Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 330/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2267

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[X.]BESCHLUSS [X.] 330/03
vom 16. Juli 2004 in dem Teilungsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein

[X.] § 180 Abs. 1

Vereinigen sich die Bruchteile eines Erbbaurechts in der Hand eines Inhabers, ist die Teilungsversteigerung zulässig, wenn ein Bruchteil dem Inhaber als Vorerben zusteht.

[X.], [X.]uß vom 16. Juli 2004 - [X.] 330/03 - [X.] - 2 - [X.] des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], von [X.], die Richterinnen Dr. [X.] und Roggenbuck

am 16. Juli 2004 beschlossen:
Der Antragstellerin wird für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 10. Zivilkammer des [X.] vom 5. November 2003 Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzah-lung bewilligt und Rechtsanwalt [X.] beigeordnet.

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der vorge-nannte [X.]uß aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der An-tragsgegnerin gegen den [X.]uß des [X.] vom 19. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Antragsgegnerin.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 70.000 •.

- 3 - Gründe:
[X.]
Die Antragstellerin war gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann [X.]je zur ideellen Hälfte Berechtigte eines Erbbaurechts. Nach dem Tod ihres Ehemannes wurde sie nicht befreite Vorerbin seiner ideel-len Hälfte. [X.] ist ihre Stieftochter, die Antragsgegnerin. Das Amtsge-richt [X.] hat auf Antrag der Antragstellerin die Teilungsversteigerung des Erbbaurechts angeordnet. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsge-gnerin hat das [X.] [X.] den Antrag auf Anordnung der Zwangs-versteigerung zur Aufhebung der [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Ziel weiter, eine Teilungsver-steigerung des Erbbaurechts durchführen zu lassen.

I[X.]

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Das [X.] ist der Auffassung, die Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 [X.] lägen nicht vor, weil Antragstellerin und Antragsgegnerin keine [X.] bildeten. § 180 [X.] sei auch nicht entsprechend anzuwenden, weil dies mit dem Vor- und Nacherbschaft zugrunde liegenden Rechtsgedan-ken nicht vereinbar sei. Der Nacherbe werde durch das Gesetz vor dem Verlust des Nachlasses geschützt, indem der Vorerbe nur eingeschränkt nach [X.] 4 - be der §§ 2112 ff [X.] über [X.] verfügen könne. Zudem könne der Nacherbe durch eine Widerspruchsklage nach § 773 ZPO eine Voll-streckung in einen Nachlaßgegenstand verhindern. Mit diesen Bestimmungen sei eine Teilungsversteigerung nicht vereinbar. Sie führe dazu, daß das Erb-baurecht dem Nachlaß entzogen werde, obwohl es nach dem Willen des [X.] für die [X.] erhalten werden sollte. Zwar werde der [X.] Surrogat des Erbbaurechts. Dabei sei aber zu berücksichtigen, daß der Erlös in der Versteigerung in aller Regel geringer sei als beim freihändigen Verkauf. Auch unterliege Geld erfahrungsgemäß einem größeren [X.] als ein Grundstück. Bei Zulässigkeit der Teilungsversteigerung habe es der Vorerbe darüber hinaus in der Hand, sich jederzeit von einem ihm lästigen [X.] zu befreien.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Teilungsversteige-rung ist nach § 180 Abs. 1 [X.] zulässig.

a) Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts eine [X.] i.S.d. § 180 Abs. 1 [X.] gegeben. Zwar ist die Antragstellerin durch den Erbfall Inhaberin des gesamten Erbbaurechts geworden. Denn sie ist auch als nicht befreite Vorerbin bis zum Eintritt des Nacherbfalles wahre Erbin und damit Eigentümerin bzw. Inhaberin der [X.] (vgl. Soergel/[X.]/[X.], [X.]. Vor § 2100 Rn. 10; [X.] in [X.] § 2120 [X.] 1.93 [X.]. 2). Damit fehlt es an einer Mehrheit von Personen, wie sie die von § 180 Abs. 1 [X.] geforderte (Bruchteils- oder Gesamthands-)[X.] grundsätzlich voraussetzt (vgl. z.B. [X.]/[X.], 4. Aufl. § 741 Rn. 9 und § 1008 Rn. 4; [X.]/[X.], [X.] - 5 - 11. Aufl. § 741 Rn. 15; [X.]/[X.], Zwangsversteigerung und Zwangsver-waltung 9. Aufl. § 180 Rn. 12).

Doch steht die alleinige Rechtsinhaberschaft der Antragstellerin der Zu-lässigkeit der Teilungsversteigerung hier nicht entgegen. Die [X.] in einer Hand führt nicht in jedem Fall zur Beendigung der [X.]. Setzt sich die bisher geteilte Rechtszuordnung fort, weil die Verfügungsmacht hinsichtlich einzelner Bruchteile verschieden ausgestaltet ist, kann die [X.] nach Bruchteilen erhalten bleiben ([X.]/[X.], aaO und § 1008 Rn. 14; vgl. auch die Beispiele bei [X.]/[X.] [2002], § 741 Rn. 68 f) und deshalb auch eine ideelle [X.] gesondert mit einem Grundpfandrecht belastet werden (für den Fall eines mit einem [X.] belasteten Eigentumsbruchteils an einem Grundstück: BayObLG NJW 1968, 1431, 1432 f; [X.]/[X.] aaO; Soergel/[X.]/[X.], aaO § 2113 Rn. 7; [X.], [X.] 17. Aufl. § 180 [X.]. 2.5).

Auch im vorliegenden Fall ist im Rahmen des § 180 Abs. 1 [X.] die Bruchteilsgemeinschaft als fortbestehend zu behandeln. Der nicht befreite [X.] ist in seiner Möglichkeit, über den ererbten Bruchteil zu verfügen, durch die gegenüber jedermann wirkenden §§ 2113 ff [X.] so stark eingeschränkt, daß es gerechtfertigt ist, diesen Bruchteil als Sondervermögen anzusehen ([X.]/[X.]/Litzenburger, [X.] § 2100 Rn. 20; [X.], aaO). Im [X.] sichtbar wird dies durch die Eintragung des auf den Bruchteil begrenzten Nacherbenvermerks gemäß § 51 GBO. Der Zweck der Teilungsversteigerung, ein grundsätzlich un[X.] Grundstück oder grundstücksgleiches Recht in [X.] Geld zu verwandeln (Drischler, [X.] und Zwangsverwaltung 4. Aufl. - 6 - § 180 [X.]. 1; [X.], [X.]. Rn. 3), rechtfertigt auch in einem solchen Fall die Zulassung der Teilungsversteigerung (so auch [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO; a. [X.], ZIP 1982, 526, 528).

b) Die Vorschriften der §§ 2113, 2115 [X.] stehen der Wirksamkeit der Teilungsversteigerung gegenüber dem Nacherben nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung handelt (vgl. zum Stand des Meinungsstreits [X.], aaO Rn. 6). Auch die Vertreter der das bejahenden Ansicht sehen dies mit Rücksicht darauf, daß die Teilungsversteigerung weder eine Verfügung des Vorerben noch eine Zwangs-vollstreckung wegen einer Geldforderung ist, nicht als Hindernis an, wenn das Versteigerungsobjekt teilweise zum Nachlaß einer Vor- und Nacherbschaft ge-hört ([X.], aaO Rn. 58; [X.], aaO [X.]. 7.16; [X.], Praxis der Tei-lungsversteigerung 2. Aufl. [X.]; [X.], [X.]. Rn. 72; [X.], [X.] 3. Aufl. § 180 Rn. 43).

c) Schließlich führen auch schutzwürdige Interessen des Nacherben nicht zur Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung. Zwar ist im Anwendungs-bereich des § 180 Abs. 1 [X.] eine Beeinträchtigung des [X.] nicht ausgeschlossen. Der [X.] hat aber für die Gesamthands-gemeinschaft entschieden, daß bei nachträglicher Vereinigung des Eigentums in der Hand eines Gesamthänders § 2113 [X.] eine Verfügung des (befreiten) Vorerben über den Gegenstand insgesamt nicht hindert. Andernfalls würde der dem Gesamthänder auch bisher schon zu eigenem Recht zustehende andere Gesamtgutsanteil den Verfügungsbeschränkungen der Nacherbschaft [X.]; dies bedeute gegenüber der Schmälerung der Rechtsstellung des Nacherben das größere Übel ([X.], [X.]. v. 10. März 1976 - [X.], - 7 - NJW 1976, 893 unter [X.]; Urt. v. 16. Dezember 1977 - [X.], NJW 1978, 698 unter II).

Dem ist die Interessenlage bei einer [X.] nach Bruchteilen ver-gleichbar, wenn ein Rechtsinhaber - wie vorliegend die Antragstellerin - den weiteren Bruchteil mit einem [X.] belastet erbt. Vor dem Erbfall war sie befugt, ihren Hälfteanteil im Wege der Teilungsversteigerung zu verwerten. Der Erbbaurechtshälfte des Erblassers drohte deshalb schon zu seinen Lebzei-ten eine Teilungsversteigerung. Bei der Anordnung der Nacherbschaft geht es dem Erblasser regelmäßig darum, seine Vermögenssubstanz vor Verfügungen des Vorerben zu schützen und sie dem Nacherben in dem beim Erbfall beste-henden Umfang zu erhalten. Zu den beim Erbfall bereits bestehenden Umstän-den gehört aber auch die Möglichkeit einer Teilungsversteigerung. Die Nach-erbschaft kann nicht dazu führen, den Vorerben in der Verwertung seines nicht zum Nachlaß gehörenden Vermögens zu beschränken. Dies wäre aber der Fall, wenn man ihm die Teilungsversteigerung verwehren würde.

Darüber hinaus stellt die Anordnung der Nacherbschaft bei [X.] auch dann, wenn dem Vorerben die Möglichkeit einer Tei-lungsversteigerung versagt wäre, nicht sicher, daß dem Nacherben der Nach-laßgegenstand - hier der Anteil am Erbbaurecht - verbleibt. Denn der Vorerbe kann über seinen eigenen ursprünglichen Bruchteil nach wie vor frei verfügen und ihn z. B. auf einen Dritten übertragen. Daran, daß dieser die Teilungsver-steigerung beantragen könnte, bestehen keine Zweifel. Dann aber kann für den Vorerben nichts anderes gelten. Dem Schutzbedürfnis des Nacherben ist da- - 8 - durch Rechnung getragen, daß gemäß § 2111 Abs. 1 Satz 1 [X.] sich sein [X.] im Wege der [X.] an dem [X.] fortsetzt, der auf den mit dem [X.] belasteten Bruchteil entfällt.
[X.]

[X.] von Lie-nen

[X.]

Roggenbuck

Meta

IXa ZB 330/03

16.07.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2004, Az. IXa ZB 330/03 (REWIS RS 2004, 2267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2267

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