29. Senat | REWIS RS 2019, 10470
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Markenbeschwerdeverfahren – "High Performance Key-Valve" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 107 472.0
hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 12. Februar 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterinnen [X.] und Seyfarth
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des [X.] vom 20. September 2017 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen
„Persönliche Heiz- und Trockengeräte; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf audiovisuelle Ausrüstung; Verkaufsförderung“
zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
High Performance Key-Valve
ist am 26. Juli 2017 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Reinigungsmittel; Reinigungs- und Duftpräparate;
Beleuchtung und Lichtreflektoren; [X.], Boiler und Heizgeräte; Filter für Industrie und Haushalt; Heizungs-, Ventilations-, Klima- und Luftreinigungsgeräte und -anlagen; Industrielle Aufbereitungsanlagen; Koch-, Erhitzungs-, Kühlungs- und sonstige Behandlungsgeräte und -ausrüstung für Nahrungsmittel und Getränke; Persönliche Heiz- und Trockengeräte; Regelungs- und Sicherheitszubehör für Wassergeräte; Sanitäre Installationen und Einrichtungen, Wasserversorgungsanlagen;
Betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Abwassereinrichtungen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf audiovisuelle Ausrüstung; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf sanitäre Anlagen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf [X.]; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Hygienegeräte für Menschen; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf [X.]; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf sanitäre Anlagen; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf [X.]; Handlochen von Lochkarten [Büroarbeiten]; Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Geschäftsführung und administrative Dienstleistungen; Werbung, Marketing und Verkaufsförderung;
[X.]: Auskünfte in Bezug auf die Installation von Sanitäranlagen; Auskünfte in Bezug auf die Reparatur von Sanitäranlagen; Auskünfte in Bezug auf die Verhinderung von Verstopfungen in [X.]; Auskünfte in Bezug auf die Wartung von Sanitäranlagen; Beratung in Bezug auf Sanitäranlagenreparaturarbeiten; Beratung in Bezug auf Sanitäranlagenwartungsarbeiten; Beratung in Bezug auf Sanitärinstallationsarbeiten; Installation, Wartung und Reparatur im Sanitärbereich; Installation von sanitären Anlagen; Installation von sanitären Geräten; Instandhaltung von Sanitärtechnik; Reinigung von mobilen Sanitäreinrichtungen; Reparatur von sanitären Anlagen.
fett gedruckten Waren und Dienstleistungen, zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei dem Wortzeichen „High Performance Key-Valve“ handle es sich um eine sprachüblich gebildete, beschreibende Wortkombination in [X.], die vom angesprochenen [X.] als „Hochleistungsventil mit zentraler Funktion oder mit Schlüsselfunktion“ verstanden werde. Die von der Zurückweisung erfassten Waren könnten als technische Geräte oder Anlagen [X.] mit Schlüsselfunktion bzw. von zentraler Bedeutung aufweisen, über solche verfügen oder im Falle des Regelungs- und Sicherheitszubehörs für [X.] solche sein. Die zurückgewiesenen Dienstleistungen könnten für [X.] mit Schlüsselfunktion bzw. für damit ausgestattete Waren angeboten werden oder könnten deren Funktion, Verwendung und Betriebsfähigkeit zum Inhalt, Ziel, Zweck und Gegenstand haben. Vor diesem Hintergrund stelle das angemeldete Zeichen im Umfang der Zurückweisung kein unterscheidungskräftiges Gesamtzeichen dar, da diesem kein über die Summe seiner Bestandteile hinausgehender Gesamteindruck zukomme. Damit könne das Zeichen insoweit seine Funktion, Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Unternehmen unterscheidbar zu machen, nicht erfüllen, so dass ihm jedenfalls die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des [X.]s vom 20. September 2017 aufzuheben.
Die Anmelderin hat ihre Beschwerde nicht begründet und sich auch im amtlichen Verfahren nicht zur Sache geäußert.
Mit [X.] des Senats vom 29. Januar 2019 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 3, [X.]. 20 – 68 d. A.) darauf hingewiesen worden, dass die angemeldete Bezeichnung überwiegend nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie nicht begründet; insoweit ist die angemeldete Bezeichnung „High Performance Key-Valve“ wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 Rn. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 15 – [X.]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; [X.] Rn. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.] Rn. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.] – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 Rn. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 Rn. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 Rn. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress).
2. Diesen vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Wortzeichen überwiegend nicht. Die angesprochenen inländischen [X.]e werden das Anmeldezeichen ohne weiteres mit „[X.] bzw. Schlüsselventil“ übersetzen und ihm in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der Waren der Klasse 11 „
a) Von den hier beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden neben den Fachkreisen im Bereich der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Wasserversorgungstechnik auch die interessierten Endverbraucher angesprochen.
b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den [X.] Wörtern „
Der Begriff „
Das zum [X.] Grundwortschatz gehörende Wort „
Das Substantiv „
Da Ventile bzw. Absperrarmaturen essentielle Bauteile für pneumatische oder hydraulische Systeme darstellen, ist davon auszugehen, dass die inländischen Fachkreise den [X.] Ausdruck kennen. Die Wortkombination „
Das Anmeldezeichen bedeutet damit nichts anderes als „
c) Im Umfang der Beschwerdezurückweisung beschreibt das Anmeldezeichen in der zuvor dargestellten Bedeutung die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bzw. steht in einem engen sachlichen Bezug hierzu. Der angesprochene Verkehr wird „
[X.] 3).
Hierzu im Einzelnen:
Anlage 2).
Auch für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der [X.] ist das Anmeldezeichen nicht als Herkunftshinweis geeignet; „High Performance Key-Valve“ gibt nämlich einen Hinweis auf die Produkte, die Gegenstand dieser Dienstleistungen sind, so dass jedenfalls ein enger beschreibender bzw. sachlicher Bezug gegeben ist.
Gleiches ist in Bezug auf den größten Teil der hier beanspruchten Handelsdienstleistungen der Klasse 35 festzustellen. Denn in der Regel führt die Tatsache, dass ein Zeichen für eine Ware beschreibend ist, auch zur Schutzunfähigkeit in Bezug auf die entsprechenden Einzel- und [X.] bzw. sonstigen Vertriebsdienstleistungen, weil zwischen diesen Tätigkeiten und den Waren, mit denen Handel getrieben werden soll, eine funktionelle Nähe besteht (vgl. [X.], Beschluss vom 27.05.2014, 29 W (pat) 41/12 – [X.]; Beschluss vom 18.01.2012, 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; Beschluss vom 23.11.2011, 29 W (pat) 196/10 – Küchenzauber; Beschluss vom 18.05.2011, 29 W (pat) 62/10 – [X.]; Beschluss vom 25.06.2010, 29 W (pat) 505/10 – Klebewelten.de; Beschluss vom 10.01.2007, 29 W (pat) 43/04 – [X.]); dies gilt auch im vorliegenden Fall. Denn insbesondere in den hier betroffenen technischen Produktbereichen ist eine werblich anpreisende Sortimentsbeschreibung – wie hier leistungsfähige Hauptventile, welcher Art auch immer – durchaus üblich. Ein beschreibender Bezug ist im Übrigen auch für die „
Die hier angesprochenen [X.]e werden das Anmeldezeichen im vorgenannten Waren- und Dienstleistungszusammenhang somit nur als anpreisenden Sachhinweis auffassen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.
3. Erfolg hat die Beschwerde dagegen in Bezug auf die Waren der Klasse 11 „
Unter Waren der Klasse 11 „
Nichts anderes gilt für die Dienstleistungen der Klasse 35 „
Schließlich führt der Umstand, dass ein „High Performance Key-Valve“ bzw. Hochleistungsschlüsselventil Gegenstand einer Verkaufsförderungsmaßnahme sein kann, nicht zu einem beschreibenden Aussagegehalt in Bezug auf die Dienstleistung der Klasse 35 „Verkaufsförderung“. Abzustellen ist insoweit auf das Verkehrsverständnis des unternehmerisch tätigen Publikums, weil die Verkaufsförderung nicht von Endverbrauchern, sondern von Unternehmern in Anspruch genommen wird bzw. von Angehörigen der Führungsebene, die Marketing und Vertrieb in einem Unternehmen aufsetzen, um neue Kunden zu gewinnen und den Absatz eines Produktes in ihren jeweiligen Vertriebskanälen zu fördern. Verkaufsförderung ist ein umfassender Begriff, der alle Aktivitäten näher bezeichnet, die gezielt dazu eingesetzt werden, den Verkauf von Waren oder auch Dienstleistungen zu fördern. Dazu gehören Werbemaßnahmen jeglicher Art, also [X.], Anzeigen in den Printmedien oder im [X.], ebenso aber auch Promotionsaktivitäten an Orten. Auch Newsletter sorgen dafür, dass ein Angebot von Kundenseite wahrgenommen wird. Entsprechend der Dienstleistung „Werbung“ ist die Dienstleistung der Verkaufsförderung für Dritte unabhängig von dem konkret beworbenen Produkt universell einsetzbar mit der Folge, dass der konkrete Gegenstand der Verkaufsförderung die Dienstleistung nicht beschreibt. Die Bezeichnung „High Performance Key-Valve“ wird von den angesprochenen [X.]en daher nicht als [X.] im Zusammenhang mit Verkaufsförderung verstanden werden.
4. Soweit kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht, steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.
Meta
12.02.2019
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.02.2019, Az. 29 W (pat) 611/17 (REWIS RS 2019, 10470)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 10470
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