Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2018, Az. 5 StR 624/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8709

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:240518U5STR623.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 623/17
5 StR 624/17
vom
24. Mai 2018
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 5.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Sander

als Vorsitzender,

[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
die [X.] am [X.]
Prof. Dr. König,
Dr. Berger,
Köhler

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt beim [X.]

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

M.

,

als Verteidiger
des Angeklagten A.

L.

,

-
3
-
Rechtsanwältin P.

als Verteidigerin des Angeklagten G.

,

Rechtsanwältin Mo.

als Vertreterin der Nebenklägerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
-
4
-
für Recht erkannt:

1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 4.
August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten G.

als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten A.

L.

die Einziehung des Wertes von [X.]n in Höhe von auch soweit es die Mitangeklagten [X.].

, [X.]t.

und E.

L.

betrifft,
dahin geändert, dass diese Mitangeklagten in Höhe der gegen sie angeordneten Einziehungen mit den Angeklagten G.

und A.

L.

sowie untereinander gesamtschuldnerisch haften.

2.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft
wird das Urteil des [X.] vom 18.
August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten A.

L.

die Einziehung des Wertes von [X.]n

insoweit auch auf seine Revision

mit dem Angeklagten G.

sowie im Umfang der gegen die Mitangeklagten [X.].

, [X.]t.

und E.

L.

angeordneten Einziehungen als Gesamtschuldner haftet.

3.
Die weitergehende Revision des Angeklagten A.

L.

wird ver-worfen.

4.
Es wird davon abgesehen, den Angeklagten G.

und A.

L.

die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Auch wird davon abgesehen, dem Angeklagten A.

L.

die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerle-gen; er hat jedoch die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen.
-
5
-

-
Von Rechts wegen
-
Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten G.

mit Urteil vom 4.
August 2017 des schweren Raubes sowie des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung und (im abgetrennten Verfahren) den Angeklagten A.

L.

mit Urteil vom 18.
August 2017 des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten G.

zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und den Angeklagten A.

L.

unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen den Angeklagten G.

die
Einzie-hung eines Geldbetrages von 3.800

A.

L.

die Einziehung eines Geldbetrages von 8.000

Der Angeklagte A.

L.

wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf die Verletzung materiellen
Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die [X.] des [X.]s und sind jeweils auf die zur Tat vom 30.
November 2016 auszusprechende Höhe der Einziehung des Wertes der [X.] beschränkt. Während die vom [X.] vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu der von ihr angestrebten Änderung der [X.] führen, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten A.

L.

überwiegend erfolglos.

I.

1
2
-
6
-
1. Nach den Feststellungen des [X.]s überfielen die Angeklagten A.

L.

und G.

am Abend des 30.
November 2016 ein Möbelgeschäft, in dem der Mitangeklagte [X.]t.

angestellt war und ihnen
den Zugang zum [X.] verschaffte. Die [X.] sollte nach dem gemeinsamen [X.] unter [X.]t.

, A.

L.

und G.

zu gleichen Anteilen aufgeteilt werden, wobei auch dem als Fahrer an der Tat mitwirkenden Mitangeklagten [X.].

eine Entlohnung in Aussicht gestellt wurde. G.

war für die Tat von dem weite-ren Mitangeklagten E.

L.

, der die Angeklagten auf der Fahrt zum Tatort begleitete, mit zwei Messern und einer Rolle Klebeband ausgerüstet worden. Nachdem A.

L.

und G.

mit Hilfe des Mitangeklagten [X.]t.

in das [X.] eingedrungen waren, zeigten sie den beiden dort tätigen Kassiere-rinnen drohend ihre
Messer und forderten sie auf, sich auf den Boden zu legen. Mit einem im [X.] vorgefundenen Schlüsselbund und einem von G.

mitgebrachten [X.] ging A.

L.

in einen angrenzenden Tresor-[X.] steckte. Die Öffnung eines weiteren Tresors gelang ihm nicht. [X.] forderte G.

die Kassiererinnen auf, ihren Schmuck abzunehmen. Danach fesselte er sie mit dem Klebeband. Nachdem A.

L.

in das [X.] zurückgekehrt war und beide Angeklagte die Festnetztelefone un-benutzbar gemacht hatten, na

Wechselgeldkasse 220,10

[X.] des Angeklagten G.

. Beim anschließenden Verlassen des Tatorts trug A.

L.

den
[X.] mit der [X.] von 19.470,63

hielt ihn auch im Fluchtfahrzeug bis zum Erreichen einer Tiefgarage als Fahrt-ziel. Dort schütteten beide Angeklagte sowie die Mitangeklagten [X.].

und E.

L.

das Geld aus dem [X.] in den Kofferraum des Fahrzeuges und sortierten und stapelten es gemeinsam. Die Mitangeklagten [X.].

und E.

L.

erhielten jeweils mindestens 1.300

.

mindes-tens 4.000 aus der [X.]. A.

L.

nahm für sich einen Anteil von

3
-
7
-
[X.]t.

als dessen Anteil übergab. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht festgestellt werden.

2. Das [X.] ist bei seinen jeweils auf §
73 Abs.
1 StGB nF ge-stützten [X.] hinsichtlich des Angeklagten G.

nur von einer eigenen Verfügungsgewalt bezüglich seines Anteils an der [X.] in Höhe von 4.000

r-fügen können, da sie sich nach dem Verstauen des Geldes im [X.] bei A.

L.

befunden habe. In der Tiefgarage habe zwar jeder der Angeklag-ten einen Teil der Beute sortiert. Eine direkte Verfügungsgewalt über die ge-samte Beute habe sich hieraus aber nicht abgeleitet, weil das Sortieren nur da-zu gedient habe, den Beuteanteil der Beteiligten zu ermitteln und die [X.] umgehend aufzuteilen.

Hinsichtlich des Angeklagten A.

L.

hat das [X.] eine fak-tische Verfügungsgewalt nur hinsichtlich seines eigenen Beuteanteils in Höhe genommenen Anteils des ehemaligen Mitangeklagten [X.]t.

in gleicher Höhe angenommen. Das Mitsichführen der weiteren Gelder sei über einen kurzfristi-gen [X.] nicht hinausgegangen. Es habe zudem von vornherein zwi-schen den Beteiligten Einigkeit bestanden, dass die [X.] unmittelbar nach der Tat habe aufgeteilt werden sollen.

II.

Die wirksam (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2010

4 [X.], [X.]St
55, 174, 175 f.) auf die Höhe der Einziehung des Wertes der [X.] beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.

4
5
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7
-
8
-
1. Das [X.] ist bei den beiden unmittelbar die Tat ausführenden Angeklagten G.

und A.

L.

zu Unrecht davon ausgegangen, dass [X.] nur ihre eigenen Beuteanteile (sowie bei L.

den des Mitangeklagten [X.]t.

) als [X.] erlangt haben.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein Ver-mögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder [X.] unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfü-gungsgewalt ausüben
kann (vgl. zu §
73
Abs.
1 Satz
1 StGB aF [X.], Urteile vom 30.
Mai 2008

1 [X.], [X.]St 52, 227, 246, und vom 28.
Oktober
2010

4 [X.], [X.]St 56, 39, 45 f. [X.]; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §
73 [X.], [X.], 497, 498 f. mit Fn.
27). Bei mehreren Beteiligten
genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den [X.] erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein [X.] ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Ver-mögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegen-ständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch [X.] gemindert wurde (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2010

4
[X.], aaO S.
46 [X.]; Beschlüsse
vom 7. Januar 2003

3
StR 421/02, und vom 10. Januar 2008

5 [X.], [X.], 565).

b) Nach diesem Maßstab hatten beide Angeklagte tatsächliche Verfü-gungsgewalt über die [X.] bereits am Tatort erlangt. Sie gingen dort arbeitsteilig vor, entwendeten die im [X.]
aufgefundenen Gelder im Zu-sammenwirken und nutzten den von G.

zur Verfügung gestellten [X.] zur Verwahrung und zum Abtransport der Beute. G.

begleitete den Angeklagten 8
9
-
9
-
A.

L.

bis zum Ort der planmäßigen Beuteteilung. Der zufällige [X.], dass er dabei seinen [X.] nicht selbst trug, schloss ihn vom [X.] an den gesamten erst noch aufzuteilenden [X.] und der diesbe-züglichen [X.] nicht aus.
Die vom [X.] für seine Auffassung herangezogene Rechtspre-chung gebietet keine andere Beurteilung. In den beiden angeführten Entschei-dungen des [X.] vom 27. April 2010 (3
StR 112/10, [X.], 568 f.) und vom 8. August 2013 (3 [X.], [X.], 44) hatten die dortigen [X.] jeweils nur eine kurze Transportfahrt durchgeführt, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern vorgenommen worden war (vgl. zu Kurierfällen aber auch [X.], Urteile vom 14.
September 1989

4 [X.], [X.]St 36, 251, 253, und vom 16. Mai 2006

1
StR 46/06, [X.]St 51, 65, 68).

c) Die Angeklagten G.

und A.

L.

haben danach ursprünglich

November 2016 erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach §
73 Abs.
1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses [X.] ent-sprechende Geldbetrag gemäß §
73c Abs.
1 StGB der Einziehung. Hiervon ist nach Maßgabe des §
73e Abs.
1 StGB der vom Angeklagten G.

auf den Scha-denersatzanspruch des geschädigten Möbelhauses geleistete Betrag von 200

abzuziehen.

Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des von den Angeklagten G.

und A.

L.

aus der Raubtat vom 30.
November 2016 [X.] selbst (§
354 Abs. 1 StPO analog).

2. Bei der Anordnung einer Einziehung von [X.]n oder einer Ein-ziehung von [X.]n nach §§
73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an 10
11
12
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-
10
-
demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht ge-wonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen. Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat [X.] entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (vgl. zur früheren Ver-fallsregelung der §§
73, 73a StGB [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2010

4
[X.], aaO S.
46 ff. [X.]; Beschlüsse vom 10. September 2002

1
StR 281/02, [X.], 198,
199,
und vom 5. Juli 2011

3
StR 129/11, [X.], 413, 414; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §§
73, 73c [X.], aaO).

Auch insoweit ordnet der Senat selbst die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an (§
354 Abs.
1 StPO analog).

Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenaus-spruchs des Urteils vom 4.
August 2016 im Hinblick auf die Anordnung gesamt-schuldnerischer Haftung auf die Mitangeklagten [X.].

, [X.]t.

und E.

L.

zu erstrecken, da die [X.] auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruhen
(vgl. [X.], Beschluss vom 23. November 2011

4 StR 516/11, [X.], 382, 383 [X.]).

III.

Die Revision des Angeklagten A.

L.

erzielt lediglich den sich aus der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ergebenden Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet.

Der Senat schließt aus, dass die [X.] bei einer rechtsfehler-freien Bestimmung der Höhe des [X.] die gegen den Angeklagten A.

L.

zu erkennende Jugendstrafe niedriger festgesetzt hätte. Für die 14
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17
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11
-
frühere Regelung des Verfalls entsprach es der ständigen Rechtsprechung, dass diese Maßnahme trotz bisweilen erheblicher Belastungen für den [X.] keinen Strafcharakter hat und keinen Genugtuungs-, sondern einen [X.] verfolgt (vgl. [X.], Urteile vom 21. August 2002

1
StR 115/02, [X.]St 47, 369, 371 ff.;
vom 30.
Mai 2008

1 [X.], [X.]St 52, 227, 248, und vom 17. Juni 2010

4 [X.], aaO S.
176). Die umfassende [X.] der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat ihren Rechtscharakter unberührt gelassen, so dass auch die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§
73, 73c StGB nF verbundene [X.] keinen Strafmilderungs-grund darstellt (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Februar 2018

5 StR 600/17 [X.]).

Sander
[X.]
König

Berger

Köhler

Meta

5 StR 624/17

24.05.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2018, Az. 5 StR 624/17 (REWIS RS 2018, 8709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8709

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 126/10

1 StR 166/07

4 StR 215/10

3 StR 179/13

4 StR 516/11

5 StR 600/17

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