Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 PB 4/12

6. Senat | REWIS RS 2012, 6370

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Mitbestimmung bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit; Übertragung einer Tätigkeit an eine Arbeitnehmerin nach dem 1. Oktober 2005


Leitsatz

Ob die Übertragung einer bestimmten Tätigkeit auf eine Arbeitnehmerin nach dem 1. Oktober 2005 mit einer Höhergruppierung verbunden ist und deswegen zur Mitbestimmung bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit führt, ist an Hand der Anlage 3 TVÜ-VKA zu beantworten.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 [X.]. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, unter welchen Umständen die Übertragung einer Tätigkeit auf eine Arbeitnehmerin nach Inkrafttreten des [X.] am 1. Oktober 2005 unter dem Gesichtspunkt des [X.]allgruppenwechsels die Mitbestimmung des Personalrats bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 4 [X.] auslöst. Wegen der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) bezieht sich die [X.]ragestellung auf den streitigen [X.]all der Arbeitnehmerin [X.], die am 1. Oktober 2005 aus der Vergütungsgruppe [X.] ohne Aufstieg nach [X.] in die [X.] 8 [X.] übergeleitet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. [X.]. 1 [X.]) und der am 17. August 2009 eine Tätigkeit der Vergütungsgruppe [X.] mit sechsjährigem Bewährungsaufstieg nach [X.] übertragen wurde. Die [X.]rage ist an Hand der einschlägigen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen sowie vorliegender Senatsrechtsprechung eindeutig im Sinne des [X.] zu beantworten, so dass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

3

a. Eine höher zu bewertende Tätigkeit im Sinne des genannten [X.] liegt vor, wenn die neue Tätigkeit nach dem anzuwendenden kollektiven [X.] einer höheren [X.] zugeordnet ist als die bisherige (vgl. Beschlüsse vom 28. August 2008 - BVerwG 6 P 12.07 - [X.] 251.91 § 80 SächsPersVG Nr. 2 Rn. 13 und vom 27. Mai 2009 - BVerwG 6 P 17.08 - [X.] 250 § 75 BPersVG Nr. 109 Rn. 25). Unter der Geltungsdauer des [X.] war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch der mit einem künftigen Vergütungsgruppenaufstieg verbundene [X.]allgruppenwechsel mitbestimmungspflichtig war (vgl. Beschlüsse vom 8. Oktober 1997 - BVerwG 6 P 5.95 - BVerwGE 105, 241 = [X.] 250 § 75 BPersVG Nr. 94, vom 27. Mai 2009 a.a.[X.] Rn. 28 und vom 7. März 2011 - BVerwG 6 P 15.10 - [X.] 250 § 75 BPersVG Nr. 113 Rn. 36).

4

b. Nunmehr bestimmt jedoch § 17 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 [X.], dass es ab dem 1. Oktober 2005 Bewährungs-, [X.]allgruppen- und Tätigkeitsaufstiege nicht mehr gibt. Zwar besagt § 17 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.], dass § 8 [X.] unberührt bleibt. Diese Bestimmung ist aber auf die vorliegende [X.]allgestaltung nicht anwendbar.

5

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind aus dem Geltungsbereich des [X.] in eine der [X.]n 3, 5, 6 oder 8 übergeleitete Arbeitnehmer, die am 1. Oktober 2005 bei [X.]ortgeltung des bisherigen [X.] die für eine Höhergruppierung erforderliche [X.] der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, zu dem [X.]punkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert worden wären, in die nächst höhere [X.] des [X.] eingruppiert. Hierbei handelt es sich nach eindeutigem Wortlaut, systematischer Stellung sowie Sinn und Zweck um eine Besitzstandsregelung. Geschützt werden die "[X.]" von Arbeitnehmern, deren Aufstieg vor der Überleitung in den [X.] nach früherem Recht des [X.] begonnen hatte (vgl. [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck, [X.], § 8 [X.] Rn. 1, 11 und 18; [X.], in: [X.] u.a., [X.], § 8 [X.] Rn. 1 und 3; [X.], in: [X.], [X.] § 8 Rn. 1 f.).

6

Diese allgemeine Voraussetzung - der Aufstiegsbeginn vor dem 1. Oktober 2005 - gilt auch für die Regelung im § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.], wonach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf schriftlichen Antrag entsprechend gilt für übergeleitete Arbeitnehmer, die bei [X.]ortgeltung des [X.] bis spätestens 29. [X.]ebruar 2012 wegen Erfüllung der erforderlichen [X.] der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt ist. Damit sollten die betroffenen Arbeitnehmer unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen vom Hälftigkeitsprinzip des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] befreit werden. Auch diese Vorschrift hat den Charakter einer Besitzstandsregelung, welche an den vor dem 1. Oktober 2005 begonnenen [X.]allgruppenaufstieg anknüpft (vgl. [X.] u.a., a.a.[X.] § 8 [X.] Rn. 1, 30, 32 und 41 f.; [X.], a.a.[X.] § 8 [X.] Rn. 1 und 15; [X.], a.a.[X.] [X.] § 8 Rn. 11).

7

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die genannten Regelungen in § 8 [X.] ausschließlich [X.]e betreffen, die vor dem 1. Oktober 2005 stattgefunden haben. Der im vorliegenden [X.]all streitige [X.] datiert jedoch vom 17. August 2009.

8

c. Auf mit solchen [X.]en verbundene [X.] ist zunächst bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Vergütungsordnung des [X.] weiter anzuwenden (§ 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die sich daraus ergebenden Vergütungsgruppen werden gemäß [X.]. 3 [X.] den [X.]n des [X.] zugeordnet (§ 17 Abs. 7 Satz 1 [X.]). Die [X.]rage, ob die Übertragung einer bestimmten Tätigkeit nach dem 1. Oktober 2005 mit einer Höhergruppierung verbunden ist und deswegen zur Mitbestimmung bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit führt, ist daher an Hand der [X.]. 3 [X.] zu beantworten. Diese regelt in einer Reihe von [X.]ällen, dass eine Vergütungsgruppe "mit Aufstieg" einer höheren [X.] zuzuordnen ist als dieselbe Vergütungsgruppe "ohne Aufstieg". [X.]ür die hier in Rede stehende Vergütungsgruppe [X.] gilt jedoch einheitlich die Zuordnung zu [X.] 8.

9

d. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses bezweifelt der Antragsteller nicht. Er meint jedoch, die Tarifvertragsparteien hätten es in der Hand, die Zuordnung zu den neuen [X.]n in der [X.] bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung günstiger vorzunehmen, so dass die Übertragung einer Tätigkeit wie im vorliegenden [X.]all bereits als mitbestimmungspflichtige Übertragung einer höher zu wertenden Tätigkeit anzusehen sei. Dem kann nicht gefolgt werden.

[X.]reilich ist es den Tarifvertragsparteien grundsätzlich nicht verwehrt, zugunsten von Arbeitnehmern - auch mit Rückwirkung - Regelungen zu treffen, die im Vergleich zum bisherigen tariflichen Rechtszustand günstiger sind. Das Inkrafttreten einer derartigen den streitenden [X.] erfassenden Regelung war jedoch in dem für die Mitbestimmung hier maßgeblichen [X.]punkt - [X.] 2009 - völlig ungewiss. Der damalige [X.] ist mit vergleichbaren Vorgängen unter der Geltung des alten [X.] nicht gleichzusetzen, weil es für die Annahme, die Arbeitnehmerin werde zu einem bestimmten [X.]punkt in die höhere [X.] aufrücken, an jeglicher verlässlichen Grundlage fehlte.

Die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] gibt keinen [X.]ass für eine abweichende Beurteilung. Danach sind - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - alle [X.] zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung vorläufig und begründen weder Vertrauensschutz noch Besitzstand. Diese Regelung richtet sich an die von den jeweiligen [X.]n betroffenen Arbeitnehmer. Sie entfaltet für personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte keine Aussagekraft. Diese knüpft an geltende gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen der Arbeitsbedingungen an. Erst die entsprechende normative Änderung ist geeignet, für bestimmte arbeitsrechtliche Vorgänge bisher nicht bestehende Beteiligungsrechte zu begründen. Die mehr oder weniger vage Erwartung künftiger Regelungen kommt dafür nicht in Betracht.

2. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass [X.]e der hier in Rede stehenden Art seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 5. Juli 2011, GV.NR[X.] S. 348, nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung - wieder - mitbestimmungspflichtig sind (vgl. zum personalvertretungsrechtlichen Umsetzungsbegriff: Beschlüsse vom 22. Juli 2003 - BVerwG 6 P 3.03 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 30 S. 44 und vom 8. November 2011 - BVerwG 6 P 23.10 - juris Rn. 21). Bei Umsetzungen, die mit einer Bewerberauswahl verbunden sind, hat der Personalrat zu prüfen, ob die schützenswerten Belange der Mitbewerber hinreichend Beachtung gefunden haben (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2003 a.a.[X.] S. 48). Angesichts dessen erscheint fraglich, ob die vom Antragsteller aufgeworfene [X.]rage für die aktuelle personalvertretungsrechtliche Praxis im Geltungsbereich des [X.] [X.] noch von nennenswerter Bedeutung ist. Ob auch daraus durchgreifende Bedenken gegen den Erfolg der Grundsatzrüge herzuleiten sind, kann auf sich beruhen (vgl. zum auslaufenden Recht: Beschluss vom 15. Mai 2008 - BVerwG 6 PB 20.07 - [X.] 251.21 § 13 BrbgPersVG Nr. 1 Rn. 10; [X.], Beschlüsse vom 24. März 1993 - 4 [X.] 5/93 - [X.]E 73, 4 <9> und vom 21. Oktober 1998 - 10 [X.] 588/98 - AP Nr. 55 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz).

Meta

6 PB 4/12

16.05.2012

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 25. Januar 2012, Az: 20 A 907/10.PVL, Beschluss

§ 8 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, § 17 Abs 5 S 1 Halbs 1 TVÜ-VKA, § 72 Abs 1 S 1 Nr 4 Alt 4 PersVG NW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 PB 4/12 (REWIS RS 2012, 6370)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6370

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 P 15/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Mitbestimmung bei Eingruppierung; Stufenzuordnung nach § 16 TVöD-Bund


6 P 24/10 (Bundesverwaltungsgericht)


17 P 18.2565 (VGH München)

Mitbestimmung bei Ein- oder Höhergruppierung


6 P 23/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierung; Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes; Beibehaltung der bisherigen Eingruppierung


5 P 3/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Mitbestimmung bei Ablehnung eines Höhergruppierungsantrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.