Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2013, Az. 1 StR 579/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 647

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 579/13

vom
3. Dezember
2013
in der Strafsache
gegen

wegen Steuerhinterziehung

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember
2013
beschlos-sen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil
des Land-gerichts Würzburg
vom 30. Juli
2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a)
soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von [X.] hinsichtlich des [X.] 2010 (Fall Nr.
4
der Anklage) verurteilt worden ist,
b)

im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten verur-teilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die näher [X.] gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschluss-formel ersichtlichen Teilerfolg

349 Abs.
4
[X.]). Im Übrigen ist es unbegrün-det i.S.d.
§
349 Abs.
2 [X.].
1
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-
1.
Das [X.] hat Folgendes festgestellt:
a) Seit 28.
Dezember 2009 war der Angeklagte Geschäftsführer und al-leiniger Gesellschafter der [X.]

H.

(im Folgenden: [X.]

). Im Zeitraum August bis Dezember 2010 tätigte er folgende Geschäfte mit Altgold:
aa) In den Monaten August bis Oktober 2010 verkaufte der Angeklagte mehrfach zum Schein Altgold an die [X.].

R.

S.

(im Folgenden: [X.].

R.

). Er wusste dabei, dass tatsächlich keine Umsät-ze stattfanden und
er insoweit auch nicht unternehmerisch tätig war. Er übergab lediglich Altgold, was ihm vorher zu diesem Zweck übergeben worden war,
an S.

[X.].

R.

. Das von der [X.].

R.

als Kaufpreis an die [X.]

überwiesene Geld hob der Angeklagte jeweils in bar ab und gab es unter Einbehalt kleiner Beträge an S.

zurück. Obwohl die einzelnen [X.]ldverkäufe tatsächlich nicht [X.] hatten, erstellte die [X.].

R.

Ankaufsgutschriften unter offe-nem Ausweis von Umsatzsteuer, denen der Angeklagte nicht widersprach. Die hierbei
ausgewiesene Umsatzsteuer betrug für August 2010 220.849,40 [X.], für September 2010 67.802,46 [X.] und für Oktober 2010 1.208,25 [X.].
bb) In den Monaten September bis Dezember 2010 führte der [X.] im Namen der [X.]

(nicht fingierte) [X.]ldlieferungen
an die Scheideanstalten C.

sowie M.

durch. Über den Verkaufspreis erhielt er jeweils Gutschriften mit
gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer. Die Gutschriften der C.

enthielten im Monat September 2010 ausgewiesene Umsatzsteuer von 83.245,95 [X.] und im Oktober 2010 von 48.662,50 [X.]. Die M.

erstellte der [X.]

im Oktober 2010 Gutschriften mit einer 2
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ausgewiesenen Umsatzsteuer von 59.542,31 [X.], im November 2010 von 1.179.428,37 [X.] und im Dezember 2010 von 1.184.717,40 [X.].
cc[X.].

R.

im August 2010 erklärte der Angeklagte in einer für diesen Monat für die [X.]

eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung. Für die Monate September bis Dezember 2010 reichte der Angeklagte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ein.
2. Das [X.] hat die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für August
2010 als Steuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Steu-ererklärung (§
370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) gewertet. Es hat dabei ausgeführt, dass der Angeklagte gewusst habe, dass die von der [X.].

R.

erstellten Gut-schriften nicht
zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten
([X.]). Der [X.] habe vorsätzlich gehandelt, weil er gewusst habe, dass er zur Abgabe inhalt-lich richtiger
Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet war. Die [X.] für die Monate September bis [X.] hat das [X.] als vier Fälle der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§

370 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) gewertet.
3. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung für den Monat August 2010 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Entgegen der Annahme des [X.]s hat der Angeklagte für [X.] zugunsten der [X.]

keine Umsatzsteuer
verkürzt. Zwar war die Angabe eines steuerpflichtigen Nettoumsatzes mit der [X.].

R.

in Höhe von 1.162.365,23 [X.] und
einer Umsatzsteuer von 220.849,40 [X.] unzutreffend, da nur eine [X.]ldübergabe, nicht jedoch eine Lieferung von Altgold
stattgefunden hatte. Die angemeldete Umsatzsteuer war gleichwohl ge-schuldet, weil in den Gutschriften mangels zugrunde liegender Umsätze
unbe-6
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rechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen worden war

14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Damit mag
der Angeklagte in der Umsatzsteuervoranmeldung zwar
über den Rechtsgrund der Steuerschuld getäuscht
habenm-(§
1 Abs.
1 Nr. 1 UStG

gemäß §
14c UStG
zu erklären waren
(vgl. auch [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2013

5 K 319/12). Da sich deren Höhe deckte,
führte die unrichtige Angabe bei der [X.]

jedenfalls
nicht zu einer Verkürzung von Steuern
i.[X.]. §
370 Abs.
1 [X.].
Das [X.] hat zwar im Ansatz zutreffend
erkannt, dass die [X.] aus Gutschriften über tatsächlich nicht durchgeführte Lieferungen nicht gemäß §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigen. Es
hat jedoch verkannt, dass ein
Vorsteuerabzug allenfalls beim Aussteller der Gutschriften, nicht aber beim Gutschriftsempfänger zu einer Steuerverkürzung führen konnte.
b) Obwohl für den Monat August 2010 zugunsten der [X.]

eine Steuerverkürzung nicht eingetreten ist, kommt ein Freispruch des Ange-klagten nicht in Betracht. Ein Freispruch darf nur erfolgen, wenn vollständige und fehlerfrei getroffene Feststellungen ergeben, dass sich der Angeklagte un-ter keinem rechtlichen Gesichtspunkt strafbar gemacht hat (vgl.
[X.], [X.] vom 9. Mai 2000

1 StR 106/00; [X.]St 46, 53, 61; [X.], Beschluss vom 22. Januar 2008

5 [X.], [X.], 273).
Dies ist hier nicht der Fall. Denn das [X.] hat nicht geprüft, ob der Angeklagte mit der [X.] einer Umsatzsteuervoranmeldung, in der er zum Vorsteuerabzug be-rechtigende steuerpflichtige Umsätze statt der tatsächlich vorliegenden, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden
anderen Steuerbeträge (gemäß §
14c Abs.
2 Satz
2 UStG) angemeldet
hat, Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung des 10
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6
-
Ausstellers der Gutschriften geleistet hat. Solches liegt zwar angesichts der Ur-teilsfeststellungen zur Einschaltung es Angeklagten nahe; es fehlen jedoch ins-besondere Feststellungen dazu, ob die [X.].

R.

gemäß §
15 UStG einen Vorsteuerabzug aus den in den Gutschriften enthaltenen [X.] vorgenommen hat. Der Tatvorwurf bedarf daher neuer
tatrichterlicher Prüfung. Um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie
Feststellungen zu ermög-lichen, hebt der Senat die Feststellungen zu diesem Tatvorwurf insgesamt auf.
c)
Die Aufhebung
der Verurteilung
in diesem Fall zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
4. Das Urteil
im Übrigen hat dagegen Bestand.
a) Der Schuldspruch in den weiteren Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Nach den Urteilsfeststellungen hatte
die [X.]

in den Mona-ten September bis Dezember 2010 gegenüber zwei Scheideanstalten Lieferun-gen (§
1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) von Altgold vorgenommen (vgl. dazu auch [X.], Urteil vom 9. April 2013

1
StR 586/12, [X.]St 58, 218). Die Nichteinreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen für diese Monate hat das [X.] daher zutreffend jeweils als Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) angesehen.
b) Auch der Strafausspruch in diesen Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Insbesondere begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das [X.] die Unterlassungstaten für die Veranlagungszeiträume November und Dezember 2010 als besonders schwer i.[X.]. §
370 Abs.
3 [X.] gewertet hat. Soweit der Beschwerdeführer die Erörterung des §
46b StGB vermisst, deckt er keinen Rechtsfehler auf.
Entgegen seiner
Ansicht werden von §
100a Abs.
2 [X.] nur die dort unter Nummer 2 Buchst. a bis c genannten Steuerstraftatbe-12
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stände erfasst. Dass der Angeklagte zur Aufdeckung solcher Taten beigetragen hat, ist nicht festgestellt; eine Aufklärungsrüge ist nicht erhoben.
Der Senat schließt aus, dass die den Voranmeldungszeitraum August 2010 betreffende Einzelstrafe die Höhe der übrigen Einzelstrafen beeinflusst hat.
Raum
Wahl
Jäger
Cirener
Radtke

Meta

1 StR 579/13

03.12.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2013, Az. 1 StR 579/13 (REWIS RS 2013, 647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 647

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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