Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2011, Az. XII ZR 117/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2691

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]/09
Verkündet am:

5. Oktober 2011

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 1579 Nr. 2
a)
Mit der zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretenen Neuregelung des §
1579 Nr.
2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Eine Änderung der Rechtslage ist damit allerdings nicht verbunden.
b)
Zweck der gesetzlichen Neuregelung in §
1579 Nr.
2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar er-scheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, dass der [X.] frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft [X.] ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die [X.] spielen hingegen keine Rolle.
c)
Wurde in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren eine verfestigte [X.] des Unterhaltsberechtigten rechtskräftig verneint, steht dies [X.] späteren Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbil-ligkeit nach §
1579 Nr.
2 BGB nicht entgegen, die auf neue Umstände gestützt ist. Als solche kommen insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild der [X.] in der Öffentlichkeit und ein längerer
[X.]ablauf in Betracht.

[X.], Urteil vom 5. Oktober 2011 -
XII [X.]/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Oktober 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], Dr.
[X.], Dr.
Günter und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 5.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 17.
Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Juli 1979 die Ehe geschlossen.
1981, 1987 und 1989 wurden die drei gemeinsamen Kinder geboren, deren Betreu-ung und Erziehung die Klägerin übernahm. Nach der Trennung im Juni 1998 wurde die Ehe auf den im Oktober 1999 zugestellten Scheidungsantrag im März 2002 rechtskräftig geschieden.
Im [X.] schlossen die Parteien einen [X.]svergleich, in dem
sich der [X.] verpflichtete, an die Klägerin nachehe-lichen Unterhalt in Höhe von monatlich 422

1
2
-
3
-
Mit Urteil vom 25.
Mai 2005 wurde eine Abänderungsklage des Beklag-ten, mit der er einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Klägerin begehrte, rechtskräftig abgewiesen. Im [X.] Rechtsstreit begehrt die Klägerin wegen veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse
einen erhöhten nachehelichen Unterhalt, während der [X.] im Wege der Widerklage wegen der noch andauernden verfestigten
Lebensge-meinschaft der Klägerin aus Billigkeitsgründen einen Wegfall seiner Unterhalts-pflicht für die [X.] ab Januar 2008 beantragt.
Das Amtsgericht hat den [X.]n zur Zahlung weiteren rückständigen Unterhalts verurteilt, die Unterhaltspflicht auf die Widerklage des [X.]n aber auf die [X.] bis Ende 2007 befristet. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil teilweise abgeändert und den [X.]n zu weite-rem monatlichen
Unterhalt verurteilt, und zwar in Höhe von 783,99

von Januar 2008 bis Dezember 2009, in Höhe von 422

2010 bis Dezember 2011 und in Höhe von 200

bis Dezember 2012. Für die Folgezeit ab
Januar 2013 hat es der Klägerin nachehelichen Unterhalt
versagt. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision wendet sich der [X.] gegen seine Unterhaltspflicht für die [X.] von Januar 2008 bis Dezember 2012.

Entscheidungsgründe:
Für das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB
179/10
-
FamRZ 2011, 100
Rn.
10).
3
4
5
-
4
-
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.
Das [X.] hat den [X.] abgeändert und den [X.]n auch für die [X.] ab Januar 2008 zu erhöhtem
Unterhalt verurteilt, weil seit Abschluss des Vergleichs eine wesentliche Änderung der Einkom-mensverhältnisse der Parteien eingetreten
sei. Der
Unterhaltsanspruch der
Klägerin entfalle nicht nach §
1579 Nr.
2 BGB, sei allerdings
nach §
1578
b BGB zu begrenzen bzw. zu befristen.
Dem Vergleich liege ein bereinigtes Einkommen des [X.]n von 2.372,85

je 382

nein-geschränkten Erwerbsfähigkeit und einem neben der Kinderbetreuung erzielba-ren Einkommen aus [X.] Erwerbstätigkeit in Höhe von 501

t-lich sowie einem weiteren Entgelt für die Versorgung des Lebensgefährten der Klägerin ausgegangen. Der [X.] sei seit April 2004 neu verheiratet und erziele unterhaltsrelevante Einkünfte, die sich auf der Grundlage einer Steuer-pflicht
nach der Grundtabelle und nach Abzug des Kindesunterhalts auf monat-lich 2.793,46

ägerin Einkünfte aus ihrer Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie ein Entgelt für die Versor-gung ihres Bekannten in Höhe von 90

der [X.] ergebe sich daraus eine Unterhaltspflicht des [X.]n, die jedenfalls den von der Klägerin begehrten Unterhalt von monatlich 783,99

erreiche. Selbst wenn die Klägerin als erwerbspflichtig behandelt
und ein Netto-einkommen in Höhe von 1.500

berücksichtigt werde, ergebe sich im Wege 6
7
8
-
5
-
der [X.] ein Unterhaltsanspruch
in dieser Höhe. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung sei deswegen keine Entscheidung über eine Erwerbs-pflicht der Klägerin erforderlich. Für die [X.] ab 2009 gelte dies erst recht, weil der [X.] für diese [X.] nur noch
geringeren Kindesunterhalt schulde. [X.] der neuen Ehefrau des [X.]n seien nicht zu [X.], weil der [X.] solche
Ansprüche nicht nachprüfbar dargelegt und be-legt habe. Es fehle bereits an einem konkreten Vortrag zu den Einkünften der neuen Ehefrau im Jahre 2008 und zu einem eventuellen Wohnvorteil. Ob die neue Ehefrau im Verhältnis zur Klägerin eine Erwerbsobliegenheit treffe, könne deswegen dahinstehen.
Unterhaltsansprüche der Klägerin seien entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht nach §
1579 BGB "verwirkt". Es könne dahinstehen, ob zwi-schen der Klägerin und dem Zeugen eine verfestigte Lebensgemeinschaft [X.], weil der [X.] mit diesem Einwand aufgrund des rechtskräftigen Ur-teils vom 25.
Mai 2005 ausgeschlossen sei.
Zwar habe das Amtsgericht seiner-zeit eine "Verwirkung"
verneint, weil es keine eheähnliche Wirtschaftsgemein-schaft feststellen konnte. Die maßgeblichen Umstände, auf die der [X.] nun erneut seinen Verwirkungseinwand stütze, hätten aber schon damals [X.]. Der [X.] sei schon seinerzeit von einer verfestigten Lebensge-meinschaft ausgegangen. Maßgebliche Änderungen im Verhältnis der Klägerin zu dem Zeugen habe er in diesem Verfahren nicht vorgetragen. Eine neue Be-urteilung der Rechtslage sei auch nach §
36 EGZPO
nicht erforderlich. Zwar sei durch die zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretene Reform des Unterhaltsrechts der Härtegrund des dauerhaften Zusammenlebens des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner als eigenständiger [X.] eingeführt worden. Dabei handle es sich allerdings um keinen neuen "Verwirkungstatbe-stand". Zweck der Regelung sei die Zusammenfassung der zu §
1579 Nr.
7 BGB aF entwickelten Rechtsprechung zur Unzumutbarkeit von [X.]
-
6
-
tungen bei einer neuen Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten. Auch nach der früheren Rechtsprechung sei es bei Vorliegen einer dauerhaften und verfestigten eheersetzenden Verbindung des Unterhaltsberechtigten nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des neuen Partners angekommen. Durch
die Unterhaltsreform sei keine Änderung der bis Ende 2007 maßgeblichen Rechtslage eingetreten.
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei allerdings nach §
1578
b BGB herabzusetzen und zeitlich zu begrenzen.
Mit diesem Einwand sei der [X.] nicht präkludiert, obwohl eine Begrenzung schon nach früherem Recht gemäß §
1573 Abs.
5 BGB aF möglich gewesen sei. Nach dieser Rechtslage sei eine Begrenzung wegen der hier vorliegenden langen Ehedauer aber nicht in [X.] gekommen. Dies habe sich erst durch die neuere Rechtsprechung des [X.] geändert, nach der die Ehedauer nur ein Abwägungskrite-rium neben anderen darstelle. Sowohl der [X.] als auch das ers-te
Abänderungsverfahren seien noch vor dieser Rechtsprechungsänderung ab-geschlossen
gewesen.
Nach §
1578
b BGB könne nun auch der Krankheitsun-terhalt herabgesetzt und zeitlich begrenzt werden, falls ein zeitlich unbegrenzter Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig sei. Dabei sei vor allem auf das Vorliegen [X.] Nachteile abzustellen. Solche Nachteile seien hier nicht gegeben. Eine von der Klägerin behauptete Erkrankung sei nicht ehebedingt. Selbst wenn ihre
Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Gestal-tung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe
und der Kin-dererziehung geringer ausfalle, als sie ohne Unterbrechung der Erwerbstätigkeit bestünde, wäre der Nachteil mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs in Höhe von monatlich 259,18

zwischen den Parteien ausgeglichen. Selbst im Falle eines Aufstockungsunterhalts bei fortbestehender Erwerbspflicht der Klä-gerin liege kein [X.] Nachteil vor. Sie
sei gelernte Einzelhandelskauf-frau und habe nichts dazu vorgetragen, als solche nicht mehr erwerbsfähig zu 10
-
7
-
sein. Nach der Scheidung sei sie von
2002 bis 2004 als Sachbearbeiterin für den Zeugen erwerbstätig gewesen. Krankengeld habe sie erst ab Januar 2004 und Erwerbsminderungsrente erst seit April 2005 bezogen. Ihr Alter von "jetzt 53
Jahren"
spreche ebenfalls nicht gegen eine Erwerbsfähigkeit.
Andererseits sei §
1578
b BGB nicht auf die Kompensation [X.] Nachteile beschränkt und berücksichtige auch die nacheheliche Solidarität. [X.] seien die 20jährige Ehedauer und die Betreuung der drei gemeinsamen Kinder zu berücksichtigen. Der [X.] lebe in guten wirtschaftlichen [X.] und ihm verbleibe trotz der Unterhaltspflicht ein die Einkünfte der Kläge-rin nicht unerheblich übersteigendes Einkommen. Bei Anwendung des §
1578
b BGB sei nicht zuletzt auch das der Klägerin [X.] in die bis-herige Unterhaltsregelung zu berücksichtigen (§
36 Ziff.
1 EGZPO). Ihre per-sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe die Klägerin zumindest auf den bislang titulierten Unterhalt von monatlich 422

e-samt sei unter Abwägung dieser Umstände eine stufenweise Abschmelzung des Unterhalts bis zu dessen Befristung angezeigt. Innerhalb der
Übergangszeit sei die Klägerin in der Lage, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Wegfall der Unterhaltsleistung einzustellen.
Das [X.] hat die Revision zu der Frage zugelassen, ob durch die Einfügung des §
1579 Nr.
2 BGB durch das [X.] eine inhaltliche Neuregelung der bisherigen Rechtsprechung zur verfestigten Lebensgemeinschaft erfolgt ist und der [X.] hierdurch entge-gen der vom [X.] vertretenen Auffassung mit seinem Vortrag zur "Verwirkung"
des nachehelichen Unterhalts nicht ausgeschlossen sei.

11
12
-
8
-
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revi-sion nicht in allen Punkten stand.
1. Weil das [X.] insoweit keine Feststellungen getroffen hat, ist zugunsten des [X.]n im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass der Klägerin
lediglich ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 BGB zusteht. Feststellungen, die einen Anspruch auf Krankheitsunter-halt nach §
1572 BGB rechtfertigen können, hat das [X.] nicht getroffen. Bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im Jahre 2005 waren die
Parteien auf der Grundlage eines
Sachverständigengutachtens von einer un-eingeschränkten
Erwerbsfähigkeit der Klägerin ausgegangen und hatten ihr neben der seinerzeit noch andauernden Kinderbetreuung ein Einkommen aus [X.] Erwerbstätigkeit zugerechnet. Unterhalt schuldete der [X.] in der Folgezeit zunächst nach den §§
1570, 1573 Abs.
2 BGB und ab Eintritt der vollschichtigen Erwerbspflicht der Klägerin als Aufstockungsunterhalt allein nach §
1573 Abs.
2 BGB (vgl. insoweit Senatsurteil vom 14.
April 2010

XII
ZR
89/08
-
FamRZ 2010, 869 Rn.
14
ff.). Selbst wenn damit die Einsatz-zeitpunkte für einen späteren Krankheitsunterhalt nach §
1572 Nr.
2 und 4 BGB gewahrt sein sollten
(vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen
Praxis 8.
Aufl. §
4 Rn.
254, 256), kann im Revisionsverfahren nicht von einem solchen Unterhaltsanspruch ausgegangen werden, weil es dafür an den erforderlichen Feststellungen des [X.]s fehlt.
2. Unabhängig von dem hier gegebenen [X.] ist das [X.] allerdings im Ergebnis zutreffend von einem [X.] der Klägerin ausgegangen, der den von ihr
begehrten Unterhalt von 783,99

13
14
15
-
9
-
Nach seinen Feststellungen ist seit Abschluss des gerichtlichen Ver-gleichs sowohl im Einkommen des [X.]n als auch hinsichtlich der Einkünfte der Klägerin eine wesentliche Änderung eingetreten. Die wegen dieser Ände-rung der Geschäftsgrundlage des
gerichtlichen Vergleichs
nach §
313 BGB ge-botene Anpassung
(vgl. Senatsurteile vom 4.
Mai 2011 -
XII
ZR
70/09
-
FamRZ 2011, 1041 Rn.
23 und [X.]Z 175, 182 =
[X.], 968 Rn.
26)
führt rech-nerisch zu einem Unterhaltsanspruch der Klägerin nach den ehelichen [X.], der jedenfalls den von ihr begehrten Unterhalt erreicht. Dies greift die Revision auch nicht an.
Zwar entsteht ein
Anspruch auf [X.] nach §
1572 Nr.
4 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur als solcher auf Teilunter-halt, wenn schon der entfallene frühere Unterhaltsanspruch nur auf einen Teil des vollen Unterhaltsbedarfs gerichtet war (Senatsurteile vom 27.
Juni 2001

XII
ZR
135/99
-
FamRZ 2001, 1291, 1294 und vom 17.
September 2003

XII
ZR
184/01
-
FamRZ 2003, 1734, 1736; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 151 Rn.
19). Das [X.] hat in seiner Hilfsbegründung allerdings von der Revision unangefochten ausgeführt, dass der Klägerin auch auf der Grund-lage eines aus voller Erwerbstätigkeit allenfalls
erzielbaren eigenen Nettoein-kommens in Höhe von 1.500

restlichen
Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe des begehrten Unterhalts deckt. Ein später an dessen Stelle getretener Krank-heitsunterhalt könnte danach ebenfalls den von der Klägerin begehrten [X.] erreichen.
3. Soweit das [X.] eine Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach §
1579 Nr.
2 BGB abgelehnt
hat, hält dies den Angriffen der Revision allerdings nicht stand. Der [X.] ist mit 16
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-
10
-
diesen Einwendungen auch im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil vom 25.
Mai 2005 nicht präkludiert.
a) Schon nach ständiger Rechtsprechung des Senats zum früheren Recht konnte ein länger
dauerndes Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zu einem anderen Partner zur Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des §
1579 Nr.
7 BGB aF führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hatte, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten war. Dabei setzte die Annahme [X.] verfestigten Lebensgemeinschaft nicht zwingend voraus, dass die Partner räumlich zusammenlebten und einen gemeinsamen Haushalt führten, auch wenn eine solche Form des Zusammenlebens in der Regel als ein typisches Anzeichen hierfür angesehen wurde. Unter welchen Umständen -
nach einer gewissen Dauer, die im Allgemeinen zwischen zwei und drei Jahren lag
-
auf ein eheähnliches Zusammenleben geschlossen werden konnte, ließ sich nicht allgemein verbindlich festlegen. Letztlich oblag es der verantwortlichen Beurtei-lung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des eheähnlichen Zusammenlebens aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtete oder nicht (Senatsurteile vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498
Rn.
26
mit [X.]. [X.]; [X.]Z 176, 150 =
[X.], 1414 Rn.
26; [X.]Z 157, 395 =
FamRZ 2004, 614, 616 und [X.]Z 150, 209 =
FamRZ 2002, 810, 811).
Mit der zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretenen Neuregelung des §
1579 Nr.
2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Här-tegrund in das Gesetz übernommen worden. Auch damit wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den [X.] des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Un-terhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Auch die gesetzliche Neurege-19
20
-
11
-
lung hat nicht festgelegt, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, sondern ausdrücklich auf die hierzu ergangene Rechtspre-chung Bezug genommen. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann danach insbesondere angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Um-stände wie etwa ein über einen längeren [X.]raum hinweg geführter gemeinsa-mer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahele-gen. Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der unterhaltsberechtigte [X.] Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt (BT-Drucks. 16/1830 S.
21; vgl. auch Senats-urteile vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498
Rn.
27 und vom 30.
März 2011 -
XII
ZR
3/09
-
FamRZ 2011, 791 Rn.
39; [X.]/[X.] aaO §
4 Rn.
1267; [X.] FF 2011, 290
f.). Weitere Kriterien wie etwa die [X.] des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle. Die verfestigte Lebensgemeinschaft ist damit kein
Fall der bloßen Bedarfsdeckung im Sinne von §
1577
Abs.
1 BGB. Die Belange eines gemeinschaftlichen Kindes sind allerdings im Rahmen der Kinderschutzklausel im Einleitungssatz des §
1579 BGB zu beachten.
Zutreffend ist das [X.] in der Vorlagefrage somit davon ausgegangen, dass durch das [X.] zur Frage der Be-schränkung oder Versagung des nachehelichen Unterhalts wegen grober Unbil-ligkeit nach §
1579 BGB keine grundlegende Rechtsänderung eingetreten ist, die allein zu einer Abänderung des früheren Unterhaltstitels berechtigen würde (vgl. Senatsurteil vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
FamRZ 2010, 1884 Rn.
16).
21
-
12
-
b) Soweit das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen ist, dass schon nach dem Vortrag des [X.]n seit der Abweisung der früheren [X.] mit Urteil vom 25.
Mai 2005 keine Änderung der unterhaltsrele-vanten Tatsachen vorliegt, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand.
Nach
ständiger
Rechtsprechung des Senats setzt eine verfestigte [X.] im Sinne des §
1579 Nr.
2 BGB eine gewisse Dauer der neuen Verbindung voraus, die allerdings von anderen, für eine besondere Nähe der Partner sprechenden objektiven Umständen
beeinflusst wird
(vgl. auch [X.] FF 2011, 290, 292).
Die Dauer bis zur Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft wird durch objektive, nach außen tretende Umstände,
wie etwa einen
über einen längeren [X.]raum hinweg geführten
gemeinsamen
Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit
oder
größere gemeinsame Investitionen wie den
Erwerb eines gemeinsamen Familienheims
beeinflusst.
Ein allein intimes Verhältnis reicht dafür nicht aus
(Senatsurteil vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498 Rn.
27).
aa) Auf dieser rechtlichen Grundlage hatte das Amtsgericht in dem Vor-verfahren mit
Urteil vom 25.
Mai 2005 die Voraussetzungen für eine [X.] oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach §
1579 BGB verneint. Obwohl der [X.] schon in dem früheren Verfahren vorgetra-gen hatte, die Klägerin unterhalte zu ihrem
Bekannten eine verfestigte [X.], hatte das Amtsgericht eine solche Feststellung nicht getroffen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war es vielmehr davon ausgegangen, dass die Klägerin und ihr Bekannter zwar im gleichen Haus, aber in getrennten Wohnungen lebten und eigene Haushalte unterhielten.
Trotz der seit Ende 2000 bestehenden Freundschaft und intimen Beziehung
sei keine eheähnliche Wirt-schaftsgemeinschaft bewiesen. Dabei hatte das Amtsgericht entscheidend [X.] abgestellt, dass die Beziehung bewusst auf Distanz
gehalten
werde, wobei 22
23
24
-
13
-
die Distanz auch nach außen zum Ausdruck komme
(vgl. insoweit auch [X.] vom 30.
März 2011 -
XII
ZR
3/09
-
FamRZ 2011, 791 Rn.
39). Für die Voraussetzungen des "[X.]"
sei der [X.] somit [X.] geblieben.
bb) Im Gegensatz zur Auffassung des
[X.]s hat der [X.] im vorliegenden Rechtsstreit nicht lediglich die seinerzeit vorgetragenen Umstände wiederholt, sondern weitere Umstände für eine nunmehr
verfestigte Lebensgemeinschaft vorgetragen. Dabei ist bereits zu berücksichtigen, dass die Klägerin jetzt mit dem Zeugen nicht nur -
wie seinerzeit
-
viereinhalb Jahre, sondern mehr als zehn Jahre eine intime
Beziehung
unterhält. Wenngleich die Dauer nicht das allein entscheidende Kriterium für die Verfestigung einer [X.] ist, kann sie bei der Würdigung aber
nicht völlig unberück-sichtigt bleiben. Hinzu kommt, dass der [X.] unter Bezug auf einen Zei-tungsbericht zu den gemeinsamen Tanzsportaktivitäten der Klägerin und ihres Bekannten weitere Umstände vorgetragen hat, die das seinerzeit noch [X.] Erscheinungsbild einer verfestigten Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit zusätzlich stützen.
Für den Tatbestand des §
1579 Nr.
2 BGB, der für die Feststellung einer verfestigten Lebensgemeinschaft regelmäßig verschiedene Indiztatsachen er-fordert, ist der neue Vortrag des [X.]n deswegen nicht unerheblich. Das [X.] durfte den Einwand des [X.]n nicht als präkludiert [X.], weil eine verfestigte Lebensgemeinschaft ohne diese neu hinzugetrete-nen
Umstände in einem vorangegangenen Verfahren rechtskräftig abgelehnt worden war.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des [X.]s führt dies nicht zu einer im Abänderungsverfahren unzulässigen Fehlerkorrektur (vgl. insoweit Senatsurteil [X.]Z 185, 322 =
FamRZ 2010, 1150 Rn.
17
ff.). Die Wi-derklage des [X.]n ist darauf gerichtet, die Zukunftsprognose für den
künf-25
26
-
14
-
tigen Unterhaltsanspruch
der Klägerin durch neu hinzugetretene Tatsachen zu erschüttern. Dies ist ihm im Abänderungsverfahren nach §
323 ZPO aF nicht verwehrt.
Davon unabhängig könnte eine Präklusion
ohnehin nicht
gegenüber der für eine Übergangszeit zugesprochenen Erhöhung des Unterhalts eingrei-fen (Senatsurteil [X.]Z 98, 353 =
FamRZ 1987, 259, 262; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
10 Rn.
193).
c) Das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand haben und ist auf die Revision des [X.]n aufzuheben. Das Verfahren ist nach §
563 Abs.
1 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen, weil dem Senat eine abschließende Entscheidung verwehrt ist. §
1579 Nr.
2 BGB sieht als Rechtsfolge einer verfestigten [X.] des Unterhaltsberechtigten eine Billigkeitsprüfung vor, die zur Versagung, Herabsetzung oder zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Un-terhalts führen kann. Diese ist
dem Tatrichter vorbehalten und kann vom [X.] nur auf Rechtsfehler überprüft werden
(Senatsurteil vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498 Rn.
26).
4.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Soweit es nach der Billigkeitsabwägung im Rahmen des §
1579 BGB noch auf Fragen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des nacheheli-chen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach §
1578
b BGB
ankommen sollte, [X.]n gegen die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts keine Beden-ken. Während §
1579 BGB eine Beschränkung oder Versagung des nacheheli-chen Unterhalts wegen grober Unbilligkeit auf der Grundlage der dort [X.] ermöglicht, regelt §
1578
b BGB eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhält-nissen bei abnehmender nachehelicher Solidarität und fehlendem ehebedingten 27
28
29
-
15
-
Nachteil. Die beiden [X.] schließen sich deswegen nicht gegenseitig aus
(vgl. Senatsurteil vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
39).
Zutreffend ist das Berufungsgericht im Rahmen des §
1578
b BGB von einem Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß §
1578 Abs.
1 Satz
1 BGB ausgegangen. Ob und in welchem Umfang eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf oder eine zeitliche Begrenzung nach §
1578
b BGB in Betracht kommt, ist nach tatrichterlichem Ermessen zu beur-teilen, das im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann
(Senatsurteil vom 2.
März 2011 -
XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713 Rn.
14). Sol-che Fehler hat weder die Revision
vorgetragen
noch sind sie sonst ersichtlich.
Insoweit ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.] mit seinem Begehren auf Herabsetzung und zeitlicher Begrenzung des Unterhalts nach §
1578
b BGB nicht präkludiert ist. Sowohl der Vergleich
als auch das spätere Urteil aus dem Jahre 2005 datieren aus einer [X.] vor der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Herabsetzung und zeitli-chen Begrenzung des nachehelichen Unterhalts und dem Inkrafttreten des [X.]. Nach der früheren höchstrichterlichen Recht-sprechung
kam eine Herabsetzung und zeitliche Begrenzung nach den §§
1573 Abs.
5, 1578 Abs.
1 Satz
2 BGB aF nicht in Betracht, wenn eine lange Ehe-
dauer vorlag. Das
ist bei der hier bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 20jährigen Ehe der Fall. Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung kann
deswegen erst
auf der Grundlage der geänderten Rechtsprechung des Senats in Betracht kommen, die nicht mehr allein auf die Ehedauer abstellt und dane-ben weitere Umstände, insbesondere das Vorliegen [X.] Nachteile, berücksichtigt (Senatsurteile vom 12.
April 2006 -
XII
ZR
240/03
-
FamRZ 2006, 1006).
30
31
-
16
-
b) Sollte das [X.] nicht zu einem Wegfall der [X.]spflicht des [X.]n für die [X.] ab Januar 2008 gelangen, wird es weiter zu prüfen haben, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin teilweise auf den Trä-ger von Sozialleistungen übergegangen ist.
Nach den Feststellungen des Beru-fungsgerichts bezieht
die Klägerin neben ihrer Erwerbsminderungsrente Leis-tungen nach dem SGB
II. In Höhe dieser Leistungen geht ihr [X.] nach §
33 SGB
II auf den Träger der Sozialleistungen über. Ob überge-gangene
Ansprüche an die Klägerin zurück abgetreten wurden, ist nicht [X.]. Ist dies nicht der Fall, könnte die Klägerin insoweit allenfalls Leistung
an den
Sozialleistungsträger
verlangen
(Senatsurteil vom 3.
Juli 1996

XII
ZR
99/95
-
FamRZ 1996, 1203, 1207; [X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
109).
Hahne

Dose

[X.]

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.08.2008 -
39 [X.]/05 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.06.2009 -
II-5 [X.]/08 -

32

Meta

XII ZR 117/09

05.10.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2011, Az. XII ZR 117/09 (REWIS RS 2011, 2691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2691

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 117/09

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