Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2883

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Gegenstand

Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Versendung von Werbe-E-Mails durch die Nutzer der Website des beworbenen Unternehmens - Empfehlungs-E-Mail


Leitsatz

Empfehlungs-E-Mail

Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Richtet sich die ohne Einwilligung des Adressaten versandte Empfehlungs-E-Mail an einen Rechtsanwalt, stellt dies einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 23. Oktober 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des [X.] zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des [X.] vom 14. Februar 2012 auf die Berufung des [X.] abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.

Der [X.] wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der [X.] zu vollziehen ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der [X.] auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, nimmt die auf dem Gebiet der Außenwerbung tätige Beklagte hauptsächlich auf Unterlassung in Anspruch.

2

Auf der Internetseite der [X.] befindet sich eine sogenannte Weiterempfehlungsfunktion. Gibt ein Dritter seine eigene [X.]-Adresse und eine weitere [X.]-Adresse ein, wird von der Internetseite der [X.] an die weitere von dem [X.] benannte [X.]-Adresse eine automatisch generierte [X.] versandt, die auf den Internetauftritt der [X.] hinweist. Bei dem Empfänger der E-Mail geht der Hinweis auf die Internetseite der [X.] als von dieser versandt ein. Weiteren Inhalt hat eine Empfehlungs-E-Mail nicht.

3

Der Kläger erhielt ab dem 26. Dezember 2010 ohne seine Zustimmung mehrere [X.]. Nach einer Abmahnung und einer weiteren Beschwerde des [X.] erklärte sich die Beklagte bereit, dessen konkrete E-Mail-Adresse für den Erhalt der [X.] zu sperren. In der Folgezeit erhielt der Kläger gleichwohl noch E-Mails, die auf den Internetauftritt der [X.] hinwiesen. Darüber hinaus erhielt er acht weitere E-Mails von der [X.], die als „[X.]“ bezeichnet waren.

4

Der Kläger wendet sich - soweit für die Revision noch von Bedeutung - gegen die Zusendung von E-Mails ohne sein Einverständnis. Er hat beantragt, es der [X.] unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,

mit ihm zur Aufnahme eines erstmaligen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt.

5

Darüber hinaus hat er die Beklagte auf Zahlung von Abmahnkosten und Verzinsung des von ihm verauslagten [X.] in Anspruch genommen.

6

Die Beklagte ist dem Begehren des [X.] entgegengetreten und hat insbesondere geltend gemacht, die an den Kläger versandten E-Mails hätten keine Werbung enthalten. Sie, die Beklagte, sei nicht als Störerin anzusehen, weil der [X.]-Versand durch Dritte veranlasst werde. Der Kläger habe die streitgegenständlichen Kontaktierungen hinzunehmen, da er ein E-Mail-Postfach unterhalte. Ohne eine ihr nicht zumutbare Aufgabe ihrer Empfehlungsfunktion könne ein Versand von E-Mails an ihr noch unbekannte E-Mail-Adressen des [X.] nicht verhindert werden.

7

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein noch anhängiges Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des [X.] wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB verneint. Dazu hat es ausgeführt:

9

Der Unterlassungsanspruch könne nicht auf die im Dezember 2010 und Januar 2011 eingegangenen E-Mails gestützt werden, weil die Beklagte die Funktion der [X.]-Weitersendung im Februar 2011 umgestellt habe. Danach sei durch den Kläger bis zum Erhalt weiterer E-Mails im September 2011 keine Reaktion erfolgt, so dass die E-Mails bis Januar 2011 als „verbraucht“ anzusehen seien. Wegen der ab September 2011 versandten [X.] bestehe ebenfalls kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte richte ihre [X.] an einen engen potentiellen Nutzerkreis, der aus [X.] bestehe, die weitere Personen auf den Netzauftritt der Beklagten aufmerksam machen wollten. Die Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten werde [X.] pro Jahr genutzt. Die Weiterempfehlung könne (nach entsprechender Änderung der Funktion) nicht von automatischen Programmen genutzt werden und die Beklagte unterbinde nunmehr den Versand an [X.]-Adressen, die sie zuvor in eine „Schwarze Liste“ aufgenommen habe.

Das Vorhalten der [X.] könne daher auch nicht als wettbewerbswidriges Verhalten angesehen werden. Die Beklagte beabsichtige nicht und nehme auch nicht billigend in Kauf, dass es durch missbräuchliches Verhalten Dritter zu einer Verbreitung der [X.] komme. Die Beklagte habe alles jenseits der Abschaffung der Funktion Mögliche getan, um Beeinträchtigungen Dritter zu vermeiden, zumal sie keine Anreize zur Nutzung der Funktion geschaffen habe.

Die Beklagte könne schließlich auch nicht als Störerin im Hinblick auf das unverlangte Zusenden der [X.] angesehen werden.

II. Die Angriffe der Revision haben Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Unterlassungsbegehrens richten. Sie führen in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der Beklagten nach dem Unterlassungsantrag. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Die darüber hinaus erhobenen Ansprüche auf Zahlung von Abmahnkosten und Verzinsung des verauslagten [X.] sind dagegen unbegründet.

1. Der Unterlassungsantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag zwar nicht näher ausgelegt. Das ist jedoch unschädlich. Bei einem Klageantrag handelt es sich um eine Prozesserklärung, die das Revisionsgericht selbständig auslegen kann ([X.], Urteil vom 29. Juni 2000 - [X.], [X.], 80 = [X.], 1394 - ad-hoc-Meldung; Urteil vom 3. April 2008 - [X.], [X.], 1002 Rn. 16 = [X.], 1434 - [X.]; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, [X.], 152 Rn. 23 bis 25 = [X.], 223 - Kinderhochstühle im Internet).

Mit dem Unterlassungsantrag erstrebt der Kläger ein generelles Kontaktaufnahmeverbot per [X.] für die Beklagte. Ein derart weitgehender Anspruch besteht nicht. Der Kläger kann der Beklagten nur eine Kontaktaufnahme per [X.] verbieten lassen, soweit diese einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Der allgemein gefasste Unterlassungsantrag enthält als Minus aber auch die konkrete Verletzungsform. Aus dem Vorbringen des [X.] in der Klageschrift, das zur Auslegung des [X.] heranzuziehen ist (vgl. [X.], Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, [X.], 84 Rn. 19 = [X.], 98 - Versandkosten; [X.], [X.], 1002 Rn. 17 - [X.]), ergibt sich mit der gebotenen Deutlichkeit, dass der Kläger der Beklagten nur verbieten lassen will, an ihn ohne seine ausdrückliche Einwilligung [X.] zu versenden.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von E-Mails mit werblichem Inhalt zu. Das Zusenden der [X.] durch die Beklagte stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des [X.] dar, weil unverlangt zugesandte [X.]-Werbung betriebsbezogen erfolgt und den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers beeinträchtigt. Das Versenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Mai 2009 - [X.], [X.], 980 Rn. 10 ff. = [X.], 1246 - [X.]-Werbung II).

a) Bei der Zusendung der [X.] an den Kläger handelt es sich um unverlangt zugesandte Werbung.

aa) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/113/[X.] über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern ([X.], [X.], 980 Rn. 13 - [X.]-Werbung II).

bb) Mit diesem weiten Verständnis des Begriffs der Werbung wird nicht die gebotene Unterscheidung zwischen geschäftlichen Handlungen und Werbung verwischt ([X.], [X.], 767, 769). Der Begriff der geschäftlichen Handlung ist - ebenso wie der in der Richtlinie 2005/29/[X.] enthaltene Begriff der Geschäftspraktiken - insofern weiter als der Begriff der Werbung, als er auch Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung von Verträgen oder dem Verkauf und die Lieferung eines Produkts erfasst (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen „geschäftlicher Handlung“ und „Werbung“ steht daher nicht der Annahme entgegen, dass es sich auch bei einer mittelbaren Absatzförderung um Werbung handelt.

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Einordnung als Werbung nicht darauf an, dass das Versenden der [X.] letztlich auf dem Willen eines [X.] beruht ([X.], [X.], 26). Entscheidend ist vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der [X.] erreichen will. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten [X.] Werbung.

b) Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des [X.] ist auch rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt - von dem hier nicht bedeutsamen Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen - jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Beurteilung der Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuchs ebenfalls heranzuziehen, um [X.] zu vermeiden (vgl. [X.] in [X.]/[X.], UWG, 31. Aufl., § 7 Rn. 14; [X.] in [X.], jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 7 Rn. 153). Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig (vgl. [X.], [X.], 980 Rn. 14 - [X.]-Werbung II).

Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass die Werbung nur an Personen versandt wird, die ein Dritter durch Eingabe von deren [X.]-Adresse ausgewählt hat. [X.] ist eine Wettbewerbshandlung, die einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, wenn dadurch Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt werden (§ 7 Abs. 1 UWG). Ein solcher [X.] ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass der Werbende zu Mitteln greift, die auch berufsmäßigen Werbern verboten sind (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.], [X.], 949 Rn. 20 = [X.], 1370 - Kunden werben Kunden). Dies ist hier anzunehmen. Entscheidend ist, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann ([X.] in [X.]/[X.] aaO § 7 Rn. 201).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Belästigung des [X.] durch unverlangt zugesandte E-Mails auch nicht unerheblich im Sinne des § 3 UWG, was zum Ausschluss der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb führen könnte. Durch die Bestimmung in § 7 Abs. 2 UWG, der zufolge die in dieser Vorschrift aufgeführten Beispielsfälle „stets“ eine unzumutbare Belästigung darstellen, wird klargestellt, dass die [X.] des § 3 UWG nicht mehr anwendbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2010 - [X.], [X.], 939 Rn. 18 = [X.], 1249 - Telefonwerbung nach [X.]; Urteil vom 5. Oktober 2010 - [X.], [X.], 433 Rn. 23 = [X.], 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender immer dann zu rechnen ist, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails zulässig ist (vgl. [X.], [X.], 980 Rn. 12 - [X.]-Werbung II).

c) Die Beklagte haftet für die Zusendung der [X.] als Täterin. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Versand der [X.] letztlich auf die Eingabe der [X.]-Adresse des [X.] durch einen [X.] zurückgeht (vgl. [X.], [X.], 949 Rn. 20 - Kunden werben Kunden). Maßgeblich ist, dass der Versand der [X.] auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückgeht und die Beklagte beim Empfänger einer Empfehlungs-[X.] als Absenderin erscheint. Sinn und Zweck der [X.] der Beklagten bestehen auch gerade darin, dass [X.] (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) ein Hinweis auf den Internetauftritt der Beklagten übermittelt wird. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Missbrauch der [X.] nicht in Kauf nimmt. Es ist offensichtlich, dass die [X.] gerade dazu benutzt wird, an Dritte [X.] zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.

d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die [X.] an den Kläger ohne dessen Einverständnis übermittelt worden. Eine Gegenrüge des Inhalts, dass das Berufungsgericht einen entsprechenden Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. [X.] in Piper/[X.]/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 7 Rn. 52) übergangen hätte, hat die Revisionserwiderung nicht erhoben.

e) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert. Dies entspricht für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ständiger Rechtsprechung (vgl. nur [X.], Urteil vom 26. Oktober 2000 - [X.], [X.], 453, 455 = WRP 2001, 400 - [X.]; Urteil vom 2. Oktober 2012 - [X.], [X.], 638 Rn. 58 = [X.], 785 - [X.], [X.]), gilt aber auch, wenn sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch - wie im Streitfall - aus dem allgemeinen Deliktsrecht ergibt (vgl. [X.], Urteil vom 8. Februar 1994 - [X.], [X.], 394, 395 = WRP 1994, 306 - Bilanzanalyse; Urteil vom 27. Januar 1998 - [X.], NJW 1998, 1391, 1392 - Klartext, jeweils zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; Urteil vom 30. Oktober 1998 - [X.], [X.]Z 140, 1, 10, zur Verletzung des Eigentums; [X.] in [X.]/Hoehne, Presserecht, 5. Aufl., § 30 Rn. 8a; [X.]/[X.], Handbuch des Presserechts, 6. Aufl., [X.]. 44 Rn. 5; MünchKomm.BGB/[X.], 6. Aufl., § 1004 Rn. 292).

Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, in Bezug auf die im Dezember 2010 und Januar 2011 versandten E-Mails bestehe keine Wiederholungsgefahr, so dass auf die Ausgestaltung der [X.] zum [X.]punkt der ersten an den Kläger übermittelten [X.] nicht abgestellt werden könne, kann dem nicht beigetreten werden. Durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens entfällt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht. Die aus einem früheren rechtswidrigen Handeln erfahrungsgemäß abgeleitete ernsthafte Besorgnis, dass der Verletzer auch weiterhin in gleicher Weise handeln wird, endet daher im Allgemeinen nicht aufgrund der Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzung erfolgt ist ([X.], [X.], 638 Rn. 58 - [X.], [X.]). Die Wiederholungsgefahr hätte auch im Streitfall nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können, weil die begangene rechtswidrige Handlung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, so dass die Beklagte nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung überzeugend hätte dartun können, dass sie die entsprechende Handlung nicht wiederholen wird (vgl. zum Wettbewerbsrecht [X.], Urteil vom 19. März 1998 - I ZR 264/95, [X.], 1045, 1046 = [X.], 739 - Brennwertkessel; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 1.34; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., [X.]. 10 Rn. 21 [X.]; vgl. zum deliktsrechtlichen Unterlassungsanspruch [X.], [X.], 394, 395 - Bilanzanalyse; [X.]/[X.] aaO [X.]. 44 Rn. 6, 11; [X.] in [X.]/Hoehne aaO § 30 Rn. 11).

3. Einen Anspruch des [X.] auf Erstattung von Abmahnkosten hat das Berufungsgericht dagegen mit Recht verneint.

a) Ebenso wie im Wettbewerbsrecht hat der Verletzte, der seinen Unterlassungsanspruch auf § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB stützt, grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten, wenn die Abmahnung begründet war (vgl. [X.], Urteil vom 26. Mai 2009 - [X.], [X.], 269 Rn. 20 - [X.]; Urteil vom 19. Oktober 2010 - [X.], [X.], 268 Rn. 11 [X.]). Lässt sich der Verletzte bei der Abmahnung anwaltlich vertreten, so hat der Verletzer die gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu tragen, wenn die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. [X.], [X.], 268 Rn. 11; [X.] in [X.]/Hoehne aaO § 30 Rn. 22).

b) Aufwendungen für eine Abmahnung sind unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes von dem Verletzer aber nur dann zu ersetzen, wenn die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war ([X.], [X.], 269 Rn. 20; vgl. zum Wettbewerbsrecht [X.], Urteil vom 6. Mai 2004 - [X.], [X.], 789 = [X.], 908 - Selbstbeauftragung, [X.]).

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen einen deliktsrechtlichen Tatbestand ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügt (vgl. [X.], [X.], 789, 790 - Selbstbeauftragung). Ein Rechtsanwalt muss im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines deliktischen Handelns unter dem Gesichtspunkt der Schadensvermeidung (§ 254 Abs. 1 BGB) einsetzen. Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Rechtsverletzungen nicht notwendig. Es besteht dann kein Anspruch auf Erstattung der dafür anfallenden Kosten. Entsprechendes gilt für den Fall einer Selbstbeauftragung (vgl. [X.], [X.], 789, 790 - Selbstbeauftragung).

4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Abweisung des Anspruchs auf Verzinsung des verauslagten [X.]. Es kann offenbleiben, ob neben dem Zinsanspruch gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein weitergehender materiell-rechtlicher Anspruch auf Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten für die [X.] von deren Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags aus § 286 BGB besteht. Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einer schlüssigen Begründung für einen solchen Anspruch.

III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des [X.] aufzuheben, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des [X.] zum Nachteil des [X.] erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des [X.] abzuändern und die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu verurteilen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

[X.]     

        

Pokrant     

        

Ri[X.] Prof. Dr. Büscher ist
in Urlaub und kann daher nicht
unterschreiben.

                                   

[X.]

        

[X.]     

        

Löffler     

        

Meta

I ZR 208/12

12.09.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Köln, 23. Oktober 2012, Az: 11 S 122/12

§ 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 7 Abs 2 Nr 3 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12 (REWIS RS 2013, 2883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2883

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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