Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2009, Az. XII ZB 75/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3041

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[X.][X.]/07
vom 17. Juni 2009 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 66, 67, 321 a; GG Art. 103 Abs. 1 a) Tritt der potenzielle biologische Vater der beklagten [X.] eines Vater-schaftsanfechtungsverfahrens mit dem Ziel bei, eine spätere Feststellung der eigenen [X.]chaft zu verhindern, hat er lediglich die Stellung eines un-selbstständigen Nebenintervenienten gemäß § 66 ZPO inne, nicht aber die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten (im [X.] an die Senatsbeschlüsse [X.] 173, 90, 92 und vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731). b) Wurde erstinstanzlich der Anspruch des unselbstständigen Nebeninterve-nienten auf rechtliches Gehör verletzt, ist § 67 ZPO verfassungskonform da-hingehend einschränkend auszulegen, dass der Streithelfer die [X.] gemäß § 321 a ZPO wirksam einlegen kann, auch wenn dies in Widerspruch zu Erklärungen oder Handlungen der [X.] steht. Die ausnahmsweise Zulässigkeit einer gegen den Willen der unterstützten [X.] einzule-genden Berufung kommt demgegenüber nicht in Betracht. [X.], Beschluss vom 17. Juni 2009 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 17. Juni 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin Dr. Vézina sowie [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. [X.] des [X.] vom 20. April 2007 wird auf Kosten des Streithelfers der [X.] verworfen. Streitwert: 2.000 • Gründe: [X.] Der Kläger, der bei der Geburt der [X.] am 11. Mai 2003 mit deren Mutter verheiratet war, begehrt im Wege der am 24. April 2006 beim Amtsge-richt eingegangenen [X.]chaftsanfechtungsklage die Feststellung, nicht der Vater der [X.] zu sein. Er behauptet, innerhalb der gesetzlichen Emp-fängniszeit habe seine Ehefrau mit [X.] - dem Streithelfer der [X.] - geschlechtlich verkehrt. Hiervon habe er (der Kläger) erstmals im Juni des [X.] 2004 erfahren. 1 Nachdem das Amtsgericht den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 31. Oktober 2006 bestimmt hatte, ging am 20. Oktober 2006 ein Anwalts-schriftsatz beim Amtsgericht ein, worin der Streithelfer dem Rechtsstreit auf [X.] der [X.] beitrat und [X.] beantragte. Da der [X.] mit 2 - 3 - einem falschen Aktenzeichen versehen war, wurde er zunächst nicht dem rich-tigen Verfahren zugeordnet. Vielmehr erlangte [X.] erst nach der mündlichen Verhandlung Kenntnis von dem [X.]. 3 Das Amtsgericht gab der Anfechtungsklage noch im Termin, von dem der Streithelfer nicht unterrichtet worden war und von dem er auch sonst keine Kenntnis hatte, durch Verkündung des Tenors statt. Kläger und Beklagte erklär-ten Rechtsmittelverzicht. Zur Begründung seines Urteils stützte sich das [X.] auf ein mit Zustimmung der "Erwachsenen" eingeholtes, die [X.]chaft des Streithelfers bestätigendes Privatgutachten, welches die Kindesmutter im Termin vorgelegt hatte, sowie auf die Zeugenaussage der Kindesmutter. Die hiergegen gerichtete Berufung des Streithelfers der [X.] hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Streithelfer sein Begehren weiter. 4 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber unzulässig. Der von der Rechtsbeschwerde aus-schließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) liegt nicht vor. 5 1. Das [X.] hat ausgeführt, der Streithelfer sei nur einfa-cher Streithelfer und könne gegen den Widerspruch der [X.] nicht wirk-sam Berufung einlegen. Ein Fall der streitgenössischen Nebenintervention liege nicht vor. Die [X.] des Streithelfers, also die Beklagte, habe indes durch Schreiben vom 7. Dezember 2006 der Einlegung der Berufung widersprochen und dies dadurch bekräftigt, dass sie mit [X.] vom 5. Februar 2007 bean-6 - 4 - tragt habe, Prozesskostenhilfe zur Abwehr der Berufung des Streithelfers zu bewilligen. 7 2. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Der Anspruch des Streithelfers auf rechtliches Gehör rechtfertigt keine regelwidrige Zulassung der Berufung. 8 Macht ein Verfahrensbeteiligter im Wege eines Rechtsmittels oder eines sonstigen Rechtsbehelfs eine Gehörsverletzung geltend - wie hier der Streithel-fer der [X.] im Rahmen des Berufungsverfahrens -, wird er allerdings in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz und in seinem Anspruch auf [X.] Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, wenn ihm der Weg zu einer fachgerichtlichen Überprüfung dieser Rüge ohne sachliche Rechtfertigung ver-sperrt wird (vgl. [X.] NJW 2007, 2242, 2244 zu § 78 a ArbGG). [X.] gehört es zu den rechtsst[X.]tlichen Mindeststandards, dass eine ge-richtliche Kontrolle der Einhaltung des grundrechtsgleichen Rechts auf [X.] Gehör möglich ist ([X.] NJW 2007, 2242, 2243; [X.]E 107, 395, 407 = NJW 2003, 1924, 1926; vgl. auch [X.] NJW 1999, 1176, 1177; [X.]E 60, 96, 99). In Anwendung dieser Grundsätze verstößt der angefochtene Beschluss indes nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. 9 a) Zutreffend hat das Berufungsgericht den Streithelfer der [X.] nicht als streitgenössischen Nebenintervenienten (§ 69 ZPO) angesehen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der dem Rechtsstreit im Falle einer Anfech-tungsklage des Kindes, der Mutter oder des rechtlichen [X.] beitretende [X.] biologische Vater lediglich unselbstständiger Nebenintervenient gemäß § 66 ZPO, nicht aber streitgenössischer Nebenintervenient (Senatsbeschlüsse 10 - 5 - [X.] 173, 90, 92 = [X.], 1729 f. und vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1734; vgl. außerdem zum alten Kindschaftsrecht Senats-beschluss [X.] 92, 275, 276 ff. = [X.], 61 und [X.] Urteil [X.] 83, 391, 395 = FamRZ 1982, 692). Daran ist jedenfalls für den Fall festzuhalten, dass der potenzielle biologische Vater - wie hier - der beklagten [X.] mit dem Ziel beitritt, eine spätere Feststellung der eigenen [X.]chaft zu verhindern. In diesem Fall wirkt das im [X.] ergehende Urteil nicht unmittelbar auf die [X.] ein (zu dieser [X.] vom 17. Januar 2001 - [X.] ZB 194/99 - NJW 2001, 1355; [X.]/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 69 Rdn. 1; vgl. außerdem zur Stellung als Beteiligter in ab dem 1. September 2009 eingeleiteten Verfahren § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG [BGBl. 2008 I S. 2586], der ebenfalls eine unmittelbare Rechtsbe-troffenheit voraussetzt). Das Anfechtungsurteil stellt keine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kind und dem Nebenintervenienten im Sinne von §§ 1592, 1593 BGB her (Senatsbeschlüsse [X.] 173, 90, 95 und vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733; vgl. auch [X.] 83, 391, 394), ebenso wenig ermöglicht es unmittelbar die Geltendmachung von [X.] auf Unterhalt bzw. Unterhaltsregress (vgl. [X.] 92, 275, 278 und 83, 391, 394). Vielmehr ist die Rechtsstellung des biologischen [X.] nur insoweit mittelbar betroffen, als das rechtskräftige Anfechtungsurteil den Weg zur Fest-stellung seiner [X.]chaft mit den damit verbundenen Pflichten freigibt (Se-natsbeschluss vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733). Eine andere Betrachtungsweise folgt auch nicht daraus, dass die erfolg-reiche [X.]chaftsanfechtung die Rechtsverteidigung des potenziellen biologi-schen [X.] in einem späteren [X.]chaftsfeststellungsverfahren verkürzen würde. Denn er kann in diesem Verfahren seine eigene biologische [X.]chaft bestreiten, ohne dass die Erforschung der wahren Abstammungsverhältnisse unter Einbeziehung des im erfolgreichen Anfechtungsverfahren als [X.] 11 - 6 - beteiligten Mannes ausgeschlossen ist (Senatsbeschlüsse [X.] 173, 90, 95 und vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733). Zwar kann sich der mögliche biologische Vater im Feststellungsverfahren nach §§ 1600 d, 1600 e BGB nicht mehr auf den Standpunkt stellen, das Kind sei rechtlich doch der [X.] des Anfechtungsverfahrens zuzuordnen (Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733). Dies beruht allerdings darauf, dass das Anfechtungsurteil gemäß § 640 h Abs. 1 Satz 1 ZPO für und gegen alle wirkt. Insofern handelt es sich um allgemeine Auswirkungen des Gestaltungsurteils, die den seine [X.]chaft abwehrenden biologischen Vater - wie jeden anderen [X.] auch - nicht in rechtlich besonders geschützten Be-langen treffen (Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733; [X.] FamRZ 2002, 30, 31; vgl. auch Senatsurteil [X.] 92, 275, 277). b) Folgerichtig hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht die Berufung des Streithelfers als unzulässig gewertet. Ein unselbstständiger Streithelfer darf sich gemäß § 67 ZPO nicht in Widerspruch zu den Handlungen der von ihm unterstützen [X.] setzen. Er darf Prozesshandlungen nur so lange vor-nehmen, wie sich ein ausdrücklich erklärter oder aus dem Gesamtverhalten im Verfahren zu entnehmender gegenteiliger Wille der [X.] nicht feststellen lässt ([X.] Beschluss vom 27. September 2007 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 261 m.w.N.). Die Beklagte hat indes der Berufungseinlegung widersprochen. 12 c) Auch dass das Amtsgericht den Anspruch des Streithelfers auf [X.] Gehör verletzt hat, führt nicht dazu, dass die Berufung des Streithelfers abweichend von § 67 ZPO auch gegen den Willen der von ihm unterstützten [X.] zulässig wäre. 13 - 7 - [X.]) Allerdings steht auch dem seine [X.]chaft abwehrenden potenziel-len biologischen Vater im Falle seines Beitritts im [X.] ein [X.] auf rechtliches Gehör zu. Wenn es Art. 103 Abs. 1 GG auch nicht erfor-dert, den möglichen biologischen Vater gemäß § 640 e Abs. 1 ZPO von Amts wegen beizuladen (Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - [X.]/04 - [X.], 1731, 1733), so hat er doch im Falle seines Beitritts die Rechtsstellung eines unselbstständigen Nebenintervenienten und ist daher im Hauptverfahren hinzuzuziehen (vgl. § 71 Abs. 3 ZPO). Er hat also ein Recht auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und auf Beteiligung an ihrer schriftsätzlichen [X.]. Alle Schriftsätze, Ladungen und Bekanntmachungen von Terminen sind ihm zu übermitteln (Musielak/[X.] ZPO 6. Aufl. § 67 Rdn. 3; [X.] ZPO 22. Aufl. § 67 Rdn. 18 f.). Auch ist er berechtigt, in den Grenzen des § 67 ZPO Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Pro-zesshandlungen wirksam vorzunehmen. Insofern steht dem Streithelfer ein [X.] auf rechtliches Gehör zu ([X.] 1988, 345, 346; [X.] in [X.]/[X.] GG Art. 103 Abs. 1 Rdn. 34; Musielak/[X.] ZPO 6. Aufl. § 67 Rdn. 3; [X.] Kommentar zum GG/[X.] Art. 103 Abs. 1 Rdn. 95; [X.]/ [X.]. Art. 103 Rdn. 6; [X.] ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 35; [X.]/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 67 Rdn. 2). Bei diesem [X.] handelt es sich nicht um ein vom Recht der unterstützten [X.] auf rechtliches Gehör abgeleitetes, unselbstständiges Recht, sondern der Streithelfer ist originär Träger des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. [X.] 1988, 345, 346; [X.] Kommentar zum GG/[X.] Art. 103 Abs. 1 Rdn. 95; [X.] ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 35; [X.]/[X.] ZPO 27. Aufl. § 67 Rdn. 2). 14 bb) Das Amtsgericht hat das Recht des Streithelfers der [X.] auf rechtliches Gehör verletzt. Es hat ihn weder zur mündlichen Verhandlung gela-den, noch hat es ihm Gelegenheit gegeben, sich zu allen [X.] - 8 - chen Tat- und Rechtsfragen zu äußern und gehört zu werden (vgl. zur Nebenin-tervention [X.] 1988, 345, 346; Musielak/[X.] ZPO 6. Aufl. § 67 Rdn. 3 und allgemein [X.] ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 42, 59 f. m.w.N.). Unerheblich sind hierbei im Ausgangspunkt die Gründe dafür, dass das erkennende Gericht erst nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils Kenntnis vom [X.] des Streithelfers vom 20. Oktober 2006 erlangt hat. Denn eine Gehörsverletzung setzt nicht voraus, dass dem Gericht ein [X.] zur Last fällt ([X.] NJW 1993, 51; [X.]E 62, 347, 352; [X.] in [X.]/[X.] GG Art. 103 Abs. 1 Rdn. 142; [X.] Kommentar zum GG/[X.] Art. 103 Abs. 1 Rdn. 110 m.w.N.; [X.] ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 65). Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Streithelfer den Beitrittsschriftsatz mit einem unrichtigen Aktenzeichen versehen hat und daher (mit)verantwortlich für dessen verspätete Vorlage an [X.] ist. 16 Zwar ist von einem Prozessbeteiligten zu verlangen, dass er die nach der jeweiligen prozessualen Lage möglichen und zumutbaren Anstrengungen zur Wahrung seines Gehörs unternimmt, wenn er dessen Verletzung mit Erfolg rü-gen will ([X.] Beschluss vom 29. März 2007 - 2 BvR 2366/06 - iuris; [X.]E 74, 220, 225 m.w.N.; [X.] ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rdn. 45). Liegt die Ursache für die fehlende Gewährung rechtlichen Gehörs im Verantwortungsbereich des Beteiligten, kann daher eine Gehörsverletzung zu verneinen sein. Dem entspricht es, dass das [X.] in Fäl-len, in denen ein Gericht einen [X.] nicht berücksichtigt hat, eine Ge-hörsverletzung unter der Voraussetzung bejaht, dass der [X.] "ord-nungsgemäß eingegangen" war ([X.] NJW 1993, 51; [X.]E 62, 347, 352). 17 - 9 - Indes ist anerkannt, dass Gerichten in gewissen Grenzen [X.] zukommen können, die auch dazu dienen, den Verfahrensbeteiligten unter-laufene Fehler auszugleichen. So obliegt es nach ständiger Rechtsprechung in Fällen, in denen ein fristgebundener [X.] nicht an das Rechtsmittelge-richt, sondern an das erstinstanzliche Gericht adressiert wurde, dem unzustän-digen Gericht aufgrund einer nachwirkenden Fürsorgepflicht, diesen [X.] im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Ge-schieht dies nicht, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, falls der [X.] so rechtzeitig eingegangen war, dass eine fristgerechte Weiter-leitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne [X.] erwartet werden konnte. Mit dem Übergang des [X.]es in die Verant-wortungssphäre des zur Weiterleitung verpflichteten Gerichts wirkt sich ein et-waiges Verschulden des Verfahrensbeteiligten oder seines Bevollmächtigten nicht mehr aus (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa [X.] Beschlüsse vom 28. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1640 und vom 3. September 1998 - [X.] - [X.], 1170, 1171 m.w.N.; [X.] NJW 2001, 1343 und 1995, 3173, 3175). 18 Weiter hält die Rechtsprechung das Gericht im Falle einer nicht genü-gend entschuldigten Verspätung erheblichen Vorbringens für verpflichtet, sei-nerseits im Rahmen des Zumutbaren alle erforderlichen vorbereitenden [X.] rechtzeitig zu veranlassen, um eine Verzögerung des Rechtsstreites abzuwenden. Versäumt es dies, kann das Vorbringen nicht gemäß § 296 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden. Denn eine Präklusion ist jedenfalls dann nicht mit dem Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs zu verein-baren, wenn richterliches Fehlverhalten, namentlich eine unzulängliche Verfah-rensleitung oder eine Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht, die Verzöge-rung mitverursacht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.] 75, 138, 142 f.; [X.] NJW-RR 1999, 1079; [X.]E 81, 264, 273 f. = NJW 1990, 2373, 19 - 10 - 2374). Ferner ist die richterliche Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO als Ausfluss der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts zu werten, bei deren Verletzung der Anspruch auf rechtliches Gehör tangiert sein kann (vgl. etwa [X.] Be-schluss vom 13. März 2008 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 973). 20 Diese Grundsätze können auf Konstellationen übertragen werden, in de-nen Schriftsätze bzw. darin enthaltene Verfahrenshandlungen oder Vorbringen eines (potentiellen) Verfahrensbeteiligten infolge eines diesem unterlaufenen Fehlers unberücksichtigt zu bleiben drohen. Gerade weil in solchen Fällen des-sen Anspruch auf rechtliches Gehör berührt ist, vermag der Fehler des [X.] das Gericht nicht von seiner Verpflichtung zu entbinden, zumut-bare Maßnahmen zu treffen, damit der [X.] dennoch berücksichtigt wer-den kann. Denn grundsätzlich ist das Gericht dafür verantwortlich, dass das Gebot des rechtlichen Gehörs eingehalten wird ([X.] NJW 1990, 2374). Danach beseitigt der Fehler des Streithelfers die dem Amtsgericht unter-laufene Gehörsverletzung nicht. Der [X.], in welchem der Streithelfer seinen Beitritt erklärte, war 10 Tage vor der mündlichen Verhandlung bei [X.] eingegangen. Die [X.]en des in Rede stehenden Rechtsstreits waren im [X.] bezeichnet, außerdem war im Betreff kenntlich gemacht, dass es sich bei dem Rechtsstreit, dem der Streithelfer beitreten wollte, um ein Vater-schaftsanfechtungsverfahren handelte. Zudem betraf das (unrichtige) [X.] das Verfahren der Anordnung der [X.] für den fragli-chen Rechtsstreit, also ein Verfahren, das in engem sachlichen Zusammen-hang zu dem Rechtsstreit stand, auf welchen sich der Beitritt bezog. Angesichts dieser Umstände konnte erwartet werden, dass der [X.] im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin [X.] zugeleitet würde. Folglich hat sich mit dem Übergang 21 - 11 - des [X.]es in die Verantwortungssphäre des Gerichts ein etwaiges [X.] des Streithelfers nicht mehr ausgewirkt. 22 cc) Dass das Amtsgericht den Anspruch des Streithelfers auf rechtliches Gehör verletzt hat, kann indes nicht zur Folge haben, dass die Berufung unter einschränkender Auslegung des § 67 ZPO auch gegen den Willen der von ihm unterstützten [X.] zulässig wäre. Allerdings widerspräche es den rechtsst[X.]tlichen Mindeststandards, wenn im Falle einer Verletzung des dem Streithelfer zustehenden Anspruchs auf rechtliches Gehör gegen den Widerspruch der [X.] kein fachgericht-licher Rechtsschutz gegeben wäre. Nachdem nämlich dem Streithelfer ein ori-ginärer Anspruch auf rechtliches Gehör zusteht, welcher nicht vom Gehörsrecht der unterstützten [X.] abgeleitet ist (vgl. oben 2 c [X.]), muss auch die Möglichkeit bestehen, dieses Recht unabhängig von der [X.] zu verfol-gen. Denn nach der Rechtsprechung des [X.]s gehört in einem Rechtsst[X.]t zu der grundrechtsgleichen Garantie des Art. 103 Abs. 1 GG die Möglichkeit einer zumindest einmaligen gerichtlichen Kontrolle ihrer Einhal-tung (vgl. [X.] NJW 2007, 2242, 2243; [X.]E 107, 395, 407, 409 = NJW 2003, 1924, 1926). Ohne eine eigenständige Befugnis des Streithelfers, eine etwaige Verletzung seines originären Gehörsrechts unabhängig vom Willen der unterstützen [X.] der gerichtlichen Kontrolle zuzuführen, bliebe die Ge-hörsgewährleistung insoweit rechtsst[X.]tlich defizitär. Dabei genügt die [X.], die Verletzung des rechtlichen Gehörs mittels der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen, nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Vielmehr ent-spricht es dem Rechtsst[X.]tsprinzip, wenn die Prüfung von gerichtlichen [X.] und ihre Beseitigung in erster Linie durch die Fachgerichte selbst erfolgen ([X.] NJW 2007, 2242, 2244; [X.]E 107, 395, 410 f., 413 f. = 23 - 12 - NJW 2003, 1924, 1926 ff.). In Konsequenz dieser Erwägungen ist eine verfas-sungskonforme Auslegung des § 67 ZPO geboten. 24 Diese gebotene verfassungskonforme Auslegung des § 67 ZPO kann [X.] nicht zum Inhalt haben, dass in Fällen der Verletzung des [X.] in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör dessen Berufung gegen den Willen der von ihm unterstützten [X.] zulässig wäre. [X.] ist § 67 ZPO dahingehend einschränkend auszulegen, dass in solchen Fällen der Streithelfer die [X.] gemäß § 321 a ZPO wirksam einlegen kann, auch wenn dies in Widerspruch zu Erklärungen oder Handlungen der [X.] steht. Nur eine solche Lösung entspricht dem Zweck des [X.], entsprechend den Anforderungen an das Gebot der Rechtsmittelklarheit eine umfassende und abschließende Regelung für Konstel-lationen zu treffen, in denen ein Gericht, dessen Entscheidung im Ausgangs-punkt unanfechtbar ist, das rechtliche Gehör verletzt hat (BT-Drucks. 15/3706 S. 15; [X.] Kommentar zum GG/[X.] Art. 103 Abs. 1 Rdn. 112; vgl. auch [X.] NJW 2006, 2907, 2908). Auch entspricht sie der Vorstellung des [X.], der eine Fehlerkorrektur innerhalb der Instanz für vorzugswürdig hält, weil sie eine einfache und ökonomische Abhilfe ermöglicht (BT-Drucks. 14/4722 S. 85; vgl. auch [X.] 150, 133, 136). Zudem ist eine einschränkende Auslegung des § 67 ZPO im obigen [X.] auch deshalb zu befürworten, weil diese Lösung verhindert, dass dem Streithelfer infolge der Gehörsverletzung mehr Rechte zustehen, als er ohne eine solche innehätte. Würde man die Berufung gegen den Willen der Haupt-partei zulassen, hätte der Streithelfer alleine infolge des Gehörsverstoßes die Möglichkeit, das Urteil einer Überprüfung durch die höhere Instanz zuzuführen. Demgegenüber hat eine erfolgreiche Anhörungsrüge lediglich zur Folge, dass das Verfahren in erster Instanz fortgesetzt wird, soweit dies auf Grund der Rüge 25 - 13 - geboten ist, § 321 a Abs. 5 ZPO. Insoweit sind dann im Übrigen wiederum die Beschränkungen der Befugnisse des Streithelfers gemäß § 67 ZPO zu [X.]. Hahne [X.] [X.] Klinkhammer
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.][X.], Entscheidung vom 20.04.2007 - 9 UF 139/06 -

Meta

XII ZB 75/07

17.06.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2009, Az. XII ZB 75/07 (REWIS RS 2009, 3041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3041

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