Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 139/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10063

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617BIZR139.15.0
Berichtigt durch Beschluss
vom 9. November 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
[X.]/15
Verkündet am:

1.
Juni 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Afghanistan Papiere
Richtlinie 2001/29/[X.]. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 und 3
Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst.
a, Art.
3 Abs. 1 und Art. 5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr.
L
167 vom 22. Juni 2001, S.
10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Lassen die Vorschriften des [X.]srechts zum ausschließlichen Recht der Urheber zur [X.] (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.]) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?
2.
In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließli-chen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke die Grundrechte der [X.] zu berücksichtigen?
3.
Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art.
11 Abs.
1 Satz
2 EU-Grundrechte-charta) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 [X.]) Ausnahmen oder Be-schränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke außerhalb der in Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder [X.] rechtfertigen?
[X.], Beschluss vom 1. Juni 2017 -
I [X.]/15 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der
[X.]
Zivilsenat des [X.]gerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 9.
Februar 2017
durch [X.] Dr. Büscher, [X.] Dr. Koch, [X.], die Richterin Dr. [X.]
und den Rich-ter Feddersen
beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem [X.] werden zur Auslegung von Art.
2 Buchst.
a, Art.
3 Abs. 1 und Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Ra-tes vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor-mationsgesellschaft (ABl. Nr.
L
167 vom 22. Juni 2001, S.
10) fol-gende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Lassen die Vorschriften des [X.]srechts zum ausschließlichen Recht der Urheber zur Vervielfältigung (Art.
2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe ein-schließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.]) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?
2.
In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der
Urheber zur Vervielfältigung (Art.
2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe ein-schließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer
Werke die Grundrechte der [X.] zu berücksichtigen?
3.
Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art.
11
Abs. 1 Satz
2 [X.]) oder der Pressefreiheit (Art.
11
Abs. 2 [X.]) Ausnahmen oder Beschränkun-gen des ausschließlichen Rechts der Urheber
zur Vervielfälti-gung (Art.
2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öf-fentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugäng-lichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer
Werke außerhalb der in Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen?
-
3
-
Gründe:
A. Die Klägerin ist die [X.]. Sie lässt wöchentlich einen militärischen Lagebericht über die Auslandseinsätze der [X.] und die Entwicklungen im Einsatzgebiet gemäß §
6 Abs.
1 des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffne-ter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz -
ParlBG) erstellen.
Referate im [X.] und in anderen [X.]mini-sterien sowie dem [X.]
nachgeordnete Dienst-stellen übersandt. Die [X.]
sind
gemäß §
4 Abs.
2 des [X.] und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des [X.] (Sicherheitsüberprüfungsgesetz -

VS-NUR FÜR [X.]N DIENSTGEBRAUCHvon
vier Geheimhaltungs-stufen. Daneben veröffentlicht die Klägerin gekürzte Fassungen der [X.] als

Die Beklagte betreibt unter [X.].

.de

das
Onlineportal der [X.]. Am 27.
September 2012 beantragte sie
unter Berufung auf das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des [X.] (Informationsfreiheitsgesetz -
IFG) die [X.] in sämtliche [X.] aus der [X.] vom 1.
September 2001 bis zum [X.] 2012. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 25. Oktober 2012 mit der [X.], das Bekanntwerden der Informationen könne nachteilige Auswirkun-gen auf sicherheitsempfindliche Belange der [X.] haben,
gemäß §
3 Nr.
1 Buchst. [X.] abgelehnt.
Zugleich wurde in dem Bescheid auf die regel-mäßig erscheinende [X.] hingewiesen, die eine nicht die Sicherheitsinteressen der [X.] berührende Version der [X.] darstelle.
1
2
-
4
-
Die Beklagte gelangte auf unbekanntem Weg an einen Großteil der [X.], wobei sich der Kreis der Übermittler auf Bedienstete der Klägerin oder [X.]-tagsabgeordnete beschränken lässt. Seit dem 27. November 2012 veröffentlicht die Beklagte die -[X.] aus
den Jahren 2005 bis 2012 im [X.], die dort als eingescannte Einzelseiten be-trachtet werden können.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze damit das Urheber-recht an diesen Berichten. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt ([X.], [X.], 55). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Androhung von [X.] verurteilt wird, die auf dem als Anlage K
1 beigefügten [X.] befindlichen und über den [angegebenen] Pfad seitenweise abrufbaren, als u-stimmung der Klägerin im [X.] zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich ma-chen zu lassen, wenn dies geschieht, wie unter der [angegebenen] [X.]-adresse
geschehen (O[X.], [X.], 59).
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage
weiter.
B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung von Art.
2 Buchst.
a, Art.
3 Abs. 1 und Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisie-rung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ab. Vor einer Entscheidung über die Revision der Beklagten ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 3
4
5
6
7
-
5
-
Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin [X.] sei begründet, weil die Beklagte das Urheberrecht an den [X.] widerrechtlich verletzt habe. Dazu hat es ausgeführt:
Die von der Beklagten zum Abruf im [X.] eingestellten Texte seien als Schriftwerke urheberrechtlich geschützt. Es handele sich nicht um amtliche Werke, die keinen urheberrechtlichen Schutz genössen. Die Klägerin sei [X.], einen Unterlassungsanspruch wegen unbefugter [X.], Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der Texte geltend zu ma-chen. Die Beklagte habe die [X.] veröffentlicht, vervielfältigt und öffentlich zu-gänglich gemacht. Der Eingriff in das Urheberrecht sei nicht von einer Schran-kenregelung gedeckt. Da die Beklagte sich darauf beschränkt
habe, die militäri-schen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten, handele es sich weder um eine Berichterstattung über Tagesereignisse noch lägen die Voraussetzungen des Zitatrechts vor.
Die erforderliche Abwägung der betroffenen Grundrechte der Parteien habe im Rahmen der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen zu erfolgen. Auf Seiten der Beklagten seien die Presse-
und die Informationsfreiheit zu berücksichtigen, auf Seiten der Klägerin deren Verwertungs-
und Geheimhaltungsinteressen. Die Grundrechte der Beklagten überwögen die Rechte der Klägerin nicht in dem Sinne, dass die Veröffentli-chung der gesamten und ungekürzten [X.] vom Zweck des Zitatrechts gedeckt sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Dokumente in Gestalt der [X.] bereits zum größten Teil für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dem Informationsinteresse damit in hohem Maße entsprochen habe. Dagegen präsentiere die Beklagte den Lesern ihrer [X.]seite keine Informationen zu den in den [X.] behandelten Themen.
Sie setze sich nicht etwa in der Weise 8
9
10
-
6
-
mit den [X.] auseinander, dass sie einzelnen Abschnitten der [X.] die [X.] Abschnitte der [X.] gegenüberstelle und die Diskrepanzen zwischen den [X.] und den [X.] im Rahmen einer Analyse erörtere. Die Klägerin habe die Geheimhaltung bestimmter Informationen damit begründet, dass die [X.] sicherheitsempfindliche Belange der [X.] beträfen. Dies überzeuge ohne weiteres, soweit eine Bedrohungslage oder die Rolle handelnder Perso-nen eingeschätzt und bewertet oder
Strategien der [X.] oder Details ihrer Einsatzstärke dargestellt würden. Im Übrigen müsse der Klägerin insoweit ein entsprechendes und
nicht in jedem Einzelfall zu begründendes [X.] eingeräumt werden.
I[X.] Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§
97 Abs.
1 [X.]) setzt voraus, dass die Beklagte das Urheberrecht an den [X.] widerrechtlich verletzt hat.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 [X.] als Schriftwerke urheberrechtlich ge-schützt sein können. Es hat ferner mit Recht angenommen, dass es sich bei den [X.] nicht um amtliche Werke im Sinne von §
5 Abs.
1 oder 2 [X.] han-delt, die keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Seine Beurteilung, die Klägerin sei berechtigt, einen Unterlassungsanspruch wegen unbefugter Veröf-fentlichung

12 [X.]), Vervielfältigung (§
16 [X.]) und öffentlicher
Zugäng-lichmachung (§
19a [X.]) der Texte geltend zu machen, und die Beklagte ha-be die [X.]
veröffentlicht, vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen rechtferti-gen zwar nicht seine Annahme, dass die [X.] tatsächlich die Anforderungen an den urheberrechtlichen Schutz von Schriftwerken erfüllen; das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, durch welche konkreten Merkmale die schöpferische Ei-gentümlichkeit der von der Beklagten veröffentlichten [X.] bestimmt wird. Eine 11
12
13
-
7
-
Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.], um diesem Gelegenheit zur Nachholung entsprechender Feststel-lungen zu geben, scheidet jedoch aus, wenn ein Eingriff in das Urheberrecht an den [X.] jedenfalls von den
hier in Betracht kommenden urheberrechtlichen Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse

50 [X.])
oder des Zitatrechts (§
51 [X.]) gedeckt ist oder unter Berücksichtigung der
von der Beklagten geltend gemachten Grundrechte
der Informationsfreiheit (Art.
5 Abs.
1 Satz
1 GG; Art.
11 Abs.
1 Satz
2 [X.]) oder
der Pressefreiheit (Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG; Art.
11 Abs.
2 [X.]) gerechtfertigt
ist. In diesem Fall wäre die Sache zur Endentscheidung reif und hätte der Senat das Berufungsurteil aufzuheben, die landgerichtliche Entschei-dung abzuändern und die Klage abzuweisen.
II[X.] Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein -
für die rechtliche Nachprü-fung in der Revisionsinstanz zu unterstellender -
Eingriff in das Urheberrecht an den [X.] gerechtfertigt ist, stellen sich Fragen zur Auslegung von Art.
2 Buchst.
a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.], die nicht zweifelsfrei zu beantworten sind.
1.
Das im Streitfall betroffene [X.]srecht des [X.] (§
12 [X.]) liegt als Urheberpersönlichkeitsrecht
zwar außerhalb des [X.][X.] (vgl. Erwägungsgrund
19 der Richtlinie 2001/29/[X.]). Die
hier in Rede stehenden
ausschließlichen
Rechte
des
Urhe-bers
zur Vervielfältigung (Art.
2 Buchst.
a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes, sind dagegen
durch die Richtlinie 2001/29/[X.] auf [X.]sebene harmonisiert. Darüber hinaus regelt
die Richtlinie 2001/29/[X.] die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf die von ihr erfassten Verwertungsrechte und so auch in Bezug auf das Recht des [X.] zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Wiedergabe einschließ-lich der öffentlichen Zugänglichmachung
seines Werkes
für dessen Nutzung
in 14
15
-
8
-
Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse (Art.
5 Abs.
3 Buchst. [X.] der Richtlinie 2001/29/[X.]) und für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen (Art.
5 Abs.
3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.]). Die im [X.] Recht vorgesehenen Schranken des Rechts des [X.] zur [X.] (§
15 Abs.
1 Nr.
1, §
16 [X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (§
15 Abs.
2 Satz
1 und 2 Nr. 2, §
19a [X.]) seines Werkes zur Berichterstattung über Tagesereignisse (§
50 [X.]) oder zum Zwecke des Zitats (§
51 [X.]) beruhen auf diesen [X.] der Richtlinie 2001/29/[X.] und sind daher richtlinienkonform auszu-legen.
2. Bei einer allein am Wortlaut von Art.
5 Abs.
3 Buchst.
[X.] und Art.
5 Abs.
3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] ausgerichteten richtlinienkon-formen Auslegung der §§
50, 51 [X.], kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse oder des Zitatrechts berufen, weil
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
a) Nach Art.
5 Abs.
3 Buchst.
[X.] der
Richtlinie 2001/29/[X.] können die Mitgliedst[X.]ten für die Nutzung von Werken in Verbindung mit der Bericht-erstattung über Tagesereignisse in Bezug auf das in Art.
2 Buchst. a der [X.] 2001/29/[X.] vorgesehene Vervielfältigungsrecht und das in Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Recht der öffentlichen Wiedergabe ein-schließlich der öffentlichen Zugänglichmachung Ausnahmen und Beschränkun-gen vorsehen, soweit es der Informationszweck rechtfertigt und sofern -
außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist -
die Quelle, einschließlich des Namens des [X.], angegeben
wird.
Der [X.] Gesetzgeber hat diese Bestimmung mit §
50
und §
63 Abs.
1 und 2 Satz
1 [X.] ins nationale Recht umgesetzt. Nach §
50
[X.] ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche 16
17
18
-
9
-
technische Mittel, in [X.]ungen, [X.]schriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tra-gen, sowie im Film, die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von [X.], die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in
einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Für den Fall, dass ein Werk oder ein Teil eines Werkes nach §
50 [X.] vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach Maßgabe von §
63 Abs.
1 und 2 Satz
1 [X.] die Verpflichtung zur Angabe der Quelle.
Die Beklagte hat die [X.] dadurch, dass sie diese im [X.] eingestellt hat, nicht im Sinne von Art.
5 Abs.
3 Buchst.
[X.] der
Richtlinie 2001/29/[X.] in Verbindung mit einer
Berichterstattung über Tagesereignisse vervielfältigt und
öffentlich wiedergegeben. Die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe der [X.] durch die Beklagte steht jedenfalls
nicht in Verbindung mit einer Be-richterstattung. Es kann danach offenbleiben, ob im Streitfall ein Tagesereignis betroffen ist.
Die Beklagte hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf beschränkt, die militärischen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten. Darin liegt keine [X.]. Die Beklagte hat damit weder selbst über die militärische Lage berich-tet noch hat sie die Schilderung der militärischen Lage durch die Verfasser der Berichte analysiert oder kommentiert und damit ihrerseits zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Sie
hat
sich in Verbindung mit der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] auch nicht etwa in der Weise mit den Diskrepanzen zwischen den [X.] und den [X.] auseinandergesetzt, dass sie einzelnen Abschnitten der [X.] die entsprechenden Abschnitte der [X.] gegenübergestellt hat.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, zentrales Anliegen der Beklagten sei es gewesen, die [X.]
dadurch, dass sie diese im Volltext ins [X.] stellt und mit der Einladung zur Partizipation verbindet, in 19
20
-
10
-
ein Netzwerk journalistischer Berichterstattung einzubinden. Eine eigene Be-richterstattung der Beklagten
wird damit auch von der Revision nicht behauptet.
b) Nach Art.
5 Abs.
3 Buchst.
d der Richtlinie 2001/29/[X.] können die Mitgliedst[X.]ten für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen in Bezug auf das in Art.
2 Buchst.
a der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Vervielfälti-gungsrecht und das in Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglich-machung Ausnahmen und Beschränkungen vorsehen, sofern sie ein Werk be-treffen, das der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern -
außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist -
die Quelle, einschließlich des Namens des [X.],
angegeben wird und sofern die [X.] den anständigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.
Der [X.] Gesetzgeber hat diese Bestimmung mit §
51 und §
63 Abs.
1 und 2 [X.] ins nationale Recht umgesetzt. Nach §
51 Satz
1 [X.] ist die Vervielfältigung eines veröffentlichten Werks zum Zwecke des Zitats zuläs-sig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerecht-fertigt ist. Für den Fall, dass ein Werk oder ein Teil eines Werkes nach §
51 [X.]
vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach Maßgabe von §
63 Abs.
1 und 2 [X.] die Verpflichtung zur Angabe der Quelle.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Schrankenregelung des Art.
5 Abs.
3 Buchst.
d der Richtlinie 2001/29/[X.] berufen. Sie hat die [X.] we-der für Zitatzwecke vervielfältigt oder
öffentlich wiedergegeben noch waren die [X.] zum [X.]punkt ihrer Vervielfältigung und öffentlichen Wiedergabe durch die Beklagte der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden.
[X.]) Die Beklagte hat die [X.] nach den Feststellungen des Berufungsge-richts nicht zum Zwecke
des Zitats
vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben.
21
22
23
24
-
11
-
(1) Die Zitatfreiheit soll die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken erleichtern. Die Verfolgung eines Zitatzwecks erfordert daher, dass der [X.] eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen des [X.]n erscheint. Es genügt nicht, wenn die Verwendung des fremden Werkes allein
zum Ziel hat, dieses Dritten -
etwa zu Informationszwecken
-
leichter zugänglich zu machen
(zu §
51 [X.] vgl. [X.], Urteil vom

November 2011 -
I
ZR
212/10, [X.], 819 Rn.
12 und 28 = [X.], 1418 -
Blühende Landschaften; Urteil vom 17. Dezember 2015 -
I [X.], [X.], 368 Rn.
25 = [X.], 485 -
Exklusivinter-view, jeweils mwN).
(2)
Die Beklagte hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf beschränkt, die militärischen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten. Nach den vom Berufungs-gericht in Bezug genommenen Feststellungen des [X.]s gibt
es keine eigenen Ausführungen der Beklagten, für die die auf dem Online-Portal [X.] Berichte als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage dienen könnten. Die Beklagte hat demnach keine innere Verbindung zwischen den
fremden Schrift-werken
und eigenen
Gedanken hergestellt. Die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung der [X.] diente somit keinem Zitatzweck. Dafür genügt es nicht, dass die Beklagte mit dem Einstellen der Berichte im [X.] -
wie die Revision geltend macht -
das Ziel verfolgt,
der Öffentlichkeit bedeutsame [X.] zugänglich zu machen.
[X.]) Darüber hinaus waren die [X.] zum [X.]punkt ihrer Vervielfältigung und öffentlichen
Wiedergabe durch die Beklagte der Öffentlichkeit nicht bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden.
25
26
27
-
12
-
(1) Ein Werk ist der Öffentlichkeit rechtmäßig zugänglich gemacht [X.], wenn es ihr
mit Zustimmung des Berechtigten zugänglich gemacht worden ist.
(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die [X.] nicht dadurch veröffentlicht -
also der Öffentlichkeit mit Zustimmung des [X.] zugänglich gemacht (vgl. §
6 Abs.
1 [X.]) -
worden sind, dass die Klägerin sie an ausgewählte Abgeordnete des Deutschen [X.]tages, Refe-rate im [X.] und in anderen [X.]ministerien sowie an dem [X.] nachgeordnete Dienststel-len übersandt hat. Die Klägerin hat die [X.] damit lediglich einem abgegrenzten Personenkreis und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2014 -
I [X.], [X.], 974 Rn.
57 = [X.], 1198

Porträtkunst). Sie hat ferner durch die Einstufung der [X.] a-von
§
4 Abs.
2 [X.] deutlich gemacht, dass die Berichte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 143, 144).
(3) Die [X.] sind auch nicht dadurch veröffentlicht worden, dass die Klä-gerin der Öffentlichkeit -
wie die Revision geltend macht -
die mit den [X.] na-hezu identischen [X.] zugänglich gemacht hat. Die Annahme des Berufungs-gerichts, im Blick auf die zwischen den [X.] und den [X.]
bestehenden Unter-schiede könne in der [X.] der [X.] keine [X.] der [X.] gesehen werden, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob -
wie die Revision geltend macht -
die allein in den [X.] und nicht in den [X.] enthaltenen Textteile keinen Werkcharakter haben. Das Veröffentli-chungsrecht umfasst das Recht des [X.]
zu bestimmen, wie sein Werk zu veröffentlichen ist (vgl. §
12 Abs.
1 [X.]). Daraus folgt, dass in der Veröffentli-chung der gekürzten Fassung eines Schriftwerks auch dann keine Veröffentli-chung der vollständigen Fassung des Schriftwerks
liegt, wenn die allein in der vollständigen Fassung enthaltenen Textteile für sich genommen keinen Werk-charakter haben.
28
29
30
-
13
-
3. Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine widerrechtliche Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin
zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] ausscheidet, weil die der
Klägerin nach Art.
2 Buchst. a und
Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] (§§
16, 19a [X.]) [X.] Befugnisse oder die -
hier allein in Betracht kommenden -
Schran-kenregelungen der
Art.
5 Abs.
3 Buchst.
[X.], Art.
5 Abs.
3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] (§§
50, 51 [X.]) im Lichte der im Streitfall betroffenen Grundrechte und Interessen auszulegen und anzuwenden sind, und
die von der Beklagten geltend gemachte Behinderung der
Informationsfreiheit und
der Pressefreiheit durch das Urheberrecht an den [X.] schwerer wiegt als der Schutz von
Verwertungsinteressen und Geheimhaltungsinteressen
der Kläge-rin.
Die Revision macht insoweit geltend, die Schrankenregelungen der Be-richterstattung über Tagesereignisses und insbesondere des Zitatrechts seien im Falle einer investigativen [X.] amtlicher Dokumente auf der In-ternetseite eines Presseorgans extensiv auszulegen oder analog anzuwenden, wenn diese [X.] -
wie im Streitfall -
dem Zweck diene, die Öffent-lichkeit auf eine faktische Kriegsführung aufmerksam zu machen und zu einer Auseinandersetzung mit den Dokumenten aufzufordern. Jedenfalls bestehe in einem solchen
Fall die Verpflichtung, über diese Schrankenregelungen hinaus eine Einzelfallabwägung der betroffenen Grundrechte vorzunehmen. Der eben-falls ins [X.] eingestellten und vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Einleitung der Beklagten sei zu entnehmen, dass sie die [X.] im Rahmen eines investigativen Konzepts veröffentlicht habe. Die [X.] der [X.] habe es der Öffentlichkeit ermöglichen sollen, die Unterschiede zwischen den [X.] und den [X.] zu erfassen und daraus eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Es sei ureigene Sache der Presse zu bestimmen, ob sie Texte im Wege einzelner Zitate veröffentliche oder der Öffentlichkeit das Material im Volltext zur Verfü-gung stelle und die [X.] mit einer Einleitung interaktiv gestalte.
31
32
-
14
-
a) Zunächst stellt sich die Frage, ob die hier in Rede stehenden Vor-schriften des [X.]srechts zum Vervielfältigungsrecht
(Art.
2 Buchst.
a der Richtlinie 2001/29/[X.])
und zum Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließ-lich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) des [X.] und zu den Ausnahmen oder Beschränkungen die-ser Rechte (Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.])
[X.] im nationalen Recht lassen (Vorlagefrage 1).
[X.]) Diese Frage ist entscheidungserheblich, weil nach der Rechtspre-chung des [X.]verfassungsgerichts innerst[X.]tliche Rechtsvorschriften, die eine Richtlinie der [X.] in [X.]s Recht umsetzen, grund-sätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein am [X.]srecht und damit auch an den durch dieses gewährleisteten Grund-rechten zu messen sind, soweit die Richtlinie den Mitgliedst[X.]ten keinen Um-setzungsspielraum überlässt, sondern zwingende Vorgaben macht ([X.], Urteil vom 31. Mai 2016 -
1 BvR 1585/13, [X.], 690 Rn. 115 = [X.], 822). Für die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Urheber-rechtsgesetzes, die die hier in Rede stehenden
Vorschriften der Richtlinie 2001/29/[X.] zum Vervielfältigungsrecht und zum Recht der öffentlichen [X.] einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung des [X.] und zu den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte in [X.]s
Recht umsetzen, sind
daher grundsätzlich allein die durch das [X.]srecht gewähr-leisteten Grundrechte und nicht die Grundrechte des Grundgesetzes maßgeb-lich,
soweit die Richtlinie 2001/29/[X.] den Mitgliedst[X.]ten für die Umsetzung dieser
Vorschriften zwingende Vorgaben macht.
In diesem Fall kommt es für die Auslegung und Anwendung der
inner-st[X.]tlichen Rechtsvorschriften ferner nicht auf die Gewährleistungen der Euro-päischen
Menschenrechtskonvention ([X.]) und die Rechtsprechung des [X.] ([X.]MR) an. Die Gewährleistun-gen der [X.], der im nationalen Recht der Rang von einfachem [X.]recht 33
34
35
-
15
-
zukommt, und die Rechtsprechung des [X.]MR dienen zwar auf [X.] des nationalen Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von In-halt
und Reichweite der Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. [X.], [X.] vom 26.
Februar 2008 -
1
BvR 1602/07, 1
BvR
1606/07 und 1
BvR
1626/07, [X.]E 120, 180, 200 f., mwN). Richtlinien der [X.] sind dagegen allein anhand der durch die [X.] garan-tierten Grundrechte auszulegen, da die [X.], solange die [X.] ihr nicht [X.] ist, kein Rechtsinstrument darstellt, das förmlich in die [X.]srechts-ordnung übernommen wurde
(vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 2013

C617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 44 -
Åkerberg Fransson; Urteil vom 15. [X.] -
C-601/15, NVwZ 2016, 1789
Rn. 45 bis 48; Urteil vom [X.] 2016 -
C-203/15 und [X.]/15, [X.]. 2017, 165 Rn. 127 bis 129; Urteil vom 5. April 2017 -
C-217/15 und [X.]/15, juris
Rn. 15, jeweils mwN).
Entge-gen der
Ansicht der Revision käme
es danach für die Auslegung und Anwen-dung der hier in Rede stehenden Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes, so-weit diese zwingende Vorgaben der Richtlinie 2001/29/[X.] in [X.]s Recht umsetzen, nicht auf die nach Art.
10 Abs.
1 Satz
1 [X.] gewährleistete Frei-heit der Meinungsäußerung und das Urteil des [X.] vom 10.
Januar 2013 in der Rechtssache [X.] u.a./Frankreich

(36769/08, [X.], 859) an.
[X.]) Nach Ansicht des Senats hat die Richtlinie 2001/29/[X.] die in ihr ge-regelten Verwertungsrechte der Urheber vollständig harmonisiert (zum Verbrei-tungsrecht der Urheber vgl. [X.], Urteil vom 22.
Januar 2009 -
I
ZR 247/03, [X.], 840 Rn.
19 f. = [X.], 1127 -
Le-Corbusier-Möbel II, mwN). Den Mitgliedst[X.]ten steht es nach Art.
5 Abs.
2 bis
4 der Richtlinie 2001/29/[X.] zwar frei, ob sie in den dort genannten Fällen Ausnahmen oder Beschränkun-gen in Bezug auf
diese Verwertungsrechte vorsehen. Sie dürfen jedoch zum einen in keinem anderen Fall eine Ausnahme oder Beschränkung schaffen, da diese in der Richtlinie erschöpfend aufgeführt sind (vgl. Erwägungsgrund 32 36
-
16
-
Satz
1 der Richtlinie). Sie müssen zum anderen, wenn sie eine Ausnahme oder Beschränkung einführen, deren Voraussetzungen vollständig umsetzen, da ei-ne inkohärente Umsetzung dem [X.] (vgl. Erwägungsgrund 32 Satz
4
der Richtlinie; [X.], Urteil vom 3.
September 2014

201/13, [X.], 972 Rn.
16 -
Deckmyn und [X.]/Vandersteen u.a., mwN).
b) Sodann stellt sich die Frage, in welcher Weise bei der Bestimmung der Reichweite der in Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehe-nen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts des Urhe-bers zur Vervielfältigung (Art.
2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes die Grundrechte der [X.] zu berücksichtigen sind (Vorlagefrage 2). Darüber [X.] stellt sich die Frage, ob die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art.
11
Abs. 1 Satz
2 [X.]) oder der Pressefreiheit (Art.
11
Abs. 2 [X.]) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließli-chen Rechts des [X.] zur Vervielfältigung (Art.
2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes außerhalb der in Art.
5
Abs.
2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen
können (Vorlagefrage 3). Nach Ansicht des Senats sollten insoweit folgende Grundsätze gelten:
Bei der Auslegung und Anwendung der hier in Rede stehenden Bestim-mungen der Richtlinie 2001/29/[X.] und des ihrer Umsetzung dienenden natio-nalen Rechts sind nach Art.
51 Abs.
1 Satz
1 [X.] die dort aufgeführten Grundrechte zu beachten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die den Urhebern von der Richtlinie 2001/29/[X.] eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte und die in Bezug auf diese 37
38
39
-
17
-
Rechte vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen bereits das Ergebnis einer vom Richtliniengeber vorgenommenen Abwägung zwischen dem [X.] der Urheber an einer möglichst umfassenden und uneingeschränkten [X.] und den Interessen der Allgemeinheit an einer mög-lichst umfassenden und uneingeschränkten Nutzung der urheberrechtlich ge-schützten Werke sind (zum [X.] Urheberrecht vgl. [X.], Urteil vom
24.
Januar 2002 -
I
ZR 102/99, [X.]Z 150, 5, 8 f. -
Verhüllter Reichstag; Urteil vom 20. März 2003 -
I
ZR 117/00, [X.]Z 154, 260, 264 f. -
Gies-Adler).
Daher haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung der [X.] der Urheber und der [X.] die in der Richtlinie zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nach-zuvollziehen, die den durch Art.
17 Abs.
2 [X.] verbrieften Schutz des geistigen Eigentums des [X.] ebenso wie etwaige damit kon-kurrierende Grundrechtspositionen der Nutzer beachtet und im Wege einer Ab-wägung in ein angemessenes Gleichgewicht bringt (zum [X.] Urheber-recht vgl. [X.]Z 154, 260, 265 -
Gies-Adler; [X.], Beschluss vom 19. Juli 2011 -
1
BvR
1916/09, [X.]E 129, 78, 101 f., mwN; [X.], [X.], 690 Rn.
122; vgl. auch [X.], Urteil vom 29. Januar 2008 -
C-275/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 241 Rn.
68 -
Promusicae;
Urteil vom 27. März 2014 -
C-314/12, [X.], 468 Rn. 46 = [X.], 540 -
UPC Telekabel).
Dabei kann beispielsweise ein gesteigertes öffentliches Interesse an der öffentlichen Zugänglichmachung eines geschützten Werkes unter Umständen schon bei der Auslegung der dem Urheber zustehenden Befugnisse, in jedem Fall aber bei der Auslegung der [X.] berücksichtigt wer-den und im Einzelfall dazu führen, dass eine enge, am Gesetzeswortlaut orien-tierte Auslegung einer großzügigeren, dem Informationsinteresse der Allge-meinheit genügenden Interpretation weichen muss (vgl. [X.]Z
150, 5, 8 -
Ver-hüllter Reichstag; [X.]Z 154, 260, 265 -
Gies-Adler).
40
41
-
18
-
Dagegen kommt eine außerhalb der urheberrechtlichen [X.] und [X.] angesiedelte allgemeine Interessenab-wägung aus Sicht des Senats nicht in Betracht. Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Richtlinie würde eine von der Auslegung und Anwendung der ur-heberrechtlichen Vorschriften losgelöste Grundrechtsabwägung durch die Ge-richte in das vom Richtliniengeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bereits allgemein geregelte
Verhältnis von Urheberrecht und Schrankenregelung über-greifen (zum [X.] Urheberrecht vgl. [X.]Z 154, 260, 266 f. -
Gies-Adler; [X.], [X.] vom 17. November 2011 -
1 BvR 1145/11, [X.], 389 Rn.
14 mwN).

c) Im Streitfall wären nach diesen Maßstäben bei der Auslegung und Anwendung der Verwertungsrechte und der Schrankenregelungen das der Klä-gerin von den Urhebern eingeräumte ausschließliche Recht der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] und das Interesse der Kläge-rin an einer Geheimhaltung der für die Sicherheit der [X.] bedeutsa-men Informationen auf der einen Seite und die durch
Art.
11 Abs. 1 und 2 [X.] gewährleisteten Grundrechte der Informationsfreiheit (hier in Form der Freiheit, Informationen ohne behördliche Eingriffe weiterzugeben) und der Medienfreiheit (hier in Gestalt der Pressefreiheit) auf der anderen Seite [X.] abzuwägen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen.
Dabei kommt den von der Beklagten geltend gemachten Grundrechten der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit ein besonders hoher Rang zu, da die umfassende und wahrheitsgemäße Information der Bürger durch die Presse eine Grundvoraussetzung des Prozesses demokratischer Meinungs-
und [X.] ist; diese Grundrechte gewinnen bei einem Konflikt mit anderen Rechtsgütern zudem besonderes Gewicht, wenn sie Angelegenheiten betreffen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren (zu Art.
5 Abs.
1 GG:
[X.], [X.] vom 3. Dezember 1985 -
1 BvR 15/84, [X.]E 71, 206, 220 mwN).
42
43
44
-
19
-
Das von der Klägerin beanspruchte ausschließliche Recht zur Veröffent-lichung, Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] muss nicht deshalb von vornherein hinter dem von der Beklagten geltend gemachten öffentlichen Interesse an der Wiedergabe der
Dokumente zurücktreten, weil amtliche Dokumente keinen oder nur einen eingeschränkten Urheberrechts-schutz genießen (aA [X.]/[X.], [X.], 500, 503). Der Umstand, dass es sich bei den [X.] um amtlichen Zwecken dienende Berichte handelt, die von St[X.]tsbediensteten in Erfüllung ihrer Dienstpflichten geschaffen [X.], berührt weder die Urheberrechtsfähigkeit der Berichte noch das Bestehen von Verwertungsrechten auf Seiten der Verfasser oder des Dienstherrn (vgl.
[X.], [X.], 410, 413).
Bei amtlichen Werken ist die Kollisionslage mit der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit allerdings nicht dadurch geprägt, dass das Interesse der st[X.]tlichen Stellen darauf gerichtet ist, dem Urheber einen gerechten Lohn für seine Schöpfung zu sichern. Die [X.] werden von St[X.]tsbediensteten in Erfül-lung ihrer Dienstpflichten erstellt. Die Verfasser der Berichte werden nicht über eine wirtschaftliche Verwertung der Berichte, sondern über ihre Dienstbezüge entlohnt.
Auch im Streitfall dient die Geltendmachung der Urheberrechte durch die Klägerin nicht der Wahrung wirtschaftlicher Interessen, sondern der Ge-heimhaltung bestimmter Berichtsinhalte. Das steht jedoch der Gewährung von Urheberrechtsschutz nicht entgegen (aA
[X.]/[X.], [X.], 500, 503; [X.], [X.], 285, 288). Das Urheberrechtsgesetz schützt mit dem [X.] (§
12 [X.]) auch das Interesse des [X.] an einer Ge-heimhaltung des Inhalts seines Werkes (vgl. [X.], [X.], 188, 190; [X.], Urheber-
und Urhebervertragsrecht, 7. Aufl., Rn.
364; aA [X.], [X.], 285, 288).
Es kann nach Ansicht des Senats zum jetzigen [X.]punkt offenbleiben, ob unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles
dem Geheimhaltungsinteresse der Klägerin oder dem [X.]sinteres-45
46
47
-
20
-
se der Beklagten größeres Gewicht beizumessen ist. Der Senat neigt zu der Annahme, dass das von der Beklagten behauptete, gesteigerte öffentliche Inte-resse an der Wiedergabe der -
unterstellt
-
urheberrechtlich geschützten Schriftwerke nicht zu einer Auslegung der Schrankenregelungen der [X.] über Tagesereignisse und des Zitatrechts führen
kann, die nicht mehr vom Wortlaut dieser Regelungen
gedeckt ist
und dem klar
erkennbaren Willen des [X.] widerspricht. Dies wäre nach Ansicht des Senats aber der Fall, wenn die Schrankenregelung des Art.
5 Abs.
3 Buchst.
[X.] (§
50 [X.]) dahin ausgelegt würde, dass sie Werke erfasst, die -
wie die [X.] -
nicht in Verbindung mit einer Berichterstattung vervielfältigt oder öffentlich wiederge-geben werden, oder die Schrankenregelung des Art.
5 Abs.
3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] (§
51 [X.]) dahin ausgelegt würde, dass sie Werke [X.], die -
wie die [X.] -
nicht zu Zitatzwecken vervielfältigt und öffentlich wie-dergegeben werden und
zum [X.]punkt der Vervielfältigung oder öffentlichen Wiedergabe der Öffentlichkeit
nicht
bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden sind.
Büscher
Koch
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2014 -
14 O 333/13 -

O[X.], Entscheidung vom 12.06.2015 -
6 U 5/15 -

[X.]:[X.]:[X.]:2017:091117BIZR139.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/15
vom
9. November 2017
in dem Rechtsstreit

Der [X.]
Zivilsenat des [X.]gerichtshofs hat am 9. November 2017 durch [X.] Dr. Büscher, [X.] Dr. Koch, [X.], die Richterin Dr. [X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:
Der Senatsbeschluss vom 1. Juni 2017 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO in Randnummer 5 dahin berichtigt, dass dort im zweiten Satz eingefügt werden.

Büscher
Koch
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2014 -
14 O 333/13 -

O[X.], Entscheidung vom 12.06.2015 -
6 U 5/15 -

Meta

I ZR 139/15

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 139/15 (REWIS RS 2017, 10063)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10063

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 139/15

I ZR 69/14

I ZR 35/13

1 BvR 1585/13

1 BvR 1145/11

6 U 5/15

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