Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 66/13

6. Senat | REWIS RS 2015, 9508

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil VI R 45/13 - Außergewöhnliche Belastungen - keine Kürzung der anrechenbaren Einkünfte um Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung)


Leitsatz

1. NV: Bei der Ermittlung der als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Unterhaltsleistungen sind nach Änderung des § 33a Abs. 1 EStG durch das Bürgerentlastungsgesetz-Krankenversicherung vom 16. Juli 2009 (BGBl I 2009, 1959) die anrechenbaren Einkünfte der unterhaltenen Person nicht (mehr) um die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie um die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen, die über das sozialhilferechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen, zu mindern .

2. NV: Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. August 2013  2 K 946/13 insoweit aufgehoben, als das Finanzgericht weitere Unterhaltsaufwendungen des [X.] in Höhe von 781,35 € als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt hat.

Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob bei der Berechnung der nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.[X.] Krankenversicherung ([X.] [X.]) vom 16. Juli 2009 ([X.], 1959) abzugsfähigen [X.] die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person um die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu mindern sind.

2

Der ledige Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) lebte im Streitjahr (2012) mit seiner Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt. Die Lebensgefährtin erzielte im Streitjahr laut Lohnsteuerkarte Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 9.106,36 € und leistete Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 129,34 €, zur Rentenversicherung in Höhe von 845,53 €, zur Krankenversicherung in Höhe von 709,65 € --einschließlich Anspruch auf [X.] und zur Pflegeversicherung in Höhe von 129,58 €. Sie hatte ein geringeres Vermögen als 15.500 € und ihr wurden wegen des Einkommens der Bedarfsgemeinschaft keine öffentlichen Mittel gewährt. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger [X.] an seine Lebensgefährtin in Höhe von 8.004 € nebst den Zahlungen für die Basiskrankenversicherung und die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG i.d.F. des [X.] [X.] geltend. Bei der Berechnung des [X.] setzte er deren Einkünfte an, verminderte diese jedoch um die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung sowie um 4 % der Krankenversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastungen. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr (2012) berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) statt der beantragten [X.] in Höhe von 2.338 € lediglich einen Betrag in Höhe von 1.526 € als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG i.d.F. des [X.] [X.].

3

Das Finanzgericht ([X.]) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1921 veröffentlichten Gründen insoweit statt, als es zusätzliche Unterhaltsleistungen des [X.] in Höhe von 781,35 € zum Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG i.d.F. des [X.] [X.] zuließ. Die nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.F. des [X.] [X.] anrechenbaren Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin des [X.] seien im Streitjahr entgegen der Auffassung des [X.] noch um die von ihr geleisteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung (in Höhe von 845,53 € und 129,34 €) zu mindern. Soweit der Kläger die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person weiter um 4 % des Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen, die über das sozialhilferechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen, (und damit in Höhe von 28,39 €) gemindert wissen wollte, hat es die Klage hingegen abgewiesen.

4

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

5

Es beantragt,
das Urteil des Sächsischen [X.] vom 14. August 2013  2 K 946/13 insoweit aufzuheben, als weitere [X.] des [X.] in Höhe von 781,35 € als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG i.d.F. des [X.] [X.] berücksichtigt worden sind, und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage, als das [X.] weitere [X.] des [X.] in Höhe von 781,35 € als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] berücksichtigt hat. Das [X.] hat bei der Berechnung der nach § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] abzugsfähigen [X.] die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person zu Unrecht um die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung gemindert.

8

1. Erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.004 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.]). Der [X.] erhöht sich gemäß § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge; dies gilt nicht für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die bereits (beim Unterhaltsverpflichteten) nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] anzusetzen sind. Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so vermindert sich nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] die Summe der nach Satz 1 und Satz 2 ermittelten Beträge ([X.]) um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 € im Kalenderjahr übersteigen.

9

a) Anrechenbare "andere Einkünfte" i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] sind nach allgemeiner Meinung die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG; [X.] nach § 10d EStG, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sind nicht zu berücksichtigen ([X.]/[X.], EStG, 34. Aufl., § 33a Rz 26; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 33a Rz B 63 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 33a EStG Rz 94; [X.]/[X.], § 33a EStG Rz 208; [X.] in [X.], EStG, 14. Aufl., § 33a Rz 19). Denn der Begriff der Einkünfte in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 EStG. Innerhalb desselben Gesetzes ist eine einheitliche Auslegung von Grundbegriffen des Einkommensteuerrechts geboten, soweit nicht zwingende Gründe eine unterschiedliche Auslegung erfordern (Senatsurteil vom 26. März 2013 VI R 22/11, [X.], 400, [X.], 631, m.w.N.).

Danach erhöhen Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung, [X.] und Rentenversicherung die anrechenbaren Einkünfte i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.]. Sie stellen nach allgemeiner Meinung eine Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung dar und zählen damit zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 VI B 120/03, [X.], 1263, m.w.N.). Sie fließen dem Arbeitnehmer auch dann zu, wenn sie nicht in seinen Verfügungsbereich gelangen, weil der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung unmittelbar an die Sozialkassen abführt. Da es sich insoweit nicht um Werbungskosten, sondern --soweit steuererheblich-- um Sonderausgaben handelt, können die streitigen Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung nicht in Abzug gebracht werden.

b) Der Umstand, dass diese Einnahmen gesetzlich verwendungsgebunden und die Einkünfte des Unterhaltsempfängers insoweit nicht frei verfügbar sind, ist bei der Einkünfteermittlung nach § 2 Abs. 2 EStG und damit auch im Rahmen des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] unerheblich. Einkünfte sind daher auch dann i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] anrechenbar, wenn und soweit der unterhaltsberechtigte Empfänger damit seinen Lebensunterhalt (Nahrung, Kleidung, Hygiene, Hausrat, Wohnung und Heizung) nicht bestreiten kann, weil er (langfristige) vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, zwangsläufige (beispielsweise als außergewöhnliche Belastungen abziehbare) Ausgaben tätigt ([X.]/ [X.], § 33a EStG Rz 94) oder Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung oder [X.] für Leistungen, die über das sozialhilferechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen, bestreiten muss.

c) Der Wortlaut des § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] ist insoweit eindeutig. Deshalb sind Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 nicht (mehr) einkünftemindernd zu berücksichtigen.

aa) Der Gesetzgeber hat mit dem Bürgerentlastungsgesetz [X.] den in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG a.[X.] (jetzt: Satz 5) enthaltenen Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.[X.] gestrichen. Nach dieser Vorschrift wurde ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hatte. Den auch für Einkünfte geltenden Relativsatz "die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind" legte der Senat im [X.] an den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02 ([X.]E 112, 164) verfassungskonform dahin aus, dass die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der Renten- und Arbeitslosenversicherung) auch bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte im Rahmen des § 33a EStG a.[X.] abzuziehen waren (Urteil vom 26. März 2009 VI R 60/08, [X.], 1418, unter [X.]). Die Finanzverwaltung hatte sich dem angeschlossen (R 32.10 Abs. 1 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien).

bb) Mit dem Bürgerentlastungsgesetz [X.] ist dieser Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.[X.] und damit jeglicher positivrechtliche Anknüpfungspunkt für eine einkünftemindernde Berücksichtigung der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung jedoch entfallen. Der Verweis des Gesetzgebers auf "andere" Mittel der "unterhaltenen Person" kann nicht dahin gedeutet werden, dass lediglich zur Bestreitung des Unterhalts bestimmte oder geeignete Mittel den steuerlichen Entlastungsbetrag abschmelzen sollen und damit Einkünfte, die bestimmungsgemäß nicht der Bestreitung des Unterhalts dienen, --wie die gesetzlich geschuldeten Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge des [X.] von vornherein nicht verfügbar sind und daher nicht als "andere" Einkünfte in Betracht kommen (a.A. [X.], a.a.[X.], § 33a Rz B 63 f.). Das Wort "andere" bezieht sich vielmehr auf Einkünfte und Bezüge, die der Unterhaltsempfänger neben den Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen erzielt (so auch [X.]/[X.], § 33a EStG Rz 92). Der Rechtsgedanke des vormaligen § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, nach dem nur Einkünfte, "die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind", anzurechnen sind, lässt sich hieraus nicht ableiten.

d) Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift sind demnach die Einkünfte des Unterhaltsempfängers nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] ab dem Veranlagungszeitraum 2010 weder um die gesetzlich geschuldeten Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge noch um die Beiträge zur (gesetzlichen) Kranken- und Pflegeversicherung, soweit diese nicht über § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] Berücksichtigung gefunden haben, zu mindern ([X.]/[X.], § 33a EStG Rz 96; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 33a Rz 196; [X.]/[X.], [X.], 3900; H 33a.1 des [X.]; a.A. [X.], a.a.[X.], § 33a Rz [X.] f.; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 33a Rz 27; [X.] in Korn, § 33a EStG Rz 35.1; Endert in [X.], EStG, [X.] 2011, § 33a Rz 48, 34).

2. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] auch nicht einer verfassungskonformen Auslegung dahin zugänglich, dass sämtliche zweckgebundenen Mittel des Unterhaltsempfängers und damit insbesondere auch die streitigen Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung beim Unterhaltsempfänger einkünftemindernd zu berücksichtigen sind. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ist es ausgeschlossen, ein Gesetz gegen seinen ausdrücklichen Wortlaut und gegen den erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der vorliegend ausweislich der Gesetzesmaterialien nur darauf abzielt, die Einkünfte des Unterhaltsempfängers um existenznotwendige Beiträge zur [X.], nicht dagegen um die streitigen Arbeitnehmerbeiträge in die gesetzliche Sozialversicherung zu mindern (vgl. BTDrucks 16/12254, S. 26), verfassungskonform auszulegen (z.B. [X.]-Urteil vom 27. März 2012 I R 62/08, [X.]E 236, 543, [X.], 745).

3. Eine dahingehende Auslegung ist auch nicht geboten. Denn der Umstand, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und damit auch die streitigen Beiträge nicht (mehr) von den anrechenbaren Einkünften i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] in Abzug zu bringen sind, begründet keinen [X.]verstoß; insbesondere ist --entgegen der Auffassung der [X.] der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht verletzt.

a) § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] entlastet zwangsläufige Unterhaltsleistungen der Steuerpflichtigen in nämlicher Weise. Die Vorschrift trägt gleichheitskonform der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit der [X.] insoweit Rechnung, als sie [X.] erbringen, die zur Abdeckung des steuerlichen Existenzminimums eines Unterhaltsempfängers jenseits seiner eigenen Einkünfte und Bezüge erforderlich sind. Ein Mehr an steuerlicher Entlastung des [X.] ist verfassungsrechtlich nicht geboten ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 33a Rz 1; [X.], a.a.[X.], § 33a Rz A 1; [X.]/[X.], § 33a EStG Rz 4; [X.], a.a.[X.], § 33a Rz 3). Folgerichtig lässt das [X.] in Höhe des Grundfreibetrags, der das sächliche Existenzminimum abbildet, ab dem Veranlagungszeitraum 2010 gegebenenfalls erhöht um die Beiträge für eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversicherung des Unterhaltsempfängers zum Abzug nach § 33a EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] zu. Denn der Aufwand für die gesundheitliche Mindestversorgung ist Teil des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums des Unterhaltsempfängers ([X.]-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, [X.]E 120, 125) und verlangt deshalb insoweit nach einer Steuerfreistellung des [X.].

b) Die gesetzlich geschuldeten Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zählen hierzu hingegen nicht. Vorsorgeaufwendungen sind nur dann Teil des steuerlichen Existenzminimums, wenn sie vom sozialhilferechtlichen Leistungsniveau umfasst sind. [X.] als die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversorgung sind die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht integraler Bestandteil des Leistungskatalogs der Sozialhilfe. Sie sind deshalb von [X.] wegen weder dem erhöhten [X.] nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] hinzuzurechnen noch von den Einkünften und Bezügen des Unterhaltsempfängers abzuziehen (Senatsurteil vom 18. Juni 2015 VI R 45/13, [X.]E 250, 138).

c) Dementsprechend lässt sich aus dem Gebot der Folgerichtigkeit nicht allgemein ableiten, dass die anrechenbaren Einkünfte des Unterhaltsempfängers unter dem Gesichtspunkt der "Zwangsläufigkeit" um Ausgaben bis zur Höhe der [X.] zu "bereinigen" sind. Denn das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums gewährleistet dem Steuerpflichtigen und damit auch dem Unterhaltsempfänger lediglich einen Schutz des Lebensstandards auf Sozialhilfe-, nicht aber auf [X.] ([X.]-Beschluss in [X.]E 120, 125).

Eine Entscheidung des [X.] nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des [X.]gesetzes ist daher nicht einzuholen.

4. Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des [X.] zur Familienbesteuerung in [X.]E 112, 164. Danach verstößt die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.[X.] zu Lasten der unterhaltsverpflichteten Eltern zwar gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser zum Kindergeldrecht ergangene Grundsatz ist aber nicht auf die Berechnung des [X.]s nach § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] zu übertragen (Senatsurteil vom 18. Juni 2015 VI R 45/13, [X.]E 250, 138).

Der Gesetzeszweck des § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] unterscheidet sich von demjenigen des § 32 Abs. 4 EStG a.[X.] [X.] als bei § 32 Abs. 4 EStG a.[X.], der --neben dem Schutz des [X.] maßgeblich auch auf die "Familienförderkomponente" des Kindergelds abzielt, ist § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] vorrangig auf die steuerliche Berücksichtigung von "zwangsläufigem" [X.] beim Steuerpflichtigen ausgerichtet. § 33a Abs. 1 EStG i.d.[X.] des [X.] [X.] soll dem subjektiven Nettoprinzip gerecht werden, indem er die "zwangsläufigen" [X.] beim Steuerpflichtigen berücksichtigt ([X.]/ [X.], a.a.[X.], § 33a Rz 1; [X.], a.a.[X.], § 33a Rz A 1; [X.]/[X.], § 33a EStG Rz 4; [X.], a.a.[X.], § 33a Rz 3). "Zwangsläufig" sind nach den Vorgaben des [X.] die [X.] nur bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Existenzminimums. Das darüber hinausgehende [X.] der unterhaltsberechtigten Person ist davon nicht erfasst ([X.]-Beschluss in [X.]E 120, 125).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VI R 66/13

18.06.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 14. August 2013, Az: 2 K 946/13, Urteil

§ 33a Abs 1 EStG vom 16.07.2009, § 10 Abs 1 Nr 3 S 4 EStG 2009, Art 3 Abs 1 GG, BürgEntlG KV, § 2 Abs 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 66/13 (REWIS RS 2015, 9508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9508

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