Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2006, Az. II ZR 166/05

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 360

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am: 11. Dezember 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 46 Nr. 5 a) Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist ein GmbH-Gesell-schafter grundsätzlich verpflichtet, seinen Mitgesellschafter über Vorgänge, die dessen mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren und ihm nicht bekannt sein können, vollständig und zutreffend zu informieren. Unterlässt er dies, kann sich daraus ein [X.]adensersatzanspruch ergeben. b) Wird an einen [X.]er-Geschäftsführer ohne Wissen eines Mitgesell-schafters ein Geschäftsführergehalt gezahlt, kann der Mitgesellschafter nur dann einen [X.]adensersatzanspruch geltend machen, wenn er nicht auf-grund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten ist, die Zahlung zu genehmigen. Dafür ist maßgebend, ob der [X.]er-Geschäftsführer eine Arbeitsleistung erbringt, die unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des [X.] vernünftigerweise nur gegen eine gesonderte Vergütung zu erwarten ist. [X.], Urteil vom 11. Dezember 2006 - [X.]/05 - KG [X.] - 2 - Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2006 durch [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 14. April 2005 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin macht einen ihr von ihrem Ehemann abgetretenen [X.]a-densersatzanspruch geltend. Der Ehemann der Klägerin (im Folgenden: [X.]), der [X.] und W.

[X.]. waren zu gleichen Anteilen Gesell-schafter der S.

GmbH. [X.] hat seinen Geschäftsanteil mittlerweile veräußert. Kurz vor dem Verkauf sprach er den [X.]n auf die wirtschaftliche Situation der GmbH an. Der [X.] ant-wortete, es sei mit keinem Gewinn zu rechnen. Nicht erwähnt wurde, dass an den Mitgesellschafter und -geschäftsführer [X.]. Geschäftführergehälter i.H.v. 113.534,20 DM im Jahre 1999 und 25.180,69 DM im Jahre 2000 gezahlt worden waren. 1 - 3 - [X.] veräußerte seinen Geschäftsanteil zum Nennwert. Die Kläge-rin hat behauptet, dass ihr Ehemann dabei von den Zahlungen an [X.]. nichts gewusst habe und dass er sich einen entsprechenden Gewinnanspruch vorbehalten hätte, wenn er von diesen - ihrer Auffassung nach unberechtigten - Zahlungen gewusst hätte. Sie hält den [X.]n wegen Verletzung eines [X.], jedenfalls aber wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zum [X.]adensersatz in Höhe eines Drittels der Zahlungen an [X.]. für verpflichtet. 2 Das [X.] hat die auf Zahlung dieses Drittels und eines weiteren Betrages gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr in Höhe des Drittels stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem erkennenden Se-nat zugelassene Revision des [X.]n. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des an-gefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen [X.]at des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). 4 [X.] Das Berufungsgericht hat, soweit es der Klage stattgegeben hat, zur Begründung ausgeführt: Zwischen dem Zedenten und dem [X.]n sei kein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Wohl aber sei der [X.] wegen [X.] der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zum [X.]adensersatz verpflich-tet. Der [X.] habe den Zedenten darüber informieren müssen, dass hinter dessen Rücken dem Mitgesellschafter [X.].

eine Vergütung gezahlt worden sei. Der Einwand des [X.]n, die Zahlungen an [X.].

seien nicht unbe-rechtigt gewesen, weil [X.]. einen Anspruch auf eine - in diesem Umfang 5 - 4 - angemessene - Vergütung gehabt habe, beruhe auf Hypothesen und sei [X.] unbeachtlich. 6 I[X.] Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. 7 1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, zwi-schen dem Zedenten und dem [X.]n sei kein selbständiger, eine Haftung des [X.]n auslösender Auskunftsvertrag zustande gekommen. Die von der Klägerin dazu vorgetragenen Umstände - Frage des Zedenten an den damals noch mit ihm befreundeten [X.]n anlässlich eines gemeinsamen Mittages-sens in einer Pizzeria nach den Bilanzen der GmbH und Antwort des [X.]n: "Da kommt ja sowie nichts bei heraus, das wird sowieso Null sein" - reichen für das Zustandekommen eines [X.] nicht aus. 2. Nicht von den getroffenen Feststellungen gedeckt ist dagegen die Auf-fassung des Berufungsgerichts, der [X.] habe mit seiner Antwort auf die Frage des Zedenten nach der wirtschaftlichen Lage der [X.] gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen und sei deshalb dem Zedenten und nun der Klägerin zum [X.]adensersatz verpflichtet. 8 a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Ge-sellschafter aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht grundsätzlich verpflichtet ist, einen Mitgesellschafter über Vorgänge, die dessen mitglied-schaftliche Vermögensinteressen berühren und ihm nicht bekannt sein können, vollständig und zutreffend zu informieren (so für die [X.]Urt. v. 9. September 2002 - [X.]/00, [X.], 73, 74; zur gesellschaftsrechtli-chen Treuepflicht zwischen Mitgesellschaftern s. auch [X.] 65, 15, 18 f.). [X.] gehört auch die Offenlegung etwaiger verdeckter Gewährungen von Sonder-vorteilen an einen dritten Mitgesellschafter. Denn solche [X.] können 9 - 5 - einen Rückzahlungsanspruch der [X.] auslösen, der in der Bilanz zu aktivieren ist und damit den Gewinn und die Liquidität der [X.] vergrö-ßert bzw. einen Verlust verringert. Zutreffend ist auch die Annahme, dass die Zahlung eines Geschäftsführergehalts ohne zugrunde liegenden Gesellschaf-terbeschluss gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG unzulässig ist. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein solcher [X.]erbeschluss nicht gefasst worden. b) Das Verschweigen der an den Mitgesellschafter [X.]. geleisteten Zahlungen kann aber nur dann zu einem [X.]adensersatzanspruch gegen den [X.]n führen, wenn diese Zahlungen nicht nur gegen die gesellschafts-rechtliche Kompetenzordnung verstoßen haben, sondern auch in der Sache unberechtigt waren. Ein verdeckter Sondervorteil lag darin nämlich nur dann, wenn der Leistung keine gleichwertige Gegenleistung gegenüber stand (vgl. [X.]at, [X.] 111, 224, 227 f.; Urt. v. 13. November 1995 - [X.], [X.], 68). [X.] sich dagegen der Wert der Leistung ganz oder teilweise mit dem Wert der Gegenleistung, kann der Zedent, hinter dessen Rücken das Ge-schäftsführergehalt gewährt worden ist, aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten sein, die Gehaltszahlung im entsprechenden Umfang zu genehmigen. 10 Danach kommt es darauf an, ob der [X.]er [X.]. eine Arbeits-leistung für die [X.] erbracht hat, die unter Berücksichtigung der Aus-gestaltung des [X.], insbesondere des Gewinnverteilungs-schlüssels, und der Beiträge der Mitgesellschafter vernünftigerweise nur gegen eine gesonderte Vergütung zu erwarten war. In diesem Fall hätte sich eine ge-wissenhafte, nach kaufmännischen Grundsätzen handelnde und die berechtig-ten Belange aller [X.]er berücksichtigende [X.]erversammlung 11 - 6 - dem Wunsch nach einer entsprechenden Vergütung nicht verschlossen. Dann aber sind die Mitgesellschafter auch verpflichtet, der Gehaltszahlung in der ent-sprechenden Höhe nachträglich zuzustimmen (zur Stimmpflicht aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht s. [X.] 98, 276, 278 ff.; [X.].Urt. v. 23. März 1987 - [X.], [X.] 1987, 1200). 12 Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Leistungen des Gesell-schafters [X.]. eine gesonderte Vergütung - ggf. in der gezahlten Höhe - gerechtfertigt haben. Es hat gemeint, das sei unerheblich, weil [X.]. und der [X.] durch die Zahlungen hinter dem Rücken des Zedenten verhindert [X.], dass diese Frage im Vorhinein in der [X.]erversammlung habe geklärt werden können. Darauf kommt es indes nicht an. Entscheidend ist [X.], ob [X.]. tatsächlich einen Anspruch gegen seine Mitgesellschafter auf Bewilligung einer Geschäftsführervergütung hatte. Dass [X.]. und der [X.] nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen § 46 Nr. 5 GmbHG verstoßen haben, indem sie die Vergütung ohne Wissen des [X.] veranlasst haben, spielt dagegen nur für die Beweislast eine Rolle. Dass trotz des Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung kein unzulässiger Sondervorteil gewährt worden ist, hat derjenige zu beweisen, der gegen die Kompetenzordnung verstoßen hat, hier also der [X.]. c) Dieser [X.]adensersatzanspruch wegen Verletzung der Aufklärungs-pflicht setzt weiter voraus, dass der Mitgesellschafter [X.]. zu dem Zeit-punkt, als sich der Zedent nach den Bilanzen erkundigt hat, überhaupt in der Lage war, den erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Denn nur dann hätte in der Bilanz ein entsprechender Rückzahlungsanspruch aktiviert werden dürfen, so dass die Lage der [X.] besser gewesen wäre, als von dem [X.]n dargestellt. 13 - 7 - 3. Eine Haftung des [X.]n kommt auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt in Betracht. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungs-gerichts hat der [X.] zusammen mit dem Mitgesellschafter [X.]. hinter dem Rücken des Zedenten die Gehaltszahlungen vorgenommen. Die Pflichtver-letzung des [X.]n liegt dann nicht erst in dem Verschweigen dieses Um-standes anlässlich der Frage des Zedenten nach den Bilanzen. Vielmehr kann sich eine [X.]adensersatzpflicht schon aus dem Verstoß gegen die gesell-schaftsrechtliche Kompetenzordnung nach § 46 Nr. 5 GmbHG in Form der nicht durch einen [X.]erbeschluss gedeckten Gehaltszahlung an [X.]. ergeben. Auf die Frage, ob der daraus folgende Rückzahlungsanspruch der [X.] werthaltig war, kommt es dabei nicht an. Zu prüfen ist aber auch hier, ob der Leistung an [X.]. eine gleichwertige Gegenleistung gegenüber-stand, so dass der Zedent verpflichtet war, sie zu genehmigen. 14 4. Danach ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. 15 a) Dabei wird das Berufungsgericht auch die Rüge der Revision zu be-achten haben, die bisherigen Feststellungen seien nicht fehlerfrei getroffen worden. 16 Allerdings hat das Berufungsgericht - anders als die Revision meint - nicht nach der Beweislast entschieden, als es angenommen hat, die durch den Sachvortrag des [X.]n genährte Vermutung, die Zahlung des Geschäfts-führergehalts an [X.]. sei mit dem Zedenten nicht abgestimmt gewesen, habe sich durch die Vernehmung des Zeugen [X.]. zur Gewissheit verstärkt. Auch durfte das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung den Umstand 17 - 8 - berücksichtigen, dass sowohl der [X.] als auch der Zeuge [X.]. den entscheidenden Sachverhalt nur sehr vage dargestellt haben. 18 Fehlerhaft war aber, sich allein auf diesen Umstand und die Angaben des im ersten Rechtszug als Zeugen vernommenen Zedenten zu stützen und damit die gegenteilige - zweitinstanzliche - Aussage des Zeugen [X.]. als widerlegt anzusehen. Zwar steht es nach § 398 Abs. 1 ZPO grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen [X.] vernehmen will. Dieses Ermessen kann sich jedoch - das gilt u.a., wenn es auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit ankommt - auf eine Pflicht zur wiederholten Vernehmung reduzieren. Hier hat das Berufungs-gericht ohne persönlichen Eindruck von der Auskunftsperson der Aussage des Zedenten zum einen schon deshalb ein anderes Gewicht beigemessen, als es das [X.] getan hatte, weil es diese Aussage der zweitinstanzlichen Aus-sage des Gegenzeugen vorgezogen hat. Zum anderen fehlte es im ersten Rechtszug an einer den förmlichen Anforderungen genügenden Zeugenver-nehmung, da der Zedent - den hier streitigen Punkt betreffend - weitgehend nur informatorisch angehört worden war. Das Berufungsgericht hätte deshalb ne-ben [X.]. auch den Zedenten als Zeugen vernehmen müssen. Nur so hätte es sich ein abschließendes Urteil darüber bilden können, welche der beiden Sachdarstellungen als bewiesen anzusehen ist. b) Im Rahmen des neu eröffneten Berufungsverfahrens wird das [X.] auch zu prüfen haben, ob die von der Klägerin eingeräumten [X.] über die Frage einer Vergütung für den Mitgeschäftsführer [X.]. im Rahmen von - nach § 10 der Satzung auch formlos möglichen - [X.]er-versammlungen geführt worden sind und der Sache nach einen entsprechen-den [X.]erbeschluss darstellen. Anders als die Revisionserwiderung 19 - 9 - meint, unterlag [X.]. bei dieser Beschlussfassung keinem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG (vgl. [X.] 18, 205, 210). Einer förmlichen Feststel-lung des Beschlusses durch einen Versammlungsleiter bedarf es in der GmbH nicht ([X.] 76, 154, 155 f.; 88, 320, 329). [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.02.2004 - 28 O 394/02 - [X.], Entscheidung vom 14.04.2005 - 23 U 70/04 -

Meta

II ZR 166/05

11.12.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2006, Az. II ZR 166/05 (REWIS RS 2006, 360)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 360

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