Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2009, Az. V ZR 253/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 832

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 30. Oktober 2009 Wesc[X.]felder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 256 Abs. 1; BGB §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 a) Hat der Kläger die Aufhebung oder Beschränkung eines gegen ihn verhängten [X.] beantragt, ist unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechts-schutzes der Übergang von der Leistungsklage zu der auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verbots gerichteten Klage zulässig, wenn es im Laufe des Rechtsstreits infolge Zeitablaufs erlosc[X.] ist und Umstände vorliegen, die auch nach dem Ablauf des Verbots geeignet sind, die Ehre des [X.] zu beeinträchti-gen. b) Der Ausspruch eines bundesweiten [X.] ist von dem Hausrecht des Veranstalters gedeckt, wenn ein sachlicher Grund besteht; ein sachlicher Grund besteht dann, wenn aufgrund von objektiven Tatsac[X.], nicht aufgrund subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die [X.] Personen zu besorgen sind. [X.], [X.]eil vom 30. Oktober 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2009 durch [X.] [X.], die [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 20. November 2008 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Am 25. März 2006 fand in der Sportstätte der Beklagten ([X.]) ein Spiel der ersten [X.] zwisc[X.] der von der Beklagten unter der Bezeichnung "M. D. " unterhaltenen Lizenzspielermannschaft und der Mannschaft des [X.]statt. Der Kläger, der seinerzeit [X.] und Inhaber von [X.] des [X.] war, nahm an dem Spiel als Zuschauer teil. Nach Spielschluss kam es zwisc[X.] einer Gruppe von ca. 100 Anhängern des [X.], zu der ausweislich des [X.] auch der Kläger gehörte, und Anhängern des [X.]zu Auseinan[X.]etzungen, bei denen mindestens eine Person verletzt und ein Auto beschädigt wurde. Im Rahmen des Polizeieinsatzes wurde u.a. der Kläger in Gewahrsam genommen. 1 - 3 - Mit Schreiben vom 18. April 2006 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger ein bis zum 30. Juni 2008 befristetes Betretungsverbot für die [X.] und sämtliche Fußballveranstaltungsstätten in [X.] (bundeswei-tes Stadionverbot) für nationale und internationale Fußballveranstaltungen von Vereinen bzw. Tochtergesellschaften der Fußballbundesligen und der Fußball-regionalligen sowie des Deutsc[X.] Fußballbundes ([X.]) aus. Sie stützte sich dabei auf die von ihr im Lizenzierungsverfahren anerkannten "Richtlinien zur einheitlic[X.] Behandlung von [X.]" des [X.] ([X.]-Richtlinien). [X.] soll ein solches Verbot bei eingeleiteten staatsanwaltschaftlic[X.] Ermitt-lungsverfahren u.a. wegen Landfriedensbruchs verhängt werden. Es ist [X.], wenn das Ermittlungsverfahren keinen Anlass zur Erhebung der öffentli-c[X.] Klage gegeben hat und nach § 170 Abs. 2 [X.] eingestellt worden ist. Bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153 [X.] soll das Verbot auf Antrag des Betroffenen im Hinblick auf seinen Bestand und seine Dauer überprüft werden. 2 Ein gegen den Kläger eingeleitetes staatsanwaltschaftliches Ermittlungs-verfahren wegen Landfriedensbruchs wurde am 27. Oktober 2006 nach § 153 [X.] eingestellt. Auf Antrag des [X.], das Stadionverbot zu überprüfen, nahm die Beklagte im Dezember 2006 Einsicht in die Ermittlungsakten und kam zu dem Schluss, das Verbot aufrecht zu erhalten. 3 Der Kläger behauptet, an den - im Übrigen nur kleineren - Auseinander-setzungen zwisc[X.] den beiden Fangruppen nicht beteiligt gewesen zu sein, sondern diese nur aus der Distanz wahrgenommen zu haben. Seine auf die Aufhebung des [X.], hilfsweise auf die Beschränkung des Verbots auf die [X.] gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. In dem Berufungsverfahren hat der Kläger, weil das Verbot wegen Zeitablaufs nicht mehr bestand, mit mehreren inhaltlich abgestuften Anträgen die Feststellung der Rechtswidrigkeit des [X.] beantragt. Das [X.] hat die [X.] zurückgewiesen. 4 - 4 - Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter. 5 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.] 2009, 78 f. veröf-fentlicht ist, hat die Änderung der Leistungsklage in eine Feststellungsklage wegen Sachdienlichkeit für zulässig gehalten; als weitere Zulässigkeitsvoraus-setzung hat es das besondere Feststellungsinteresse des [X.] bejaht, weil es der Klärung der Rechtmäßigkeit des [X.] bedürfe, damit der Klä-ger seine Mitgliedschaft bei dem FC B.

M. und seine Dauerkarten zurückerlangen könne. In der Sache hält das Berufungsgericht die Klage jedoch für unbegründet. Vertragliche Ansprüche des [X.] kämen nur gegen den [X.] , nicht aber gegen die Beklagte in Betracht. Auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG könne der Kläger weder die Aufhebung des [X.] noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit verlangen. Das Verbot sei von dem Hausrecht der Beklagten gedeckt, das in den Grenzen der allgemeinen Gesetze, insbesondere der §§ 242, 826 BGB und des Art. 2 Abs. 1 GG, frei ausgeübt werden könne. Diese Grenzen habe die Beklagte beachtet. Sie habe sich nicht auf unsachliche, willkürliche Begründun-gen gestützt, sondern die [X.]-Richtlinien zugrunde gelegt. Trotz der [X.] des staatsanwaltschaftlic[X.] Ermittlungsverfahrens habe das Verbot [X.] bleiben können; es genüge nämlich, dass gegen den Kläger der Verdacht bestanden habe, Störer gewesen zu sein, der Nachweis einer Straftat sei nicht erforderlich. 6 Das hält einer rechtlic[X.] Nachprüfung stand. 7 - 5 - I[X.] 1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der in [X.] Instanz von dem Kläger erhobenen Feststellungsklage bejaht. Zwar kennt das Zivilprozessrecht - an[X.] als das verwaltungsgerichtliche Verfahren (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) - keine Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der die Rechtswidrigkeit einer durch Zeitablauf erledigten Maßnahme festgestellt wer-den kann. Aber das Interesse des [X.] an seiner Rehabilitierung und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz begründen das für die Feststellungsklage notwendige rechtliche Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO). 8 a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]. v. 4. Oktober 1984, [X.], [X.], 39) kann auch die Schädigung anderer Rechtsgüter als die des Vermögens, z.B. die Ehre, ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO begründen. So liegt es hier. Die gesellschaftliche Stellung des [X.] ist durch das Stadionverbot fühlbar beeinträchtigt worden. Ihm war es mehr als zwei Jahre lang verwehrt, in [X.] an Spielen der Fußball-nationalmannschaft, der Fußballbundesligen und der [X.] als Zuschauer teilzunehmen. Auch hat er seine Mitgliedschaft bei dem Verein [X.]verloren. Schließlich ist er in die Liste über die bundesweit gel-tenden Stadionverbote eingetragen worden, die vom [X.] verwaltet und regel-mäßig den Fußballvereinen zur Weiterleitung an die örtlich zuständige Polizei, der [X.] und der [X.] übermittelt wird. 9 b) Diese von dem Prozessbevollmächtigten des [X.] in der mündli-c[X.] Verhandlung vor dem Senat als Brandmarkung bezeichneten Umstände sind auch nach dem Ablauf des [X.] geeignet, die Ehre des [X.] zu schädigen. Sein deshalb weiterhin rechtlich anzuerkennendes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des [X.] (vgl. [X.] 27, 190, 196) darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass das Ziel der ursprünglich 10 - 6 - auf die Aufhebung des Verbots gerichteten Leistungsklage nicht mehr erreicht werden kann. Der Ablauf des [X.] während des Rechtsstreits ist an-gesichts der gewöhnlic[X.] Dauer eines Zivilprozesses geradezu vorprogram-miert, wenn - wie hier - nicht die Höchstdauer des Verbots verhängt worden ist. Dem hat die Rechtsordnung dadurch Rechnung zu tragen, dass sie den [X.] von der Leistungsklage zur Feststellungsklage zulässt (vgl. [X.] NJW 2002, 2456 f.; [X.] 158, 212, 216 f.). Anderenfalls müsste sich der Kläger damit zufrieden geben, dass das Stadionverbot zwar tatsächlich nicht mehr be-steht, dessen vorherige Rechtswidrigkeit aber nicht mehr festgestellt werden kann. Dieses Ergebnis ist unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschut-zes nicht hinzunehmen. 2. Zutreffend - und von der Revision nicht angegriffen - ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Befugnis der Beklagten zum [X.] des bundesweiten [X.] aus ihrem Hausrecht und aus dem Hausrecht der übrigen Vereine bzw. Tochtergesellschaften der Fußballbundes-ligen und der [X.] folgt, die sich in den [X.]-Richtlinien gegen-seitig zum Ausspruch des Verbots bevollmächtigt haben. Es beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt (Senat, [X.]. v. 20. Januar 2006, [X.], [X.], 1054 m.w.[X.]; zu [X.]: [X.], [X.]. v. 22. Juli 2005, 7 [X.]/05, juris, Rdn. 50). Das gilt auch, wenn - wie bei dem Besuch eines Fußballspiels - der Zutritt aufgrund eines Vertragsverhältnis-ses mit dem Hausrechtsinhaber gewährt wird. 11 3. Das von der Beklagten ausgesproc[X.]e Hausverbot war rechtmäßig. 12 a) Es unterliegt allerdings Einschränkungen. Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfrei-heit grundsätzlich jedermann - gegen Bezahlung - den Zutritt zu dem Stadion. 13 - 7 - [X.] er bestimmte Personen davon ausschließen, muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten; ihr allgemeines Persönlichkeits-recht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen Zu-schauer willkürlich auszuschließen (Breucker, [X.], 133, 136). Vielmehr muss dafür ein sachlicher Grund beste[X.]. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung, ob der von dem Ausschluss Betroffene in vertraglic[X.] Beziehungen zu dem Hausrechtsinhaber steht oder nicht. Der von der Revision hervorgehobene [X.], die Beklagte habe gegenüber dem Kläger vertragliche Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) zu beachten gehabt, die einem Stadionverbot entgegen ge-standen hätten, führt nicht weiter. Schutzpflichten obliegen der Beklagten ge-genüber allen Stadionbesuchern. Gerade daraus können sich - wie noch zu zeigen sein wird - [X.] ergeben, einzelne mit einem Zugangsverbot zu belegen, mögen sie selbst in Vertragsbeziehungen ste[X.] oder nicht. Soweit es darum geht, auch ihre Interessen bei der Entscheidung über die Verhängung eines Hausverbots zu berücksichtigen, ist es ebenfalls ohne Belang, ob vertrag-liche Beziehungen beste[X.] oder nicht. 14 b) Für die Verhängung des [X.] gab es [X.]. 15 aa) Da die Verhängung eines Hausverbots seine Grundlage in einem Un-terlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, hat, setzt es voraus, dass eine künftige Störung zu besorgen ist. Konkret geht es darum, potentielle Störer auszuschließen, die die Sicherheit und den reibungs-losen Ablauf von Großveranstaltungen wie einem Liga-Fußballspiel gefährden können. Daran hat der Veranstalter ein schützenswertes Interesse, weil ihn gegenüber allen Besuchern Schutzpflichten treffen, sie vor Übergriffen randalie-render und gewaltbereiter —Fansfi zu bewahren. Solche Schutzpflichten [X.] - [X.] entweder aufgrund Vertrages mit den Besuchern der Veranstaltung oder unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten. [X.]) Ein sachlicher Grund für ein Stadionverbot besteht daher, wenn auf-grund von objektiven Tatsac[X.], nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtun-gen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Per-sonen zu besorgen sind. Eine derartige Gefahr wird regelmäßig bei vorange-gangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen vermutet, kann aber auch bei [X.] erstmals dro[X.]den Beeinträchtigung gegeben sein (Senat, [X.] 160, 232, 236; [X.]. v. 12. Dezember 2003, [X.], [X.], 1035, 1036). Bei der Verhängung von [X.] sind an die Annahme der Gefahr von [X.] keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen, insbesondere von Fußball-großereignissen. Diese werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen ge-nommen. Angesichts der Vielzahl der Besucher und der häufig emotional [X.] Stimmung zwisc[X.] rivalisierenden Gruppen ist daher die Bemühung der Vereine sachgerecht, neben Sicherungsmaßnahmen während des Spiels etwa durch Ordnungskräfte und bauliche sowie organisatorische Vorkehrungen auch im Vorfeld tätig zu werden und potentiellen Störern bereits den Zutritt zu dem Stadion zu versagen (Breucker, [X.], 133 m.w.[X.]; [X.]., [X.], 1233). 17 cc) Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts war die Annahme, dass von dem Kläger die Gefahr künftiger Störungen ausging, ge-rechtfertigt. 18 (1) Bei der Festsetzung von [X.] sind andere Maßstäbe an-zuwenden als bei der strafrechtlic[X.] Sanktionierung von Störungen bei [X.]. Während insoweit nach dem Grundsatz in dubio pro reo eine Be-strafung unterbleibt, wenn keine Tat bewiesen ist, können Stadionverbote eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann erzielen, wenn sie auch gegen sol-19 - 9 - che Besucher ausgesproc[X.] werden, die zwar nicht wegen einer Straftat ver-urteilt sind, deren bisheriges Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künfti-gen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursac[X.] werden ([X.] [X.] 2005, 257). (2) Eine solche Besorgnis ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision zunächst aus den der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen eines im Zusammenhang mit einem Stadionbesuch begangenen Landfriedensbruchs zugrunde liegenden Tatsac[X.]. 20 Die Staatsanwaltschaft ist nach § 152 Abs. 2 [X.] verpflichtet, wegen al-ler verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureic[X.]de tatsächliche [X.] vorliegen. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens setzt einen auf Tatsac[X.] beru[X.]den Anfangsverdacht voraus ([X.], [X.], 51. Aufl., § 152 Rdn. 4 m.w.[X.]). Es begegnet deshalb keinen Bedenken, wenn der Hausrechtsinhaber die in der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zum Ausdruck kommende Bejahung eines solc[X.] Verdachts durch die [X.] zum Anlass für den Ausspruch eines [X.] nimmt. Dem Hausrechtsinhaber ste[X.] nämlich regelmäßig keine besseren Erkenntnisse über den Tatablauf und die Beteiligung des Betroffenen zur Verfügung als der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Etwas anderes gilt dann, wenn das [X.] offensichtlich willkürlich oder aufgrund falscher Tatsac[X.]annahmen einge-leitet wurde ([X.] [X.] 2005, 257; Breucker, [X.] 2005, 154; [X.]., [X.], 1233, 1235). Dafür, dass dies hier der Fall war, gibt es keine [X.]. 21 (3) Die Besorgnis ist auch nicht später entfallen. Allerdings ist das Ermitt-lungsverfahren später wegen Geringfügigkeit nach § 153 [X.] eingestellt [X.]. Infolgedessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Straftatbestand des Landfriedensbruchs verwirklicht hat. Der [X.] - 10 - renseinstellung kann nur entnommen werden, dass seine Schuld, falls er sich strafbar gemacht haben sollte, gering wäre. Auf die Strafbarkeit seines Verhaltens kommt es aber nicht an. Anknüp-fungspunkt für das Stadionverbot ist nicht die Verwirklichung eines Straftatbe-standes, sondern das Verhalten des [X.], das Anlass für die Einleitung ei-nes Ermittlungsverfahrens gegeben hat. Die Umstände, die dazu geführt haben, haben auch nach Einstellung des Verfahrens weiterhin Bedeutung (vgl. auch BVerwG [X.] 2006, 153, 154). Der Kläger ist nicht zufällig in die Gruppe, aus der heraus Gewalttaten verübt worden sind, geraten, sondern war Teil die-ser Gruppe. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe, mit der der Kläger in [X.] genommen wurde, rechtfertigt die Annahme, dass er sich bei [X.] in einem zu Gewalttätigkeiten neigenden Umfeld bewegt und von ihm deshalb künftige, Dritte gefährdende Störungen zu besorgen sind; auf den Nachweis, er habe sich an den aus der Gruppe heraus begangenen [X.] beteiligt, kommt es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht an. 23 Der Kläger hat diese Besorgnis weder im vorliegenden [X.] noch anlässlich der Überprüfung des [X.] durch die Beklagte, bei der ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, ausgeräumt. Er hat in dem als übergangen gerügten Vorbringen die Zugehörigkeit zu der Gruppe zugestanden und lediglich eine aktive Teilnahme an den Ausschreitungen in Abrede gestellt. Darauf ist das Stadionverbot - wie dargelegt - indes nicht ge-stützt. Die Verfahrensrüge geht daher ins Leere. 24 c) Soweit die Revision zu dem Vorge[X.] der Beklagten bei der [X.] des [X.] Einwendungen erhebt, bleibt dies ohne Erfolg. 25 aa) Die Rüge, dem Kläger sei vor Verhängung des Verbots rechtliches Gehör verwehrt worden, greift schon deswegen nicht, weil die Beklagte kein [X.] oder verwaltungsähnliches Verfahren zu beachten hatte, sondern einen ihr zuste[X.]den zivilrechtlic[X.] Anspruch geltend gemacht hat. Dabei 26 - 11 - musste sie den Kläger nicht vorher anhören. Es war vielmehr seine Sache, den bei Fehlen eines sachlic[X.] Grundes beste[X.]den Anspruch auf Aufhebung des Verbots gegenüber der Beklagten geltend zu mac[X.]. Im Übrigen hat sie es auch auf Bitten des [X.] überprüft. [X.]) Richtig ist der Hinweis der Revision, dass die Richtlinien des Deut-sc[X.] Fußballbundes zur einheitlic[X.] Behandlung von [X.] im Verhältnis der Parteien zueinander keine unmittelbare Geltung haben. Das hin-dert die Beklagte indes nicht, sich bei der Prüfung, ob ein Stadionverbot auszu-sprec[X.] ist, an diesen Richtlinien zu orientieren. Sie enthalten einheitliche Maßstäbe für Stadionverbote, insbesondere für deren Voraussetzungen, [X.], vorzeitige Aufhebung und das dabei einzuhaltende Verfahren. Sie stellen ein insgesamt um Ausgewogenheit bemühtes Regelwerk dar, welches die [X.] der verschiedenen Fußball-Ligen anerkannt haben (dazu Breucker, [X.], 133, 134 f., 137). Damit bilden sie eine geeignete Grundlage für die [X.], ein Stadionverbot auszusprec[X.]. Im Regelfall wird daher ein den Richtli-nien gemäß verhängtes Verbot nicht willkürlich sein. Das enthebt die Vereine andererseits nicht der Notwendigkeit, die jeweiligen Besonderheiten des Einzel-falls zu berücksichtigen. Die Beachtung der Richtlinien schließt es daher nicht generell aus, dass ein ausgesproc[X.]es Verbot gleichwohl rechtswidrig ist. Entscheidend sind nicht die Richtlinien, sondern die konkreten Umstände. 27 d) Schließlich sind weder das zeitliche Ausmaß noch der inhaltliche [X.] (bundesweit) des Verbots rechtlich zu beanstanden. Die Sanktion blieb un-ter dem zeitlic[X.] Rahmen, der in den [X.]-Richtlinien in solc[X.] Fällen vorge-se[X.] ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Anlass für den [X.] des Verbots nicht angemessen berücksichtigt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hätte. Der Umstand, dass der Kläger Inhaber von [X.] für die Spiele des [X.] sein mag, spielt hierbei keine Rolle. Die Verhängung eines [X.] hat stets zur Folge, dass Dauerkartenberechtigungen ganz oder teilweise ins 28 - 12 - Leere laufen. Das kann keine Auswirkungen auf die Frage des Ob und des Wie eines [X.] haben. Insoweit muss sich der Kläger vielmehr mit seinem Vertragspartner, von dem er die Dauerkarte bezogen hat, auseinan[X.]etzen. In Betracht kommt zudem, dass in dem Ausspruch des [X.] zugleich die Kündigung des zwisc[X.] dem Inhaber der Dauerkarte und dem Veranstalter beste[X.]den Dauerschuldverhältnisses liegt (Breucker, [X.], 133, 137). Diese wäre, wenn das Stadionverbot - wie hier - zu Recht ausgesproc[X.] wur-de, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zulässig (§ 314 Abs. 1 BGB). II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 29 [X.] Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.03.2008 - 73 C 1565/07 - [X.], Entscheidung vom 20.11.2008 - 12 S 42/08 -

Meta

V ZR 253/08

30.10.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.10.2009, Az. V ZR 253/08 (REWIS RS 2009, 832)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 832

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