Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2017, Az. 26 W (pat) 531/14

26. Senat | REWIS RS 2017, 10818

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Alpwear" – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 023 746.6

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 17. Mai 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des [X.] vom 9. Juli 2014 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 11. Februar 2014 unter der Nummer 30 2014 023 746.6 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

4

Klasse 9: [X.]; Taschen für Mobiltelefone; Laptophüllen; Laptoptaschen; Riemen für Mobiltelefone; Taschen für Fotoapparate; speziell angepasste Kamerataschen; Spezialetuis für fotografische Apparate und Instrumente; Brillenetuis; Etuis (Brillen); Brillen, Brillenfassungen, Sonnenbrillen, Feuerwehrlöschdecken, Feuerwehrschutzbekleidung, [X.], [X.], Rettungswesten; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

5

Klasse 18: Leder und Lederimitationen, Pelze, Tierhäute und Felle (sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind); Reise- und Handkoffer; Regenschirme und Sonnenschirme; Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Tierbekleidung; Hundeleinen; Gepäck, Taschen, Brieftaschen, Einkaufstaschen, Gürteltaschen, Handtaschen, Reisetaschen, Badetaschen, Jagdtaschen, Sporttaschen, Aktentaschen, Kartentaschen, Schultaschen und andere Tragebehältnisse; Dokumentenmappen; Rucksäcke; Rucksäcke für [X.]steiger; Seebeutel; [X.]; Schlüsseletuis; Werkzeugtaschen aus Leder; Felldecken (Pelz); [X.]; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

6

Klasse 25: Kopfdeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Gürtel; Hüte; Hosenträger; Mützen; Handschuhe; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten.

7

Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 hat die Markenstelle für Klasse 18 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen setze sich aus den [X.] Begriffen „[X.]“ für „[X.], [X.]“ und „wear“ für „Kleidung, Bekleidung; Mode“ zusammen. Die beiden [X.] Wörter seien allgemein bekannt, denn Begriffe wie „Sportswear“, „Bikewear“, „Swimwear“, „[X.]“ und „[X.]“ seien dem Verkehr geläufig. Die Verkehrskreise verstünden das Zeichen daher sofort im Sinn von „[X.]mode“ bzw. „[X.]mode“. Das [X.] und grammatikalisch richtig zusammengesetzte Zeichen weise daher lediglich werbetypisch darauf hin, dass die so gekennzeichneten Waren für die [X.] bzw. [X.]e speziell geeignet seien. Eine besondere Eignung für dieses Gelände könne sich aus der Robustheit, bestimmten Trageeigenschaften oder der Wetterfestigkeit der Waren ergeben. Für die beanspruchten Produkte sei das Anmeldezeichen daher unmittelbar beschreibend und werde nicht als Herkunftshinweis aus einem bestimmten Betrieb wahrgenommen. Der Anmelder könne sich auch nicht auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen berufen, da diese keine Bindungswirkung entfalteten.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, das Anmeldezeichen stelle eine schutzfähige originelle Wortneuschöpfung, ein Kunstwort, mit vielen Bedeutungsmöglichkeiten dar, das lexikalisch nicht nachweisbar und sprachunüblich gebildet sei. Die von der Markenstelle vorgenommene Aufspaltung des Zeichens in zwei Einzelbegriffe sei unzulässig. Da der Bestandteil „Alp“ kein Adjektiv, sondern ein Substantiv sei, könne es nicht die Merkmale einer Kleidung beschreiben. Die korrekte Kombination der beiden dem Zeichen zugrundeliegenden Begrifflichkeiten müsste „[X.]“ lauten. Ein unmittelbar beschreibender Gehalt des Anmeldezeichens sei im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klasse 9, im Wesentlichen Schutzhüllen, Brillen und Feuerwehrgeräte, nicht erkennbar, da der Begriff „Mode“ insoweit keinen Sinn ergebe. Das Gleiche gelte hinsichtlich der in der Klasse 18 angemeldeten Produkte. Lederwaren, Transportbehältnisse, Schirme sowie Tierbekleidung und -zubehör könnten auch im Flachland benützt werden und würden nicht aus im Gebirge gewonnenen Rohstoffen hergestellt. Entsprechendes gelte für die beanspruchten Waren der Klasse 25.

9

Auf Hinweis des erkennenden Senats mit Schreiben vom 3. April 2017, dem zahlreiche Recherchebelege beigefügt waren (Anlagenkonvolute 1 bis 5, [X.]. 137 – 168 GA), hat der Beschwerdeführer seine Anmeldung beschränkt auf folgende Waren der

Klasse 9: Feuerwehrlöschdecken, Feuerwehrschutzbekleidung, Feuer-wehrschutzbekleidungsstücke, [X.], Ret-tungswesten;

Klasse 18: Leder und Lederimitationen, Pelze, Tierhäute und Felle (sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind); Werkzeugtaschen aus Leder; Felldecken (Pelz).

Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des [X.]s vom 9. Juli 2014 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]“ für die noch verbleibenden Produkte stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 1198 [X.]. 59 f. – [X.]]; [X.], [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]; [X.], 173 [X.]. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] a. a. [X.]. 10 – [X.]; a. a. [X.]. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] GRUR 2013, 1143, 1144 [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] GRUR 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. [X.]. 12 – [X.]; GRUR 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] GRUR 2014, 1204 [X.]. 12 – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] GRUR 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] a. a. [X.]. 16 – [X.]).

[X.]“, weil es weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen beschreibenden Bezug zu den noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 9 und 18 aufweist.

a) [X.] in Klasse 9 richten sich an [X.] wie Kommunen oder Unternehmen mit einer Betriebsfeuerwehr und an den Feuerwehrfachhandel. Die ebenfalls in Klasse 9 angemeldeten Waren „Rettungswesten“ sprechen sowohl [X.] und Unternehmen der Berufs- und Sportschifffahrt als auch den entsprechenden Fachhandel und den Durchschnittsverbraucher an. Die verbliebenen Waren der Klasse 18 wenden sich an die lederverarbeitende Industrie, den Leder- und Pelzfachhandel sowie an den Endverbraucher.

b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Bestandteilen „Alp“ und „wear“ zusammen.

aa) Das feminine Substantiv „Alp“ steht für „[X.]“ oder als Synonym für „[X.]weide, [X.]wiese, [X.], Hochweide“. Nur in der gehobenen Sprache kommt das maskuline Substantiv „Alp“ mit der Bedeutung „(im alten Volksglauben) koboldhaftes, gespenstisches Wesen, das sich nachts auf die Brust des Schlafenden setzt und bei ihm ein drückendes Gefühl der Angst hervorruft; [Nacht]mahr“ oder „schwere seelische Last, seelische Bedrückung, Beklemmung“ vor (www.duden.de, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

bb) In seiner [X.] Übersetzung bedeutet das [X.] Substantiv „wear“ „Kleidung, Bekleidung, Mode“ (www.leo.org) und hat in vielerlei zusammengesetzten Wörtern als zweiter Bestandteil wie „Streetwear, Knitwear, Clubwear, [X.], [X.], Sportswear, Bodywear, Underwear“ sogar Eingang in den [X.] gefunden (www.duden.de; vgl. auch [X.] W (pat) 181/96 – [X.]; 27 W (pat) 34/98 – [X.]; 27 W (pat) 194/05 – Interactive Wear; 27 W (pat) 16/10 – [X.]). Das [X.] Verb „to wear“, das zum Grundwortschatz gehört, hat im [X.] die Bedeutung „(etwas) tragen“ und wird vor allem im Zusammenhang mit Kleidung und Accessoires verwendet (www.leo.org, s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis). Die angesprochenen Verkehrskreise werden das aus dem [X.] stammende Wort daher ohne weiteres verstehen.

cc) In seiner Gesamtheit bedeutet das Zeichen „[X.]“ daher „[X.]mode“, „[X.]kleidung“ oder „Bekleidung bzw. Mode im [X.]enländischen Stil“. An die maskuline Variante des Substantivs „Alp“ wird der Verkehr nicht denken, wenn er dem Zeichen begegnet, da diese deutlich seltener als die feminine Variante ist und im Gegensatz zu dieser in der angemeldeten Wortkombination keinen Sinn ergibt. Entgegen der Ansicht des Anmelders ist das Zeichen auch [X.] gebildet. Es fügt sich problemlos in obige Reihe von Kombinationswörtern mit dem Bestandteil „wear“ ein, denen stets ein Substantiv und kein Adjektiv vorangestellt ist.

[X.]“ den angesprochenen Verkehrskreisen aber weder eine Sach- noch eine Werbeaussage produktbezogener Art und es stellt auch keinen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her.

aa) Hinsichtlich der Waren der Klasse 9 „

bb) Bei den Waren der Klasse 18 „

cc) „

Meta

26 W (pat) 531/14

17.05.2017

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2017, Az. 26 W (pat) 531/14 (REWIS RS 2017, 10818)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10818

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