18. Zivilsenat | REWIS RS 1998, 1002
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Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat teilweise in der Sache Erfolg. Die Klage ist mit Rücksicht auf ein anspruchsmindernd wirkendes, der Klägerin zurechenbares Mitverschulden des für die Klägerin tätigen Architekten lediglich in Höhe von 29.495,73 DM begründet.
I.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 29.495,73 DM wegen positiver Forderungsverletzung verlangen.
a) Die Beklagte hat eine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Sorgfaltspflicht schuldhaft verletzt, indem sie vor der Ausführung des Fugenschnitts durch die von ihr beauftragte Firma D. keine geeigneten Maßnahmen zum Schutz der zuvor von der Firma T. verlegten Fußbodenheizung getroffen hat. Der Auftragnehmer hat während der Erbringung der Werkleistung mit dem Eigentum des Auftraggebers pfleglich umzugehen und Beschädigungen zu unterlassen. Diese Obhutspflicht erstreckt sich auch darauf, bereits ganz oder teilweise erstellte Leistungen anderer, an demselben Bauwerk tätiger Unternehmer zu schützen. Eine Verletzung dieser Nebenpflicht begründet die Schadensersatzhaftung des Auftragnehmers unter dem Aspekt der positiven Forderungsverletzung (Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Auflage, 1996, § 10 VOB/B Rz. 16, 17).
Die Beklagte war aufgrund der mit einem Fugenschnitt typischerweise verbundenen Gefahren und aufgrund ihrer Erfahrung als Fachfirma verpflichtet, den von der Firma D. zu bearbeitenden Hallenboden zu untersuchen und Vorkehrungen zum Schutz gegebenenfalls darin verlaufender Leitungen zu treffen. Die mit den Schnittarbeiten verbundene Substanzbeeinträchtigung des Bodens erfordert von seiten des mit diesen Arbeiten betrauten Unternehmers stets konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der damit einhergehenden Gefahren. Diese bestehen in erster Linie im "Anschneiden" von Heizungsrohren, die den Fugenverlauf kreuzen. Das zeigt deutlich die von der Firma Th., dem Hersteller der von der Firma T. verlegten Fußbodenheizung, eigens so bezeichnete "Ausführungsrichtlinie" (vgl. Bl. 47 f. d.A.). Den darin enthaltenen Hinweisen zufolge sind im Regelfall zur "Ausbildung von durchdringungsfreien Dehnungsfugen" sogenannte Fugendüker in die Rohrführung einzubeziehen. Hierbei handelt es sich um kurzstreckige Tieferlegungen der Rohrführung im Bereich der Dehnungsfugen, die gewissermaßen "untertunnelt" werden.
Die Beklagte als Fachfirma mit - wie sie selbst für sich in Anspruch genommen hat - großer Erfahrung bei der Ausführung von Arbeiten der hier in Rede stehenden Art mußte nach einer gewissenhaften Prüfung des Fußbodenaufbaus die genannten Gefahren erkennen und ihnen entgegenwirken. Gerade im Streitfall war die Beklagte hierzu auch in der Lage. Auch wenn sie bei Auftragserteilung seitens der Klägerin auf den Einbau einer Fußbodenheizung noch nicht hingewiesen worden sein mag, so hatten ihre Bauleiter bei den Baustellengesprächen am 20.11.1996 und am 12.12.1996 - nicht zuletzt wegen der farblich auffälligen Markierung der Heizungsrohre - hinreichend Veranlassung, die Beschaffenheit des zu bearbeitenden Untergrundes zu überprüfen und sich auf die damit zusammenhängenden Probleme in einer ihr geeignet erscheinenden Weise einzustellen. So hätte die Beklagte selbst einen Fugenplan erstellen können, aus dem der kreuzungsfreie Verlauf der Heizungsleitungen und der Fugenschnitte oder die Lage von Fugendükern ersichtlich war. Die Beklagte hätte ferner vor Beginn der Arbeiten das Heizleitungssystem unter Wasserdruck setzten können, um so bereits beim ersten Anschneiden der Heizungsrohe durch die infolge des Überdurcks entstehende Wasserfontäne auf den Ausführungsfehler aufmerksam zu werden. Zumindest aber hätte die Beklagte die Klägerin oder den bauleitenden Architekten auf die bestehenden Gefahren aufmerksam machen und um Hilfestellung bei der Festlegung der Fugenlinien bitten müssen. Daß keine dieser Maßnahmen seitens der Beklagten ergriffen worden ist, wertet der Senat als Sorgfaltspflichtverletzung, deren Schuldhaftigkeit entsprechend § 282 BGB vermutet wird.
b) Die Klägerin muß sich jedoch - mit der Folge einer Haftungsminderung der Beklagten - schuldhafte Fehlleistungen des von ihr beauftragten Architekten Dipl. Ing. S. entgegenhalten zu lassen, soweit sie für die eingetretene Schädigung mitursächlich waren. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, daß sich der Bauherr schuldhafte Fehler seines Architekten nach Maßgabe von §§ 254 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2, 278 BGB unter bestimmten Voraussetzungen als Mitverschulden gegenüber dem Auftragnehmer zurechnen lassen muß. Ein derartiger Mithaftungsfall ist gegeben, wenn seitens des Architekten schuldhaft Pflichten oder Obliegenheiten verletzt worden sind, die den Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer treffen, und der Architekt insoweit als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn gehandelt hat. Zu diesen besonderen Pflichten des Bauherrn bzw. des Architekten gehört es, dem Bauunternehmer die von diesem für eine ordnungsgemäße Ausführung seines Gewerks erforderlichen Pläne zur Verfügung zu stellen sowie die Entscheidungen zu treffen, die für die reibungslose Ausführung des Baus unentbehrlich sind. Dazu gehört auch die Abstimmung der Leistungen der einzelnen Bauunternehmer während der Ausführung (sog. Koordinierungspflicht) (vgl. BGH BauR 1970, 57, 59; BGH BauR 1972, 112; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 8. Auflage 1995 Rz. 2458; Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 13 VOB/B, Rz. 34; Schmalzl, Festschrift für Locher 1990, S. 225, 227f.).
Der aufgrund der Verlegung der Fußbodenheizung besondere Aufbau des Hallensbodens machte im Streitfall eine Koordinierung der Arbeiten der Fa. T. und der Beklagten erforderlich. Die zur Steigerung der Heizkraft empfehlenswerte Verlegung der Heizleitungen dicht unter der Fußbodenoberkante und der Umstand, daß das in den Fußboden eingelassene Drahtgeflecht mit samt den daran befestigten Heizungsleitungen nach der Verfüllung mit dem eigentlichen Fußbodenmaterial nicht mehr sichtbar ist, begründet die Gefahr einer Beschädigung der im Fußboden verlaufenden Heizungsrohre beim Einschneiden der Fugen. Dieser Gefahr konnte wirksam nur durch rechtzeitige Erstellung eines die Lage der Heizungsrohre und der Fugenschnite ausweisenden Plans begegnet werden, aus dem auch gegebenenfalls erforderliche Fugendüker ersichtlich waren. Letztlich kann dahinstehen, ob im Streitfall - wie die Klägerin vorträgt - auch ein "kreuzungsfreier" Verlauf von Heizungsrohren und Fugenlinien möglich war, denn die Heizungsrohre waren nach der Einbettung in das Füllmaterial des Fußbodens nicht mehr sichtbar, so daß in jedem Fall das Bedürfnis nach einer Dokumentation ihres Verlaufs bestand.
Das Unterbleiben der gebotenen Mitwirkung des Architekten begründet nach Maßgabe von §§ 278, 254 BGB zu Lasten der Klägerin einen Mitverschuldensanteil, der mit einem Drittel zu bemessen ist. Nach Ansicht des Senats wiegt die Fehlleistung der Beklagten schwerer als die des Architekten. Die Beklagte wußte, daß in dem von ihr zu bearbeitenden Hallenboden eine Fußbodenheizung eingebaut war. Gleichwohl hat sie sich um Sicherungsmaßnahmen nicht gekümmert, obwohl der Fugenschnitt zu ihrem Gewerk gehörte. Auch sind der Beklagten die letztlich zur tatsächlichen Beschädigung der Heizungsrohre führenden Handlungen der in ihrem Auftrag und nach ihren Weisungen handelnden Firma D. zuzurechnen. Demgegenüber ist zwar davon auszugehen, daß die Gefahr einer Beschädigung der Heizungsrohre auch für den Architekten der Klägerin absehbar war. Der Umstand, daß die Problematik des Fußbodenaufbaus auch für ihn eine Spezialmaterie war, hat den Senat veranlaßt, seinen Verschuldensanteil geringer zu gewichten als den der Beklagten.
2. Konsequenz einer Mithaftung des Bauherrn ist, daß er seinen Schaden lediglich in Höhe der auf den Unternehmer entfallende Haftungsquote geltend machen darf (BGH BauR 1970, 57, 59; Werner/Pastor, a.a.O, Rz. 2461; Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 13 VOB/B, Rz. 36 m.w.N. zur Rechtsprechung in Fn. 7). Das bedeutet im Streitfall, daß die Klägerin kann den ihr entstandenen Schaden nur zu zwei Dritteln ersetzt verlangen.
Durchgreifende Einwände gegen die Höhe der geltend gemachten Einzelpositionen bestehen - abgesehen von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung - aus Sicht des Senats nicht.
a) Hinsichtlich der Rechnung der Firma S. vom 07.02.1997 über 6.860,80 DM netto geht der Senat davon aus, daß es sich insofern um nach §§ 249, 251 BGB erforderlichen Kosten der Schadensbeseitigung handelt. Im Zuge der Schadensbeseitigung durfte sich die Klägerin bei einer Fachfirma mit den erforderlichen Baustoffen eindecken. Es ist nicht ersichtlich, daß der von der Firma S. in Ansatz gebrachte Stahlpreis von 3,20 DM/kg - wenn er auch über dem Marktpreis gelegen haben mag - so übersetzt war, daß deshalb die Klägerin in Erfüllung ihrer Schadensminderungspflicht das Angebot der Fa. Sc. hätte zurückweisen müssen.
b) Auch die für die Neuverlegung der Fußbodenheizung erteilte Rechnung der Firma T. vom 12.03.1997 über 11.520,-- DM durfte die Klägerin in vollem Umfang in die Schadensberechnung einbeziehen.
Ausgehend davon darf es der Beklagten nicht zugute kommen, wenn die von der Firma D. beschädigte Fußbodenheizung zufällig auch Gegenstand von (möglichen) Gewährleistungsansprüchen der Klägerin gegen einen Dritten ist. Die Frage einer Mithaftung der Firma T. ist daher in ein eventuell gemäß § 426 BGB bestehendes Regereßverhältnis zwischen ihr und der Beklagten verlagert.
3. Die seitens der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit ihrem Werklohnanspruch hat aus den vom Landgericht angeführten Gründen keinen Erfolg. Die vom Auftragnehmer erbrachte Leistung war wertlos, wenn sie im Zuge der Schadensbeseitigung von einem Dritten neu erbracht werden muß. In dieser Lage besteht ein Werklohnanspruch des Auftragnehmers jedenfalls dann nicht, wenn die Kosten für die Neuverlegung des Fußbodens und die Ausführung des Fugenschnitts dem (ursprünglich betrauten) Auaftragnehmer nicht als Schadenspositionen in Rechnung gestellt werden. So aber ist die Klägerin hier verfahren.
II.
Die nach Zinssatz und Zeitraum von der Berufung nicht angegriffene Zinsforderung ergibt sich aus Verzug.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf [ref=fc9bdecd-afb7-4f34-8537-ffbca2473601]§§ 92, 708 Nr. 10, 713 BGB[/ref]
IV.
Der Streitwert beträgt im Berufungsverfahren 44.672,10 DM.
Durch die Entscheidung sind die Klägerin in Höhe von 15.178,29 DM und die Beklagte in Höhe von 29.494,73 DM beschwert.
Meta
12.11.1998
Oberlandesgericht Köln 18. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: U
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 12.11.1998, Az. 18 U 68/98 (REWIS RS 1998, 1002)
Papierfundstellen: REWIS RS 1998, 1002
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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