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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechtes
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und die der Nebenintervention.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 60.000,00 € festgesetzt.
Die Klägerin begehrt Rückversetzung eines unterhalb der Wohnung Nr. 1 des Anwesens ... München geschaffenen Kellerraums und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung zur Beseitigung von Setzungsrissen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde mit Teilungserklärung vom 03.05.2007 durch die ... aufgeteilt. Gem. § 6 der Teilungserklärung behielt sich die teilende Eigentümerin ... allgemein das Recht vor, nebeneinander- oder übereinanderliegende Wohnungen miteinander zu verbinden und Durchbrüche durch im Gemeinschaftseigentum stehende Zwischenmauern oder Decken herzustellen. Ferner wurde die teilende Eigentümerin ermächtigt, neue Sondernutzungsrechte zu begründen und Wohnungs- bzw. Teileigentum zur ausschließlichen Nutzung zuzuweisen, sofern Sondernutzungsrechte anderer Wohnungen hierdurch nicht berührt werden. Bezüglich der Einzelheiten der getroffenen Regelungen wird Bezug genommen auf die Anlage K 1.
Die Erwerber der einzelnen Wohnungen haben in den jeweiligen Kaufverträgen die teilende Eigentümerin bevollmächtigt, die vorgenannten Maßnahmen durchführen und die entsprechenden Anpassungen der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung auch namens der Erwerber vornehmen zu können.
Die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung wurde mit Nachträgen v. 06.07.2007, 14.10.2008, 19.10.2010, 27.10.2011 (Anlage K 7) und 06.08.2012 geändert. Die Teilungserklärung wurde am 04.12.2008 im Grundbuch vollzogen, der 3., 4. und 5 Nachtrag zur Teilungserklärung am 05.12.2012. Ein 6. Nachtrag vom 05.11.2013 wurde aufgrund einer Entscheidung des OLG München nicht im Grundbuch eingetragen. Gem. § 3 Ziff. 7 des 4. Nachtrags vom 27.10.2010 wurde für den jeweiligen Eigentümer des Wohnungeigentums Nr. 1 ein Sondernutzungsrecht an den in dem als Anlage 3 beigefügten Kellerplan mit „Raum 1“ bezeichneten zwei Räumen im Kellergeschoss begründet.
Die teilende Eigentümerin veräußerte mehrere Wohnungen an die Beklagte, darunter mit notariellem Kaufvertrag vom 18.10./28.12.2012 (K 31/32) auch die Wohnung Nr. 1 im EG links. Die Eigentumsumschreibung auf die Beklagte erfolgte am 20.03.2013.
Die Beklagte hat im Anwesen ... in erheblichem Umfang Bauarbeiten durchführen lassen, darunter den Abbruch tragender Wände, die Versetzung von Wänden, die Neuerrichtung von Wänden, die Vornahme von Wanddurchbrüchen, die Neuerstellung von Fensteröffnungen und Türeingängen.
Zu einem zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt baute die Beklagte die Wohnung Nr. 1 aus, erstellte einen Kellerraum unterhalb der Wohnung Nr. 1 und schaffte durch Öffnung des Bodens unterhalb der Wohnung Nr. 1 und Entfernung des raumhoch verfüllten Kieses einen Zugang zu diesem Raum. Der Kellerboden wurde betoniert.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 04.02.2013 (Anlage K 33) kauften die Streithelfer der Beklagten von der Beklagten die Einheit Nr. 1 und das im 4. Nachtrag erwähnte Sondernutzungsrecht am Raum 1 im Kellergeschoss. Am 25.03.2013 wurde für die Streithelfer der Beklagten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, die Umschreibung des Eigentums auf die Streithelfer erfolgte am 12.03.2015.
Die zu TOP 2 und 3 der ETV vom 05.07.2016 gefassten Beschlüsse, mit denen die Klägerin beschlossen hatte, den der Wohnungsgeigentümergemeinschaft möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Gemeinschaftseigentums wegen Setzungsschäden am Gemeinschaftseigentum einschließlich des dazugehörigen Rückbaus des Kellerraums unterhalb der Wohnung Nr. 01 im Wege der Leistungsklage auf Naturalrestitution gegen die ... und/oder sonstige andere in diesem Zusammenhang Beteiligte außergerichtlich und gerichtlich durchsetzen zu lassen, gegen die Eigentümer der Wohnung Nr. 01 und hilfsweise gegen die Verkäuferin der Wohnung, die ..., den Anspruch auf Rückbau und Verfüllung des Kellers der Wohnung Nr. 01 außergerichtlich und hilfsweise gerichtlich durchzusetzen, und die Hausverwaltung ... beauftragt und bevollmächtigt hatte, mit der Durchsetzung aller Ansprüche in diesem Zusammenhang die Kanzlei ... zu beauftragen, wurden durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts München vom 08.02.2017, 483 C 16269/16 WEG, für ungültig erklärt.
In der ETV vom 13.04.2017 fassten die Eigentümer unter TOP 4.1 mehrheitlich folgenden Beschluss:
TOP 4.1:
„Die Beauftragung der Kanzlei von ... als Vertreter der WEG ... im Verfahren vor dem Landgericht München 1, Az.: 8 O 22998/16/AG München, Az.: 483 C 3475/17 WEG gegen die ... durch die frühere Hausverwaltung ... gemäß dem Klageantrag vom 30.12.2016:
„Die Beklagte ... wird verurteilt, die Fußbodendecke des Erdgeschoßes der Wohnung Nr. 1 im Anwesen ..., deren tragenden Wände im Erdgeschoss und die darunter befindlichen, im nordwestlichen Bereich des Kellergeschosses gelegenen Kellerräume welche als „Raum1“ im Kellerplan zum 4. Nachtrag vom 27.10.2011, ... zur Teilungserklärung vom 03.05.2007 als solche bezeichnet sind, in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, der zum Zeitpunkt der Begründung des Wohnungs- und Teileigentums am 03.05.2007 gemäß des Erdgeschossplanes und des Kellerplanes der genehmigten Aufteilungspläne laut Anl. II der Teilungserklärung, ... des Notars ..., bestanden hatte.“
wird genehmigt. Die Kanzlei ... wird beauftragt und bevollmächtigt, die WEG ... in diesem Rechtsstreit uneingeschränkt und vollumfassend zu vertreten, insbesondere bisher am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten wie z.B. der ... den Streit zu verkünden.
Dieser Beschluss ist unter dem Az 483 C 9516/17 WEG Gegenstand einer Beschlussanfechtungsklage vor dem Amtsgericht München. Termin zur mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren ist bestimmt auf den 19.12.2017.
Die Klägerin trägt vor, die Arbeiten im Bereich der Wohnung Nr. 1 und im Keller seien vermutlich frühestens zu Beginn des Jahres 2012 aufgenommen, jedenfalls erst im Juni 2013 abgeschlossen worden. Die Arbeiten seien von der Beklagten im eigenen Interesse, weder in Erfüllung des mit der Klägerin geschlossenen Generalübernahmewerkvertrags, noch in Erfüllung eines Vertrags mit der teilenden Eigentümerin vorgenommen worden.
Die Arbeiten am Gemeinschaftseigentum im Bereich der Wohnung Nr. 1 und den darunter befindlichen Räumlichkeiten entsprächen nicht den Anforderungen der Statik.
Ab dem 15.02.2014 seien Setzungsrisse am Gemeinschaftseigentum im Bereich der Wohnung Nr. 5 aufgetreten, der Fußboden im Gästebad sowie die Türschwelle zur Wohnungseingangstür der Wohnung Nr. 5 hätten sich durch die von der Beklagten veranlassten und zu verantwortenden Umbauarbeiten des Gemeinschaftseigentums im Bereich der Wohnung Nr. 1 und den Ausbau des Kellergeschosses unterhalb der Wohnung Nr. 1 abgesenkt.
Die Klägerin ist der Ansicht, § 6 der Teilungserklärung habe für die Beklagte kein Recht begründet, Raum 1 im Keller zu schaffen, diese Vollmacht betreffe nur die Aufteilerin und nur bereits gebildete Einheiten, nicht noch zu errichtende. Die Vollmachten in den Kaufverträgen seien AGB-rechtlich unwirksam. Die Klägerin habe dem 4. Nachtrag nicht zugestimmt. Weil lt. Grundbuch der Raum 1 nicht geschaffen worden sei und dieser auch keine Abgeschlossenheit und Baugenehmigung habe, müsse er zurückgebaut werden. Die Beklagte schulde Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gem. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, es liege eine geborene Ausübungsbefugnis der Klägerin nach § 10 Abs. 6 S. 3 1. HS vor. Die Beklagte sei Handlungsstörerin, deren Streithelfer seien Zustandsstörer.
Ein gutgläubiger Erwerb des Sondernutzungsrechts durch die Streithelfer der Beklagten komme nicht in Betracht, da den Streithelfern aufgrund der Anlage 3 (mod. Baubeschreibung aus Generalübernehmerwerkvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten) zum Kaufvertrag vom 04.02.2013 bekannt gewesen sei, dass der Keller des Gebäudes baulich unverändert bleibe, I.ü. sei ein gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechts an einem rechtlich nicht existierenden Raum nicht möglich.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, die Fußbodendecke des Erdgeschosses der Wohnung Nr. 1 im Anwesen ..., deren tragenden Wände im Erdgeschoss und die darunter befindlichen, im nordwestlichen Bereich des Kellergeschosses gelegenen Kellerräume, welche als „Raum 1“ im Kellerplan zum 4. Nachtrag vom 27.10.2011, ... zur Teilungserklärung vom 03.05.2007 als solche bezeichnet sind, in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, der zum Zeitpunkt der Begründung des Wohnungs- und Teileigentums am 03.05.2007 gemäß des Erdgeschossplanes und des Kellerplanes der genehmigten Aufteilungspläne laut Anl. II der Teilungserklärung, ... des Notars ..., bestanden hatte.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, diejenigen baulichen Maßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen, die geeignet sind, die Setzungsrisse in der Wohnung Nr. 5 wie in Ziffer 1.6.4.1, Ziffer 1.6.4.2, Ziffer 1.6.4.3, Ziffer 1.6.4.4, Ziffer 1.6.4.6, Ziffer 1.6.5.7 der Klageschrift vom 30.12.2016 auf der Südseite im Bereich der Glasschiebetüre der Wohnung Nr. 9/1 O im Bereich des Gemeinschaftseigentums gemäß Schriftsatz vom 30.8.2017, Seite 5, zu beseitigen.
Die Beklagte und deren Streithelfer beantragen:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte bzw. ihre Streithelfer bestreiten die Richtigkeit des von der Klägerin angegebenen Klagerubrums, die Vertretung der Klägerin durch die ..., die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Klägervertreter nach § 88 ZPO sowie die Ermächtigung des zuständigen Verwalters der Klägerin zur Klageerhebung gem. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG. Ferner bestreiten sie wesentliche Eingriffe der Beklagten in die Gebäudesubstanz, insbesondere in die Statik des Gebäudes. Die Beklagte bzw. ihre Streithelfer sind der Ansicht, der Klageantrag sei unzulässig, da er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe.
Die Beklagte sei nicht passivlegitimiert, da zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Bauarbeiten nicht sie, sondern noch die aufteilende Eigentümerin Eigentümerin der Wohnung Nr. 1 gewesen sei.
Sie tragen vor, Beginn der Baumaßnahmen in Bezug auf Raum 1 sei im April 2011 gewesen, ab da habe positive Kenntnis sämtlicher Eigentümer von den Baumaßnahmen bestanden. Beendet worden seien die Baumaßnahmen in Bezug auf Raum 1 im Jahr 2012. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Da die Beklagte nicht mehr Eigentümerin der Wohnung Nr. 1 sei, sei der verlangte Rückbau auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Die Streithelfer der Beklagten hätten die Wohnung Nr. 1 in dem derzeit ausgebauten Zustand gutgläubig erworben. Durch den Raum 1 sei die Klägerin nicht beeinträchtigt. Durch den Ausbau des Raums 1 in Vollzug des 4. Nachtrags zur Teilungserklärung sei dieser Raum in den geplanten Zustand versetzt worden, so dass es sich um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handele
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 07.09.2017 und die sonstigen Aktenbestandteile. Beweis wurde nicht erhoben.
Mit Schriftsätzen vom 14.09. und 05.10.2017 haben Streithelfer, mit Schriftsätzen vom 26. und 27.09.2017 hat die Klägerin weiter vorgetragen, worauf Bezug genommen wird.
Die Klage ist zulässig, jedoch im Hauptantrag unbegründet. Die in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2017 vorgenommene hilfsweise Klageerweiterung ist unzulässig. Im einzelnen:
1. Die Klage ist zulässig.
Da Klägerin vorliegend der teilrechtsfähige Verband ist, genügt zur ordnungsgemäßen Parteibezeichnung die Bezeichnung der Wohnungseigentümergemeinschaft unter Angabe ihrer Adresse. Die namentliche Bezeichnung der Mitglieder der Klägerin ist nicht erforderlich, eine etwaige diesbezügliche Falschangabe führt daher nicht zur Unzulässigkeit der Klage.
Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 10 Abs. 6 Satz 3 1. HS WEG, für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Form der Naturalrestitution besteht eine geborene Ausübungsbefugnis der Klägerin.
Die Ermächtigung des zuständigen Verwalters der Klägerin zur Klageerhebung ergibt sich aus dem auf der Eigentümerversammlung vom 13.04.2017 unter TOP 4.1 gefassten Beschluss. Dieser Beschluss ist ungeachtet seiner Anfechtung, sofern er nicht nichtig ist, gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 WEG, gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wurde. Gründe, aus denen sich eine Nichtigkeit des Beschlusses ergeben könnte, sind weder dargetan, noch ersichtlich. Die dem früheren Verwalter erteilte Ermächtigung bzw. Genehmigung gilt bei Verwalterwechsel fort.
Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Klägervertreter nach § 88 ZPO ist durch die Anlage K 36 nachgewiesen.
Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt. Ungeachtet dessen, dass Gegenstand der Klage ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch ist, ist der Hauptantrag auf Vorname einer Handlung gerichtet. Ein solcher Antrag muss Art und Umfang der begehrten Handlung bestimmt bezeichnen. Ist er auf Beseitigung einer Störung oder eines Mangels gerichtet, genügt die Angabe des begehrten Erfolgs, denn in der Regel bleibt die Wahl mehrerer zur Beseitigung geeigneter Mittel dem Schuldner überlassen, es sei denn, es kommt ausnahmsweise nur eine bestimmte Beseitigungsmaßnahme als erfolgversprechend und zumutbar in Betracht (vgl. Zöller, § 253 Rz 13 c). Diesen Anforderungen genügt der gestellte Hauptantrag.
2. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet, der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückbau der Fußbodendecke, der tragenden Wände im Erdgeschoss und des darunter befindlichen als „Raum 1“ bezeichneten Kellerraums gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht als auf Naturalrestitution gerichtetem Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu.
Unstreitig hat die Beklagte die Wohnung Nr. 1 ausgebaut, unterhalb der Wohnung Nr. 1 einen Kellerraum erstellt und durch Öffnung des Bodens unterhalb der Wohnung Nr. 1 und Entfernung des raumhoch verfüllten Kieses einen Zugang zu diesem Raum geschaffen.
Strittig ist zwischen den Parteien, ob dies zu einem Zeitpunkt geschah, als die Beklagte bereits Eigentümerin der Wohnung Nr. 1 war, und ob sie bei der Ausführung der Arbeiten im eigenen Interesse oder in Erfüllung eines mit der Klägerin geschlossenen Generalübernahmewerkvertrags oder eines mit der teilenden Eigentümerin geschlossenen Vertrags oder in deren Auftrag handelte. Die Frage der Passivlegitimation der Beklagten kann vorliegend jedoch letztlich offen bleiben.
Denn jedenfalls war die Beklagte aufgrund des 4. Nachtrags zur Teilungserklärung vom 27.10.2010 zur Schaffung des Raums 1 berechtigt mit der Folge, dass die Schaffung des Raumes 1 schon keine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung der Klägerin darstellt.
Der 4. Nachtrag zur Teilungserklärung ist wirksam. Die ... handelte auch bei Beurkundung des 4. Nachtrags, wie dort ausdrücklich angegeben ist, nicht aufgrund der in der ursprünglichen Teilungserklärung erteilten Ermächtigung, sondern „aufgrund der in den Erwerbsverträgen erteilten und bisher ausnahmslos unwiderrufenen Vollmachten, die in Urschrift heute vorlagen“. Diese Vollmachten sind auch - insbesondere in AGB-rechtlicher Hinsicht - wirksam. Da sich die Bestellung des Sondernutzungsrechts auf bislang nicht vorhandenes Gemeinschaftseigentum bezieht, liegt weder eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB vor, noch ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Unabhängig davon haben die Streithelfer der Beklagten jedenfalls das Sondernutzungsrecht gemäß dem 4. Nachtrag gutgläubig erworben. Das im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht nimmt nach zutreffender herrschender Meinung mit seinem Inhalt und Bestand am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil (Bärmann, 13. Aufl., Rn 127 zu § 13 WEG). Unstreitig erfolgte die Eintragung des Sondernutzungsrechtes am 05.12.2012. Der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und den Streithelfern wurde am 04.02.2013 abgeschlossen, die Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Streithelfer erfolgte am 25.03.2013, die Eigentumsumschreibung am 12.03.2015. Dass es keinen Aufteilungsplan gibt, der den Raum 1 in seiner jetzigen Form vorsieht, sondern lediglich den dem 4. Nachtrag als Anlage 3 beigefügten Lageplan „Sondernutzungsrechtsplan Keller“, steht entgegen der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 23.02.2016, Az.: 483 C 3007/15 WEG, einer wirksamen Begründung des Sondernutzungsrechts nicht entgegen, weil der Aufteilungsplan zwar für die Abgrenzung des Sondereigentums, nicht jedoch für die Begründung von Gemeinschaftseigentum maßgebend ist.
Ein gutgläubiger Erwerb des Sondernutzungsrechts durch die Streithelfer ist auch nicht wegen positiver Kenntnis der Streithelfer von der Unrichtigkeit des Grundbuchs ausgeschlossen. Die Anlage 3 zum Kaufvertrag vom 04.02.2013 (mod. Baubeschreibung aus dem Generalübernehmerwerkvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten) betrifft lediglich den Umfang der von der Klägerin beauftragten Sanierungs- und Renovierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum, besagt jedoch nichts über eine Zulässigkeit oder Unzulässigkeit baulicher Maßnahmen im Keller.
3. Soweit die Klägerin erstmals in der öffentlichen Sitzung am 07.09.2017 hilfsweise beantragt hat festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, diejenigen baulichen Maßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen, die geeignet sind, die Setzungsrisse in der Wohnung Nr. 5 wie in Ziffer 1.6.4.1, Ziffer 1.6.4.2, Ziffer 1.6.4.3, Ziffer 1.6.4.4, Ziffer 1.6.4.6, Ziffer 1.6.5.7 der Klageschrift vom 30.12.2016 auf der Südseite im Bereich der Glasschiebetüre der Wohnung Nr. 9/1 O im Bereich des Gemeinschaftseigentums gemäß Schriftsatz vom 30.8.2017, Seite 5, zu beseitigen, liegt eine Klageänderung vor (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 263 Rz 2 m.w.N.), welche analog § 263 ZPO unzulässig ist, da weder eine Einwilligung der Beklagtenpartei vorliegt, noch Sachdienlichkeit gegeben ist.
Obwohl die nachträgliche Anspruchs- oder Klagenhäufung (§ 260 ZPO) keine Klageänderung im Sinne der §§ 263 ff. ZPO ist, sind auf die nachträgliche Anspruchshäufung die Vorschriften über die Klageänderung entsprechend anzuwenden, da durch eine nachträgliche Erweiterung der Klage regelmäßig die Verteidigung des Beklagten erschwert, die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird, und die Befassung mit einem nachgeschobenen weiteren prozessualen Anspruch möglicherweise nicht sachdienlich ist. Diese Interessenlage, die vom Normzweck des § 263 ZPO voll abgedeckt wird, ist entscheidend. Ihr werden die §§ 301, 145 ZPO nur unvollkommen gerecht (vgl. Münchener Kommentar, ZPO, § 263 Rz. 21 m.w.N.).
Der in der Sitzung vom 07.09.2017 vorgenommenen und der Beklagten und ihren Streithelfern erstmals zur Kenntnis gebrachten Klageerweiterung haben diese nicht zugestimmt.
Sie ist auch nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit im Sinne des § 263 ZPO ist gegeben, wenn mit der Klageerweiterung die noch bestehenden Streitpunkte miterledigt werden können und dadurch ein neuer Prozess vermieden wird. Nicht entscheidend ist, ob neue Parteierklärungen oder Beweiserhebungen nötig werden, und dadurch das Verfahren sich verzögert. Sachdienlichkeit fehlt jedoch in der Regel, wenn mit dem neuen Anspruch ein völlig neuer Streitstoff eingeführt wird, bei dessen Beurteilung die bisherigen Prozessergebnisse nicht verwertet werden können (vgl. Zöller, a.a.O., § 263 Rz. 13).
Nach diesen Maßstäben ist Sachdienlichkeit vorliegend zu verneinen, da das Verfahren ohne die Klageerweiterung bereits entscheidungsreif war, und mit dem erstmals in der Sitzung vom 07.09.2017 in den Prozess eingeführten Feststellungsantrag ein völlig neuer Streitstoff eingeführt wurde, für den der bisherige Prozess keinerlei verwertbare Prozessergebnisse enthält.
I. ü. dürfte der gestellte Hilfsantrag auch mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig sein, da von der Beschlussfassung der Eigentümer zu TOP 4.1 der ETV vom 13.04.2017 nicht umfasst.
Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO wie mit klägerischem Schriftsatz vom 26.09.2017 beantragt, war nicht veranlasst, insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 156 Abs. 2 ZPO, unter denen das Gericht zu einer Wiedereröffnung verpflichtet ist, nicht vor. Richterliche Hinweise, die über eine Erörterung der Sach- und Rechtslage hinausgehen, wurden nicht erteilt und waren auch nicht zu erteilen, da alle rechtlichen Gesichtspunkte, auf die die Entscheidung gestützt wurde, sowohl Gegenstand der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze waren, als auch im Rahmen der öffentlichen Sitzung erörtert wurden. Die Pflicht zur Hinwirkung auf sachdienliche Anträge beinhaltet weder die Pflicht, noch das Recht, auf eine Änderung des klägerischen Prozessziels hinzuwirken.
Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht
Meta
30.11.2017
Urteil
Sachgebiet: C
Zitiervorschlag: AG München, Urteil vom 30.11.2017, Az. 483 C 3475/17 WEG (REWIS RS 2017, 1413)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 1413
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechts
Gutgläubiger Erwerb eines Sondernutzungsrechts an einem nachträglich errichteten Kellerraum
483 C 15231/14 WEG (AG München)
Fehlende Ausübungsbefugnis für einen Rückbauanspruch
36 S 8340/14 WEG (LG München I)
Zuständigkeitsbereich des Wohnungseigentumsgerichts
Zulässige Bezugnahme auf einen Lageplan bei der Bezeichnung eines Sondernutzungsrechts
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