichen ist.

a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon aus-gegangen, dass sich der Wert des [X.] im Fall der [X.] eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattli-chen Versicherung nach dem Aufwand an [X.] und Kosten bemisst, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert sowie nach einem
hier nicht geltend gemachten
Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2005
XII
ZB
25/05, [X.], 33 Rn.
4; Urteil
vom 27.
Februar 2013
IV
ZR
42/11, [X.] 2013, 1033 Rn.
14 mwN).

Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. 6
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8
-
5
-
Dabei kann ihm die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann nicht verwehrt werden, wenn etwa der [X.] nicht hinreichend bestimmt ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klä-ren sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs [X.] voraussetzt ([X.], [X.] 2013, 1033 Rn.
15 mwN).
Bei der Beur-teilung, ob es dem zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilten [X.] nicht zugemutet werden kann, die eidesstattliche Versicherung ohne anwaltlichen Rat und Beistand abzugeben, ist dem Verpflichteten ein großzügi-ger Beurteilungsspielraum zuzubilligen.

b) Eine hinreichende Bestimmtheit des [X.]s über
die Ver-pflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist entgegen der [X.] der Rechtsbeschwerde allerdings gegeben.

aa) Ein Vollstreckungstitel ist hinreichend bestimmt und zur [X.] geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang seiner Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstreckungsorgan muss in der Lage sein, allein mit dem Titel ohne Verwertung der Gerichtsakten oder anderer
Urkunden die Vollstreckung durchzuführen. Auch wenn ein Titel grund-sätzlich auslegungsfähig ist, genügt es nicht, wenn auf Urkunden Bezug ge-nommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn die geschuldete Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann ([X.], [X.] 2013, 1033 Rn.
17).

bb) Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, durch ihr Organ eides-stattlich zu versichern, dass sich die Umsatzzahlen für 2008 aus Seite
44 der Anlage BK
1 im Rechtsstreit [X.] [X.] 24
O
467/09/[X.] 5
U
56/11, die Umsatzzahlen für den [X.]raum vom 1.
Januar bis 31.
Mai 2009 aus Seiten
44 und 46 dieser Anlage, die Umsatzzahlen vom 9
10
11
-
6
-
1.
Januar bis 31.
Mai 2009 für bestimmte andere Geräte aus den Seiten
37 (Zeilen
55 und 77) und 48 (Zeilen
54 und 72) dieser Anlage sowie die Stückzah-len für 2008 aus Seite
44 dieser Anlage ergeben. Des Weiteren ist die Beklagte verurteilt worden, durch ihr Organ eidesstattlich zu versichern, dass die [X.] und vom 1.
Januar bis 31.
Mai 2009 für bestimmte Geräte sich aus Seite
18 der Berufungsbegründung der [X.] vom 10.
Juni 2011 im Rechtsstreit [X.]
5
U
56/11
sowie die Stückzahlen für den [X.]raum vom 1.
Januar bis 31.
Juni 2009 aus Seite
44 der Anlage BK
1 ergeben.

Die Anlage BK
1 und Seite
18 der Berufungsbegründung der [X.] vom 10.
Juni 2011 sind zwar nicht unmittelbar mit dem Tenor des landgerichtli-chen Urteils verbunden worden. Das [X.] hat die von ihm in Bezug ge-nommenen Seiten aus der Anlage BK
1 und auch den
maßgeblichen Inhalt der Seite
18 der Berufungsbegründung der [X.] aber in den Tatbestand [X.] aufgenommen. Damit kann dem Urteil selbst entnommen werden, um welche Auskünfte es geht, deren Richtigkeit die Beklagte eidesstattlich [X.] soll. Die Gerichtsakte oder andere Schriftstücke sind zur Konkretisie-rung der Verpflichtung der [X.] nicht erforderlich.

c) Die Rechtsbeschwerde rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsge-richt die Notwendigkeit einer rechtlichen Beratung der [X.] durch einen Rechtsanwalt
deshalb hätte bejahen müssen, weil ihre Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im ersten Teilurteil
des [X.]s vom 11.
März 2011 in zeitlicher Hinsicht deutlich hinausgeht.

Das [X.] hat die Beklagte im ersten Teilurteil
verurteilt, hinsicht-lich der J.

und sämtlicher
Folgeversionen für
12
13
14
-
7
-
das Jahr 2008 und die [X.] vom 1.
Januar bis 25.
Mai 2009 Auskunft über [X.] Tatsachen zu erteilen. Die eidesstattliche Versicherung muss die [X.] durch ihr Organ zusätzlich für Vertriebsergebnisse im vierten Quartal 2006, im [X.] und in der [X.] bis zum 30.
Juni 2009 abgeben. Die zeitli-chen Unterschiede zwischen der Auskunftserteilung und der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat das Berufungsgericht zwar er-kannt. Es hat
diesem Umstand jedoch zu Unrecht
keine Bedeutung bei der Be-urteilung der Frage beigemessen, ob es der [X.] zumutbar ist, die ge-schuldete eidesstattliche Versicherung ohne vorherigen anwaltlichen Rat un-eingeschränkt abzugeben.

Die eidesstattliche Versicherung knüpft ihrer Natur nach an eine voran-gegangene Auskunftsverpflichtung an. Geht die Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung hin-aus, hat der Schuldner grundsätzlich ein berechtigtes Interesse, die [X.] Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf ihre Zu-lässigkeit von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Dies entspricht der Rechtsprechung des [X.] (vgl. auch [X.], NJW-RR 2013, 1033 Rn.
15). Die Erfüllung des titulierten Anspruchs durch die Beklagte setzt Rechtskenntnisse voraus. Damit hätte sich das Berufungsgericht bei seiner Be-urteilung auseinandersetzen müssen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zur Annahme eines über 600

des [X.] gelangt wäre, wenn es die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beklagte für geboten erachtet hätte. Dies wird das [X.] im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu beachten haben.

15
-
8
-
II[X.] Danach ist der angefochtene Beschluss auf die Rechtsbeschwerde der [X.] aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.11.2012 -
24 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 10.07.2013 -
5 U 186/12 -

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/13
vom
16.
September 2014
in der Rechtsbeschwerdesache

-
10
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 16.
September 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher, [X.], Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Der Beschluss vom 13. März 2014 wird nach Anhörung beider Parteien wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:
In Rn.
11 vorletzte Zeile muss es 31.
Mai 2009 anstatt 31.
Juni
2009 heißen.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Schwonke

Meta

I ZB 60/13

13.03.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2014, Az. I ZB 60/13 (REWIS RS 2014, 7122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7122

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