Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2004, Az. KZR 1/03

Kartellsenat | REWIS RS 2004, 3822

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[X.] DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. März 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja
Der [X.]
[X.] § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1, § 33

Unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung begegnet es kartellrechtlichen Bedenken, wenn das den Markt für Festnetzan-schlüsse beherrschende Telefonunternehmen zusammen mit einem Tochterun-ternehmen, das auf dem Markt für den [X.]zugang bereits über eine starke Stellung verfügt, ISDN-Anschlüsse gekoppelt mit einem [X.]zugang anbietet. Eine solche Kopplung ist kartellrechtlich verboten, wenn von dem [X.] eine tatsächliche Sogwirkung ausgeht und ein erheblicher Teil der [X.] aufgrund der Kopplung für andere Anbieter von [X.]zugängen verloren ist. Dies gilt auch dann, wenn der [X.]zugang im Rahmen des [X.]s den Teilnehmer zu nichts verpflichtet und ihm die Möglichkeit offenläßt, Kunde eines anderen Anbieters zu werden.

[X.], [X.]eil vom 30. März 2004 [X.] [X.] [X.] OLG [X.]

LG [X.] - 2 - Der [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2004 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und [X.] Dr. Goette, [X.], Prof. [X.] und Dr. Raum für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des [X.] Ober-landesgerichts [X.], 3. Zivilsenat, vom 28. November 2002 aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.] zu 1 ist die [X.]. Sie verfügte in [X.] bis 1996 über ein Netzmonopol und bis Ende 1997 über ein Monopol für Fernsprech-dienstleistungen. Auch heute noch hat sie in [X.] im Bereich der [X.] eine beherrschende Marktstellung inne. Inzwischen bieten [X.] in vielen Regionen [X.]s auch andere Telefongesellschaften [X.] im Festnetz an. Die [X.] zu 2, eine Tochter der [X.]n zu 1, betreibt den Online-Dienst "[X.]", den größten derartigen Dienst in [X.]. Sie steht im Wettbewerb zur Klägerin, die zum AOL-Konzern, dem - 3 - weltweit größten Online-Dienst, gehört und in [X.] den [X.] betreibt. Die [X.] zu 1 bietet seit mehreren Jahren neben analogen Festnetzan-schlüssen ISDN-Anschlüsse an, über die der Kunde bei deutlich höheren Übertra-gungsgeschwindigkeiten gleichzeitig telefonieren, ein Telefax versenden oder empfangen und Zugang zum [X.] haben kann. Für einen [X.] gibt es mehrere Tarifvarianten, die durchweg eine monatliche Grundgebühr vorsehen. Seit Januar 2000 warben die [X.] zu 1 und die [X.] zu 2 gemeinsam für eine als "Der [X.]" bezeichnete Kombination der beiden Produkte T-ISDN und [X.]. Dieses Angebot bestand aus dem T-[X.] zu den üblichen aus Grundpreis und Gesprächsgebühren zusammengesetzten Tarifen sowie aus einem [X.]-Anschluß zu einem "[X.], der keine (zu-sätzliche) Grundgebühr, sondern lediglich nutzungsabhängige Gebühren vorsah (Minutenpreis zuletzt 1,99 Cent). Ein solcher Tarif ist vor allem für Kunden interes-sant, die den [X.]-Anschluß nur gelegentlich nutzen. Für dieses Angebot warb die [X.] zu 1 mit Aussagen wie "T-ISDN jetzt inklusive [X.]-Anschluß ohne zusätzliche Grundgebühr", "T-ISDN jetzt [X.]-Anschluß inklusive", "Neu bei T-ISDN: Grundgebühr für [X.] entfällt!". Auf einer Pressekonferenz be-schrieb der damalige Vorstandsvorsitzende der [X.]n zu 1 dieses Angebot in der Weise, daß "bei einem neuen T-[X.] – der [X.]-Anschluß jetzt automatisch und kostenlos mitgeliefert" werde. Dies wurde zunächst in der Weise gehandhabt, daß jeder Besteller eines [X.] von der [X.] zu 2 als Kunde begrüßt und registriert wurde und eine "Auftragsbestätigung" sowie die Zugangssoftware für den [X.]-Anschluß mit individueller Kennung erhielt. Später konnten Besteller eines [X.] ankreuzen, ob sie auch [X.]-Kunde werden wollten. Der "[X.] der [X.]n zu 2 wurde - 4 - ferner den Kunden der [X.]n zu 1 angeboten, die bereits über einen [X.] verfügten. Die Klägerin hat es als mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschen-den Stellung und als unbillige Behinderung beanstandet, daß die [X.]n neue [X.] der [X.]n zu 1 automatisch zu [X.]-Kunden machten. Sie hat behauptet, vier von fünf Neukunden der [X.]n zu 1 hätten sich aufgrund der Kopplung für den "call-by-call-Tarif" der [X.]n zu 2 entschieden; ein weite-rer Anteil bediene sich anderer Tarifangebote der [X.]n zu 2. Nur ein geringer Anteil der [X.] der [X.]n zu 1 (6,24%) gehe überhaupt nicht oder über andere Anbieter ins Netz. Die Klägerin hat die [X.]n auf Unterlas-sung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Ferner hat sie die Feststel-lung der Schadensersatzverpflichtung der [X.]n beantragt. Die [X.]n sind der Klage entgegengetreten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die [X.] vom Senat zugelassene [X.] Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die [X.]n beantragen, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat einen Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die [X.]n verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die [X.]n eine [X.] unterstellt [X.] marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich ausgenutzt und Marktteilnehmer im - 5 - Wettbewerb behindert hätten. Entscheidend sei, daß es dem Kunden, der neben dem [X.] die Möglichkeit erhalte, einen [X.]-Anschluß einzurich-ten, unbenommen bleibe, sich für einen anderen [X.]zugang als den der [X.] zu 2 zu entscheiden. Auch wenn er den [X.]-Zugang installiert habe, stehe es dem Kunden stets frei, sich für einen anderen Online-Dienst zu entschei-den. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Kunden unter einem psychischen Zwang zur Nutzung des [X.]-Zugangs stünden. Selbst wenn von dem Angebot der [X.]n eine Sogwirkung ausgehe, liege darin kein Mißbrauch und keine unbillige Behinderung, sondern allein das Ausnutzen der tat-sächlichen Vorteile, die den [X.]n ihre Marktstellung biete. Es könne ihnen auch nicht angelastet werden, daß sie Vorteile aus der Kopplung der beiden [X.] zögen. In der kartellrechtlichen Beurteilung seien die Konzernunternehmen als Einheit zu betrachten. Der Konzern sei nicht verpflichtet, sein eigenes [X.] zurückzuhalten, um fremden Wettbewerb zu fördern. I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben [X.]. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen Ansprüche der Klägerin aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 [X.] wegen einer mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch die [X.]n verneint. 1. Die Klägerin hat gegenüber dem Berufungsgericht klarstellend darauf hingewiesen, Ziel ihrer Klage sei es zu verhindern, daß neue [X.] der [X.]n zu 1 automatisch [X.]-Kunden würden; sie wende sich nicht gegen eine Handhabung, bei der der Neukunde, der bei der [X.]n zu 1 einen [X.] bestelle, auf einem Formular einen [X.]zugang über [X.] bean-tragen oder sein Interesse an einem solchen Zugang bekunden könne. Der Kläge-rin geht es somit darum, eine gekoppelte Abgabe von Dienstleistungen [X.] [X.] auf der einen und [X.]zugang auf der anderen Seite [X.] zu verhindern. - 6 - Sie befürchtet, die [X.] zu 1 könne auf diese Weise aufgrund ihrer überra-genden Stellung auf dem Markt für Festnetzanschlüsse die Stellung ihrer Tochter-gesellschaft auf dem Markt für den [X.]zugang stärken. Die Klägerin macht damit geltend, in dem Verhalten der [X.]n liege eine mißbräuchliche Markt-behinderung nach § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 [X.] und eine unbillige Behinde-rung nach § 20 Abs. 1 [X.]. 2. Daß die [X.] zu 1 auf dem Markt für Festnetzanschlüsse über eine überragende Stellung i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] verfügt und insoweit Normadressatin des Mißbrauchsverbots ist, läßt sich bereits dem Tatbestand des landgerichtlichen [X.]eils entnehmen, auf den das Berufungsurteil verweist. Die beherrschende Stellung der [X.]n zu 1 auf diesem Markt haben die [X.]n im übrigen auch nicht in Abrede gestellt. Da das beanstandete Kopplungsangebot von den [X.]n gemeinsam getragen war, kommt hinsichtlich der [X.]n zu 2, die selbst nicht Täterin einer vom Festnetzmarkt ausgehenden Behinderung sein kann, eine Gehilfenhaftung in Betracht (§ 830 Abs. 2 BGB; vgl. [X.], [X.]. v. 24.6.2003 [X.] KZR 32/02, [X.]/[X.] 1125, 1127 [X.] Buchpreisbindung [zum Ab-druck in [X.] 155, 189 bestimmt]). 3. In der von der Klägerin beanstandeten Kopplung des [X.] mit dem [X.]-[X.]zugang kann eine mißbräuchliche Behinderung der [X.]möglichkeiten anderer Unternehmen nach § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 [X.] liegen. In Betracht kommen insofern in erster Linie die Wettbewerber der [X.]n zu 2 auf dem [X.]-Zugangsmarkt, zu denen auch die Klägerin zählt. Daß die Beeinträchtigung nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf ei-nem [X.] auftritt, steht der Anwendung des § 19 [X.] nicht entgegen. Denn es entspricht der weiten Generalklausel der [X.] durch die Anwendungsbeispiele in § 19 Abs. 4 [X.] auszufüllenden [X.] Bestimmung des § 19 Abs. 1 [X.], ein miß-bräuchliches Verhalten auch dann zu erfassen, wenn es zu einer Beeinträchtigung - 7 - anderer Marktteilnehmer auf einem anderen Markt führt ([X.], [X.]. v. 4.11.2003 [X.] KZR 16/02, [X.]/[X.] 1206 f. [X.] Strom und [X.] [zum Abdruck in [X.] bestimmt]; [X.]. v. 4.11.2003 [X.] KZR 38/02, [X.]/[X.] 1210, 1211 [X.] Strom und [X.]I, jeweils m.w.N.). Die Fälle des mißbräuchlichen Behinderungswettbe-werbs sind somit durch die Formulierung "in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise" im Anwendungsbeispiel des § 19 Abs. 4 Nr. 1 [X.] nicht auf Fallkonstellationen beschränkt, in denen eine Beeinträchtigung des (Rest-)[X.] auf dem beherrschten Markt in Rede steht, auch wenn [X.] wie es der Wortlaut nahelegt [X.] bei der Formulierung des Gesetzestextes diese Fälle im Vordergrund gestanden haben mögen (vgl. Möschel in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 19 Rdn. 114). Nach § 33 [X.] stehen zivilrechtliche Ansprüche in einem derartigen Fall denjenigen zu, die durch die mißbräuchliche Behinderung auf dem [X.] beeinträchtigt werden ([X.] [X.]/[X.] 1206, 1207 [X.] Strom und [X.]; [X.]/[X.] 1210, 1211 [X.] Strom und [X.]I). 4. Die durch die 6. [X.]-Novelle vollzogene Umgestaltung des [X.] in eine Verbotsnorm hat dazu geführt, daß nunmehr demjenigen, der durch den Mißbrauch beeinträchtigt wird, Unterlassungs- und ge-gebenenfalls Schadensersatzansprüche nach § 33 [X.] zustehen. Können diese Ansprüche [X.] wie dargelegt [X.] im Falle eines Behinderungsmißbrauchs (§ 19 Abs. 4 Nr. 1 [X.]) auch von [X.] geltend gemacht werden, die nicht auf dem be-herrschten Markt tätig sind, erscheint es fraglich, ob in den Fällen eines Verstoßes gegen das [X.] und [X.] des § 20 Abs. 1 [X.] der zivilrechtliche Rechtsschutz auch weiterhin nur Unternehmen gewährt werden soll, die auf dem beherrschten Markt tätig sind (so noch [X.], [X.]. v. 23.2.1988 [X.] KZR 17/86, [X.]/[X.], 2487 f. [X.] Sonderungsverfahren; [X.]. v. 24.9.2002 [X.] KZR 34/01, [X.]/[X.] 1011, 1013 [X.] Wertgutscheine für Asylbewerber; zwei-felnd bereits [X.] [X.]/[X.] 1206, 1207 [X.] Strom und [X.]; [X.]/[X.] - 8 - 1210, 1211 [X.] Strom und [X.]I). Die Frage bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil ein möglicher Anspruch aus § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 [X.] im Streitfall nicht weiterreichen würde als ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 [X.]. 5. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Kopplung von [X.] und [X.]zugang nicht als mißbräuchlich an-gesehen hat. a) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, daß die Kunden im Zuge der beanstandeten gekoppelten Abgabe von [X.] und [X.]zugang nicht an die [X.] zu 2 als Online-Dienst gebunden würden. Der Kunde erhalte zwar alles, was für eine [X.]nutzung erforderlich sei; es bleibe ihm aber überlassen, ob er von diesem Angebot Gebrauch machen oder ob er sich für den [X.]zu-gang eines anderen Anbieters entscheiden wolle. Der Kunde werde daher nicht gebunden; vielmehr stelle sich der von der [X.]n zu 2 zur Verfügung gestellte [X.]zugang wirtschaftlich als eine Option dar. Mit ähnlichen Erwägungen hat das [X.] in seinem Tätigkeitsbericht 1999/2000 begründet, weshalb das aufgrund einer Beschwerde der Klägerin gegen die [X.]n eingeleitete kar-tellamtliche Verfahren, das ebenfalls die Kopplung des [X.] mit dem [X.]zugang zum Gegenstand hatte, eingestellt worden ist (BT-Drucks. 14/6300, S. 161 f.). b) Grundsätzlich steht es [X.] frei, seine Waren oder Dienstlei-stungen nur gekoppelt mit anderen Waren oder Dienstleistungen abzugeben. Das Kartellrecht schränkt diese Freiheit jedoch ein, wenn die Kopplung zu einer [X.] Beeinträchtigung des [X.] führt. Unter dieser Voraussetzung kann die Kartellbehörde nach § 16 Nr. 4 [X.] selbst einem nicht [X.] Unternehmen untersagen, Waren oder Leistungen, die weder sachlich - 9 - noch handelsüblich zusammengehören, nur gekoppelt abzugeben. Gehen Kopp-lungspraktiken von marktbeherrschenden Unternehmen aus, können die wettbe-werbsschädlichen Auswirkungen vor allem darin bestehen, daß das [X.] Unternehmen seine Macht mit Hilfe der Kopplung auf andere Märkte ausdehnt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 16 Rdn. 84; [X.], [X.], 3. Aufl., § 19 Rdn. 61; [X.] in [X.]/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., Art. 82 [X.] Rdn. 154; Möschel in [X.]/[X.], [X.]-Wettbe-werbsrecht, Art. 86 [X.]V Rdn. 198). Besteht diese Gefahr, ist dem [X.] Unternehmen die Kopplung von Waren oder Leistungen, die weder sachlich noch aufgrund einer Branchenübung zusammengehören, nach § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 [X.] stets untersagt (vgl. auch Art. 81 Abs. 1 lit. e und Art. 82 Satz 2 lit. d [X.]). c) Die hier in Rede stehenden Leistungen [X.] [X.] auf der einen und [X.]zugang auf der anderen Seite [X.] gehören weder sachlich noch auf-grund einer Branchenübung zusammen. Mit Hilfe des [X.] wird lediglich die Infrastruktur geschaffen, um über die Telefonleitung verschiedene Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Dies ist in erster Linie die her-kömmliche Leistung des Telefonierens (Sprachtelefonie), aber auch die Fernkopie (Telefax). Der [X.]zugang und die weiteren von [X.]-Service-Providern üblicherweise angebotenen Leistungen sind von der Einrichtung des [X.] sachlich klar abzugrenzen. Überzeugende technische oder [X.] Gründe für eine Zusammenfassung der beiden Leistungen sind nicht ersicht-lich. Die Revisionserwiderung zeigt auch keinen übergangenen Sachvortrag aus den Tatsacheninstanzen auf, wonach eine Branchenübung bestünde, den [X.] mit dem [X.]zugang und den weiteren [X.] Leistungen zu koppeln. Vielmehr werden die beiden Leistungen in der Regel getrennt und von verschiedenen Unternehmen angeboten. - 10 - d) Was die Frage angeht, ob von der beanstandeten Kopplung eine wett-bewerbsschädliche Wirkung ausgeht, hat das Berufungsgericht ebenso wie das [X.] in der im Tätigkeitsbericht gegebenen Begründung für die [X.] des Verfahrens gegen die [X.]n zu stark darauf abgestellt, daß die Kopplung nicht zu einer Bindung der Kunden führe. Das Berufungsgericht hat [X.] nicht hinreichend berücksichtigt, daß die schädlichen Wirkungen der Kopplung nicht notwendig nur dann eintreten, wenn für die Kunden, die einen [X.] bestellen, ein rechtlicher Zwang besteht, sich für den [X.]zugang der [X.]n zu 2 zu bedienen. Vielmehr kann die [X.] zu 1 ihre dominierende Machtstellung auf dem Markt für Festnetzanschlüsse auch dann zu einer Stärkung der Marktposition der [X.]n zu 2 auf dem Markt der Online-Dienste einsetzen, wenn die beanstandete Kopplung ohne rechtlichen Zwang dazu führt, daß ein Großteil der auf diese Weise geworbenen [X.]-Kunden für andere Online-Dienste praktisch verloren ist. Eine solche tatsächliche Wirkung kann etwa darauf beruhen, daß ein Großteil der Kunden, die einen [X.] bestellt haben, sich die mitgelieferte Software für den [X.]-Zugang sogleich installiert oder in-stallieren läßt und von einem späteren Wechsel zu einem anderen Online-Dienst aus Trägheit oder deswegen absieht, weil die spätere Installation eines weiteren Zugangs [X.] zu Recht oder zu Unrecht [X.] als technisch schwierig angesehen wird. Geht von der beanstandeten Kopplung eine solche Sogwirkung aus, kann dies bedeuten, daß dem marktbeherrschenden Unternehmen ein derartiges Verhalten, das als solches nicht zu beanstanden wäre, verwehrt ist (vgl. [X.] [X.]/[X.] 1206, 1210 [X.] Strom und [X.]; [X.]/[X.] 1210, 1213 [X.] Strom und [X.]). Dabei bedarf es im Streitfall keiner Entscheidung, ob den [X.]n nur die beanstandete Kopplung (vgl. oben unter I[X.]1.) oder darüber hinaus auch andere Maßnahmen untersagt werden könnten, mit deren Hilfe [X.] der [X.] zu 1 der [X.]n zu 2 zugeführt werden. Generell gilt, daß der Verhaltens-spielraum des Normadressaten je stärker eingeschränkt ist, um so stärker seine - 11 - Stellung auf dem beherrschten Markt und um so größer die Gefahr ist, daß sich diese Marktmacht mit Hilfe des fraglichen Verhaltens auf den [X.] ausdeh-nen läßt. Diese Gefahr wird wiederum in der Regel je größer sein, um so stärker schon die bisherige Marktposition des Normadressaten oder seines [X.] auf dem [X.] ist. Dem Berufungsurteil läßt sich bislang [X.] durch Bezugnahme auf das landge-richtliche [X.]eil [X.] lediglich entnehmen, daß die [X.] zu 1 über eine beherr-schende Stellung auf dem Markt für Festnetzanschlüsse, insbesondere auf dem Teilmarkt der digitalen Anschlüsse, verfügt und daß die [X.] zu 2 auf dem Markt der Online-Dienste führender Anbieter ist. Darüber hinaus hat die Klägerin [X.] worauf die Revision hinweist [X.] zu den wettbewerbsschädlichen Auswirkungen, die von dem beanstandeten Kopplungsangebot ausgehen, ausführlich unter [X.] vorgetragen. Da das Berufungsgericht die Kopplung mangels eines rechtli-chen Zwangs als unerheblich angesehen hat, hat es hierzu [X.] aus seiner Sicht fol-gerichtig [X.] bislang keine Feststellungen getroffen. e) Das Berufungsgericht führt zur Bekräftigung seiner Auffassung noch an, es könne der [X.]n zu 1 nicht verwehrt werden, das eigene Tochterunter-nehmen gegenüber Wettbewerbern zu bevorzugen, auch wenn dadurch [X.] der Marktzutritt erschwert werde. Der [X.]n zu 1 stehe es frei, ihre Aktivitäten so zu organisieren, daß ein Tochterunternehmen die [X.]dienstleistungen an-biete. Die kartellrechtliche Beurteilung dürfe davon nicht abhängen. Dem ist inso-weit zuzustimmen, als der Streitfall ebenso zu beurteilen wäre, wenn die [X.] zu 1 selbst die Leistungen eines Online-Dienstes erbringen würde. Im Streitfall geht es nicht um die Bevorzugung eines Konzernunternehmens gegenüber ande-ren Anbietern, sondern um die Verlagerung der auf einem Markt bestehenden Macht auf einen anderen Markt. In einem solchen Verhalten kann unabhängig da-- 12 - von, ob die Aktivitäten der [X.]n zu 1 und zu 2 auf zwei Konzerngesellschaf-ten aufgeteilt sind, der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegen. II[X.] Danach kann das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben. Eine ab-schließende Entscheidung ist dem Senat verwehrt, da noch Feststellungen zur Stellung der [X.]n zu 1 auf dem Markt für [X.] im Festnetz und zu den Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Markt der [X.]-Service-Provider zu treffen sind. Im übrigen hat das Berufungsgericht bereits im angefochtenen [X.]eil auf Bedenken hinsichtlich der Antragsfassung [X.]. Darüber hinaus sollte die vom Berufungsgericht referierte Klarstellung des Klagebegehrens auch im Antrag zum Ausdruck gebracht werden. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.] Goette [X.]
Bornkamm Raum

Meta

KZR 1/03

30.03.2004

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2004, Az. KZR 1/03 (REWIS RS 2004, 3822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3822

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