Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013, Az. 2 AZR 271/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 4859

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Gegenstand

Betriebsbedingte Kündigung - Leiharbeitsverhältnis - Sozialauswahl


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 9. Dezember 2011 - 10 Sa 438/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten [X.]ündigung.

2

Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. In ihrer Niederlassung [X.] beschäftigte sie zuletzt mehr als 100 Arbeitnehmer. Die Niederlassung hatte zwei [X.]unden, die [X.] ([X.] GmbH) und die [X.] ([X.]). Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der [X.] GmbH war geregelt, dass die Beklagte dieser ab Juli 2010 unbefristet bis zu 150 Arbeitnehmer als Hilfskräfte überlasse. In der Rahmenvereinbarung mit der [X.] war bestimmt, dass auf deren Verlangen Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auszutauschen seien und unabhängig davon ein Austausch nur im Einvernehmen mit ihr vorgenommen werden könne.

3

Der [X.]läger war bei der [X.] und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 2004 für ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 1.500,00 Euro als Hilfskraft beschäftigt. Er war der [X.] GmbH als Flugzeugreiniger überlassen und dort seit Juli 2010 als Vorarbeiter eingesetzt.

4

Ende September 2010 erklärte ein Mitarbeiter der [X.] GmbH gegenüber dem Niederlassungsleiter der [X.], man benötige - ua. - den [X.]läger nicht mehr und melde ihn zum 8. Oktober 2010 ab. Mit Schreiben vom 30. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2010. Die [X.] GmbH bestätigte die Abmeldung mit E-Mail vom 7. Oktober 2010. In der Folgezeit fragte die Beklagte bei der [X.] an, ob bei ihr ein Einsatz des [X.]lägers in Betracht komme. Die [X.] teilte mit, eine Umsetzung sei nicht durchführbar.

5

Gegen die [X.]ündigung hat der [X.]läger rechtzeitig die vorliegende [X.]lage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Auftrag über die Überlassung von 150 Arbeitnehmern an die [X.] GmbH bestehe nach wie vor. Diese habe zum 1. Januar 2011 Neuaufträge gewonnen. Außerdem habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenommen, insbesondere habe sie ihn nicht mit den weiterhin der [X.] GmbH überlassenen Arbeitnehmern verglichen. Er sei schutzwürdiger als die von der [X.] benannten ungekündigten Arbeitnehmer. Der [X.]läger hat behauptet, die Beklagte habe nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer gekündigt, die eine [X.] initiiert hätten. Die Initiatoren seien ihr namentlich bekannt gewesen.

6

Der [X.]läger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die [X.]ündigung vom 30. September 2010 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des [X.]ündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Flugzeugreiniger im Betrieb [X.] weiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die [X.]lage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die [X.]ündigung sei unter allen rechtlichen Gesichtspunkten wirksam. Ihre Geschäftsführerin habe im September 2010 die Entscheidung getroffen, die Arbeitsverhältnisse mit den von der [X.] GmbH namentlich abgemeldeten Arbeitnehmern zu kündigen. Die [X.] GmbH habe den [X.]läger abgemeldet, weil kein [X.] mehr für ihn vorhanden gewesen sei. Bei ihr, der [X.], habe infolgedessen nicht nur eine kurzfristige Auftragslücke vorgelegen. Sie habe weder neue Arbeitnehmer eingestellt noch neue [X.]unden anwerben können. Die [X.]ündigungsentscheidung erweise sich damit auch im Nachhinein als richtig. An anderen Standorten sei kein Arbeitsplatz frei gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Sie sei an die Wünsche der [X.] GmbH und der [X.] gebunden, bei Nichtbefolgung drohe ein Auftragsverlust. Vorsorglich hat die Beklagte die [X.] von neun Arbeitnehmern angegeben, die mit dem [X.]läger vergleichbar und weiterhin der [X.] GmbH überlassen seien. Die Beklagte hat bestritten, dass die [X.]ündigung in einem Zusammenhang mit der geplanten [X.] stehe. Sie habe nicht gewusst, wer für die Wahl kandidieren werde.

8

Die Vorinstanzen haben der [X.]lage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die [X.]lage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Kündigung vom 30. [X.]eptember 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt angesehen ([X.]). Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem [X.]enat nicht zur Entscheidung an (I[X.]).

[X.] Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. [X.]ie ist jedenfalls wegen fehlerhafter [X.] ungerechtfertigt i[X.]d. § 1 Abs. 2, Abs. 3 [X.]. Ob die Beklagte hinreichend dargelegt hat, dass im [X.]punkt der Kündigung eine Einsatzmöglichkeit für den Kläger auf Dauer nicht mehr bestand (zu den Anforderungen an die Darlegung des Kündigungsgrundes bei Wegfall der Einsatzmöglichkeit eines Leiharbeitnehmers, vgl. [X.] 18. Mai 2006 - 2 [X.] - Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung.

1. Nach § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse i[X.]d. Abs. 2 der Bestimmung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, dessen Lebensalter, mögliche Unterhaltspflichten und ggf. eine [X.]chwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

a) Der Arbeitgeber hat in die [X.] diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (st. Rspr., vgl. [X.] 22. März 2012 - 2 [X.] - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 2 [X.]  - Rn. 41). Dies ist nicht nur bei identischen Arbeitsplätzen der Fall, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann ([X.] 10. Juni 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 31). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Rechtsgründen nicht einseitig auf den fraglichen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann ( [X.] 10. Juni 2010 - 2 [X.]/09 - aaO; 2. März 2006 - 2 [X.] - Rn. 13). Die [X.] ist auf Arbeitnehmer desselben Betriebs beschränkt ([X.] 2. Juni 2005 - 2 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 115, 82, 85; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 199/05 -).

b) Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der in § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] angeführten [X.] Grun[X.]aten ein Wertungsspielraum zu. Dieser ist auch dann zu beachten, wenn er eine [X.] zunächst für entbehrlich gehalten hat ([X.] 7. Juli 2011 - 2 [X.] - Rn. 48; 10. Juni 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 19 ). Auch wenn eine [X.] gar nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Kündigung nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der Person des Gekündigten gleichwohl - und sei es zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Der Arbeitgeber braucht nicht die „bestmögliche“ [X.] vorgenommen zu haben. Der ihm einzuräumende Wertungsspielraum führt dazu, dass sich nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können ([X.] 7. Juli 2011 - 2 [X.] - aaO ; 2. Juni 2005 - 2 [X.] - Rn. 38, [X.]E 115, 92).

c) Die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der [X.] trägt gem. § 1 Abs. 3 [X.]atz 3 [X.] der Arbeitnehmer.

2. Die Regelungen zur [X.] können weder durch einzelvertragliche noch durch kollektivrechtliche Vereinbarung abbedungen werden, auch nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer. Eine solche Regelung würde sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirken ([X.] 2. Juni 2005 - 2 [X.] - Rn. 34, [X.]E 115, 92). § 1 Abs. 3 [X.] steht aber solchen Verschlechterungen der kündigungsrechtlichen Position eines Arbeitnehmers nicht entgegen, die sich aus einer zulässigen vertraglichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen mit anderen Arbeitnehmern ergeben. Allerdings darf die betreffende Vertragsgestaltung nicht rechtsmissbräuchlich sein und allein Vorteile bei der [X.] bezwecken (vgl. zur Anrechnung einer an sich nicht anrechnungsfähigen früheren Beschäftigungszeit durch einzelvertragliche Vereinbarung, [X.] 2. Juni 2005 - 2 [X.] - aaO).

3. Danach hat das [X.] im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte habe [X.] Gesichtspunkte bei der Auswahl des [X.] i[X.]v. § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat dabei die Darlegungslast des [X.] nicht verkannt. Dieser hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine [X.] zumindest unter Einbeziehung der von ihr benannten neun weiterhin bei der [X.] eingesetzten Arbeitnehmer durchführen müssen. Tatsächlich war er sozial deutlich schutzwürdiger als zumindest drei dieser Arbeitnehmer. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren diese nicht deshalb nicht in die [X.] einzubeziehen, weil es wegen der „Abmeldung“ des [X.] durch die [X.] an der erforderlichen Austauschbarkeit gefehlt hätte.

a) Das [X.] hat in diesem Zusammenhang angenommen, es bestehe bereits eine Vermutung dafür, dass die Beklagte [X.] Gesichtspunkte bei der Auswahl des [X.] nicht ausreichend berücksichtigt habe. [X.]ie gründe sich darauf, dass die Beklagte den überwiegenden Teil der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen generell von der Auswahl ausgenommen habe. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Die für sie als Beleg genommene Entscheidung des [X.]enats ([X.] 5. Dezember 2002 - 2 [X.] - [X.]E 104, 138) betrifft nicht die Regelung des § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.], sondern die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 [X.]atz 2 [X.]. Für § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] gilt eine solche Vermutung nicht.

b) Die Beklagte hat [X.] Gesichtspunkte i[X.]v. § 1 Abs. 3 [X.]atz 1 [X.] deshalb nicht ausreichend berücksichtigt, weil sie zumindest drei der mit dem Kläger vergleichbaren und im Verhältnis zu ihm - im Kündigungszeitpunkt 42 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 1. Oktober 2004 - sozial deutlich weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer nicht gekündigt hat. Dies gilt für den Arbeitnehmer K - 32 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 27. Juli 2010 - sowie für die [X.] - 27 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 12. Januar 2010 - und [X.] - 30 Jahre alt, ledig, beschäftigt seit 1. April 2010. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die Beklagte darauf berufen könnte, der Kläger hätte auch unter Einbeziehung dieser Arbeitnehmer zur Kündigung angestanden. [X.]ie hat nicht dargelegt, dass mindestens drei der gekündigten Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger gewesen seien als er (vgl. zur Aufgabe der sog. Dominotheorie bei [X.] nach einem Punktesystem, [X.] 9. November 2006 - 2 [X.] - [X.]E 120, 137). Das ergibt sich auch nicht aus den von ihr mitgeteilten [X.]ozialdaten der gekündigten Arbeitnehmer. Damit ist davon auszugehen, dass sich eine Berücksichtigung der weniger schutzbedürftigen, nicht gekündigten Arbeitnehmer(innen) bei der [X.] zugunsten des [X.] ausgewirkt hätte.

c) Einer Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in die [X.] stand nicht entgegen, dass sie nicht demselben Betrieb angehört hätten wie der Kläger. Unabhängig davon, ob überlassene Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 [X.]atz 3 [X.] zu berücksichtigen sein können (vgl. dazu [X.] 24. Januar 2013 - 2 [X.] -), bleiben sie während der [X.] ihrer Arbeitsleistung beim Entleiher jedenfalls auch Angehörige des Betriebs des Verleihers. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung stellt § 14 Abs. 1 [X.] dies klar. Für die [X.] gilt nichts anderes. Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen ([X.] 15. März 2001 - 2 [X.] Rn. 18; 21. Juni 1995 - 2 [X.] - Rn. 36). Da mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen. Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und [X.] Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können ([X.] 15. März 2001 - 2 [X.] aaO; 23. [X.]eptember 1982 - 6 [X.] - [X.]E 40, 163, 165 f.). Zum Betrieb des Verleihers gehören damit alle unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten, zu dem Zweck ihrer Überlassung an Dritte beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die einsatzfreien, sondern auch die im Einsatz befindlichen Arbeitnehmer.

d) Der Einbeziehung der nach sonstigen arbeitsplatzbezogenen Kriterien mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer stand ebenso wenig entgegen, dass die [X.] diesen namentlich „abgemeldet“ hatte. Die Beklagte war dadurch nicht gehindert, den Kläger gegen einen der übrigen überlassenen, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer auszutauschen. Ihr Recht zum Austausch war weder durch ihren Vertrag mit der [X.], noch nach [X.] (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

aa) Die Hauptleistungspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher besteht darin, einen arbeitsbereiten, den vertraglich festgelegten Anforderungen entsprechenden Arbeitnehmer für die vereinbarte Dauer zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung entspricht regelmäßig einer - wenn auch auf die Auswahl einer Person, nicht einer [X.]ache, gerichteten - „[X.]“, auf die § 243 BGB entsprechende Anwendung findet ([X.]chüren in [X.]/[X.]chüren [X.] 4. Aufl. [X.]. Rn. 320; [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 12 Rn. 23; [X.]/D. [X.] [X.] 4. Aufl. § 12 Rn. 22). Ohne besondere Abrede ist der Verleiher lediglich verpflichtet, einen i[X.]v. § 243 Abs. 1 BGB fachlich geeigneten, nicht aber einen bestimmten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen ([X.]chüren in [X.]/[X.]chüren [X.] 4. Aufl. [X.]. Rn. 328; [X.] aaO). Aus dem Charakter der Arbeitnehmerüberlassung als Dauerschuldverhältnis folgt zwar, dass dem Entleiher für die gesamte Laufzeit des Vertrags ein geeigneter Leiharbeitnehmer zur Verfügung stehen muss ([X.]chüren aaO; [X.]/D. [X.] [X.] 4. Aufl. § 12 Rn. 23). Der Verleiher hat aber grundsätzlich das Recht zum Austausch, sofern dem nicht eine Vereinbarung mit dem Entleiher oder sonstige berechtigte Belange des Entleihers - wie etwa eine lange Einarbeitszeit für unternehmensspezifische Aufgaben - entgegenstehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]chüren [X.] 4. Aufl. [X.]. Rn. 387; [X.]chüren aaO; [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 12 Rn. 27; [X.] in [X.]/[X.] [X.] § 1 Rn. 63). [X.]oweit das Recht des Verleihers zu deren Austausch nicht ausgeschlossen ist, sind daher in die [X.] im [X.] grundsätzlich auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeitsleistung auf vergleichbaren Arbeitsplätzen überlassen sind (vgl. [X.]andmann/Marschall/[X.] [X.] [X.]tand [X.]eptember 2012 Rn. 394).

bb) Nach verbreiteter Auffassung im [X.]chrifttum kann die Ersetzungsbefugnis des Verleihers vertraglich oder nach [X.] (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein ([X.]/D. [X.] [X.] [X.] 4. Aufl. § 12 Rn. 23; [X.] in [X.]/[X.] [X.] § 1 Rn. 63; [X.]andmann/Marschall/[X.] [X.] [X.]tand Mai 2013 Rn. 327; vgl. auch [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 12 Rn. 27: zwar vertragliche Konkretisierung, nicht aber vertraglicher Ausschluss möglich, allenfalls Ausschluss nach § 242 BGB). Ohne Zustimmung des Entleihers sei der Verleiher in einem solchen Fall nicht zum Austausch eines überlassenen Leiharbeitnehmers berechtigt ([X.]andmann/Marschall/[X.] [X.] [X.]tand April 2012 Rn. 425; [X.]/[X.] 2. Aufl. Bd. 1 § 12 [X.] Rn. 9; [X.] 2006, 997, 998; [X.]chüren in [X.]/[X.]chüren [X.] 4. Aufl. [X.]. Rn. 329; [X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 12 Rn. 26). Die Überlassung eines anderen Leiharbeitnehmers stelle in diesem Fall keine Vertragserfüllung dar ([X.] 2006, aaO). [X.]ei wiederum der Verleiher im Verhältnis zum Entleiher nicht zum Austausch eines überlassenen Arbeitnehmers berechtigt, stehe dies dessen Einbeziehung in eine [X.] im [X.] entgegen. Ein vertraglicher Ausschluss der Austauschbarkeit wird zum Teil schon dann angenommen, wenn der [X.] die Überlassung eines bestimmten, namentlich benannten Arbeitnehmers vorsieht ([X.] 2003, 1626, 1629; [X.]andmann/Marschall/[X.] [X.] [X.]tand [X.]eptember 2012 Rn. 394).

cc) Ob dem zu folgen ist, kann im [X.]treitfall dahinstehen. Die Beklagte musste die von ihr benannten, weiterhin bei der [X.] eingesetzten und objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer jedenfalls deshalb in die [X.] mit dem Kläger einbeziehen, weil ihre Austauschbarkeit weder vertraglich noch nach [X.] ausgeschlossen war. Auf die Befugnis, sie zu ersetzen, hatte die Beklagte nach dem Überlassungsvertrag nicht verzichtet. Die Arbeitnehmer waren dort auch nicht namentlich genannt. Aus dem Umstand, dass die [X.] ausdrücklich gerade den Kläger „abgemeldet“ hatte, folgt nicht, dass die Beklagte ihn nach [X.] im Austausch gegen einen der anderen Leiharbeitnehmer bei der [X.] nicht mehr hätte einsetzen dürfen. Die [X.] hatte den Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht deshalb abgemeldet, weil er sich etwa als nicht hinreichend geeignet erwiesen oder sich rechtswidrig verhalten hätte. Grund für die „Abmeldung“ war danach lediglich, dass es für ihn keinen [X.] mehr gab. Daraus lässt sich nicht schließen, die [X.] habe sich gegen einen weiteren Einsatz des [X.] als Person ausgesprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass sonstige Umstände diesen [X.]chluss rechtfertigen könnten. Ob ein solcher Wunsch den weiteren Einsatz des [X.] bei der [X.] tatsächlich hätte ausschließen können, bedarf keiner Entscheidung.

[X.]) Ebenso wenig muss entschieden werden, ob im Einsatz befindliche Arbeitnehmer wegen § 1 Abs. 3 [X.]atz 3 [X.] schon dann nicht in eine [X.] beim Verleiher einzubeziehen sind, wenn ihr Austausch zwar nicht ausgeschlossen ist, der Entleiher für diesen Fall aber mit einem Auftragsentzug droht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass trotz ihrer Ersetzungsbefugnis ein Auftragsverlust gedroht habe, wenn sie anstelle des [X.] einen der sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer bei der [X.] abgezogen hätte. Allein aus der namentlichen „Abmeldung“ des [X.] lässt sich dies nicht entnehmen.

I[X.] Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem [X.]enat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.

II[X.] [X.] hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. [X.]chierle    

        

    Niebler    

                 

Meta

2 AZR 271/12

20.06.2013

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 9. Februar 2011, Az: 9 Ca 7012/10, Urteil

§ 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 1 Abs 3 KSchG, § 242 BGB, § 1 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013, Az. 2 AZR 271/12 (REWIS RS 2013, 4859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4859

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