Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. VII ZR 207/04

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5682

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 12. Januar 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein ZPO § 41 Tritt ein Sachverständiger dem Rechtsstreit bei, nachdem ihm der Streit ver-kündet worden ist, ist er nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. [X.], Urteil vom 12. Januar 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006 durch [X.], [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli 2004 aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger beauftragten den Beklagten am 15. Juli 1991 mit der [X.] eines Wohnhauses mit Doppelgarage. Mit der im Februar 1997 erhobenen Klage verlangen sie Schadensersatz wegen Mängeln der Leistung des [X.]. Diese stützen sie auf das Ergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens, in dem der gerichtlich bestellte Sachverständige [X.] festgestellt und diese bewertet hat. Die Kläger haben Schadensersatzansprüche sowie Minde-rung in Höhe von 249.016,66 DM geltend gemacht und einen Teil des [X.] einbehalten. Sie haben die Feststellung begehrt, dass dem Beklagten kein weiterer Werklohn zusteht. Der Beklagte hat dem Sachverständigen S. mit 1 - 3 - Schriftsatz vom 31. Juli 1997 den Streit verkündet. Der Sachverständige ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger im September 1997 beigetreten. Der [X.] hat ihn mit Schriftsatz vom 31. Juli 1997 und mit Schriftsatz vom 21. Juni 1999 ohne Erfolg als befangen abgelehnt. Die [X.] waren im Wesentlichen darauf gestützt, der Sachverständige habe bei der Begutachtung seine Pflichten grob verletzt. Das [X.] hat den Beklagten verurteilt, an die Kläger 165.442,92 DM zu zahlen, und festgestellt, dass dem Beklagten kein Werk-lohnanspruch mehr zusteht. Es hat auch festgestellt, dass der Beklagte den Klägern allen weiteren Schaden zu ersetzen hat, der diesen wegen der nicht standsicheren Dachkonstruktion an dem Wohnhaus entstanden ist oder noch entstehen wird. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide [X.]en Berufung eingelegt. Die Kläger haben ihren Klageantrag in der [X.] um Zahlung von 51.226,65 DM erweitert. Das Berufungsgericht hat das Urteil des [X.]s aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Kläger, mit der sie ihre zwei-tinstanzlichen Anträge weiter verfolgen. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 3 - 4 - [X.] 4 Das Berufungsgericht führt aus, der Rechtsstreit sei unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das [X.] zurückzuverweisen, weil das erstin-stanzliche Verfahren unter einem wesentlichen Mangel leide. Dieser sei darin zu sehen, dass das Verfahren nach dem Beitritt des Sachverständigen S. als Streithelfer der Kläger unter dessen weiterer Beteiligung als Sachverständiger fortgesetzt worden sei und dass mit dessen sachverständiger Beratung das an-gefochtene Urteil ergangen sei. Denn seit seinem Beitritt sei der [X.] entsprechend der für [X.] geltenden Bestimmung des § 41 ZPO kraft Gesetzes von einer weiteren Mitwirkung ausgeschlossen. Das Berufungsgericht weist ferner darauf hin, dass das Urteil des Land-gerichts auch insoweit an einem erheblichen Mangel leide, als es nicht hinrei-chend nachvollziehbar erkennen lasse, woraus sich der zugesprochene [X.] im Einzelnen ergebe. 5 I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 539 ZPO a.F. an das [X.] zu-rückverwiesen. 6 1. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, das Verfahren des Land-gerichts leide deshalb unter einem wesentlichen Mangel, weil der [X.] S. nach dem Beitritt auf der Seite der Kläger mitgewirkt habe. Der Sach-verständige sei kraft Gesetzes ausgeschlossen. 7 - 5 - Wie das Berufungsgericht als Beschwerdegericht in demselben [X.] vor dem Urteil des Einzelrichters richtig entschieden hat, ist der Beitritt des Sachverständigen auf der Seite der Kläger kein gesetzlicher Ausschließungs-grund. Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Streitver-kündung gegenüber dem Sachverständigen S. und dessen Beitritt (vgl. dazu [X.], [X.] 2002, 1349). Darauf kommt es jedoch nicht an. Jedenfalls ist der Sachverständige durch den Beitritt nicht nach § 41 ZPO ausgeschlossen ([X.]. Nr. 1265; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 406 Rdn. 3; Münch-KommZPO-Damrau, 2. Aufl., § 406 Rdn. 2). Diese Regelung betrifft den Aus-schluss eines [X.]s von der Ausübung des [X.]amtes. Eine vergleichbare Regelung für den Ausschluss eines Sachverständigen von der Ausübung der Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen enthält das Gesetz nicht. 8 Der Sachverständige kann nach § 406 Abs. 1 ZPO wegen der Gründe, die den Ausschluss eines [X.]s von der Ausübung des [X.]amtes vorse-hen, abgelehnt werden. Das folgt daraus, dass ein Sachverständiger aus den-selben Gründen - sieht man von den in § 41 Nr. 5 ZPO benannten Gründen ab - abgelehnt werden kann, die zur Ablehnung eines [X.]s berechtigen. Die Gründe für den Ausschluss vom [X.]amt sind gleichzeitig Gründe, den [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, § 42 Abs. 1 ZPO. 9 Ausweislich der Entscheidung des Berufungsgerichts im Beschwerdever-fahren über das Ablehnungsgesuch hat der Beklagte den Sachverständigen S. nicht wegen des Beitritts auf der Seite der Kläger abgelehnt. Dieser [X.] könnte, so er überhaupt bestünde, auch nicht mehr geltend ge-macht werden, § 43 Abs. 2 ZPO. Dann ist es nicht mehr möglich, die Hinzuzie-hung des Sachverständigen als Verfahrensfehler zu rügen oder zu behandeln (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1958 - [X.], [X.] 28, 303, 305 f.). 10 - 6 - 2. Ob das Berufungsgericht zu Recht einen wesentlichen Verfahrensfeh-ler darin gesehen hat, dass das landgerichtliche Urteil nicht hinreichend nach-vollziehbar erkennen lasse, wie sich der zugesprochene Gesamtbetrag im [X.] ergebe, kann dahin stehen. Darauf hat das Berufungsgericht die Aufhe-bung und Zurückverweisung nicht gestützt. 11 12 3. Das Berufungsgericht hat sich rechtsfehlerhaft nicht damit auseinan-dergesetzt, ob es in der Sache selbst entscheiden sollte. Die Entscheidung zwi-schen der Zurückverweisung nach § 539 ZPO a.F. und der eigenen [X.] durch das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Wenn sich das Berufungsgericht für eine [X.] nach § 539 ZPO a.F. entscheidet, muss es zur Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens die maßgeblichen Gesichtspunkte erwägen und er-kennen lassen, dass es die Alternative zwischen einer Zurückverweisung und einer eigenen Sachentscheidung nach § 540 ZPO a.F. gesehen hat (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 1956 - [X.], [X.] 23, 36, 50; Urteil vom 30. März 2001 - [X.], NJW 2001, 2551, 2552; Urteil vom 8. Juli 2004 - [X.] ZR 231/03, [X.], 1611, 1613 = NZBau 2004, 613 = [X.] 2004, 790). II[X.] [X.] ist aufzuheben. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des [X.] zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. 13 Der Senat weist darauf hin, dass das Berufungsgericht gehalten ist, selbst abschließend zu entscheiden. Eine erneute Aufhebung und Zurückver-weisung an das [X.], etwa weil die Gesamtsumme in dessen Urteil nicht 14 - 7 - nachvollziehbar dargestellt ist, wäre verfahrensfehlerhaft. Sie würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des gesamten Verfahrens führen. Bei seiner Entscheidung, ob es von einer Zurückverweisung nach § 540 ZPO a.F. absieht, muss das Berufungsgericht auf die berechtigten Interessen der [X.]en Rücksicht nehmen. Dabei muss es vor allem auch das Interesse der klagenden [X.] im Auge behalten, in einer angemessenen [X.] einen voll-streckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten. (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 2004 - [X.] ZR 231/03, [X.], 1611, 1613 = NZBau 2004, 613 = [X.] 2004, 790; Urteil vom 16. Dezember 2004 - [X.] ZR 270/03, [X.], 590 = NZBau 2005, 224 = [X.] 2005, 358; Urteil vom 10. März 2005 - [X.] ZR 220/03, [X.], 1052 = NZBau 2005, 397 = [X.] 2005, 460). Das Verfahren ist nunmehr über acht Jahre anhängig. Die Verzögerung ist auch darauf zurückzuführen, dass das Berufungsgericht erst nach ca. zwei Jahren einen Termin durchgeführt hat und, nachdem es zwischenzeitlich eine [X.] durch den Sachverständigen S. angeordnet hatte, erst nach einem weiteren halben Jahr zu der der angefochtenen Entscheidung zugrunde [X.], überraschenden Auffassung kam. Den [X.]en ist jegliche weitere [X.] durch eine erneute Zurückverweisung nicht zuzumuten. Sie haben ei-nen Anspruch darauf, dass das Berufungsgericht die Sache nunmehr fördert - 8 - und selbst entscheidet. Ein schützenswertes Interesse einer [X.], das [X.] beim [X.] fortzusetzen, ist nicht erkennbar. Dressler Haß [X.] Wiebel [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.04.2001 - 7 O 257/97 - [X.], Entscheidung vom 15.07.2004 - 1 U 78/01 -

Meta

VII ZR 207/04

12.01.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. VII ZR 207/04 (REWIS RS 2006, 5682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5682

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