Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2013, Az. I ZR 51/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1857

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
Verkündet am:

17. Oktober 2013

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
Richtlinie 2004/48/[X.] vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L
195 vom 2.
Juni 2004, S.
16) Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e; [X.] § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 6
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 29.
April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl.
L
195 vom 2.
Juni 2004, S.
16) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] dahin auszulegen, dass diese Vorschrift einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Bankinsti-tut in einem Fall wie dem Ausgangsverfahren gestattet, eine Auskunft nach Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c dieser Richtlinie über Namen und Anschrift eines Konto-inhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern?
[X.], Beschluss vom 17. Oktober 2013 -
I [X.] -
[X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 4.
Juli 2013 durch [X.]
Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.], Prof. Dr. Büscher, Prof.
Dr.
Schaffert und
Dr. Kirchhoff

beschlossen:

[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.

I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Ausle-gung des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.
April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigen-tums (ABl.
L
195 vom 2.
Juni 2004, S.
16) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] dahin auszulegen, dass diese Vorschrift einer nationalen Rege-lung entgegensteht, die einem Bankinstitut in einem Fall wie dem Ausgangsverfahren gestattet, eine Auskunft nach Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c dieser
Richtlinie über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern?
-
3
-
Gründe:

[X.] Die Klägerin produziert und vertreibt internationale Parfums. Sie ist ex-klusive Lizenznehmerin der für Parfumeriewaren eingetragenen
Gemein-schaftsmarke Nr.
0968661 "[X.]". Sie ist zur Verteidigung der Markenrechte im eigenen Namen berechtigt.

Im Januar 2011 bot ein Verkäufer unter der Bezeichnung "s.

" auf einer Internetauktionsplattform das Parfum "[X.]"
an. Die Zahlung des Kaufpreises sollte auf ein bei der [X.], der Stadt-sparkasse in [X.], geführtes Konto erfolgen. Die Klägerin ersteigerte das Parfum, zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto bei der [X.] und erhielt das Parfum unter dem Absender "H.

" zugesandt. Das Parfum war
eine auch für einen Laien erkennbare Fälschung. Der Betreiber der Internet-plattform gab als Verkäufer S.

F.

,

in

an.
Eine Umsatzanalyse ergab, dass der mit
"s.

" bezeichnete Ver-
käufer in der [X.] vom 12.
Dezember 2010 bis 14.
Januar 2011 einen Umsatz von 10.956,63

Die Klägerin hat behauptet, sie habe von S.

F.

die Auskunft er-
halten, nicht Verkäuferin des Parfums zu sein und wegen eines bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts keine weiteren Informationen zu erteilen. [X.] forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, Namen und Anschrift
des Kontoinhabers
anzugeben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos Nummer

.

1
2
3
4
-
4
-
Das [X.] hat die beklagte Sparkasse antragsgemäß zur Auskunft verurteilt (LG [X.], [X.]schrift für
Datenschutz 2012, 39). Das [X.] hat die Klage abgewiesen ([X.], GRUR-RR
2012, 388).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin ihr Auskunftsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurück-zuweisen.

I[X.]
Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] des Europäischen Parlaments und des Ra-tes vom 29.
April 2004 zur Durchsetzung der Rechte
des geistigen Eigentums (ABl. Nr.
L
195 vom 2.
Juni 2004, S.
16) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.

b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Eu-ropäischen Union einzuholen.

1.
Das Berufungsgericht
hat den Auskunftsanspruch nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Das in Rede stehende Parfum, das über die Internetplattform verkauft worden sei, sei eine offensichtliche Produktfälschung. Das sei für die Beklagte nach dem Hinweis der Klägerin auch erkennbar gewesen. Der unter "F.

"
und "H.

" handelnde unbekannte Täter habe den Verkauf im geschäftlichen
Verkehr vorgenommen.

Für die rechtsverletzende Tätigkeit sei die Dienstleistung der [X.] genutzt worden, die in der Führung des Girokontos bestanden habe. Diese Dienstleistung habe die Beklagte in gewerblichem Ausmaß erbracht.
5
6
7
8
9
10
-
5
-

Die Beklagte könne die Auskunft jedoch nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Mar-kenG in Verbindung mit
§
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO verweigern, weil sie als [X.] in einem Zivilprozess zur Zeugnisverweigerung berechtigt wäre. [X.] folge auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung dieser Vor-schriften
anhand der Richtlinie 2004/48/[X.] vom 29.
April 2004 zur Durchset-zung der Rechte des geistigen Eigentums.

2.
Die Revision der Klägerin führt zur sachlichen Nachprüfung des Beru-fungsurteils. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn

wie die Revision in der mündlichen Verhandlung vor
dem [X.] geltend gemacht hat

das [X.] die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] als unzulässig hätte verwerfen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Februar 2011 -
III
ZR
338/09, NJW
2011, 926 Rn.
7). Da das [X.] die Berufung nicht zugelassen hat (§
511 Abs.
2
Nr.
2 ZPO), wäre dies der Fall, wenn der Wert des [X.] 600

511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO). Der [X.] geht jedoch in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon aus, dass die beklagte Sparkasse durch das Urteil des [X.] mit einem 600

3.
Der [X.] möchte die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs der Klägerin nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] bejahen.

a)
Die durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchführung von Rech-ten
des geistigen Eigentums vom 7.
Juli 2008 ([X.]
I S.
1191) mit Wirkung vom 1.
September 2008 in das [X.] eingefügte Vorschrift des §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 setzt die in Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c der Richtlinie 2004/48/[X.] geregelte Auskunftspflicht für den Bereich der Markenverletzungen um. §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 ist nach Art.
102 Abs.
2 GMV
in Verbindung mit §
125b Nr.
2 11
12
13
14
-
6
-
[X.] auf eine Gemeinschaftsmarke anwendbar. Nach der Bestimmung des §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] hat der Markeninhaber in einem Fall [X.] Rechtsverletzung einen
Auskunftsanspruch gegen einen [X.], der im gewerblichen Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleis-tungen erbracht hat, es sei denn, der Dritte wäre nach den §§
383
bis 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt.

b)
Der [X.] geht davon aus, dass ein Fall einer offensichtlichen Rechtsverletzung vorliegt und die Beklagte eine für diese rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht hat.

aa)
Der Verkäufer des in Rede stehenden Parfums hat ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmar-ke identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist (Art.
9 Abs.
1 Satz
2 Buchst.
a GMV). Im Hinblick auf den Umsatz von mehr als 10.000

von ungefähr einem Monat auf der Internetplattform erzielt hat, ist davon [X.], dass der beanstandete Verkauf, der in den maßgeblichen [X.]raum fällt, im geschäftlichen Verkehr
erfolgt
ist. Es handelt sich um eine offensichtli-che Rechtsverletzung, weil die Fälschung auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar war.

bb)
Die Führung des Girokontos, die die beklagte Bank in gewerblichem Ausmaß vornimmt, ist für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt worden. [X.] ist auszugehen, wenn der Verletzer sich im Rahmen der Markenverletzung des dienstleistenden Unternehmens bedient. Hierzu kann auch die Tätigkeit einer Bank zählen, die den Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit dem [X.] für das rechtsverletzende Produkt abwickelt (vgl. [X.], GRURRR
2012, 73;
Ingerl/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
19 Rn.
20). Diese 15
16
17
-
7
-
Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, weil die Tätigkeit der beklagten Sparkasse im Zusammenhang mit
der Markenverletzung steht und ihr nicht nur nachgeschaltet ist, also etwa erst nach Beendigung der Markenverletzung er-folgt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat
der
Verkäufer das gefälschte Parfum erst an die Klägerin gesandt und damit in Verkehr gebracht, nachdem der Kaufpreis auf dem von der [X.] geführten Konto eingegan-gen war.

cc)
Die Klägerin ist von der Markeninhaberin auch ermächtigt, die Rechte aus der Gemeinschaftsmarke im eigenen Namen geltend zu machen und Leis-tung an sich zu beanspruchen.

dd)
Liegen die Voraussetzungen des §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] vor, kann die Klägerin nach §
19 Abs.
3
Nr.
1 [X.] Auskunft über Namen und Anschrift des Lieferanten des fraglichen Parfums verlangen.

4.
Die Entscheidung des
Rechtsstreits hängt danach davon ab, ob der [X.] ein Zeugnisverweigerungsrecht nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 Mar-kenG
in Verbindung mit §§
383
bis 385 ZPO zusteht. In Betracht kommt im Streitfall ausschließlich ein Zeugnisverweigerungsrecht nach §
383
Abs.
1 Nr.
6 ZPO. Nach dieser Bestimmung sind Personen, denen [X.] ihres Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, im Hinblick auf diese Tatsachen zur Verwei-gerung des Zeugnisses
berechtigt. Es erscheint aber nicht hinreichend geklärt, ob ein Bankinstitut, das nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] auf Auskunft in Anspruch genommen wird, unter Berufung auf das Bankgeheimnis die Angabe von Namen und Anschrift des Inhabers eines Kontos verweigern darf, über das die Zahlung des Kaufpreises für eine markenrechtsverletzende Ware abgewi-ckelt worden ist.
18
19
20
-
8
-

a)
Die in Art.
8 Abs.
1 und 2 der Richtlinie 2004/48/[X.] vorgesehene Auskunftspflicht, deren Umsetzung §
19 Abs.
2 und 3 [X.] dient, wird durch Art.
8 Abs.
3 Buchst.
d und e der Richtlinie eingeschränkt. Danach ist die Auskunftspflicht nur unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften vorgese-hen, die die Verweigerung von Auskünften zulassen, mit denen die in Art.
8 Abs.
1 der Richtlinie genannte Person gezwungen würde, ihre Beteiligung oder die Beteiligung enger Verwandter an einer Verletzung eines Rechts des geisti-gen Eigentums zuzugeben (Art.
8 Abs.
3 Buchst.
d), oder die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen oder die Verarbeitung personenbezoge-ner Daten regeln (Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e). Nach Erwägungsgrund 10 der [X.] sollen die Rechtsvorschriften zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und ho-mogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleis-ten. Das nationale Recht ist deshalb im Einklang mit der Richtlinie auszulegen. Eine Einschränkung des in Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c der Richtlinie 2004/48/[X.] vorgesehenen Auskunftsanspruchs durch ein im nationalen Recht vorgesehe-nes Zeugnisverweigerungsrecht muss daher in Übereinstimmung mit dem Uni-onsrecht stehen.

b) Zu den Vorschriften im Sinne des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.], die den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen oder die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand haben, könnte auch das Bankgeheimnis zu zählen sein. Zwar ist das Bankgeheimnis in [X.] nicht unmittelbar in einer gesetzlichen Vorschrift verankert, son-dern wird im [X.] Recht aus der allgemeinen Pflicht der Bank hergeleitet, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Februar 2007 -
XI
ZR
195/05, NJW
2007, 2106 Rn.
17). Der Schutz des Bankgeheimnisses ergibt sich aber
mittelbar aus 21
22
-
9
-
§
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO, der ein Zeugnisverweigerungsrecht für die dem [X.] Tatsachen begründet (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Oktober 1953 -
I
ZR
156/52, BB
1953, 993; [X.], MDR
1968, 931; [X.]/Lauterbach/[X.], ZPO, 72.
Aufl., §
383 Rn.
14; [X.], ZPO, 4.
Aufl., §
383 Rn.
39; Musielak/[X.], ZPO, 10.
Aufl., §
383 Rn.
6; [X.]/[X.]/[X.],
ZPO, 3.
Aufl., §
383 Rn.
74; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., §
383 Rn.
20; [X.], WM
2009, 241, 243). Hierzu rechnen
grundsätzlich
Tatsachen, die einem Kreditinstitut aufgrund oder aus Anlass der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar 2006 -
XI
ZR
384/03, [X.]Z
166, 84 Rn.
35; [X.], NJW 2007, 2106 Rn.
17). Zu diesen der Bank anvertrauten Tatsachen, die un-ter das Bankgeheimnis fallen und Mitarbeiter einer Bank zur Zeugnisverweige-rung nach §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO berechtigen, gehören regelmäßig auch [X.] und Anschrift des Kontoinhabers. Die Beklagte könnte daher die Auskunft nach §
19 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.]
in Verbindung mit §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO verweigern, wenn die Vorschrift des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] dahin auszulegen ist, dass mit ihr eine nationale Bestimmung in Einklang steht, die einem Bankinstitut gestattet, die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Umständen zu verweigern, wie sie im Aus-gangsverfahren vorliegen.

Das könnte
der Fall
sein, wenn die in Rede stehende nationale Bestim-mung (§
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO) die Vertraulichkeit von Informationsquellen im Sinne des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e
der Richtlinie 2004/48/[X.] regelt. Zu den In-formationsquellen der Bank könnte auch deren Kontoinhaber zu zählen sein, der bei der Eröffnung des Kontos seinen Namen und seine Anschrift angeben muss. Die Vorschrift
des §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO, die auch das Bankgeheimnis schützt, könnte aber auch zu den gesetzlichen Bestimmungen im Sinne von Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] gehören, die die Verarbeitung 23
-
10
-
personenbezogener Daten regeln. Nach Art.
2 Buchst.
a der Richtlinie 95/46/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.
Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener [X.] und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr.
L
281
vom 23. November 1995, S.
31) sind personenbezogene
Daten alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person. Nach Art.
2 Buchst.
b dieser Richtlinie zählt zur Verarbeitung personenbezogener Daten auch deren Weitergabe durch Übermittlung. Danach könnte die Vorschrift des §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO zu den gesetzlichen Bestimmungen im Sinne des Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] zu zählen sein und ein Bankinstitut zur Verweigerung einer
Aus-kunft im Sinne von
Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c der Richtlinie berechtigen.

c) Gegen dieses Ergebnis könnte allerdings sprechen, dass die [X.] zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Be-deutung für den Erfolg des Binnenmarkts sind (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2004/48/[X.]) und eine Einschränkung des Auskunftsanspruchs ein gezieltes Vorgehen zum Schutz des geistigen Eigentums auf Unionsebene, dem die Richtlinie 2004/48/[X.] nach ihrem Erwägungsgrund 9 dient, verhindert.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] müssen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/[X.] da-rauf achten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Unionsordnung geschützten Grundrechten sicherzustellen; dieses Gleichgewicht haben
auch die Gerichte und Behörden bei der Auslegung der [X.] zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Januar 2008 -
C-275/06, Slg.
2008, [X.] = GRUR
2008, 241 Rn.
68 -
Promusicae; [X.] vom 19.
Februar 2009 -
C-557/07, Slg.
2009, I-1227
=
GRUR
2009, 579 Rn.
29 -
LSG-Gesellschaft; Urteil vom 19.
April 2012 -
C-461/10, GRUR
2012, 703 Rn.
56 -
Bonnier Audio). Betroffen sind im Streitfall auf Seiten der Klägerin 24
25
-
11
-
die Grundrechte aus Art.
17 auf Schutz des Eigentums und aus Art.
47 auf ei-nen wirksamen Rechtsbehelf und auf Seiten der [X.] und ihres Kunden die durch Art.
7 und 8 der Charta der Grundrechte der [X.] ge-schützten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und des Schutzes perso-nenbezogener Daten (vgl. [X.], GRUR
2008, 241 Rn.
62 bis 65
Pro-musicae).

d) Aus Sicht des [X.]s überwiegen vorliegend die Interessen der Kläge-rin am Schutz ihres geistigen Eigentums und an einem effektiven Rechtsbehelf
bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche wegen des Vertriebs markenrechtsver-letzender Ware die Interessen der [X.] und ihres Kunden am Schutz der in Rede stehenden [X.]. Die Offenbarung von Namen und An-schrift des Inhabers eines Kontos, das im
Zusammenhang mit einer offensichtli-chen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums benutzt und dessen Nummer anlässlich der Verwendung dem Kläger schon bekannt geworden ist,

26
-
12
-

wiegt aus Sicht des [X.]s nicht besonders schwer. Der [X.] neigt daher [X.], in einem Fall wie dem vorliegenden eine nationale Vorschrift wie §
383 Abs.
1 Nr.
6 ZPO im Hinblick auf Art.
8 Abs.
3 Buchst.
e der Richtlinie 2004/48/[X.] dahin auszulegen, dass ein Bankinstitut unter den Voraussetzun-gen des Art.
8 Abs.
1 Buchst.
c der Richtlinie 2004/48/[X.] die Angabe von [X.]n und Anschrift eines Kontoinhabers nicht verweigern darf.

[X.]
Pokrant
Büscher

Schaffert
Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 28.09.2011 -
7 O 545/11 -

[X.], Entscheidung vom 15.03.2012 -
9 [X.] -

Meta

I ZR 51/12

17.10.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2013, Az. I ZR 51/12 (REWIS RS 2013, 1857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1857

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