Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2005, Az. III ZR 268/04

III. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5177

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04
Verkündet am: 3. Februar 2005 [X.] Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 10 Nr. 7 Buchst. a, § 9 Be; BGB § 628 Abs. 1 Satz 1
Eine formularmäßige Klausel, wonach ein Inkassobüro für jeden Fall der Kündigung des [X.] die volle Vergütung als [X.] - unabhängig von dem Stand der bis dahin erbrachten Leistun-gen - beanspruchen kann, ist gemäß § 10 Nr. 7 Buchst. a [X.] un-wirksam.

Wird eine solche Klausel gegenüber einem Unternehmer verwandt, ist sie nach § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam.

[X.], Urteil vom 3. Februar 2005 - [X.]/04 - OLG Hamm

LG Hagen - 2 -

[X.] hat im schriftlichen Verfahren auf-grund der bis zum 31. Dezember 2004 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter [X.] und die Richter [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 20. Februar 2004 wird [X.].

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte beauftragte die Klägerin durch "[X.] (Einzug einer ausgeklagten Forderung)" vom 17. Oktober 2000, eine titulierte Forderung gegen [X.]in Höhe von 410.530 [X.]. In dem formularmäßigen Auftrag erkannte der Beklagte die "[X.]" der Klägerin an, in denen es in Absatz 12 heißt:
"Bereits rechtskräftig titulierte und bislang nicht zu realisierende Forderungen werden von [X.]= Klägerin> überwacht. Das gesamte Kostenrisiko trägt [X.]ab Übernahme des [X.] 3 -

ges. Die Gesamtforderung ist mit Annahme des Auftrages (Origi-naltitel) in Höhe von 30 % [X.] MWST (Bearbeitungsvergütung) an [X.]abgetreten. Bei jedem Zahlungseingang erfolgt ent-sprechende Verrechnung. Bei Kündigung des Auftrages ist die gesamte Bearbeitungsgebühr, sowie die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Kosten in voller Höhe zu erstatten."

Die Klägerin erreichte nicht, daß der Schuldner zahlte. Mit Schreiben vom 24. April 2002 kündigte der Beklagte den Inkassoauftrag mit sofortiger Wirkung. Daraufhin stellte ihm die Klägerin am 29. April 2002 eine Be-arbeitungsvergütung in Höhe von 30 % der Forderung sowie [X.], insgesamt 83.278,22 •, in Rechnung.

[X.] ist von der vorgenannten Rechnung ein Teilbetrag von 5.500 •, nämlich 5.118,60 • Bearbeitungsvergütung und 381,40 • von der Klä-gerin verauslagte Vollstreckungskosten, nebst Zinsen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von 877,40 • zuzüglich Zinsen stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zu ihren Gunsten zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung von (insgesamt) 5.500 • nebst Zinsen wei-ter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

- 4 -

[X.]

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Klägerin könne nach der Kündigung des [X.] gemäß § 675 Abs. 1, §§ 628, 612, 670 BGB in Verbindung mit Absatz 12 Satz 5 ihrer (vorzitierten) Geschäftsbedingungen Erstattung der bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Kosten verlangen. Darunter seien nicht nur ihre Auslagen, son-dern auch diejenigen - nach Zeitaufwand unter Zugrundelegung eines Stun-densatzes von 50 • zu ermittelnden - Aufwendungen für Personal und [X.] zu verstehen, die mit dem [X.] hätten (insgesamt 877,40 • einschließlich Umsatzsteuer).

Dagegen könne die Klägerin nicht darüber hinaus eine Vergütung for-dern. Die Regelung in Absatz 12 Satz 5 ihrer Geschäftsbedingungen, wonach bei Kündigung des Auftrages - zusätzlich zu den bis dahin angefallenen Ko-sten - die gesamte Bearbeitungsgebühr "zu erstatten" sei, halte der [X.] nach dem [X.] nicht stand. Die Klägerin lasse sich hierdurch eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen versprechen, was gemäß § 10 Nr. 7 Buchst. a [X.] nicht zulässig sei. Jedenfalls liege in einer solchen Abwicklungsregelung eine von wesentlichen Gedanken der gesetzli-chen Regelung abweichende, den Beklagten unangemessen benachteiligende Bestimmung, die gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam sei. Das Prinzip, daß Bezahlung (nur) für geleistete Tätigkeiten geschuldet sei, werde auf den Kopf gestellt.
- 5 -

Nach der - an die Stelle der unwirksamen Geschäftsbedingungen [X.] - gesetzlichen Regelung (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB) habe der Klägerin eine anteilige Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nicht zugesprochen werden können; denn sie habe insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen nicht dargelegt.

I[X.]

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.

1. Die Klägerin kann nur die rechtskräftig zuerkannten 877,40 • Personal- und Vollstreckungskosten nebst Zinsen beanspruchen. Der von der Revision weiter geltend gemachte Aufwand zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses nach erfolgter Kündigung war schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er nicht durch entsprechenden substantiierten Parteivortrag belegt war.
2. Die Klägerin kann darüber hinaus keine Vergütung fordern.

a) Zwar ist in Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen bestimmt, daß bei Kündigung des [X.] - außer den bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Kosten - die gesamte Bearbeitungsgebühr (oder - im selben Sinn -: "Bearbeitungsvergütung" ) in Höhe von 30 % der [X.] Gesamtforderung zuzüglich Um-satzsteuer "zu erstatten" ist. Diese Regelung ist aber, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, unwirksam. Das ergibt sich aus § 10 Nr. 7 Buchst. a oder - sofern unternehmerischer Geschäftsverkehr vorgelegen haben - 6 -

sollte - aus § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 des [X.]es i.d.F. der Be-kanntmachung vom 29. Juni 2000 ([X.] I S. 946), das auf den vorliegenden, vom 17. Oktober 2000 bis zum 24. April 2002 dauernden Inkassoauftrag noch anwendbar ist (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB).

[X.]) Entgegen der Auffassung der Revision ist die in Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen getroffene Regelung der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 [X.] unterworfen; denn durch sie wurde eine von [X.] abweichende Regelung vereinbart (§ 8 [X.]).

(1) Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und der hierfür geschuldeten Vergütung unmittelbar bestimmen, unterliegen allerdings nicht der Regelung durch Rechtsvorschriften, sondern sind von der den Parteien eingeräumten Vertragsfreiheit umfaßt. Mit solchen Preisabspra-chen ist daher im nicht preisregulierten Markt keine Änderung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften im Sinne des § 8 [X.] verbunden. [X.] sind dagegen vorformulierte Vereinbarungen, die mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben (Nebenabreden) und an deren Stelle, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, [X.] Gesetzesrecht treten kann. Hierzu zählen insbesondere Klauseln, die in einer die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung berührenden Weise die Entstehungsvoraussetzungen für den Vergütungsanspruch regeln (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2002 - [X.]/00 - ZIP 2002, 808, 809 m.w.N.; s. auch [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 9. Aufl. 2001 § 8 Rn. 21; [X.][X.]Lindacher, [X.] 4. Aufl. 1999 § 8 Rn. 18 f). So liegt der Streitfall. - 7 -

(2) Die von den Parteien vereinbarte Einziehung von Forderungen des Beklagten durch die als Inkassobüro tätige Klägerin ist als Geschäftsbesor-gungsdienstvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) zu qualifizieren (vgl. Senatsurteil vom 29. April 2004 - [X.]/03 - [X.]Report 2004, 1065). Ein solcher Vertrag ist für den Auftraggeber nach § 627 Abs. 1 BGB jederzeit kündbar (vgl. [X.], Ur-teil vom 29. Mai 1991 - [X.] - [X.], 1642 ), weil [X.] aufgrund besonderen [X.] erteilt zu werden pflegen (vgl. Senatsurteil [X.]O). Im Fall der Kündigung durch den Auftraggeber kann der Dienstverpflichtete (nur) einen seinen bishe-rigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Über diese gesetzliche Regelung geht Absatz 12 Satz 5 der [X.] der Klägerin zum Nachteil des Auftraggebers hinaus. Denn nach Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen soll der Auftraggeber bei Kündigung des Auftrages stets die volle Bearbeitungsgebühr schulden.

[X.]) Nach dem - somit gemäß § 8 [X.] anwendbaren - Klauselverbot des § 10 Nr. 7 Buchst. a [X.] ist eine Bestimmung unwirksam, nach der der Verwender für den Fall, daß eine Vertragspartei den Vertrag kündigt, eine un-angemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen verlangen kann. Richt-schnur für die rechtliche - also entgegen der Auffassung der Revision einem [X.] nicht zugängliche - Angemessenheitsprüfung ist je-weils das, was - ohne die Klausel - nach den gesetzlichen Vorschriften ge-schuldet wäre (vgl. [X.], Urteile vom 8. November 1984 - [X.] - NJW 1985, 632 und vom 29. Mai 1991 [X.]O; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]O § 10 Nr. 7 Rn. 1). Angemessen wäre demnach eine Vergütung, die den vom [X.] bis zur Kündigung durch den Auftraggeber erbrachten Lei-stungen entspräche (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Darüber greift die von der Klä-- 8 -

gerin verwandte formularmäßige Regelung indes hinaus und unterliegt deshalb dem Klauselverbot des § 10 [X.] (vgl. [X.] 87, 309, 319). Die Klägerin hat sich in Absatz 12 Satz 5 ihrer Geschäftsbedingungen für jeden Fall der Kündi-gung die volle Vergütung ("gesamte Bearbeitungsgebühr") als Festbetrag - unabhängig von dem Stand ihrer bis dahin erbrachten Leistungen - verspre-chen lassen. Der Beklagte sollte die gesamte Vergütung selbst dann schulden, wenn er zu einer Zeit kündigte, als die Klägerin noch nichts unternommen [X.]. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Klägerin im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung sogar noch mehr erhal-ten als bei Beendigung nach vollständiger Vertragserfüllung, nämlich die ge-samte Bearbeitungsgebühr und vollen Ersatz der ihr entstandenen Kosten (Abs. 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen). Bei erfolgreichem Forderungsein-zug hätte sie zwar ebenfalls die Bearbeitungsgebühr erhalten, aber die Beitrei-bungskosten selbst tragen müssen (vgl. Abs. 12 Satz 2 der [X.]). Bei nur teilweisem Forderungseinzug hätte die Klägerin - im Fall der ordentlichen Vertragsbeendigung - nur eine anteilige Vergütung erhalten und wiederum die Beitreibungskosten selbst tragen müssen.

Die [X.] Bestimmung einer offensichtlich überhöhten Vergütung für den Fall der Kündigung wird nicht durch ein Interesse der Klägerin gerecht-fertigt, den Auftraggeber so an einer vorzeitigen Kündigung des [X.] zu hindern. Im Gegenteil ist darin, daß dem Auftraggeber durch Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen die Ausübung seines gesetzlichen Kündi-gungsrechts (§ 627 Abs. 1 BGB) erschwert wird, eine weitere, die Unangemes-senheit der Vergütungsregelung verstärkende, einseitige Benachteiligung zu sehen. Dieses Recht auszuhebeln, besteht kein rechtlich anzuerkennendes Interesse. Was die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen angeht, ist der - 9 -

Dienstverpflichtete durch die Vergütungsregelung in § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB hinreichend geschützt.

[X.]) Nichts anderes, nämlich Unwirksamkeit der Vergütungsregelung, gälte, wenn § 10 [X.] hier nicht Anwendung fände, weil die [X.] der Klägerin - was das Berufungsgericht bezüglich des [X.] hat - gegenüber einem Unternehmer verwendet worden wären (§ 24 Satz 1 [X.]). Denn Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen der Klä-gerin ist auch nach dem - im Verkehr mit Unternehmern uneingeschränkt an-wendbaren - § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 [X.] unwirksam. In § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB ist für den Dienstvertrag festgelegt, daß sich die tatsächlich er-brachten Dienstleistungen und die Vergütung im Fall der vorzeitigen [X.] entsprechen müssen. Überhaupt wird Bezahlung grundsätzlich nur für geleistete Tätigkeiten geschuldet (vgl. § 611 Abs. 1 BGB). Mit diesem we-sentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen nicht vereinbar. Denn dort wird - wie oben im [X.] mit § 10 Nr. 7 Buchst. a [X.] ausgeführt - das vorbeschriebene Äquivalenzprinzip mißachtet und letztlich auch für eine Nichtleistung ein Ent-gelt festgesetzt (vgl. [X.] [X.]O § 8 Rn. 21b).

b) Aufgrund der von Absatz 12 Satz 5 der Geschäftsbedingungen nicht verdrängten gesetzlichen Regelung des § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Klägerin eine höhere (anteilige) Vergütung als zuerkannt nicht zugesprochen werden. Nach der - nicht angegriffenen - Feststellung des Berufungsgerichts ist dem Parteivorbringen nicht zu entnehmen, welche Gesamtleistungen die [X.] -

gerin zu erbringen hatte. Die von ihr durchgeführten Tätigkeiten können [X.] nicht ins Verhältnis zu der geschuldeten Gesamtleistung gesetzt und so eine anteilige (höhere) Vergütung nicht bemessen werden.
Schlich [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 268/04

03.02.2005

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2005, Az. III ZR 268/04 (REWIS RS 2005, 5177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5177

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