Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2005, Az. XII ZR 238/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5549

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]ZR 238/03 Verkündet am: 12. Januar 2005 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

BGB §§ 138 Cd, 242 D, 1408, 1585 c Zur Wirksamkeit von Eheverträgen in Fällen, in denen die berufstätigen Partner schon bei Vertragsschluß nicht damit rechnen, daß aus ihrer Ehe noch Kinder her-vorgehen werden (im Anschluß an Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - [X.]ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601). BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - [X.]ZR 238/03 - [X.]

- 2 - Der XI[X.]Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.]und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des [X.]- 18. Zivilsenat in [X.]- vom 11. November 2003 wird auf Ko-sten der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien sind geschiedene Ehegatten; sie streiten über die Wirksam-keit eines von ihnen geschlossenen Ehevertrags. Der 1942 geborene Antragsteller und die 1944 geborene [X.]schlossen am 25. Mai 1988 miteinander die Ehe. Für beide Ehegatten war es die zweite Ehe. Der Antragsteller war niedergelassener Zahnarzt; er praktiziert seit 1996 nicht mehr und bezieht seither eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Die [X.]ist gelernte Rechtsanwaltsgehilfin, hat diesen Beruf aber bereits lange [X.]vor der Ehe mit dem Antragsteller nicht mehr ausgeübt. Sie betrieb ein Beklei-dungsgeschäft, das sie nicht lange [X.]vor Beginn ihrer Beziehung zum [X.]mit ihrem damaligen Ehemann begründet hatte. Nach Beginn ihrer - 3 - Beziehung zum Antragsteller - ab 1985 - übernahm sie in dessen Praxis kauf-männische Arbeiten. Am 11. Mai 1988 schlossen die Parteien einen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten. Der Antragsteller ver-pflichtete sich für den Fall der Scheidung, an die Antragsgegnerin für jedes voll-endete [X.]eine "Unterhaltsabfindung" in Höhe von 10.000 DM, insgesamt jedoch nicht mehr als 80.000 DM, zu zahlen. Außerdem verpflichtete er sich, ab Rechtskraft der Scheidung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres der An-tragsgegnerin für diese Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile nach einem monatlichen Bruttoent-gelt von 2.000 DM zu entrichten; diese Verpflichtung sollte nur eintreten, soweit die Antragsgegnerin unverschuldet keine Erwerbstätigkeit ausüben kann. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet; den hilfsweise gestellten Antrag der Antragsgegnerin festzustellen, daß der Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, hat es abgewiesen. Die Berufung der [X.]hat das [X.]zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Antragsgegnerin nur noch ihr Begehren auf Feststellung der Nich-tigkeit des Ehevertrages und auf Durchführung des Versorgungsausgleichs wei-ter.

- 4 - Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. [X.]Nach Auffassung des [X.]ist das Feststellungsbegehren der Antragsgegnerin als Zwischenfeststellungswiderklage zulässig, aber nicht begründet. Der von den Parteien geschlossene Ehevertrag sei nicht sittenwid-rig. Ein Versorgungsausgleich sei nicht durchzuführen, weil er im Ehevertrag wirksam ausgeschlossen worden sei. Zwar werde die Antragsgegnerin durch den Ehevertrag erheblich be-nachteiligt, da die dort für den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und Ver-sorgungsausgleich vorgesehenen Kompensationen - für den Verzicht auf Zu-gewinnausgleich sei überhaupt keine Kompensation vorgesehen - die gesetzli-chen Ansprüche wohl deutlich unterschritten. Allerdings habe die [X.]nicht vorgetragen, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angesichts einer nach ihrem eigenen Vortrag "überschuldeten" Zahnarztpraxis einerseits und privilegierten Vermögens des Antragstellers anderseits ein erheblicher Zu-gewinn zu erwarten gewesen bzw. tatsächlich erzielt worden sei. Dasselbe gel-te für den Versorgungsausgleich, zumal die Antragsgegnerin bis zur Aufgabe der Zahnarztpraxis durch den Antragsteller durch ihre dortige gut dotierte Stel-lung [X.]habe aufbauen können, während der Antragsteller seinerseits seit 1996 Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen und deshalb auch [X.]weiteren Versorgungsanwartschaften mehr erworben habe. Von einer außerordentlichen Disparität der ehezeitlichen Versorgungsanwartschaften sei deshalb nicht ohne weiteres auszugehen. - 5 - Auch sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß die [X.]bei Abschluß des Vertrags einem besonderen Druck ausgesetzt gewesen sei und der Antragsteller sich in einer übergeordneten Verhandlungsposition befunden hätte, aufgrund derer er faktisch den Vertragsinhalt einseitig hätte bestimmen können. Bei Vertragsschluß seien die Antragsgegnerin 44 und der Antragsteller 46 Jahre alt und Kinder nicht mehr zu erwarten gewesen. Die An-tragsgegnerin, die vor der Aufnahme der Beziehung zum Antragsteller mit ihrem damaligen Ehemann ein nicht lange zuvor eröffnetes Bekleidungsgeschäft be-trieben und später gegen recht hohe Vergütungen in der Praxis des Antragstel-lers mitgeholfen habe, habe durch die Ehe oder durch die Beziehung zum [X.]auch keine Einbuße ihrer früheren beruflichen Entwicklung erfahren; sie habe sich auch nicht in einer derartigen wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihm befunden, daß ihr ein Einfluß auf Inhalt und Abschluß des [X.]fak-tisch nicht mehr möglich gewesen sei. Ihre Behauptung, bei Abschluß des [X.]"überrumpelt" worden zu sein, sei unsubstantiiert.

Die Frage, ob es dem Antragsteller nach § 242 BGB verwehrt wäre, sich gegenüber einem Verlangen der Antragsgegnerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts auf den im Ehevertrag vereinbarten Unterhaltsverzicht zu berufen, sei derzeit nicht zu entscheiden, da ein solcher Anspruch im vorliegenden Ver-fahren nicht geltend gemacht sei.

I[X.]Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. - 6 - 1. Das [X.]hat den Feststellungsantrag der [X.]zu Recht für zulässig erachtet. Zwar schließt § 610 Abs. 2 Satz 1 ZPO Widerklagen aus, die auf andere als die in § 610 Abs. 1 ZPO genannten Ziele gerichtet sind. Die Möglichkeit, im Verbund Folgesachen geltend zu machen, bleibt jedoch nach § 610 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 623 ZPO unberührt. Dies schließt die Befugnis ein, im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfah-ren - auch widerklagend - eine Zwischenfeststellungsklage zu erheben, sofern deren Voraussetzungen nach § 256 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Das ist hier der Fall. Im Verbund mit der Scheidung war über den Versorgungsausgleich zu be-finden. Dieser war nur dann nicht durchzuführen, wenn die Parteien ihn wirk-sam ausgeschlossen haben. An einem wirksamen Ausschluß des [X.]fehlt es, wenn - wie die Antragsgegnerin festzustellen be-gehrt - der von den Parteien geschlossene Ehevertrag nichtig ist. Die geltend gemachte Nichtigkeit des [X.]betrifft damit einerseits ein Rechtsver-hältnis, das für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich vorgreiflich ist. Andererseits regelt die Entscheidung über den Versorgungsausgleich die Rechtsbeziehungen der Parteien im Hinblick auf den Ehevertrag nicht erschöp-fend, da dessen Wirksamkeit auch für etwaige Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich von Bedeutung ist. Der Umstand, daß diese Ansprüche im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, [X.]die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage nicht. 2. Das Feststellungsbegehren der Antragsgegnerin ist jedoch unbegrün-det. a) Wie der Senat in seinem - nach Erlaß der hier angefochtenen Ent-scheidung - ergangenen Urteil vom 11. Februar 2004 (- [X.]ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601) dargelegt hat, darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungs-folgen nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen - 7 - durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestal-tung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Schei-dungsfolgenrechts eingreift. Dabei hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskon-trolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekom-mens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Schei-dungsfall führt, daß ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individu-ellen Verhältnisse beim Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die [X.]und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklich-ten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichti-gen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehever-traglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. - 8 - b) Das [X.]geht zu Recht davon aus, daß Umstände, die eine Zwangslage der Antragsgegnerin begründet oder sie gehindert hätten, auf Abschluß und Inhalt des [X.]Einfluß zu nehmen, weder von ihr vorge-tragen noch sonst ersichtlich sind. Die Tatsache, daß die Antragsgegnerin be-reits seit etwa 1985 - also vor Abschluß des [X.]und vor Eingehung der Ehe mit dem Antragsteller - in dessen Praxis mitarbeitete, läßt noch nicht den Schluß auf eine derart ausgeprägte [X.]oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu, daß von einer gravierenden Störung der Vertragsparität ausgegangen und dem Ehevertrag der Parteien schon [X.]gemäß § 138 Abs. 1 BGB die Anerkennung der Rechtsordnung versagt werden müßte. c) Auch der Inhalt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung [X.]den Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten nicht zu begründen. Wie der Senat (aaO 605) dargelegt hat, ist bei der gebotenen Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen für deren Disponibilität eine Rangabstufung zu beachten, die sich in erster Linie danach bemißt, welche Bedeutung die ein-zelnen [X.]für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben. aa) Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört in erster Linie der Be-treuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Dessen vertraglicher Ausschluß kann hier [X.]unberücksichtigt bleiben, da im - maßgebenden - Zeitpunkt des Vertrags-schlusses mit gemeinsamen Kindern der Parteien bereits nicht mehr zu [X.]war. bb) Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, mißt das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei. Das schließt, - 9 - wie der Senat ausgeführt hat (aaO), eine vertragliche Disposition über diese Unterhaltsansprüche jedoch nicht schlechthin aus. Auch im vorliegenden Fall bestehen gegen den Ausschluß dieser Unterhaltsansprüche - unter dem Ge-sichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB - keine Bedenken. Das ergibt sich bereits daraus, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien noch gar nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könn-te; ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters oder Krankheit im Anschluß an die Betreuung gemeinsamer Kinder kam von vornherein nicht in Betracht. Hinsichtlich des [X.]ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits 44 und 46 Jahre alt, mithin in einem Alter waren, in dem ein nicht unwesentlicher Teil der [X.]üblicherweise bereits erworben ist. Außerdem war die Antragsgegnerin vor wie auch nach der Eheschließung in der Praxis des Antragstellers gegen Entgelt beschäftigt und damit - von den Parteien bei Vertragsschluß vorherbe-dacht - auch während der Ehe in der Lage, für ihre eigene Alterversorgung Vor-sorge zu treffen. Schließlich fällt ins Gewicht, daß sich der Antragsteller ver-pflichtet hatte, im Falle der Scheidung der Ehegatten und der Erwerbslosigkeit der Antragsgegnerin den weiteren Ausbau ihrer Altersversorgung im zugesag-ten Umfang durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversi-cherung sicherzustellen. Hinsichtlich des Ausschlusses des Unterhalts wegen Krankheit ist ergän-zend zu berücksichtigen, daß der Antragsteller mit dem Ehevertrag eine nach-eheliche Verantwortung für die Antragsgegnerin nicht schlechthin abbedungen, sondern lediglich auf eine Kapitalzahlung von maximal 80.000 DM begrenzt hat. - 10 - cc) Auch gegen den Ausschluß des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit sind unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB Bedenken nicht zu erhe-ben. Zum einen erscheint, wie der Senat (aaO) ausgeführt hat, dieser [X.]nachrangig, weil das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeits-platz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4, vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Zum andern dient dieser Unterhaltsanspruch dem Ausgleich beruflicher Nachteile, die ein Ehegatte um der Ehe willen in Kauf genommen hat und die deshalb im Schei-dungsfall auf beide Ehegatten verteilt werden sollen. Solche ehebedingten Nachteile mußte, worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist, die Antrags-gegnerin, die für ihre Hilfstätigkeit in der Praxis des Antragstellers eine recht hohe Vergütung erhalten hat, aber gerade nicht auf sich nehmen. Soweit für den Fall des Scheiterns der Ehe mit dem Antragsteller auch die Tätigkeit der Antragsgegnerin in dessen Praxis ein Ende finden würde, war die [X.]zudem für eine Übergangszeit durch die vom Antragsteller zu zahlende Unterhaltsabfindung hinlänglich gesichert, so daß auch insoweit der Vorwurf der Sittenwidrigkeit der getroffenen Abrede nicht greift.

dd) Der von den Parteien vereinbarte Verzicht auf Aufstockungsunterhalt und auf Billigkeitsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1576 BGB) rechtfertigt, wie der Senat dargelegt hat, schon nach der Bedeutung dieser Unterhaltstatbestände im System des [X.]das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht (Senatsurteil aaO 607). ee) Für die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung gilt nichts anderes (Senatsurteil aaO). ff) Der Versorgungsausgleich ist - als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen - einerseits dem - 11 - Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587 o BGB). Er ist jedoch anderer-seits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein Verzicht auf Altersunterhalt (Senatsurteil aaO 605; [X.]vom 6. Oktober 2004 - [X.]ZB 110/99 - FamRZ 2005, 26 f. und - [X.]ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185 ff.). Nach diesen Maßstäben ist hier auch der [X.]des Versorgungsausgleichs nicht sittenwidrig. Denn der vereinbarte Verzicht auf Unterhalt wegen Alters läßt den Ehevertrag der Parteien - wie be-reits ausgeführt -nicht als sittenwidrig erscheinen; die dort dargelegten Gründe (Alter der Ehegatten bei Vertragsschluß; Ausbau einer eigenen Altersversor-gung der Antragsgegnerin durch deren entgeltliche Beschäftigung in der Praxis des Antragstellers und dessen Verpflichtung zur Beitragszahlung für die [X.]nach einer etwaigen Scheidung) gelten für den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs entsprechend. gg) Auch aus dem Zusammenwirken der ehevertraglichen Regelungen läßt sich deren Sittenwidrigkeit nicht herleiten. Ehebedingte Nachteile, die ein-seitig nur die Antragsgegnerin belasten und von daher einen Ausgleich erfor-dern, waren hier im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zu erwarten. Dem Gedanken nachehelicher Solidarität wird durch die im Ehevertrag getroffenen Regelungen in einer Weise Genüge getan, daß - unter Berücksichtigung der [X.]- jedenfalls der Vorwurf einer sittenwidri-gen Benachteiligung der Antragsgegnerin nicht gerechtfertigt ist. 3. Das [X.]hat von der Durchführung des ehevertraglich ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs abgesehen. Dies hält auch der rich-terlichen [X.]stand. - 12 - Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, muß der Tatrichter, wenn ein Ehevertrag - wie hier - Bestand hat, im Rahmen der [X.]prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den [X.]mißbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom ande-ren Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, daß [X.]durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB; Senatsurteil aaO 606; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2004 aaO). Für diese Prüfung sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. [X.]ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der [X.]- aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen [X.]von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden [X.]grundlegend abweicht. Die vorgenannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht fest-gestellt. Die Antragsgegnerin hat, wie das [X.]mit Recht hervor-hebt, weder Umstände und übereinstimmende Vorstellungen der Parteien, die dem Abschluß des [X.]zugrunde gelegen haben, dargelegt, noch hat sie Veränderungen vorgetragen, die seither in der Gestaltung und Entwicklung der Ehe eingetreten sind und die den Ausschluß des Versorgungsausgleichs aus jetziger Sicht als unbillig erscheinen lassen. Eines solchen Vortrags hätte - 13 - es jedoch bedurft, um dem Antragsteller - im Rahmen der [X.]- die Berufung auf den Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 242 BGB zu versagen. Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose

Meta

XII ZR 238/03

12.01.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2005, Az. XII ZR 238/03 (REWIS RS 2005, 5549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5549

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