Bundessozialgericht, Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 KR 20/10 R

1. Senat | REWIS RS 2011, 1680

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - kein Anspruch auf krankheitsbedingt erforderliche Diät bei Nichtvorliegen einer bilanzierten Diät - Bedürftigkeit - Anspruch gegen zuständigen Sozialleistungsträger - gesetzlich eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs verstößt nicht gegen Verfassungsrecht - Zuweisung - Eigenverantwortung des Versicherten - keine unzumutbare verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Belastung


Leitsatz

1. Versicherte haben gegen ihre Krankenkasse keinen Anspruch auf krankheitsbedingt erforderliche Diätnahrung, die keine bilanzierte Diät ist.

2. Können Versicherte die Nährstoffformulierung einer Diät vermittels planvoller Nahrungszubereitung im häuslichen Bereich selbst bilanzieren, handelt es sich nicht um eine bilanzierte Diät.

3. Fehlt Versicherten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, um sich selbst mit erforderlicher einfacher Diätnahrung zu versorgen, stehen ihnen Ansprüche gegen Sozialleistungsträger zu, die Fälle der Bedürftigkeit absichern, nicht aber gegen Krankenkassen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme zukünftiger Kosten für eiweißreduzierte Diätnahrung sowie die Erstattung von dafür bereits aufgewendeten 2118,14 Euro.

2

Der im Juni 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Kläger leidet an der autosomal-rezessiv vererbten Ahornsirup-Krankheit (Leucinose, [X.] , [X.] 10 E71.0), einer Aminosäurestoffwechselstörung, die auf genetisch bedingten Defekten eines Enzyms beruht. Die Krankheit manifestiert sich wenige Tage nach der Geburt und führt unbehandelt zunächst zu einer ausgeprägten neurologischen Symptomatik und wenige Monate später zum Tod. Um dies zu verhindern, ist mittels einer lebenslangen Diät die Zufuhr der Aminosäuren Leucin, [X.] und Isoleucin stark einzuschränken. Abgesehen von genau abgemessenen Mengen Obstes, Kartoffeln und Gemüses ernährt sich der Kläger deswegen von industriell gefertigten eiweißreduzierten Nahrungsprodukten - insbesondere Mehl, Brot, Teigwaren, Ei- und Sahneersatzprodukten - (eiweißreduzierte Diätnahrung). Er erhält ergänzend von der Beklagten Aminosäuremischungen. Sie erstattete ihm bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres auch die Kosten für im Versandhandel selbst beschaffte Diätnahrung, lehnte aber für die [X.] danach eine weitere Übernahme der Kosten für die eiweißreduzierte Diätnahrung ab (Bescheid vom 28.7.2006, Widerspruchsbescheid vom [X.]). Der Kläger ist mit seiner Klage auf Erstattung der ihm bisher entstandenen und Übernahme der künftig entstehenden Kosten der eiweißreduzierten Diätnahrung beim SG (Urteil vom [X.]) und [X.] erfolglos geblieben: Die begehrte Diätnahrung sei weder als Fertigarzneimittel zugelassen noch eine bilanzierte Diät iS des ab 1.1.2009 geltenden § 31 Abs 5 [X.], sondern ein Grundnahrungsmittel. Sie sei auch keine ergänzende bilanzierte Diät iS der [X.] der [X.] ([X.]) aF, die § 316 [X.] für anwendbar erkläre ([X.]-Urteil vom 14.7.2010).

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 31 Abs 1 [X.]. Die von ihm benötigte Diätnahrung sei zwar kein Fertigarzneimittel, habe jedoch arzneimittelgleiche Wirkung. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es daher, die Diätnahrung - ähnlich wie Insulin - als Arzneimittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) einzustufen. Die Diätnahrung erfülle auch die Voraussetzungen einer ergänzenden bilanzierten Diät nach § 31 Abs 5 [X.] iVm § 20 Satz 3 der ab [X.] geltenden [X.] ([X.]); jedenfalls seien die Regelungen grundrechtskonform in dieser Weise auszulegen. Zusammensetzung und Darreichungsform der Diätnahrung seien keine sachlichen Gründe für einen Leistungsausschluss, wenn bei anderen, der Ahornsirup-Krankheit vergleichbar schweren Erkrankungen Anspruch auf Trink- und Sondennahrung bestehe.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2010 und das Urteil des [X.] vom 23. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 2118,14 Euro bis zum 14. Juli 2010 entstandene Kosten der Diätnahrung zu erstatten und für die anschließende [X.] die Kosten einer Diätnahrung mit maximal reduziertem Eiweißanteil abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung zu übernehmen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das Urteil des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung des [X.] gegen das [X.] zurückgewiesen. Der Kläger kann von der beklagten [X.] weder zukünftig Versorgung mit eiweißreduzierter Diätnahrung als Naturalleistung noch für die Vergangenheit Erstattung der ihm hierfür entstandenen Kosten nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, [X.] 2266) verlangen. Er hat auch keinen Anspruch auf künftige Kostenfreistellung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Buchst b GSG vom 21.12.1992, [X.] 2266), falls der Beklagten eine Naturalleistungsverschaffung nicht möglich ist.

8

Sowohl der Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit als auch der Anspruch auf Versorgung oder Kostenfreistellung für die Zukunft reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte und zukünftig zu beschaffende Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die [X.]n allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl nur [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]3 mwN - "[X.] Öl"). Dem Kläger steht keiner dieser Ansprüche zu, weil die eiweißreduzierte Diätnahrung nach den [X.] und damit den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nicht zum Leistungskatalog der [X.] gehört.

9

Der Kläger kann zwar nach § 27 Abs 1 Satz 1 [X.] Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um seine [X.] zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 [X.]). Diesen Anspruch hat auch das [X.] nicht erweitert (vgl insgesamt [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.]2 f - D-Ribose). Der [X.] muss nicht darüber entscheiden, ob die eiweißarme Diätnahrung als Arzneimittel oder als Lebensmittel zu q[X.]lifizieren ist, was aufgrund der Feststellungen des [X.] offen ist. In beiden denkbaren Fällen besteht keine Leistungspflicht der Beklagten. Als Arzneimittel ist die Diätnahrung mangels Arzneimittelzulassung nicht verordnungsfähig (dazu 1.). Sie gehört auch als Lebensmittel nicht zu den Produkten, auf die sich ausnahmsweise die Leistungspflicht der [X.] erstreckt (dazu 2.). Sie ist weder ein Heil- noch ein Hilfsmittel, sondern - wie zuvor dargelegt - Arznei- oder Lebensmittel (dazu 3.). Die fehlende Einbeziehung in den [X.]-Leistungskatalog verstößt nicht gegen [X.]recht (dazu 4.).

1. Wenn eiweißreduzierte Diätnahrung als Arzneimittel zu q[X.]lifizieren ist (§ 31 Abs 1 Satz 1 [X.]; ausführlich zur Abgrenzung des Arzneimittelbegriffs vom Lebensmittelbegriff [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]5 ff - "[X.] Öl"), ist es nicht zu Lasten der [X.] verordnungsfähig. Als Arzneimittel ist eiweißreduzierte Diätnahrung jedenfalls nicht ein Rezeptur-, sondern ein Fertigarzneimittel (dazu a), dem jedoch die erforderliche Zulassung fehlt (dazu b). Weder liegt ein sog Seltenheitsfall noch ein sonstiger Fall des arzneimittelrechtlich zulässigen Einzelimports vor (dazu c).

a) Nach § 4 Abs 1 [X.] (<[X.]> idF durch Art 1 [X.] a Vierzehntes Gesetz zur Änderung des [X.]es vom [X.], [X.] 2570) sind Fertigarzneimittel Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Dies trifft auf die eiweißreduzierte Diätnahrung zu. Es ist unerheblich, dass es sich bei der eiweißreduzierten Diätnahrung jedenfalls teilweise um Nahrungsbestandteile handelt, die nicht bereits vom Hersteller, sondern erst durch den Endverbraucher für die Herstellung der zum Verzehr bestimmten Gerichte verwendet werden. Denn die Hersteller bringen die Grundstoffe in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten, für Lebensmittel typischen Verpackung in den Verkehr. Eine individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmte Dosisanpassung nach ärztlicher Verordnung erfolgt nicht.

b) Eiweißarme Diätnahrung ist als Fertigarzneimittel mangels erteilter [X.]-Zulassung grundsätzlich nicht von der Leistungspflicht der [X.] nach § 31 Abs 1 Satz 1 [X.] umfasst. Für Fertigarzneimittel ist eine [X.] oder [X.] Zulassung arzneimittelrechtlich erforderlich (§ 21 Abs 1 [X.] idF durch Art 1 [X.] a Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009, [X.] 1990). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden [X.]s sind die Anforderungen des [X.] an [X.] mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des [X.] der Zulassung bedürfen, nur erfüllt, wenn sie eine solche Zulassung besitzen. Ohne die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt es - auch in Würdigung des Beschlusses des [X.] vom 6.12.2005 ([X.]E 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.]) - an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Arzneimitteltherapie (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 [X.]; [X.], vgl statt vieler zB [X.], 252, 256 f = [X.] 3-2200 § 182 [X.] - Goldnerz-Aufbaucreme; [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 22 mwN - D-Ribose; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 29 - "[X.] Öl").

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eiweißarme Diätnahrung als Fertigarzneimittel im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 [X.]. Der erkennende [X.] geht im Rahmen dieser Norm ausnahmsweise von der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der [X.] aus, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit oder der grundrechtsorientierten Auslegung handelt. Daran fehlt es.

Die Voraussetzungen eines sog [X.] sind nicht erfüllt. [X.] ist zwar eine Krankheit, die weltweit nur sehr selten auftritt - nämlich mit einer Häufigkeit von einer Erkrankung auf ca 200 000 Geburten. Eine zu erwägende Erweiterung der Leistungspflicht knüpft aber an den Umstand an, dass bestimmte Krankheiten im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können (vgl dazu [X.], 236 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 21 - Visudyne). So liegt es hier nicht. Ursachen, Wirkungen und Therapiemöglichkeiten der [X.] sind nämlich in der medizinischen Wissenschaft bekannt. Wie aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hervorgeht, sind die Voraussetzungen für die lebenslange Verhütung von [X.] mit irreparablen Schädigungen definiert, ihre praktische Handhabung ist medizinischer Standard.

Es fehlt auch ein Anlass zu einer grundrechtsorientierten Auslegung (vgl zu den Voraussetzungen [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 31/32 - D-Ribose; [X.], 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 20 ff - Tomudex; BSG [X.]-2500 § 31 [X.] Rd[X.]6 mwN - [X.]; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 32 - "[X.] Öl"). Zwar ist [X.] - unbehandelt - eine regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit. Ein Einzelimport von Arzneimitteln setzt aber nach § 73 Abs 3 [X.] (in allen seit 2006 geltenden Fassungen, vgl zuletzt Abs 3 idF durch Art 1 [X.] Buchst d Gesetz vom 17.7.2009 [X.] 1990 mWv 23.7.2009) [X.] voraus, dass sie in dem Staat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Es ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass eiweißreduzierte Diätnahrung außerhalb des Geltungsbereichs des [X.] als Fertigarzneimittel zugelassen ist.

2. Ist eiweißreduzierte Diätnahrung nicht als Arzneimittel, sondern stattdessen als Lebensmittel zu q[X.]lifizieren, unterfällt eine Versorgung hiermit ebenfalls nicht dem Leistungskatalog der [X.]. Das gilt sowohl für die [X.] ab [X.] (dazu a) als auch für die davor liegende [X.] bis Ende 2008 (dazu b) sowie für die Zwischenzeit des ersten Q[X.]rtals des Jahres 2009 (dazu c).

a) Die Versorgung mit Lebensmitteln gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der [X.], selbst wenn therapeutische Nebeneffekte damit verbunden sind ([X.], vgl zB [X.], 240, 243 f = [X.] 3-2500 § 27 [X.] S 29 f - [X.]; [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.] 24 - D-Ribose; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 34 - "[X.] Öl"). § 31 Abs 5 [X.] (idF durch Art 1 [X.]a [X.] Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-OrgWG> vom 15.12.2008, [X.] 2426) regelt folgende Ausnahmen: Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist; nach § 31 Abs 5 Satz 2 [X.] legt hierzu der [X.] ([X.]) in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 [X.] 6 [X.] fest, unter welchen Voraussetzungen welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können und veröffentlicht im [X.] eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte. Der [X.] hat diesen Auftrag des Gesetzgebers in seiner Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung umgesetzt (vgl [X.] idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, [X.]9a, in [X.] getreten am [X.], [X.]: Gesetzlich zugelassene Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit von [X.], [X.], Elementardiäten und Sondennahrung ). Zu den Ausnahmefällen nach § 31 Abs 5 [X.], in denen die Versorgung mit Lebensmitteln in den Leistungskatalog der [X.] fällt, gehört eiweißreduzierte Diätnahrung nicht. Sie ist weder Aminosäuremischung noch Eiweißhydrolysat, Elementardiät oder Sondennahrung (dazu aa). Es liegt auch kein anderer Ausnahmefall vor, weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist (dazu bb).

aa) Nach § 19 Abs 1 [X.] sind [X.] diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung). Sie bestehen überwiegend aus q[X.]litativ und q[X.]ntitativ definierten Gemischen von Aminosäuren und sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Entsprechend der Zweckbestimmung können gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe enthalten sein. Soweit dies medizinisch notwendig ist, können [X.] auch Fette und Kohlenhydrate enthalten. Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung besteht dagegen gerade nicht überwiegend aus Gemischen von Aminosäuren. Diese Diätnahrung enthält vielmehr möglichst wenig Eiweiß und damit Aminosäuren. Die eiweißreduzierte Diätnahrung schließt auch keine nach medizinischen Kriterien zusammengestellten, bei der Herstellung verwendeten definierten [X.] ein. Um eine ausreichende und entsprechend seiner Erkrankung angepasste Aufnahme von Aminosäuren zu gewährleisten, muss der Kläger gerade ergänzend zu seiner allgemein eiweißreduzierten Nahrungsaufnahme - hier nicht streitbefangene - lebensnotwendige [X.] (isoleucin-, leucin- und valinfreie Aminosäurenmischungen) erhalten, die die Beklagte ihm als Sachleistung gewährt.

Nach § 19 Abs 2 [X.] sind Eiweißhydrolysate diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), bestehend aus abgebauten Proteinen (niedermolekularen Proteinkomponenten in Form von freien Aminosäuren, Oligopeptiden <2-10 Aminosäuren> und Peptiden). Sie sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach den vorstehenden Ausführungen zu den [X.] auch kein Eiweißhydrolysat. Ziel der eiweißreduzierten Diätnahrung ist es nicht, dem Körper abgebaute Proteine zur Verfügung zu stellen, sondern umgekehrt Proteine allgemein zu vermeiden.

Die eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenfalls keine Elementardiät. Elementardiäten sind nach § 19 Abs 3 [X.] diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die - unabhängig von der Molekulargröße - oral zuzuführende Gemische aus Proteinen (auch hochhydrolysierte Proteine), Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen enthalten, und die als einzige Nahrungsquelle geeignet sind (sog Trinknahrung). Enthalten sein können entsprechend ihrer Zweckbestimmung gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe. Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung ist demgegenüber nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet. Sie klammert Eiweiß möglichst weitgehend aus, um irreversible neurologische Schädigungen zu vermeiden. Sie ist aufgrund des die Krankheitssymptome auslösenden [X.] eine an ihn angepasste, gezielt eingeschränkte und damit unvollständige Ernährung, die durch spezifische [X.] kompensiert werden muss.

Die vom Kläger benötigte eiweißreduzierte Diätnahrung dient schließlich nicht der Sondennahrung. [X.] sind nach § 19 Abs 4 [X.] diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die bei einer individuell gewählten Zusammensetzung und Dosierung als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde bestimmt sind. Die hier streitige eiweißreduzierte Diätnahrung ist nach der Art ihrer Herstellung dazu nicht geeignet. Abgesehen davon, dass sie - wie bereits ausgeführt - nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet ist, unterscheidet sie sich nach der Art und Weise der mit ihr verbundenen Nahrungsaufnahme nicht von anderen Nahrungsmittelprodukten, die in Lebensmittelgeschäften angeboten werden. Der Kläger benötigt aufgrund seiner Erkrankung zudem keine Sondennahrung.

bb) Ein Anspruch des [X.] ergibt sich auch nicht aus § 20 Satz 3 [X.], weil eiweißreduzierte Diätnahrung keine bilanzierte Diät ist. § 31 Abs 5 Satz 1 [X.] gewährt schon nach seinem klaren Wortlaut nur einen Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung. In diesem Sinne ist auch § 20 Satz 3 [X.] auszulegen. § 20 [X.] enthält nämlich ergänzende Bestimmungen, um die Anforderungen des § 31 Abs 5 Satz 1 [X.] zu konkretisieren. Die Regelung umschreibt, welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können (vgl § 31 Abs 5 Satz 2 [X.]). Verordnete Produkte müssen danach der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) entsprechen und sich rechtmäßig auf dem [X.]n Markt befinden (§ 20 Satz 1 [X.]). Produkte, die nicht den vorgenannten Definitionen entsprechen, zB weil sie nur Kohlenhydrate oder Fette enthalten, sind keine [X.], Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung im Sinne der [X.] (§ 20 Satz 2 [X.]). Dies gilt nicht für ergänzende bilanzierte Diäten zur Behandlung von angeborenen, seltenen Defekten im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und anderen diätpflichtigen Erkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung führen und bei denen eine diätetische Intervention mit ergänzenden bilanzierten Diäten medizinisch notwendig ist (§ 20 Satz 3 [X.]).

Der Begriff der ergänzenden bilanzierten Diäten nach § 20 Satz 3 [X.] knüpft an § 31 Abs 5 Satz 1 [X.] an. Die Regelung verweist in der Sache auf § 1 Abs 4a Verordnung über diätetische Lebensmittel ( idF der Bekanntmachung vom [X.], [X.] 1161). Das erhellt aus der Entstehungsgeschichte (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] <14. Ausschuss> zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-OrgWG>, BT-Drucks 16/10609 [X.] f zu [X.]a zu [X.], mit ausdrücklicher Bezugnahme auf § 1 Abs 4a Diätverordnung). Die Regelung begründet auf der Grundlage des § 1 Abs 4a Diätverordnung entsprechend der dortigen Definition der diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke einen insoweit umfassenden, aber zugleich auch dadurch begrenzten Leistungsanspruch.

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Regelung, wie er sich aus dem [X.] (BT-Drucks 16/10609 [X.]) ergibt. Denn der Ausschuss empfahl die Einfügung eines Abs 5 in § 31 [X.], um die Regelungslücke zu schließen, die das Urteil des erkennenden [X.]s vom 28.2.2008 ([X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.] - "[X.] Öl") in der gesetzlichen Konzeption des § 31 Abs 1 Satz 2 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Buchst a Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung <[X.]-Solidaritätsstärkungsgesetz - [X.]-SolG> vom 19.12.1998, [X.] 3853, und ab [X.] idF durch Art 5 [X.] 3 Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom [X.], [X.] 1066 <§ 31 Abs 1 Satz 2 [X.] aF>) aufgezeigt hatte. Hierbei wollte der Gesetzgeber den Leistungsanspruch nicht über den engen Bereich des § 1 Abs 4a Diätverordnung hinaus erweitern.

Nach § 1 Abs 4a Satz 1 Diätverordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) im Sinne dieser Verordnung Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs 4a Satz 2 Diätverordnung, im Wesentlichen entsprechend dem Wortlaut des Art 1 Abs 2 Buchst b Richtlinie 1999/21/[X.] vom 25.3.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, [X.]/29 vom 7.4.1999). § 1 Abs 4a Satz 3 Diätverordnung unterteilt bilanzierte Diäten in: 1. vollständige bilanzierte Diäten mit einer [X.] oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und 2. ergänzende bilanzierte Diäten mit einer [X.] oder mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

Die vom Kläger begehrte eiweißreduzierte Diätnahrung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie wird schon nicht als bilanzierte Diät in Verkehr gebracht. Nach § 21 Abs 1 Diätverordnung ist für bilanzierte Diäten die Bezeichnung "Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ([X.] Diät)" Verkehrsbezeichnung im Sinne der [X.]. [X.] Diäten dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die Angaben nach Maßgabe des § 21 Abs 2 Satz 2 Diätverordnung enthalten. Daran fehlt es. Die Bezeichnung als eiweißreduzierte Diätnahrung genügt hierfür nicht.

Ungeachtet der mangelnden Bezeichnung spricht zudem nichts dafür, dass eiweißreduzierte Diätnahrung der teilweisen Ernährung von Patienten dient, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen, wie es § 1 Abs 4a Satz 2 letzter Halbs Diätverordnung voraussetzt (vgl auch [X.], 300 Rd[X.] 23 ff). Dieses Erfordernis spiegelt sich in den Gesetzesmaterialien zu § 31 Abs 5 [X.] wider, wonach etwa glutenfreie Spezialmehle, lactosefreie Milchprodukte, phenylalaninfreie Fertigprodukte und andere entsprechende Lebensmittel grundsätzlich nicht verordnungsfähig sind. Es bleibt insoweit weiterhin dabei, dass die Versorgung mit Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, sog [X.] und anderen diätetischen Lebensmitteln als bilanzierten Diäten grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der [X.] gehört (vgl Ausschuss für Gesundheit, BT-Drucks 16/10609 [X.]). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine diätetische Ernährung, für die der Verbraucher selber sorgen kann, nicht der Sonderregelung über bilanzierte Diäten unterliegt. Eine ergänzende bilanzierte Diät erfordert in diesem Sinne, dass ihre Nährstoffformulierung nicht durch eine planvolle Nahrungszubereitung im häuslichen Bereich selbst bilanziert werden kann. Sie darf im Hinblick auf die Sicherstellung der Bilanzierung (dh die konkrete Zusammensetzung der Nährstoffe) im betroffenen [X.] nicht durch die besondere Art der dem Erkrankten oder Pflegepersonen möglichen individuellen Nahrungszubereitung substituierbar sein. Eine Substitution ist hingegen regelmäßig [X.] dann möglich, wenn Lebensmitteln durch besondere produktionstechnische Verfahren einzelne, die Krankheit auslösende oder verschlimmernde Nahrungsbestandteile, eventuell unter Verwendung von Ersatzstoffen, ganz oder teilweise entzogen worden sind, sie aber als Bestandteile neben anderen "normalen" Lebensmitteln für eine selbst zu bilanzierende Diät verwendet werden.

Damit harmoniert, dass diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke den besonderen Ernährungserfordernissen von Personen entsprechen sollen, die an bestimmten Krankheiten, Störungen oder Beschwerden leiden oder aufgrund von ihnen unterernährt sind; daher sind sie unter ärztlicher Aufsicht, gegebenenfalls mit Unterstützung anderer kompetenter Angehöriger der Heilberufe, zu verwenden (vgl Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 1999/21/[X.]). Da hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie unter Berücksichtigung ihrer Erwägungsgründe keine vernünftigen Zweifel bestehen, ist insoweit eine Vorlage an den [X.] nach Art 234 [X.]/Art 267 AEUV nicht erforderlich ([X.]; vgl [X.] Urteil vom 6.10.1982 - 283/81 - [X.]E 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - [X.]).

Diese Grundsätze greifen auch insoweit, als ein [X.] - hier die eiweißreduzierte Diätnahrung - betroffen ist, das seinerseits in Gestalt von [X.] durch eine bilanzierte, der Erkrankung angepasste Nährstoffformulierung ergänzt werden muss. Die eiweißreduzierte Ernährung bedeutet einen Verzicht auf eiweißreiche Lebensmittel, wie Milch, Milchprodukte (Q[X.]rk, Käse, Joghurt, Schokolade), Fleisch, Wurst, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen), Mais, Nüsse, Mandeln, [X.], [X.], normales Brot, Kekse und gelatinehaltige Süßigkeiten. Dagegen können bei der Ahornsirupkrankheit entsprechend der berechneten Menge der Aminosäure Leucin in den Lebensmitteln zB Obst, Gemüse, Kartoffeln und Kartoffelprodukte, [X.], Sahneersatzprodukte, eiweißarme Nudeln, eiweißarmes Brot, Brötchen, Kuchen, Waffeln, eiweißarme Milch, Obstsäfte und Apfelmus sowie nach Bedarf Wasser, Limonade, Kaffee, Tee, verdünnter Fruchtsirup, KABA fit Banane/Vanille, Erdbeere/Himbeere, Margarine, Öl, Butter, Zucker, Zuckerwatte, Traubenzucker, Süßigkeiten ohne Gelatine, Kaugummi, Wassereis, Honig, Marmelade und Konfitüre verzehrt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der erkrankte Versicherte - wie hier - gezwungen sein kann, die Nahrungszubereitung und -aufnahme sorgfältig zu planen und zu überwachen, um eine Stoffwechselentgleisung zu vermeiden.

b) Der Kläger hat auch für die vorangegangene [X.] vom Erreichen der Volljährigkeit im Juni 2006 bis 31.12.2008 keinen Anspruch auf eiweißarme Diät aus § 31 Abs 1 Satz 2 [X.] aF iVm [X.]5.2.5 Satz 3 Richtlinien des [X.] und [X.]n (jetzt: Gemeinsamer [X.]) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (idF der - im Wege der Ersatzvornahme durch das [X.] erfolgten - Bekanntmachung einer Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom [X.], BAnz [X.]65 vom [X.], ). Der erkennende [X.] hat bereits entschieden, dass [X.]5.2.5 Satz 3 AMRL aF mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage nichtig ist (vgl nur [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]3 ff - "[X.] Öl"). Daran hält er fest.

c) Der Kläger hat schließlich für die [X.] vom 1.1.2009 bis 31.3.2009 keinen Anspruch auf eine eiweißarme Diät aus der Übergangsregelung des § 316 [X.] ([X.]-OrgWG vom 15.12.2008, [X.] 2426, in [X.] getreten am 1.1.2009; vgl Art 7 Abs 1 [X.]-OrgWG). Der Gesetzgeber hat darin angeordnet, dass Versicherte bis zur [X.] der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte nach § 31 Abs 5 Satz 2 [X.] im [X.] Anspruch auf enterale Ernährung nach Maßgabe des Kapitels E der [X.] idF vom [X.] haben. Ziel der Übergangsvorschrift ist es lediglich, für die [X.] ab Inkrafttreten des § 31 Abs 5 Satz 2 [X.] (1.1.2009) bis zum [X.] der Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte im [X.] (31.3.2009) im Vorgriff auf diese [X.] eine intermediäre Anspruchsgrundlage zu schaffen (vgl BT-Drucks 16/10609 [X.]). Der Gesetzgeber wollte mit § 316 [X.] dagegen nicht einen Anspruch begründen, der über die in § 31 Abs 5 [X.] geschaffene Ermächtigung hinausgeht. Nach § 31 Abs 5 Satz 1 [X.] besteht jedoch - wie oben dargelegt (vgl II. 2. a) - kein Anspruch auf "normale" [X.], die nicht die Q[X.]lität von bilanzierten Diäten haben. Nur in diesem engen Rahmen gilt übergangsweise [X.]5.2.5 Satz 3 AMRL aF.

3. Eiweißreduzierte Diätnahrung ist auch weder Heil- (dazu a) noch Hilfsmittel (dazu b).

a) Heilmittel iS von § 32 [X.] sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (vgl [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]0 mwN - "[X.] Öl"). Die eiweißreduzierte Diätnahrung wird nicht als Dienstleistung verordnet, sondern als Arznei- oder Lebensmittel verabreicht.

b) Eiweißreduzierte Diätnahrung ist ebenso wenig Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 [X.]. Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel. Zwar ließe sich bei einem weiten sprachlichen Verständnis eiweißreduzierte Diätnahrung als Sache ansehen, die die Funktion hat, Gesundheitsschäden durch [X.] zu verhindern und dadurch den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern. Ein solches Gesetzesverständnis würde aber die Gesetzessystematik vernachlässigen, welche Arzneimittel, Ernährungstherapien, Nahrungsergänzungsmittel und Nahrungsmittel einer eigenständigen Regelung in § 31 [X.] unterworfen hat (vgl [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]1-52 mwN - "[X.] Öl").

4. Die fehlende Einbeziehung von Lebensmitteln in den Leistungskatalog der [X.], die nicht die Q[X.]lität von bilanzierten Diäten haben, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

a) Die nach § 31 Abs 5 [X.] gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der [X.] für Nahrungsmittel beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen (zu den Anforderungen vgl allgemein [X.]E 112, 50, 67 = [X.]-3800 § 1 [X.] Rd[X.]5 mwN; [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 5/03 - NJW 2007, 1343 f; BSG [X.]-2500 § 27a [X.] Rd[X.] mwN). Die [X.]n sind von [X.] wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl [X.] Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; [X.]E 115, 25, 45 = [X.]-2500 § 27 [X.]; [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 28 f mwN - D-Ribose; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]6 - "[X.] Öl"). Das [X.] hat vielmehr Lebensmittel grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der [X.] ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 [X.]) zugerechnet, mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit vermeidet es nicht nur [X.], die nach dem früheren Recht der [X.] entstehen konnten, sondern trägt der begrenzten Aufgabenstellung der [X.] Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]6 - "[X.] Öl"; vgl auch [X.] Beschluss 1. [X.] 3. Kammer vom 17.11.2010 - 1 BvR 556/09). Die Einbeziehung bilanzierter Diäten in sachlich besonders eingegrenzten Fällen beruht auf der sachlichen Nähe dieser Diäten zu Arzneimitteln. So ist etwa der Nachweis, dass eine bilanzierte Diät wirksam in dem Sinne ist, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entspricht, für die sie bestimmt ist, durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu führen. Eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich ausreichend (vgl [X.], 110, [X.]).

Entgegen der Auffassung des [X.] ist er auch nicht denjenigen Versicherten gleichzustellen, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht deswegen verletzt, weil er bei der [X.] keine oder kaum Ausweichmöglichkeiten hat, also nicht nur gezwungen ist, bestimmte Nahrungsbestandteile lediglich zu meiden und zum Ausgleich andere, natürlich vorkommende Lebensmittel zu wählen, sondern ganz überwiegend auf speziell produzierte eiweißreduzierte Diätnahrung angewiesen ist. Die Fälle, in denen Trink- oder Sondennahrung medizinisch notwendig ist, sind jedoch schon nicht wesentlich gleich mit einer Fallgestaltung, wie sie beim Kläger anzutreffen ist. Versicherte, die eine Trink- oder Sondennahrung benötigen, befinden sich in einem bis zur Hilflosigkeit reichenden Zustand der gesteigerten Abhängigkeit von künstlicher Ernährung. Zugleich ist diese Art der Nahrungszuführung regelhaft in einen ausgeprägten medizinisch-technischen Behandlungskontext eingebettet, der eine natürliche Nahrungsaufnahme ganz oder teilweise ausschließt.

b) Die gesetzliche Konzeption, Lebensmittel, die nicht die Q[X.]lität bilanzierter Diäten erreichen - hier eiweißreduzierte Diätnahrung - innerhalb der [X.] der Eigenverantwortung des Versicherten (§ 2 Abs 1 Satz 1 [X.]) zuzuweisen, führt auch nicht zu unzumutbaren, verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Belastungen der Versicherten (vgl zum verfassungsrechtlichen Schutz des Existenzminimums [X.]E 125, 175, 223 = [X.]-4200 § 20 [X.]2 Rd[X.]35; [X.], 221 = [X.]-2500 § 62 [X.] 6, Rd[X.] 31; BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 [X.]/10 R - [X.], 217 Rd[X.] 33, zur [X.] auch in [X.] vorgesehen). Allerdings begründet es nach der gesetzlichen Konzeption keinen Anspruch gegen die [X.], dass ein Versicherter wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig ist, sich selbst mit Lebensmitteln und einfacher Diätnahrung zu versorgen, selbst wenn dies zur Vermeidung schwerwiegender gesundheitlicher Störungen oder des Todes unverzichtbar ist. Das Gesetz sieht indes bei fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit insoweit Ansprüche gegen die Sozialleistungsträger vor, zu deren Aufgaben die Existenzsicherung des Einzelnen im Falle der Bedürftigkeit zählt. Das trifft hier namentlich auf die [X.] und die [X.] zu (vgl § 21 Abs 5 SGB II, § 30 Abs 5 [X.] und dazu [X.] Urteil vom [X.] [X.] 11/10 R - Rd[X.] 24; [X.], 83 = [X.]-4200 § 20 [X.] 6, Rd[X.] 39 ff; BSG [X.]-4200 § 21 [X.] 2 Rd[X.] 28).

5. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 20/10 R

08.11.2011

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Heilbronn, 23. März 2010, Az: S 12 KR 770/07, Urteil

§ 21 Abs 5 SGB 2, § 30 Abs 5 SGB 12, § 2 Abs 1 S 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB 5 vom 21.12.1992, § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5 vom 21.12.1992, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 5, § 31 Abs 1 S 1 SGB 5, § 31 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 19.12.1998, § 31 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 14.06.2007, § 31 Abs 5 S 2 SGB 5, § 32 Abs 1 SGB 5, § 33 Abs 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 316 SGB 5 vom 15.12.2008, § 4 Abs 1 AMG 1976 vom 29.08.2005, § 21 Abs 1 AMG 1976 vom 17.07.2009, § 73 Abs 3 AMG 1976, § 1 Abs 4a S 1 DiätV vom 28.04.2005, § 1 Abs 4a S 2 DiätV vom 28.04.2005, § 1 Abs 4a S 3 DiätV vom 28.04.2005, § 19 Abs 1 AMRL vom 22.01.2009, § 19 Abs 2 AMRL vom 22.01.2009, § 19 Abs 3 AMRL vom 22.01.2009, § 19 Abs 4 AMRL vom 22.01.2009, § 20 S 1 AMRL vom 12.01.2009, § 20 S 2 AMRL vom 12.01.2009, § 20 S 3 AMRL vom 12.01.2009, Nr 15.2.5 AMRL vom 25.08.2005, Kap E Nr 15.2.5 AMRL vom 25.08.2005, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.11.2011, Az. B 1 KR 20/10 R (REWIS RS 2011, 1680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1680

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