Bundesgerichtshof, Ergänzungsurteil vom 01.06.2011, Az. I ZR 80/09

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6085

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Gegenstand

Klageverzicht: Reichweite der Verzichtserklärung


Leitsatz

Ein Klageverzicht im Sinne des § 306 ZPO bezieht sich als Prozesshandlung nur auf diejenigen (prozessualen) Ansprüche, die noch rechtshängig sind .

Tenor

Der Antrag, das Verzichtsurteil vom 3. Februar 2011 zu ergänzen, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin hat - soweit für das vorliegende [X.]erfahren von Bedeutung - beantragt,

[X.] die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen [X.]erkehr im Zusammenhang mit dem Branchenbuch und/oder Branchenverzeichnis die Farbe "Gelb" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie aus dem nachfolgend eingeblendeten [X.] (Seite 1) vom 17. Mai 2006 ersichtlich:

(Es folgt die im landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung des Angebotsschreibens);

[X.][X.] die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen [X.]erkehr im Zusammenhang mit dem Branchenbuch und/oder Branchenverzeichnis die Farbe "Gelb" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie aus der eingeblendeten Webpage [X.]de ersichtlich:

(Es folgt die aus dem landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung der [X.]seite);

[X.][X.][X.] …

[X.][X.]. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd damit zu werben, dass "M." ca. 45% mehr Einträge als "G." aufweise, insbesondere, wenn dies geschieht wie in der Aussendung 17. Mai 2006 (Seite 1) wie nachfolgend eingeblendet:

(Es folgt die aus dem landgerichtlichen Urteil ersichtliche Einblendung des Angebotsschreibens);

[X.]. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Ziffern [X.] bis [X.][X.] ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, anzudrohen;

[X.][X.] festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffern [X.] bis [X.][X.] bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird;

hilfsweise:

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die durch die vorstehend Ziffern [X.] bis [X.][X.] genannten Handlungen erlangte ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben;

[X.][X.][X.] die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unverzüglich unter [X.]orlage geeigneter Belege Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffern [X.] bis [X.][X.] bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Zugriffszahl sowie Dauer der Einstellung in das [X.], ferner Auskunft zu erteilen über sämtliche Aufwendungen für die Präsentation und Bewerbung des in [X.] und [X.] bezeichneten [X.]auftritts, jeweils aufgegliedert nach Kalendervierteljahren und den Kostenfaktoren im Einzelnen, sowie schließlich zu verurteilen, unter [X.]orlage entsprechender Rechnungen und Zahlungsbelege Auskunft über die mit dem in [X.] und [X.] bezeichneten [X.]auftritt erzielten Umsätze sowie über den durch die Bewerbung erzielten Gewinn unter Aufgliederung der Kostenfaktoren im Einzelnen zu erteilen.

2

Das [X.] hat der Klage mit den Anträgen zu [X.], [X.][X.] und [X.][X.] und den darauf bezogenen Anträgen zu [X.] bis [X.][X.][X.] stattgegeben. Die gegen diese [X.]erurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

3

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat die Revision beschränkt auf die [X.]erurteilung nach den Klageanträgen zu [X.] und [X.][X.] und den darauf bezogenen Klageanträgen zu [X.] bis [X.][X.][X.] zugelassen. [X.]n diesem Umfang hat die Beklagte mit der Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. [X.]n der mündlichen [X.]erhandlung hat die Klägerin auf alle in dem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche verzichtet. [X.]n dem daraufhin ergangenen [X.]erzichtsurteil vom 3. Februar 2011 hat der Senat die Klage mit den Klageanträgen zu [X.] und [X.][X.] und den darauf bezogenen Klageanträgen zu [X.] bis [X.][X.][X.] abgewiesen und über die Kosten sämtlicher [X.]nstanzen neu entschieden.

4

Die Beklagte ist der Ansicht, der [X.]erzicht der Klägerin erfasse auch die mit dem Klageantrag zu [X.][X.] und den hierauf rückbezogenen Klageanträgen zu [X.] bis [X.][X.][X.] geltend gemachten Ansprüche. Das habe in dem [X.]erzichtsurteil zum Ausdruck kommen müssen.

5

Die Beklagte beantragt,

das [X.]erzichtsurteil vom 3. Februar 2011 zu ändern, die Klage insgesamt abzuweisen und der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

6

Der Antrag auf Urteilsergänzung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 321 ZPO). In der Sache hat er keinen Erfolg.

7

I. Die Ergänzung eines Urteils nach § 321 ZPO kommt nur in Betracht, wenn das Urteil versehentlich lückenhaft ist, nicht dagegen, wenn ein prozessualer Anspruch (Streitgegenstand) bewusst nicht beschieden worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2005 - [X.], [X.], 1351 Rn. 9; Urteil vom 20. September 2009 - I ZR 171/04, [X.], 443 Rn. 28 = [X.], 666 - Saugeinlagen).

8

II. Nach diesen Maßstäben sind der [X.] und die hierauf bezogenen Klageanträge zu [X.] bis [X.]II im [X.]erzichtsurteil des [X.]s nicht im Sinne von § 321 ZPO übergangen. Der [X.] hat bewusst davon abgesehen, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es die landgerichtliche [X.]erurteilung der Beklagten nach diesen Klageanträgen bestätigt hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen. Der Klageverzicht erfasste nur die Klageanträge zu [X.] und die hierauf bezogenen Klageanträge zu [X.] bis [X.]II.

9

Der [X.]erzicht nach § 306 ZPO ist ebenso wie das Anerkenntnis nach § 307 ZPO (vgl. dazu [X.], Urteil vom 5. April 1989 - I[X.]b ZR 26/88, [X.]Z 107, 142, 147) Prozesshandlung. Als Prozesshandlung bezieht er sich nur auf diejenigen (prozessualen) Ansprüche, die (noch) rechtshängig sind. Dazu zählen der [X.] und die hierauf bezogenen Klageanträge zu [X.] bis [X.]II nicht, weil der [X.] die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten insoweit zurückgewiesen hat.

Eine Anpassung der Kostenentscheidung in dem von der Beklagten beantragten Sinn scheidet ebenfalls aus. [X.] richtet sich nach dem Umfang des Obsiegens und Unterliegens der Parteien im Prozess (§ 92 Abs. 1 ZPO). Auf die Frage, ob die [X.]erzichtserklärung der Klägerin über § 306 ZPO hinaus weitergehende materiell-rechtliche Wirkungen hat, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

III. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                                       Büscher                                             Schaffert

                             Koch                                                [X.]

Meta

I ZR 80/09

01.06.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Ergänzungsurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 3. Februar 2011, Az: I ZR 80/09, Urteil

§ 306 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Ergänzungsurteil vom 01.06.2011, Az. I ZR 80/09 (REWIS RS 2011, 6085)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6085


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 80/09

Bundesgerichtshof, I ZR 80/09, 01.06.2011.


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Referenzen
Wird zitiert von

VIII ZR 190/18

XI ZB 17/15

I ZR 80/09

II ZB 31/14

VI ZR 1173/20

14 Sa 1571/21

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