Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2018, Az. 4 StR 583/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 10956

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:110418B4STR583.17.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

BESC[X.]LUSS
4 StR 583/17

vom
11. April
2018

[X.]St:
ja (zu II 1)
[X.]R:
ja (zu II 1)
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

[X.] § 142 Abs. 1 Nr. 1

Der Tatbestand des §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] ist auch dann
erfüllt, wenn der Täter den Unfallort erst nach der letzten feststellungsberechtigten Person ver-lässt, sofern er zuvor seine [X.] verletzt hat.

[X.], Beschluss vom 11. April 2018

4 StR 583/17

LG [X.]agen

in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen fahrlässiger Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] am 11.
April 2018 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3.
Juli 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a)
bezüglich des Angeklagten S.

im gesamten Rechts-
folgenausspruch;
b)
bezüglich des Angeklagten [X.]a.

in den Aussprüchen
über die Einzelstrafe für die Tat zu
II.
2.
a) der Urteils-gründe sowie über die Gesamtstrafe.
2.
Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere [X.] des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten S.

-

verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten
1
-
3
-
[X.]a.

-

s-strafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Ferner hat es den Ange-klagten jeweils die Fahrerlaubnis entzogen, ihre Führerscheine eingezogen und für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis Sperrfristen von einem Jahr und neun Monaten für den Angeklagten S.

und von zwei Jahren für den Angeklagten
[X.]a.

festgesetzt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren
jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Um-fang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
1.
Die Angeklagten befuhren am 19.
Mai 2016 in den frühen [X.] mit ihren Pkw die in beiden Fahrtrichtungen doppelspurig ausgebaute
F.

straße in [X.].

. Beide missachteten die dort zulässige [X.]öchstgeschwin-
digkeit von 50
km/h. Der Angeklagte S.

war in Eile, nachdem ihn seine Ehe-
frau telefonisch gebeten hatte, schnell nach [X.]ause zu kommen, da der [X.] dringend ärztlicher [X.]ilfe bedürfe.
Nach Durchfahren einer Rechtskurve fuhren die Angeklagten mit einer Geschwindigkeit von jeweils mindestens 80
km/h in den nachfolgenden gera-den Straßenverlauf ein. Der Angeklagte S.

befuhr die linke, der Angeklagte
[X.]a.

die rechte
der beiden Fahrspuren.
2
3
4
-
4
-
[X.]um [X.]eitpunkt der Kurvenausfahrt der Angeklagten fuhr die [X.]eugin [X.].

mit ihrem Pkw aus einer am rechten Fahrbahnrand der F.

straße gelegenen
Parkbucht in Fahrtrichtung der Angeklagten in den rechten Fahrstreifen ein. Der Angeklagte [X.]a.

, der bei Einhaltung der zulässigen [X.]öchstgeschwindigkeit
sein Fahrzeug noch vor der [X.]eugin [X.].

zum Stehen hätte bringen können,
wich zur Vermeidung einer Kollision auf die linke Fahrspur aus, auf der sich der Angeklagte S.

leicht versetzt hinter ihm befand.
Dieses Ausweichmanöver veranlasste den Angeklagten S.

zu einer
Schreckreaktion. Er verriss das Lenkrad nach links in Richtung der [X.] und betätigte die Bremse. Auf der Gegenfahrbahn kam es
zu einer strei-fenden Kollision mit einem entgegenkommenden Pkw, die der Angeklagte bei Einhaltung der zulässigen [X.]öchstgeschwindigkeit durch die eingeleitete [X.] hätte vermeiden können. Anschließend kollidierte sein Fahrzeug frontal mit einem weiteren Pkw. Sowohl der Angeklagte S.

als auch die vier Insas-
sen der beiden anderen am Unfall beteiligten Fahrzeuge wurden durch die Kol-lisionen verletzt, zum Teil schwer.
2.
Der Angeklagte [X.]a.

stellte das von ihm geführte Fahrzeug am
Straßenrand ab und kehrte zu Fuß zu der Unfallstelle zurück. Dort gab er sich bewusst nicht als Unfallbeteiligter zu erkennen, sondern schilderte den zwi-schenzeitlich erschienenen Polizeibeamten, er habe den Unfall als am Fahr-bahnrand befindlicher Fußgänger beobachtet. Er machte Angaben zum Unfall-hergang, wobei er allerdings in seiner Schilderung des Geschehens seine eige-ne Unfallbeteiligung durch die eines vermeintlich unbekannten Fahrers ersetzte.
Schließlich verließ der Angeklagte [X.]a.

den Unfallort zu Fuß. Ob
dies
zu einem [X.]eitpunkt geschah, als noch Polizeibeamte vor Ort waren, oder ob er 5
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7
8
-
5
-
das Ende des Einsatzes abwartete und erst fortging, als keine andere Person mehr anwesend war, vermochte die [X.] nicht festzustellen. Jedenfalls hatte er bis zu diesem [X.]eitpunkt niemandem etwas von seiner Unfallbeteiligung mitgeteilt.
II.
Die sachlich-rechtliche Prüfung des Urteils führt, soweit es den Ange-klagten S.

betrifft, zu einer Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenaus-
spruchs und bezüglich des Angeklagten [X.]a.

zu einer Aufhebung der Aus-
sprüche über die Einzelstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie über die Gesamtstrafe.
1.
Die Schuldsprüche weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der [X.] auf.
[X.] Erörterung bedarf nur die
Verurteilung des Angeklagten [X.]a.

wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort
gemäß §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.], die jedoch ebenfalls rechtlicher Nachprüfung standhält. Dem steht nicht entge-gen, dass die [X.] nicht auszuschließen vermocht hat, dass
der Ange-klagte [X.]a.

den Unfallort erst zu einem [X.]eitpunkt verließ, als keine andere
Person mehr vor Ort war.
a)
Gemäß §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] macht sich strafbar, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, be-vor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Fest-stellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch 9
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-
6
-
seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat. Ob dieser Tatbestand auch dann erfüllt ist, wenn sich der Un-fallbeteiligte als Letzter vom Unfallort entfernt, ist bislang in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt
worden.
aa)
Nach der vom Oberlandesgericht [X.]amm

allerdings bislang nicht tragend entschieden

und dem ganz überwiegenden Schrifttum vertretenen Auffassung ist der Tatbestand des §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] auch dann erfüllt, wenn der Täter den Unfallort erst nach der feststellungsberechtigten Person verlässt, sofern er zuvor seine [X.] verletzt hat (vgl. OLG [X.]amm, NJW 1979, 438; [X.], [X.], 65.
Aufl., §
142 Rn.
31a; [X.]/Kühl, [X.], 28.
Aufl., §
142 Rn.
18; MüKo-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
142 Rn.
62; [X.]/
Schwerdtfeger, §
142 [X.] Rn.
61; [X.]/[X.]/Sternberg-Lieben,
[X.], 29.
Aufl., §
142 Rn.
43;
Rengier, Strafrecht BT
II, 19.
Aufl., §
46 Rn.
20; Berns-mann, N[X.]V
1989, 49, 53; Berz, [X.], 309, 311; [X.]orn/[X.]oyer, [X.] 1987, 965, 971; [X.], [X.] 1983, 506, 507
f.; [X.], [X.] 1994, 49, 68; [X.].,
[X.]
1988, 286, 288
f.).
bb)
Nach der Gegenansicht, die insbesondere vom [X.] Obers-ten Landesgericht vertreten wurde, scheidet in einer solchen Fallkonstellation eine Strafbarkeit nach
§
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] aus.
Das [X.] hat hierzu ausgeführt: Nach §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] sei das Verlassen der Unfallstelle nur strafbar, wenn sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entferne, solange es ihm noch möglich sei, seine [X.] gegenüber (anwesenden) feststellungsbereiten Personen zu erfüllen. Die [X.] sei sinnlos, wenn der feststel-lungsberechtigte Unfallgegner nicht mehr am Unfallort zugegen sei; ein Sich-13
14
15
-
7
-
Entfernen durch den Unfallbeteiligten zu diesem [X.]eitpunkt könne keine Fest-stellungen mehr vereiteln und sei nicht geeignet, die Interessen der feststel-lungsberechtigten Person weiter zu beeinträchtigen. Es führe daher nicht zu einer Strafbarkeit nach §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.], wenn der Täter die Unfallstelle erst nach den feststellungsbereiten Personen
verlasse. Sonst müsste ein [X.] in einem solchen Fall

gegebenenfalls zeitlich unbegrenzt

am Unfallort verharren, um sich nicht strafbar zu machen. Allerdings könne sich noch eine Strafbarkeit gemäß §
142 Abs.
2 Nr.
2 [X.] ergeben, sollten
die ge-botenen Feststellungen durch den Unfallbeteiligten nicht unverzüglich nachträg-lich ermöglicht werden (BayObLG, NJW 1983, 2039, 2040; NJW 1984, 66, 67; NJW 1984, 1365, 1366).
Dieser Auffassung haben sich das [X.] sowie einzelne Autoren im Schrifttum angeschlossen (vgl. [X.], NJW 1990, 1189, 1190; SK-[X.]/[X.]/[X.], 8.
Aufl., §
142 Rn.
29; BeckOK-[X.]/Kudlich, Stand: 1.
Februar 2018, §
142 Rn.
25; [X.], NSt[X.] 1985, 301, 302).
b)
Der [X.] folgt der vom
Oberlandesgericht [X.]amm und dem ganz überwiegenden Schrifttum vertretenen Auffassung. [X.]ierfür sprechen der Wort-laut der Vorschrift, ihre Entstehungsgeschichte, systematische Erwägungen sowie Sinn und [X.]weck der Vorschrift. Im Einzelnen:
aa)
Der
Wortlaut des §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] setzt nicht voraus, dass der [X.] noch am Unfallort anwesend ist, wenn sich der Täter von dort entfernt. Erforderlich ist nach dem Wortlaut nur, dass sich der lungen ermöglicht hat. Da der Tatbestand gerade an die Verletzung der [X.] anknüpft, ist das 16
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-
8
-

muss, ohne zuvor
die gebotenen Feststellungen ermöglicht zu haben (vgl. MüKo-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
142 Rn.
62; Rengier, Strafrecht BT
II, 19.
Aufl., §
46 Rn.
20; [X.], [X.], 286, 289; [X.]., [X.] 1994, 49, 68
f.). Damit setzt die Vorschrift des
§
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] ihrem Wortlaut nach eine Verletzung der Vorstellungsplicht voraus, zu der

faktisch

ein Sich-Entfernen hinzukom-men muss (vgl. [X.], [X.] 1994, 49, 68
f.). [X.]ierfür ist es jedoch ohne Bedeu-tung, in welcher Reihenfolge die Unfallbeteiligten den Unfallort verlassen und ob der Täter im [X.]eitpunkt seines Sich-Entfernens die Pflicht noch gegenüber einer anwesenden Person hätte erfüllen können.
bb)
Die Erfassung auch desjenigen als Täter, der sich als Letzter vom Unfallort entfernt, entspricht dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung des §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] durch das 13.
Strafrechtsänderungsgesetz vom 13.
Ju-ni 1975 ([X.]
I, S.
1349). Danach sollten solche Verhaltensweisen pönalisiert als Unfallbeteiligter zu erkennen gege

(BT-Drucks. 7/2434, S.
7). Dies ist jedoch auch der Fall, wenn der Täter so lange am Unfallort wartet, bis sich ein zunächst anwesender feststellungsberechtigter Unfallgegner entfernt hat. [X.]udem stellt die Gesetzesbegründung ausdrücklich klar, dass sich der Unfall-beteiligte

ausnahmsweise

dann entfernen darf, wenn sich der Unfallgeg-ner
selbst durch Unfallflucht der Aufnahme des Unfalls entzogen hat (vgl.
BT-Drucks. 7/2434, S.
7); dieser Klarstellung hätte es nicht bedurft, wenn mit dem Verlassen des [X.] durch den Unfallgegner stets eine Strafbarkeit ausgeschlossen wäre.
19
-
9
-
cc)
Gesetzessystematische Erwägungen sprechen ebenfalls dafür, dass §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] auch denjenigen Unfallbeteiligten erfasst, der nach Verletzung seiner [X.] den Unfallort als Letzter verlässt.
Ein solches Verhalten wäre

eine Straffreiheit nach §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] unterstellt

nämlich von keiner anderen Tatbestandsvariante des §
142 [X.] erfasst. An[X.] als teilweise angenommen wurde (vgl. BayObLG, NJW 1984, 1365, 1366), unterfiele diese Fallgestaltung insbesondere nicht der Vor-schrift des §
142 Abs.
2 Nr.
2 [X.]. Denn die letztgenannte Tatbestandsvarian-l-ort entfernt hat. Ein solcher Fall liegt

insbesondere mangels Eingreifens eines Rechtfertigungs-
oder Entschuldigungsgrundes (vgl. zu den Anwendungsfällen des §
142 Abs.
2 Nr.
2 [X.] im Einzelnen MüKo-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
142 Rn.
98
ff.; SSW-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
142 Rn.
38
ff.)

aber nicht vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter nach Verletzung seiner [X.] schlicht als Letzter vom Unfallort entfernt. Einer Anwendung des §
142 Abs.
2 Nr.
2 [X.] auf solche Fälle steht das Analogieverbot entgegen (vgl. zum un-vorsätzlichen Entfernen vom Unfallort [X.], Beschluss vom 15.
November 2010

4
StR
413/10, [X.], 209, 210 im [X.] an [X.], NJW 2007, 1666).
Es bestünde aber ein erheblicher Wertungswi[X.]pruch, wenn sich ein Unfallbeteiligter, der sich nach Ablauf der Wartepflicht (§
142 Abs.
2 Nr.
1 [X.]) bzw. berechtigt oder entschuldigt (§
142 Abs.
2 Nr.
2 [X.]) vom [X.] entfernt hat, bei nicht unverzüglicher nachträglicher Ermöglichung der Fest-stellungen strafbar machte, hingegen ein Unfallbeteiligter, der sich nach Verlet-zung seiner [X.] als Letzter vom Unfallort entfernt, endgültig straffrei bliebe.
20
21
22
-
10
-
dd)
Schließlich kann es auch nach Sinn und [X.]weck der Vorschrift des §
142 Abs.
1 Nr.
1 [X.] keinen Unterschied machen, in welcher Reihenfolge sich die Unfallbeteiligten vom Unfallort entfernen.
Das Schutzgut des §
142 [X.] besteht in der Sicherung bzw. Abwehr der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche (vgl. BT-Drucks. 7/2434, S.
4
f.; [X.], Urteil vom 17.
September 1958

4
StR
165/58, [X.]St 12, 253, 258; LK-[X.]/[X.], 12.
Aufl., §
142 Rn.
1; MüKo-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
142 Rn.
2; [X.]/[X.]/Sternberg-Lieben, [X.], 29.
Aufl., §
142 Rn.
1a). Dieses Schutzgut ist auch dann betroffen, wenn sich der Täter erst nach der feststellungsberechtigten Person vom Unfallort entfernt, sofern er zuvor seine [X.] verletzt hat. Gerade die Nichterfüllung der [X.] führt typischerweise dazu, dass sich der [X.] entfernt, obwohl noch ein

ihm in dieser Eigenschaft allerdings nicht bekann-ter

anderer
Unfallbeteiligter vor Ort ist.
Der als letzter am Unfallort verbleibende Unfallbeteiligte wäre schließlich auch nicht gezwungen, zeitlich unbegrenzt am Unfallort zu verharren, um sich nicht strafbar zu machen. Ihm verbleibt vielmehr ohne Weiteres die Möglichkeit, feststellungsbereite Personen

insbesondere die Polizei

zum Unfallort her-beizurufen, um sich mittels nachgeholter Erfüllung seiner [X.] straffrei vom Unfallort entfernen zu können.
2.
[X.]ingegen weist der Rechtsfolgenausspruch bei beiden Angeklagten Rechtsfehler auf.
a)
Bei dem Angeklagten S.

hält der Rechtsfolgenausspruch insge-
samt rechtlicher Prüfung nicht stand.
23
24
25
26
27
-
11
-
aa)
Der Strafausspruch unterliegt der Aufhebung, weil das [X.] bei der Strafzumessung das Mitverschulden weiterer Verkehrsteilnehmer an dem Unfallgeschehen nicht strafmildernd berücksichtigt hat.
Wird ein Taterfolg auch durch das nicht bloß unerhebliche Mitverschul-den einer oder mehrerer dritter Personen herbeigeführt, vermindert dies das Gewicht der dem Täter zuzurechnenden [X.] und stellt daher regel-mäßig
einen bestimmenden Strafmilderungsgesichtspunkt dar (vgl. [X.], [X.] vom 20.
März 2000

1
StR
50/00, [X.], 265, 266; [X.], [X.], 65.
Aufl., §
46
Rn.
60; MüKo-[X.]/[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
46 Rn.
263 und 267;
Schäfer/Sander/van
Gemmeren,
Praxis
der
Strafzumessung, 6.
Aufl., Rn.
591).
Vorliegend hat die [X.] ein erfolgsursächliches
Verschulden des Mitangeklagten [X.]a.

festgestellt. [X.]war hat sie offengelassen (UA
33), ob
auch der [X.]eugin [X.].

infolge eines Verstoßes
gegen die Sorgfaltspflicht nach
§
10 Satz
1 StVO ein Mitverschulden anzulasten ist. [X.]iervon hätte das Landge-richt
jedoch im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten S.

ausgehen müssen. Das so zu berücksichtigende Mitverschulden sowohl des Mitangeklagten als auch der [X.]eugin [X.].

ist auch nicht von bloß untergeordne-
ter Bedeutung; denn erst hierdurch wurde der Angeklagte S.

veranlasst,
sein Fahrzeug in den Gegenverkehr zu steuern.
bb)
Die Maßregel der Entziehung
der Fahrerlaubnis nach §
69 Abs.
1 [X.] hat ebenfalls keinen Bestand, weil die [X.] bei Prüfung der [X.] von Kraftfahrzeugen wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat. Der [X.] kann nicht ausschlie-ßen, dass die [X.] darauf beruht.
28
29
30
31
-
12
-
(1)
Charakterliche Unzulänglichkeiten, die zur Ungeeignetheit nach §
69 Abs.
1 [X.] führen, sind in erster Linie Persönlichkeitsmängel, die sich in [X.] Verantwortungs-
oder Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen [X.] äußern (vgl. LK-[X.]/[X.], 12.
Aufl., §
69 Rn.
54
f.; MüKo-[X.]/Athing/v.
[X.]eintschel-[X.]einegg, 3.
Aufl., §
69 Rn.
56). Stützt das Tatgericht die Fahrerlaubnisentziehung auf eine Straftat, die nicht im Katalog des §
69 Abs.
2 [X.] enthalten ist, muss es eine Gesamtwürdigung der [X.] und der Täterpersönlichkeit vornehmen, mit der die fehlende Eignung belegt wird, wobei der Umfang der Darlegung vom Einzelfall abhängt (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Juli 2000

4
StR
189/00, [X.], 32, 33; Beschlüsse vom 23.
November 2017

4
StR
427/17, NSt[X.]-RR 2018, 60; vom 21.
Juni 2016

4
StR
1/16, [X.], 533, 535; vom 17.
Mai 2000

3
StR
167/00, [X.], 297, 298).
(2)
Die [X.] hat zur Begründung ihrer Annahme einer charakter-lichen Ungeeignetheit des Angeklagten darauf abgestellt, er sei nicht in der [X.] gewesen, seinen emotionalen Erregungszustand so ausreichend zu kontrol-lieren, dass er sein Fahrzeug mit der erforderlichen Umsicht führen konnte. Dies wiege umso schwerer, als der Angeklagte aufgrund früherer [X.] gewusst habe, dass er sich bei negativen Nachrichten über den Gesund-heitszustand seines [X.] nicht mehr ausreichend unter Kontrolle habe. Da Wi

[X.]ierbei hat die [X.] allerdings außer [X.] gelassen, dass der in der [X.] begangene Verkehrsverstoß zwar erheblich, aber angesichts der akuten Sorge des Angeklagten um seinen [X.] nicht durch eine besondere Verantwortungs-
oder Rücksichtslosigkeit geprägt war. Dementsprechend ist 32
33
34
-
13
-
das [X.] bei der Strafzumessung selbst davon ausgegangen, dass das von dem Angeklagten gezeigte Ausmaß an rechtsfeindlicher Gesinnung als zustufen sei.

-, dass er sich bei negativen Nachrichten über seinen [X.] nicht unter Kontrolle habe, belegt in ihrer Allge-meinheit nicht die vom [X.] angenommene Wiederholungsgefahr. Den Urteilfeststellungen ist nicht zu entnehmen, dass die Sorge um seinen [X.] bereits früher zu einem Fehlverhalten des 47-jährigen Angeklagten, der [X.] wegen einer Verkehrsstraftat in Erscheinung getreten ist und dessen Fahreignungsregister keinen
Eintrag aufweist, geführt hatte.
b)
Bei dem Angeklagten [X.]a.

hat die Einzelstrafe wegen der Verurtei-
lung nach §
229
[X.] ebenfalls keinen Bestand.
Auch hier hat die [X.] unberücksichtigt gelassen, dass das Un-fallgeschehen vom 19.
Mai 2016 nicht auf einem Alleinverschulden dieses [X.] beruhte, sondern auch auf einem Mitverschulden
des Mitangeklagten
S.

und

jedenfalls nicht ausschließbar

der [X.]eugin [X.].

. Der Wegfall der
Einzelstrafe entzieht zugleich dem [X.] die Grundlage.
Im Übrigen begegnet der Rechtsfolgenausspruch bezüglich des Ange-klagten [X.]a.

keinen Bedenken. Die [X.] hat die Entziehung der
Fahrerlaubnis maßgeblich auf das durch das unerlaubte Entfernen vom [X.] gegebene Regelbeispiel des §
69 Abs.
2 Nr.
3 [X.] gestützt. Auch bei ihren Erwägungen zur Bemessung der Sperrfrist nach §
69a [X.] hat sie nicht auf das eigentliche Unfallgeschehen und das sich hieraus ergebende Maß an Ver-35
36
37
38
-
14
-
schulden, sondern auf die Voreintragungen des Angeklagten im Fahreignungs-register und die durch ihn kontinuierlich und in kurzer Abfolge begangenen Ver-kehrsverstöße abgestellt.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Bender
Feilcke

Meta

4 StR 583/17

11.04.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2018, Az. 4 StR 583/17 (REWIS RS 2018, 10956)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10956

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