Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2014, Az. BLw 6/13

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2014, 6116

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Gegenstand

Testamentarische Regelung der Hoferbfolge: Wirksamkeit von Grundstücksvermächtnissen zu Gunsten der weichenden Miterben


Leitsatz

Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind - auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen - nicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des 23. Zivilsenats - [X.] Landwirtschaftssachen - des [X.] vom 17. Juni 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 59.548 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 22. Juni 2005 verstorbene Mutter der Beteiligten zu 1 bis 3 war Eigentümerin einer ca. 8 ha großen, im Grundbuch als Hof eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung. Mit notariellem Testament vom 8. Mai 1999 hatte sie den Beteiligten zu 3 zum [X.] und zum Alleinerben ihres hoffreien Vermögens eingesetzt. Den Beteiligten zu 1 und 2 hatte sie jeweils ein zum Hof gehörendes Grundstück als Vermächtnis zugewendet und ihnen [X.] zum Vollzug der Vermächtnisse unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 [X.] erteilt. Nach dem Tod ihrer Mutter erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 die Auflassung und wurden im Grundbuch als Eigentümer der neu gebildeten Grundstücke eingetragen. Eine Zustimmung des [X.] zur Verfügung von Todes wegen war nicht beantragt worden.

2

Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat auf Antrag des Beteiligten zu 3 die Beteiligten zu 1 und 2 verurteilt, der Berichtigung der Grundbücher insoweit zuzustimmen, dass die den Vermächtnisnehmern überlassenen Grundstücke auf das Hofgrundstück zurückübertragen werden. Die Berufung der Beteiligten zu 1 und 2 hat das [X.] ([X.]) durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 und 2 ihren Abweisungsantrag weiter, hilfsweise in Verbindung mit Auflagen zur Verpachtung der Grundstücke an einen Landwirt, weiter hilfsweise Verurteilung nur Zug um Zug gegen Gewährung und Erfüllung von [X.] sowie weiter hilfsweise gegen andere Gegenleistungen.

II.

3

Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass das Landwirtschaftsgericht durch Beschluss hätte entscheiden müssen, da es sich um ein Verfahren nach § 1 Nr. 5 [X.] handele. Der Beteiligte zu 3 könne als Hoferbe von den Beteiligten zu 1 und zu 2 die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung nach § 894 [X.] verlangen, weil auch die ihnen im Testament erteilten [X.] wegen Verstoßes der Vermächtnisanordnungen gegen § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] unwirksam seien. Das Erbrecht des Beteiligten zu 3 werde durch die Vermächtnisse ausgehöhlt, da bei ihrer Erfüllung eine nicht mehr lebensfähige Betriebseinheit verbleibe. [X.] könne, ob der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls noch rentabel gewesen sei. Die Leistungsfähigkeit des Hofes dokumentiere sich im Höferecht im Wirtschaftswert des Hofs (hier von mehr als 10.000 € zum 1. Januar 2005). Da es sich danach im Zeitpunkt des Erbfalls um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe, seien die Vermächtnisse ungeachtet der zwischen den Beteiligten streitigen Rentabilität des Betriebes unwirksam.

III.

4

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach den gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch anzuwendenden Vorschriften des § 24 Abs. 1 [X.] aF und der §§ 25, 26 [X.] aF statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der [X.] des [X.] ist zur Entscheidung berufen, weil der angefochtene Beschluss von dem Landwirtschaftssenat des [X.] erlassen worden ist. Die den Rechtsweg bejahende Entscheidung der Vorinstanz ist nach § 17a Abs. 1, 5 [X.] für das Rechtsmittelgericht bindend und nicht zu prüfen (vgl. [X.], Beschluss vom 18. September 2008 - [X.], [X.], 3572, 3573 Rn. 10 ff.). § 17a [X.] gilt auch im Verhältnis zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und freiwilliger Gerichtsbarkeit ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 1999 - [X.], [X.], 136), was in der - hier nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch nicht anzuwendenden - Vorschrift des § 17a Abs. 6 [X.] nunmehr klarstellend bestimmt wird ([X.]/Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 17a [X.] Rn. 21, vor §§ 1717b [X.] Rn. 11).

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht bejaht rechtsfehlerhaft einen Anspruch des Beteiligten zu 3 gegen die Beteiligten zu 1 und zu 2 auf Grundbuchberichtigung (§ 894 [X.]).

6

a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht geprüft hat, ob die im Testament erteilten [X.] unwirksam sind, weil sie dem Vollzug nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtiger Vermächtnisanordnungen dienen. Die Prüfung der Wirksamkeit der Auflassungen (§ 925 [X.]) ist nicht im Hinblick auf die Genehmigungsfiktion des § 7 Abs. 3 [X.] entbehrlich.

7

aa) Nach dieser Vorschrift gilt ein gemäß § 2 [X.] genehmigungsbedürftiges Veräußerungsgeschäft als genehmigt, wenn der Erwerber ohne die dem Grundbuchamt nachzuweisende Erteilung der Genehmigung (§ 7 Abs. 1 [X.]) in das Grundbuch eingetragen und die Eintragung nicht innerhalb einer Jahresfrist (bspw. durch Eintragung eines Widerspruchs oder einen Antrag auf Grundbuchberichtigung) angegriffen worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1957, 1958).

8

Die Genehmigungsfiktion greift auch ein, wenn ein Grundstücksvermächtnis vollzogen worden ist. Zwar bedarf das Vermächtnis selbst als Verfügung von Todes wegen (§§ 1939, 2147 [X.]) keiner Genehmigung nach § 2 [X.] ([X.], [X.], 286, 287; [X.], [X.], 120, 121; [X.], [X.], 78; [X.], [X.] 1989, 20; [X.], [X.] 1958, 562, 564; [X.], [X.], 278, 283; aA [X.], [X.], 289, 299), wohl aber die in deren Erfüllung erfolgte Auflassung, die ein genehmigungsbedürftiges Veräußerungsgeschäft unter Lebenden darstellt ([X.], aaO; [X.], aaO; [X.], aaO, 78; [X.], aaO; [X.], aaO). Die Voraussetzungen der Fiktion des § 7 Abs. 3 [X.] lägen hier vor, weil die Beteiligten zu 1 und zu 2 im März 2006 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden, eine Klage mit den Anträgen auf Grundbuchberichtigung, hilfsweise auf Rückauflassung, aber erst im Dezember 2008 bei dem Landwirtschaftsgericht eingereicht wurde.

9

bb) Von der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz sind aber die Entscheidungen nach § 16 Abs. 1 [X.] zu unterscheiden, die sich auf die Vermächtnisanordnung als Verfügung von Todes wegen beziehen (vgl. [X.], [X.] 1951, 297, 301 f.).

(1) Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 [X.] bedarf ein Grundstücksvermächtnis als eine das Erbrecht des [X.] beschränkende letztwillige Verfügung der Zustimmung des [X.], soweit für ein entsprechendes Verpflichtungsgeschäft unter Lebenden eine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erforderlich wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.], [X.], 278, 279; Beschluss vom 4. Februar 1964 - [X.], [X.], 98, 99). Das Zustimmungsverfahren nach §§ 13 ff. HöfeVfO ersetzt das Genehmigungsverfahren nach §§ 3 ff. [X.] ([X.] in [X.]/Hötzel/von [X.]/[X.], § 16 [X.] Rn. 111).

Insoweit käme allerdings eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 3 [X.] in Betracht. In diesem Verfahren sind die Versagungsgründe nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zu prüfen, weil auch nach dem Höferecht die Zustimmung nur in den gesetzlich bestimmten Fällen versagt werden kann ([X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.], 72, 73; Beschluss vom 4. Februar 1964 - [X.], aaO; Beschluss vom 24. November 1993 - [X.], [X.]Z 124, 217, 219; [X.], [X.] 1975, 267, 268). Das Verfahren nach §§ 13 ff. HöfeVfO dient dem öffentlichen Interesse an der Verbesserung der Agrarstruktur (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Februar 1964 - [X.], [X.], 98, 99). § 7 Abs. 3 [X.] bestimmt jedoch, dass das mit der Kontrolle des Grundstücksverkehrs gesicherte öffentliche Interesse nach Ablauf eines Jahres seit Eintragung der Rechtsänderung hinter das Interesse des Verkehrs an der Gewissheit über die Wirksamkeit des [X.] und an der Richtigkeit des Grundbuchs zurücktritt ([X.], Urteil vom 6. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1957, 1958).

(2) Davon wiederum zu unterscheiden ist die richterliche Prüfung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.], ob das Grundstücksvermächtnis einen Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts des [X.] nach § 4 Satz 1 [X.] bewirkt und deshalb nach § 134 [X.] nichtig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.]Z 3, 391, 393; Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.], [X.], 278, 280). § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] soll verhindern, dass das Erbrecht des [X.] durch die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes beeinträchtigende Vermächtnisanordnungen des Erblassers ausgehöhlt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.]Z 3, 391, 393). Insofern werden auch die Interessen des [X.] geschützt (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Juni 1992 - [X.], [X.]Z 118, 361, 362 f.; [X.], [X.] 1972, 297; [X.], aaO, § 16 Rn. 34). Die höferechtliche Verbotsnorm (§ 16 Abs. 1 Satz 1 [X.]) steht neben dem Zustimmungserfordernis (§ 16 Abs. 1 Satz 2 [X.]). § 7 Abs. 3 [X.] bezieht sich jedoch nur auf die mit der Lenkung des Grundstücksverkehrs geschützten öffentlichen Interessen. Die Vorschrift kann deshalb keine Anwendung finden, wenn die Vermächtnisanordnung wegen Verstoßes gegen das in § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmte Verbot nichtig (und daher nicht zustimmungsfähig) ist.

b) Rechtsfehlerhaft nimmt das Beschwerdegericht an, dass die zur Erfüllung der Vermächtnisse vorgenommenen Auflassungen unwirksam sind.

aa) § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] verbietet bestimmte Verfügungen des [X.] von Todes wegen. Das dingliche Vollzugsgeschäft ist dagegen nicht Gegenstand der Verbotsnorm.

bb) Die im Testament den Beteiligten zu 1 und zu 2 erteilten [X.] sind nicht unwirksam.

(1) Vollmachten über den Tod hinaus oder auf den Todesfall des Erblassers in Verfügungen von Todes wegen sind zulässig (MünchKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., vor § 2197 Rn. 9, 12; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., vor § 2197 Rn. 9 jeweils mwN). Mit ihnen erwirbt der Bevollmächtigte die Befugnis, innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung des Erben zu verfügen (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1983 - [X.], [X.]Z 87, 19, 25; [X.], [X.] 2012, 140, 141). Der Erblasser kann auch den Vermächtnisnehmer bevollmächtigen, nach seinem Ableben unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 [X.] den vermachten Gegenstand an sich zu übereignen ([X.], NJW-RR 1992, 1357; [X.], [X.] 2012, 303).

(2) Eine dem Vermächtnisnehmer erteilte [X.] ist auch wirksam, wenn das Vermächtnis unwirksam ist.

(a) Das Beschwerdegericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des [X.] zu Vollmachten, die zur Ausführung eines gegen das Verbot unerlaubter Rechtsbesorgung verstoßenden Vertrags erteilt sind. Diese sind deshalb unwirksam, weil es mit dem Zweck des [X.] unvereinbar wäre, den unbefugten Rechtsberater in den Stand zu setzen, seine gesetzlich missbilligte Tätigkeit zu Ende zu führen ([X.], Urteil vom 11. Oktober 2001 - [X.]/00, NJW 2002, 66, 67; Urteil vom 16. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 214, 220).

So verhält es sich hier jedoch nicht, weil die Erfüllung von [X.] grundsätzlich keine rechtlich missbilligte Tätigkeit darstellt. Dem Erblasser steht es frei, zur Abfindung der nicht Hoferbe gewordenen Miterben Grundstücksvermächtnisse anzuordnen ([X.], Beschluss vom 26. November 1951 - [X.], [X.], 72, 73; Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.], [X.], 278, 279). Diese Zuwendungen unterliegen zwar einer richterlichen Kontrolle. Das ändert aber nichts an dem Grundsatz, dass die zum Vollzug eines Vermächtnisses erteilten Vollmachten keine rechtlich zu missbilligenden Rechtsgeschäfte darstellen.

(b) Solche [X.] sind auch nicht deswegen unwirksam, weil mit ihnen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtige Grundstücksvermächtnisse vollzogen werden können. Der Abwehr dieser Gefahr dient der gegenüber dem Grundbuchamt nach § 7 Abs. 1 [X.] zu führende Nachweis einer unanfechtbaren behördlichen Genehmigung bzw. richterlichen Zustimmung. Die Nichtigkeit der [X.] ist zudem kein taugliches Mittel zum Schutz des [X.] vor der Gefahr einer Weiterveräußerung des Grundstücks an Dritte. Diese Gefahr ergibt sich bereits aus der Eintragung im Grundbuch und dem daran anknüpfenden Schutz des guten Glaubens des [X.] (§ 892 [X.]). Der Hoferbe kann sich dadurch schützen, dass er seinen [X.] nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 [X.] durch eine - notfalls auf Grund einer einstweiligen Verfügung einzutragende (§ 885 Abs. 1 Satz 1 [X.]) - Vormerkung sichert.

IV.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der [X.] kann nicht abschließend über die Sache entscheiden. Dem Beteiligten zu 3 steht zwar kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 [X.] zu; begründet könnte aber der hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 [X.] sein. Die Beteiligten zu 1 und zu 2 hätten die Grundstücke ohne rechtlichen Grund erlangt und müssten diese an den Beteiligten zu 3 auflassen, wenn die Vermächtnisanordnungen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtig wären. Nach den bisherigen Feststellungen kann davon jedoch nicht ausgegangen werden.

1. Der landwirtschaftliche Betrieb des Beteiligten zu 3 war im Zeitpunkt des Erbfalls allerdings ein Hof im Sinne des § 1 [X.], da alle in Absatz 1 Satz 1 [X.] bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen (landwirtschaftliche Besitzung in [X.] mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle und ein Wirtschaftswert über 10.000 €) vorlagen und die Erblasserin keine sog. negative Hoferklärung nach § 1 Abs. 4 [X.] gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben hatte.

2. Die Vermächtnisanordnungen der Erblasserin bedeuteten - sofern der Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht die fehlende Leistungsfähigkeit des Hofes entgegenstünde - einen unzulässigen Ausschluss des Beteiligten zu 3 von der gesetzlichen Hoferbfolge nach § 4 Satz 1 [X.]. Eine unzulässige Ausschließung der Hoferbfolge durch ein Grundstücksvermächtnis liegt vor, wenn infolge der Abtrennung des zugewendeten Grundstücks vom Hof dessen Fortbestand oder dessen ordnungsgemäße Bewirtschaftung gefährdet sein oder die Wesensart und der Aufbau des landwirtschaftlichen Betriebes derart geändert werden würde, dass die verbleibende [X.] nicht mehr denselben Hof darstellte ([X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.]Z 3, 392, 393; Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.], [X.], 278, 280; [X.], [X.] 1972, 297; [X.], [X.] 1997, 321, 322; [X.], [X.], 10. Aufl., § 16 Rn. 12).

Das Beschwerdegericht stellt das rechtsfehlerfrei fest. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, dass es nicht auf das festgestellte Absinken des [X.] auf unter 5.000 €, sondern auf den Verlust der Leistungs- und Lebensfähigkeit des Hofes ankomme, übersieht sie, dass das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit der Auffassung aller Beteiligten auch ausführt, dass bei Erfüllung aller Vermächtnisse eine nicht mehr lebensfähige Betriebseinheit entstünde. An der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen vor dem Hintergrund, dass Grundstücke mit Größen von 2,6 ha und 3,3 ha von einem Hof mit einem nur ca. 8 ha großen Grundbesitz vermacht wurden, keine Zweifel.

3. Die Feststellung der Nichtigkeit der Grundstücksvermächtnisse nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 134, § 2171 Abs. 1 [X.] setzt allerdings ein nach dem Zweck der Höfeordnung zu schützendes Erbrecht gemäß § 4 Satz 1 [X.] voraus. Daran fehlte es, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein leistungsfähiger zu erhaltender Betrieb mehr gewesen wäre.

a) Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind - auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen - nicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist. Das Landwirtschaftsgericht hat bei der Prüfung, ob die Vermächtnisanordnung des Erblassers nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtig ist, im Einzelfall festzustellen, ob es sich noch um einen noch leistungsfähigen und damit [X.]en landwirtschaftlichen Betrieb handelt. Dies steht entgegen der Ansicht des [X.] nicht schon dann fest, wenn der Wirtschaftswert des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalls über dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmten Betrag von 10.000 € lag.

b) Richtig ist allerdings, dass der Wirtschaftswert dazu dient, agrarökonomisch förderungswürdige Betriebe dem Höferecht zu unterstellen, um ihren ungeteilten Bestand zu sichern und agrarökonomisch nicht förderungswürdige Betriebe, an deren Bestand kein vorrangiges Interesse besteht, von dem Höferecht auszuschließen ([X.], Beschluss vom 15. April 2011 - [X.], [X.]Z 189, 245, 252 Rn. 20). Der Wirtschaftswert im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der gesetzliche Maßstab, der - sofern der Eigentümer keine Erklärungen zur Hofeigenschaft abgibt - darüber bestimmt, ob der Hof im Interesse des Erhalts eines leistungsfähigen Betriebs in einer Hand bleiben oder nach dem bürgerlichen Recht aufgeteilt werden soll ([X.], Beschluss vom 7. Juni 2011 - 10 W 123/10, juris Rn. 59; [X.], [X.], 99).

c) Das Beschwerdegericht schließt daraus jedoch zu Unrecht, dass der Wirtschaftswert auch für die Anwendung der Verbotsnorm des § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] allein maßgebend sei. Dies hätte zur Folge, dass [X.], bei deren Erfüllung dem Hof wesentliche Teile seines landwirtschaftlichen Grundbesitzes entzogen werden, die rechtliche Anerkennung stets zu versagen wäre, selbst wenn der Betrieb auch als Nebenerwerbsbetrieb auf Dauer nicht mehr mit Aussicht auf einen Überschuss geführt werden kann, wie es der von dem Beschwerdegericht beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt hat. Dem Wirtschaftswert kommt diese Bedeutung jedoch nicht zu.

d) Der Eingriff in die Testierfreiheit des Erblassers ist auf die Fälle zu beschränken, in denen das nach dem Zweck der Höfeordnung geboten ist.

aa) Der Erblasser kann durch die Anordnung von Vermächtnissen den weichenden Miterben höhere Abfindungen als nach §§ 12, 13 [X.] zukommen lassen und ihnen auch Grundstücke zuwenden ([X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.], 72, 73; Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.]; [X.], 278, 279). Die Höfeordnung enthält keine gesetzlich geregelte Beschränkung der Testierfreiheit des Eigentümers hinsichtlich der Belastung des Hofes mit schuldrechtlichen Vermächtnisverpflichtungen ([X.], Beschluss vom 5. Juni 1992 - [X.], [X.]Z 118, 361, 364). Die dem Willen des Erblassers widersprechende Feststellung der Nichtigkeit der Vermächtnisse nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] und eine damit verbundene Verweisung der anderen Miterben auf ihre gesetzlichen [X.] nach § 12 [X.] sind - soweit nicht vom Gesetzeszweck zwingend geboten - zu vermeiden (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Juli 1953 - [X.], [X.], 278, 279). Im Grundsatz ist nämlich davon auszugehen, dass der Erblasser die finanziellen Möglichkeiten seines Hofes und dessen Weiterentwicklung am besten durchschaut und danach entschieden hat, was jedes seiner Kinder „noch zu bekommen hat“ (vgl. [X.], [X.] 1976, 181, 182). Der Umstand, dass das Testament aus dem Jahre 1999 im Unterschied zu dem früheren aus dem Jahre 1985 Grundstücksvermächtnisse für die Beteiligten zu 1 und zu 2 enthielt, mag darauf beruht haben, dass die Erblasserin wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen keine Perspektive mehr für eine Fortführung des Hofs gesehen hat.

bb) Vor diesem Hintergrund ist eine Vermächtnisanordnung nur dann nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] als unwirksam anzusehen, wenn diese Rechtsfolge geboten ist, um den Hof im öffentlichen Interesse an leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben als geschlossene leistungsfähige Einheit im Erbgang zu erhalten (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 1951 - [X.], [X.]Z 3, 391, 394). Die Feststellung der Nichtigkeit der Verfügung von Todes wegen muss hiernach gerechtfertigt sein. Die Höfeordnung dient einem öffentlichen Interesse und soll nicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung des [X.] gegenüber den anderen Miterben führen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juli 1972 - [X.], [X.]Z 59, 166, 168; Beschluss vom 10. Mai 1984 - [X.], [X.]Z 91, 154, 164; Beschluss vom 23. November 2012 - [X.], NJW-RR 2013, 713, 715 Rn. 31). [X.] mit dem Zweck des Gesetzes wäre es, Vermächtnisanordnungen des Erblassers die rechtliche Anerkennung zu versagen, wenn ein nicht leistungsfähiger Betrieb im Nebenerwerb unter Vermögensgesichtspunkten weitergeführt wird (vgl. [X.], [X.] 1995, 321).

cc) Die gegenteilige Auslegung des § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] führte zudem zu sachlich nicht begründbaren Ungleichbehandlungen gleichartiger Sachverhalte. In den Zustimmungsverfahren nach § 16 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. §§ 13 ff. HöfeVfO und in den Genehmigungsverfahren nach §§ 3 ff. [X.] darf eine Genehmigung zu einem Grundstücksvermächtnis nicht versagt werden, wenn der davon betroffene landwirtschaftliche Betrieb mangels Leistungsfähigkeit nicht [X.] ist, so dass selbst seine Zerschlagung keinen Nachteil für die Agrarstruktur bedeutete ([X.], [X.], 176, 178; [X.], Beschluss vom 11. Dezember 1969 - [X.], [X.], 67, 68; [X.], [X.], 324; [X.], 33; [X.], [X.] 1973, 138, 139; [X.], [X.], 10. Aufl., § 16 Rn. 28). Dasselbe gilt für Schenkungen von Grundstücken, die - auch wenn das Grundstück zu einem Hof im Sinne des § 1 [X.] gehört - allein nach § 2 [X.] genehmigungspflichtig sind. Einen sachlichen Grund, die sich auf Grundstücke beziehenden Vermächtnisse anders als Schenkungen solcher Grundstücke zu behandeln, gibt es nicht.

dd) Dem in § 1 Abs. 1, 3 [X.] genannten Wirtschaftswert kommt bei der Prüfung, ob eine Vermächtnisanordnung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtig ist, nur eine indizielle Aussagekraft zu. Übersteigt der Wirtschaftswert des Betriebes die gesetzlich bestimmten Grenzen, ist allerdings grundsätzlich auch von dessen Leistungsfähigkeit auszugehen. In solchen Fällen hat der Vermächtnisnehmer, wenn die Vermächtnisanordnung - wie hier - eine Aushöhlung des gesetzlichen Erbrechts des [X.] bewirkte (siehe oben 2), darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem Betrieb um einen im Zeitpunkt des Erbfalls auf Dauer nicht rentablen, deshalb agrarökonomisch nicht förderungswürdigen Betrieb gehandelt hat, an dessen Erhalt kein öffentliches Interesse besteht.

4. Das Beschwerdegericht wird daher nach Zurückverweisung die von ihm abgebrochene Beweisaufnahme über die Leistungsfähigkeit des Hofes fortzusetzen haben.

V.

Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 19 Buchstabe h HöfeVfO i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.

Stresemann                      [X.]

Meta

BLw 6/13

25.04.2014

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Köln, 17. Juni 2013, Az: 23 U 12/09

§ 16 Abs 1 S 1 HöfeO, § 134 BGB, § 2171 Abs 1 BGB, § 894 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2014, Az. BLw 6/13 (REWIS RS 2014, 6116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6116


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. BLw 6/13

Bundesgerichtshof, BLw 6/13, 25.04.2014.


Az. 23 U 12/09

Oberlandesgericht Köln, 23 U 12/09, 23.03.2017.


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