Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. 2 StR 219/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 13516

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:060416B2STR219.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]/15
vom
6. April
2016
in der Strafsache
gegen

wegen versuchter sexueller Nötigung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat am 6.
April 2016 beschlossen:

1. Das Revisionsverfahren wird im Hinblick auf das Anfrageverfah-ren 3 [X.] unterbrochen.
2. Termin zur Fortsetzung wird von Amts wegen bestimmt.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchter sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf eine Verfahrensrüge und die Sach-beschwerde gestützte Revision.
Der [X.] kann über das Rechtsmittel nicht abschließend entscheiden.
Nach den Feststellungen des [X.]s missbrauchte der Angeklagte in der [X.] von [X.] 1995 bis Anfang 2010 die Enkelinnen seiner Lebensge-fährtin. [X.] wurden eine Tat zum Nachteil von

M.

, die
zwischen dem 21. August 1995 und dem 1. Dezember 1996 begangen wurde, ferner Taten zum Nachteil der Nebenklägerin, die zwischen dem 17. Januar 1997 und [X.] 1999 (Fall II.2.
der Urteilsgründe), zwischen [X.] 2003 und [X.] 2005 (Fall II.3. der Urteilsgründe), im [X.]raum vom 28.
September 2000 bis zum 28.
Mai 2009 (Fall II.4. der Urteilsgründe) und im [X.]raum zwischen dem 17.
Januar 2007 und dem 16.
Januar 2010 (Fall [X.] der Urteilsgründe) begangen wurden.
1
2
3
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3
-
Das [X.] hat bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Taten lange zurückliegen. Allerdings komme

n-gen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil

bei Fällen sexuellen Kindes-missbrauchs nicht die gleich hohe Bedeutung zu wie in anderen Fällen (vgl. [X.], 393).
Der [X.] neigt zu der Auffassung, dass dem zeitlichen Abstand zwi-schen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung auch bei Taten des sexu-ellen Missbrauchs eines Kindes im Ansatz die gleiche Bedeutung zukommt, wie bei anderen Straftaten.
Dies entspricht der
Auffassung des 3. Strafsenats, der deshalb durch Beschluss vom 29. Oktober 2015

3 [X.] ([X.], 227 f.) bei dem ersten Strafsenat angefragt hat, ob dieser an seiner abweichenden Rechtsauf-fassung festhält, wie sie im Beschluss vom 8.
Februar 2006

1 StR 7/06 ([X.], 393) erläutert wurde. Die Fragestellung ist im vorliegenden Fall ebenso von Bedeutung wie in dem Anfrageverfahren. Daher ist eine Unterbrechung der Revisionshauptverhandlung angezeigt, um das Ergebnis des [X.] berücksichtigen zu können.
Der [X.] ist, ebenso wie der 3. Strafsenat, der Auffassung, dass die Strafe eine angemessene staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat sein soll. Ihre Bemessung erfordert eine am Einzelfall orientierte Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände. Die Schuld des [X.] ist die Grundlage für die Zumessung der Strafe (§
46 Abs.
1 Satz
1 StGB). Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des [X.] in der [X.] sind, sind zu berücksichtigen (§
46 Abs.
1 Satz
2 StGB). Der lange Ablauf von [X.] seit der Begehung der Tat mindert zwar nicht die [X.], doch kann er Tat und Täter in einem günstigeren Licht erscheinen lassen, als es bei frühe-4
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6
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-
4
-
rer Ahndung der Fall gewesen wäre (vgl. [X.], StGB, 12. Aufl., §
46 Rn.
240). Das Strafbedürfnis nimmt mit langem [X.]ablauf seit der Begehung der Tat ab (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Januar 2008

[X.], [X.]St 52, 124, 142). Das gilt prinzipiell auch für Missbrauchsdelikte (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
Mai 2015

2 [X.], [X.]R StGB §
46 Abs.
2 [X.] 40).
Verjährungsvorschriften regeln dagegen, wie lange eine für strafbar er-klärte Tat verfolgt werden soll. Die Verjährung macht eine Tat nicht ungesche-hen. Sie lässt das Unrecht der Tat und die Schuld des [X.] unberührt (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 1969

2 BvL 15, 23/68, [X.]E 25, 269, 294). Die Verjährung der Strafverfolgung soll vielmehr dem Rechtsfrieden die-nen und einer Untätigkeit der Behörden vorbeugen (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Juni 1958

4 [X.], [X.]St 11, 393, 396; Beschluss vom 23.
Januar 1959

4 StR 428/58, [X.]St 12, 335, 337 f.). Der Zweck der verjährungsrecht-lichen Regelungen besteht hingegen nicht darin, einer Verminderung von Straf-zumessungsgründen Rechnung zu tragen.
Dies gilt erst recht für die Regelungen über das Ruhen des Fristablaufs in den Fällen von Missbrauchsdelikten an Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Mit der Sonderregelung des § 78b Abs.
1 Nr.
1 StGB, wonach die Verjährung der Strafverfolgung bei Straftaten nach den §§
174 bis 174c, 176 bis 179, 180 Abs.
3, §§
182, 225,
226a und 237 bis zur Vollendung des 30.
Lebensjahres des Opfers ruht, soll vielmehr der besonderen Situation von [X.] Rechnung getragen werden, die als Kinder, Jugendliche oder junge 8
9
-
5
-
Erwachsene aufgrund familiärer Bindungen oder besonderer [X.] gehemmt sind, Übergriffe anzuzeigen. Der Gesetzgeber hat damit nicht bezweckt, Strafzumessungsgesichtspunkte abweichend von den allge-meinen Grundsätzen zu regeln.

Fischer

Krehl

Eschelbach

Rin[X.] Dr. Ott ist

Ri[X.] [X.] ist

an der Unterschrift

an der Unterschrift

gehindert.

gehindert.

Fischer

Fischer

Meta

2 StR 219/15

06.04.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2016, Az. 2 StR 219/15 (REWIS RS 2016, 13516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13516

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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