Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 89/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 434

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 89/12
Verkündet am:

12. Dezember 2012

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 117, 474
Schiebt beim
Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als [X.] vor, um die Sache unter [X.] der Haftung für Mängel zu verkaufen, so ist der Kaufvertrag zwischen den Verbrauchern wirksam, sofern nicht die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§
117 BGB) vorliegen (im [X.] an Senatsurteil vom 22. November 2006 -
[X.], [X.], 67).

BGH, Urteil vom 12. Dezember 2012 -
VIII ZR 89/12 -
LG [X.]

[X.]

-
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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2012
durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.] sowie
die Richter [X.] und Dr.
Bünger
für Recht erkannt:
Die
Revision
des [X.] gegen das Urteil der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 21.
Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger kaufte von der [X.] mit Vertrag vom
4.
Dezember 2007
einen zehn Jahre alten [X.] 146L
zum Preis von 1.700

unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Beide Parteien sind Verbraucher. Der Ehemann der [X.], der einen Kraftfahrzeughandel betreibt, hatte die Beklagte zur Unter-zeichnung des Kaufvertrages veranlasst, um Sachmängelansprüche
ausschlie-ßen zu können.
Der Kaufvertrag enthält unter anderem die Eintragung, dass das Fahrzeug zwei Vorbesitzer gehabt habe und die nächste Hauptuntersu-chung im November 2009 anstehe.
Kurz nach der
Übergabe des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass die übergebenen Bescheinigungen
vom 22.
November 2007 über die durchgeführte Hauptuntersuchung
und die Abgasuntersuchung gefälscht waren. Der Kläger 1
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erklärte aus diesem Grund mit Anwaltsschreiben vom 10.
Dezember 2008 die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger
Täuschung und mit Schreiben vom 7.
April 2010 den Rücktritt vom Vertrag.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen und
außergerichtlichen Anwaltskosten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision er-strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Rücktritt vom Kaufvertrag sei nicht wirksam, weil Sachmängelansprüche des [X.] wegen der von der [X.] erhobenen Verjährungseinrede nicht durchsetzbar
seien. Der Kläger könne von der [X.] auch nicht nach §
812 Abs.
1 BGB Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Denn der Vertrag sei wirksam und auch nicht später wieder entfallen.

Der Umstand, dass die Beklagte mit dem von ihr an den Kläger verkauf-ten Pkw nichts zu tun gehabt habe, sondern lediglich als Verkäuferin vorge-schoben worden sei, habe nicht zur Folge, dass der Kaufvertrag als unwirksam anzusehen sei. Im
Fall eines [X.] durch Einsetzen eines 3
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[X.]s auf Verkäuferseite sei der zwischen dem [X.] und dem [X.] abgeschlossene Kaufvertrag als wirksam anzusehen. Ein Scheinge-schäft im Sinne des §
117 BGB liege nicht vor, da die mit dem [X.] Rechtsfolgen von beiden Kaufvertragsparteien,
insbesondere auch von dem Käufer, gewollt seien.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Kaufvertrag sei auch nicht nachträglich durch die vom Kläger erklärte Anfechtung wegen arglistiger [X.] entfallen. Dem Kläger stehe kein Anfechtungsrecht nach §
123 BGB zu. Er könne sich nicht darauf berufen, von der [X.] durch ein arglistiges [X.] zum Kaufvertragsabschluss veranlasst worden zu sein. Denn er habe nicht den ihm obliegenden Nachweis führen können, dass die Beklagte [X.] davon gehabt habe, dass die Fahrzeugpapiere gefälscht gewesen seien. In Bezug auf die Anzahl der Voreigentümer und
den Umstand, dass ein Voreigen-tümer nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen gewesen sei, sei eine etwai-ge hiermit verbundene Täuschung seitens der [X.] beziehungsweise
der hinter ihr stehenden Betreiber der Kfz-Werkstatt jedenfalls nicht ursächlich für die Kaufentscheidung des [X.] gewesen.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Dem Kläger steht gegenüber der [X.] kein [X.] auf Rückzahlung des Kaufpreises zu.
1. Das Berufungsgericht hat einen vertraglichen Rückabwicklungsan-spruch rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass der vom Kläger er-klärte Rücktritt vom Vertrag unwirksam ist, weil etwaige Sachmängelansprüche des [X.] gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt sind und die Vorausset-8
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zungen für eine Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß §
438 Abs.
3 Satz
1 BGB nicht vorliegen.
Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts, dass der Kläger nicht durch ein arglistiges Verhalten der [X.] oder der hinter ihr stehenden Betreiber der Kraftfahrzeugwerkstatt zum Abschluss des Kaufvertrags veranlasst worden ist.
Die tatrichterliche Wür-digung des Berufungsgerichts, dass eine etwaige Täuschung über die Anzahl der Vorbesitzer für den Kaufentschluss des [X.] jedenfalls nicht ursächlich war, weil es dem Kläger unter Berücksichtigung des Alters und des geringen Preises des Fahrzeugs nicht darauf angekommen sei, ob dieses einen [X.] mehr hatte als im Kaufvertrag angegeben und aus den Fahrzeugpa-pieren ersichtlich war, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts sei nicht überprüfbar, weil die Aussagen der Zeugen H.

und R.

nicht protokol-liert worden seien, greift nicht durch. Denn das Berufungsgericht hat die [X.] dieser Zeugen nicht verwertet, sondern stützt seine Sachverhaltswürdigung auf die eigenen Angaben des [X.] in der mündlichen Verhandlung, die im Berufungsurteil wiedergegeben sind.
2. Ein Schadensersatzanspruch gemäß §
280 Abs. 1, §
311 Abs.
2, 3, §
241 Abs.
2
BGB wegen vorsätzlich unterlassener Aufklärung über die Anzahl der Vorbesitzer (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 -
VIII
ZR 38/09, NJW 2010, 858) besteht ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht
hat auch inso-weit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anzahl der Vorbesitzer im vorliegen-den Fall keine maßgebliche Bedeutung für die Kaufentscheidung des [X.] hatte und deshalb ein etwaiges bewusstes Verschweigen des Umstandes, dass ein Voreigentümer nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen war, jedenfalls nicht ursächlich für den Kaufvertragsabschluss war.
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3. Entgegen der Auffassung der Revision steht
dem Kläger
auch kein be-reicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §
812 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1 BGB
zu.
Denn der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam
zustande gekommen. Der Rechtsgrund für die Zahlung des Kaufpreises ist auch nicht nachträglich entfallen

812 Abs.
1 Satz 2 BGB).
a) Der zwischen dem Kläger und der [X.] zustande gekommene Kaufvertrag ist kein
Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB. Nach die-ser Bestimmung ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzu-geben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum [X.] wird. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr rechtsfehlerfrei
die Feststellung getroffen, dass die mit dem Kaufvertrag verbundenen Rechtsfolgen von beiden Parteien, insbesondere auch vom Kläger, gewollt waren. Damit scheidet
ein Scheingeschäft aus.

Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte von ihrem Ehemann dazu veranlasst worden war, den Kaufvertrag abzuschließen, damit kein [X.] vorliegt und die Sachmängelhaftung ausgeschlossen werden konnte. Das Vorschieben eines [X.]s erfolgt im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht zum Schein. Vielmehr ist das [X.]-Geschäft ernstlich ge-wollt, weil sonst der damit erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht oder nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Daher ist ein solches Geschäft nach ständiger Rechtsprechung des [X.] für den [X.] rechtlich bindend (Senatsurteil vom 13. März 2002 -
VIII ZR 292/00, NJW
2002, 2030 unter [X.] mwN).
Etwas anderes käme nach §
117 Abs. 1 BGB nur dann in Betracht, wenn der Kläger
Kenntnis davon gehabt hätte
und damit einverstanden gewesen [X.], dass
die Beklagte lediglich als "[X.]"
für ihren Ehemann
aufgetreten 13
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ist. Dafür fehlt es jedoch, wie ausgeführt,
an Feststellungen des Berufungsge-richts.
Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.
Aus dem
Senatsurteil vom 22.
November 2006 ([X.], [X.], 67) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung (aaO Rn.
16) hat der Senat die Frage, wie die ausschließliche Haftung des Händlers für [X.] bei einem Umgehungsgeschäft dogmatisch zu begründen ist, offen gelassen, weil es darauf nicht ankam. Dort
hat der Senat lediglich Litera-turmeinungen zur Begründung der ausschließlichen Haftung des Händlers
wie-dergegeben, unter anderem die Auffassung
von Müller
(NJW 2003, 1975, 1980), wonach der vorgeschobene Kaufvertrag zwischen den Verbrauchern als Scheingeschäft unwirksam sein soll. Diese
Auffassung
entspricht aber nicht der ständigen Rechtsprechung des [X.] und ist vom Senat auch
nicht gebilligt
worden. Da es auch
im vorliegenden Fall nicht um die Haftung des Händlers
geht, bedarf auch hier keiner Entscheidung, wie dessen aus-schließliche Haftung
bei einem Umgehungsgeschäft zu begründen ist.
b) Der Rechtsgrund für die Zahlung des Kaufpreises ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht durch die vom Kläger erklärte Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung
entfallen. Das Berufungsgericht hat, wie ausgeführt, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass eine etwaige Täuschung

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über die Anzahl der Vorbesitzer für den Kaufentschluss des [X.] jedenfalls nicht ursächlich war.
Ball
Dr. Frellesen
[X.]

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.09.2010 -
80 C 461/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.02.2012 -
1 [X.]/10 -

Meta

VIII ZR 89/12

12.12.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 89/12 (REWIS RS 2012, 434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 434

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 89/12

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