Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. 4 AZR 969/11

4. Senat | REWIS RS 2013, 5086

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Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - [X.] - vom 2. November 2011 - 13 [X.]/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung der sog. „[X.]“.

2

Der nicht gewerkschaftlich organisierte Kläger ist seit Oktober 2000 bei der nicht tarifgebundenen [X.]eklagten, einem Unternehmen der [X.] Metallindustrie, als Entwicklungsingenieur in deren [X.]etrieb in [X.] beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25. September 2000 heißt es ua.:

        

§ 1 Vertragsbeginn und Vertragsgrundlage

        

… Für das Vertragsverhältnis finden, soweit unten nichts anderes vereinbart, die Tarifverträge für die Metallindustrie [X.]aden-Württemberg Anwendung.

        

…       

        

§ 4 Vergütung

        

Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält Herr [X.]r ein Monatsgehalt mit folgender Aufgliederung:

        

Tarifgehalt nach Tarifgruppe T 6/4

DM 6.870,-

        

tarifliche Leistungszulage

DM    687,-

        

[X.]zuschlag

DM 1.080,-

        

Gesamt

[X.]

3

Die [X.]eklagte zahlte dem Kläger das jeweilige Entgelt nach den Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträgen der Metallindustrie in [X.]aden-Württemberg ([X.]).

4

[X.] vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie in [X.]aden-Württemberg den Entgeltrahmen-Tarifvertrag vom 16. September 2003 ([X.]) sowie weitere, ihn begleitende Tarifverträge. Diese Tarifverträge sahen die Einführung eines neuen Entgeltsystems während einer dreijährigen Einführungsphase vor. Die Tarifvertragsparteien legten in der Tarifrunde 2004 diese Einführungsphase auf die [X.] vom 1. März 2005 bis 29. Februar 2008 fest. Zur Finanzierung von mit der Umstellung systembedingt verbundenen Kosten sehen die Tarifregelungen vor, dass ein Teil der für den [X.]raum 2002 bis 2005 vereinbarten Entgeltsteigerungen einem betrieblichen Anpassungsfonds - dem „[X.]“ - zugeführt wird (grundlegend im Tarifvertrag [X.] vom 18. Dezember 2003 für die Metall- und Elektroindustrie [X.]aden-Württemberg ([X.])). Weiter regeln die später vereinbarten Tarifverträge über die [X.] vom 1. Februar 2008 (TV [X.]) und über die [X.] vom 28. Mai 2009 (TV [X.]) einen Anspruch der [X.]eschäftigten auf Einmalzahlungen zu bestimmten [X.]punkten, wenn das [X.] nicht bis zum 29. Februar 2008 bzw. 28. Februar 2009 eingeführt worden ist (vgl. § 2.1 TV [X.]; § 2.1 TV [X.]).

5

Die [X.]eklagte nahm zunächst an, zur Einführung des neuen Entgeltsystems verpflichtet zu sein. Sie bildete deshalb einen Anpassungsfonds. [X.] gab sie ihre Einführungsabsicht auf.

6

Nach erfolgloser Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage Einmalzahlungen ([X.]n) für den [X.]raum März 2008 bis August 2010 - und zwar für den [X.]raum März bis August 2008 iHv. 1.038,37 Euro, für September 2008 bis Februar 2009 iHv. 1.043,98 Euro, für März bis August 2009 iHv. 1.064,51 Euro, für September 2009 bis Februar 2010 iHv. 1.041,70 Euro und für März bis August 2010 iHv. 1.086,68 Euro - verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Leistung stehe ihm zu, da die [X.]eklagte das [X.] nicht bis zum 29. Februar 2008 eingeführt habe, obwohl sie hierzu auch als nicht tarifgebundenes Unternehmen aufgrund der arbeitsvertraglichen dynamischen [X.]ezugnahmeklausel verpflichtet gewesen sei. Die Einführung des [X.]s sei auch hinsichtlich einzelner Arbeitsverhältnisse möglich. Jedenfalls sei der [X.]etrag der Klageforderung als weitere Gehaltserhöhungen iHv. [X.] gegenüber dem Tabellenentgelt nach dem [X.] für den [X.]raum März 2008 bis August 2010 zu zahlen, da die [X.]eklagte aufgrund der Nichteinführung der [X.] Lohnkosten in dieser Höhe eingespart habe.

7

Der Kläger hat beantragt,

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 5.275,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

8

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Vergütung des [X.] sei individuell und abschließend im Arbeitsvertrag geregelt worden. Die Vergütung der [X.]eschäftigten richte sich ausschließlich nach dem bisherigen und weiter geltenden [X.]. Die arbeitsvertragliche [X.]ezugnahmeklausel erfasse die [X.] nicht. Ein Anspruch auf Zahlung der [X.] bestehe schon deshalb nicht, weil sie aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Einführung des [X.]s verpflichtet sei. Zudem könne sie dieses System auch deshalb nicht einführen, weil es nur für eine betriebseinheitliche Einführung bei tarifgebundenen Arbeitgebern geschaffen sei und zahlreiche betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen enthalte. Ohne eine tarifliche Einführungspflicht gebe es keine Pflicht zur Zahlung der [X.], die eine reine Warte- und Strafzahlung für eine nicht rechtzeitige Einführung sei. Im Übrigen sei weder die Höhe der geltend gemachten Ansprüche zutreffend noch die tarifliche Ausschlussfrist eingehalten. Schließlich bestehe auch kein individueller Anspruch auf erhöhte [X.]eträge der Tabellenentgelte.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet.

Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung der begehrten [X.] nach § 2 [X.] und § 2 [X.]. Diese tariflichen Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des Arbeitsvertrags Anwendung. Der [X.] kann jedoch mangels ausreichender Feststellungen zur Höhe der Klageforderung und ihrer rechtzeitigen Geltendmachung iSd. tariflichen Ausschlussfrist in der Sache nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO).

I. Der geltend gemachte Anspruch ist dem Grunde nach gegeben. Er ergibt sich aus § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.], deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Beklagte ist seit dem 1. März 2008 arbeitsvertraglich verpflichtet, den Kläger auf der Grundlage der [X.] des [X.] zu vergüten. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat sie die geforderten [X.] zu zahlen.

1. Die [X.] der [X.] einschließlich der TV [X.] und 2009 gelten zwar nicht normativ (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]) für das Arbeitsverhältnis der Parteien, finden darin aber aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des Arbeitsvertrags Anwendung. Das ergibt die Auslegung dieser Bezugnahmeregelung (zu den Maßstäben der Auslegung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung [X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 18; 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 15, [X.]E 134, 283), die vom Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft oder selbst vorgenommen werden kann (vgl. nur [X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 18; 30. August 2000 - 4 [X.] - zu I 1 b der Gründe mwN, [X.]E 95, 296).

a) Mit der Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags sind nach ihrem Inhalt und typischen Sinn die Tarifverträge der Metallindustrie [X.] dynamisch einbezogen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist bei Bezugnahme in einem Arbeitsvertrag auf Tarifverträge einer bestimmten Branche, einen bestimmt benannten Tarifvertrag oder einen Teil davon und bei Fehlen anderer eindeutiger Hinweise, die für eine statische Bezugnahme sprechen, regelmäßig anzunehmen, die jeweilige Fassung solle Anwendung finden ([X.] 23. März 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 16; 10. November 2010 - 5 [X.] 633/09 - Rn. 13; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] 888/08 - Rn. 14; 13. November 2002 - 4 [X.] 351/01 - zu [X.] 1 b bb der Gründe, [X.]E 103, 338). So ist eine fehlende Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags als dynamische Vereinbarung zu verstehen (zB [X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] - Rn. 25; 17. Januar 2006 - 9 [X.] 41/05 - Rn. 30 mwN, [X.]E 116, 366). Einer ausdrücklichen „[X.]“ bedarf es nicht ([X.] 20. April 2012 - 9 [X.] 504/10 - Rn. 26 mwN).

bb) Mangels ausreichender Anhaltspunkte, die für eine vereinbarte statische Inbezugnahme sprechen - wie etwa eine konkret nach Datum benannte Tarifvertragsfassung -, ist die in § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vereinbarte Bezugnahmeregelung als dynamische Verweisung zu verstehen. Dafür spricht [X.] auch die praktische Durchführung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis entsprechend der Dynamik der vertraglichen Vereinbarungen vollzogen und Änderungen im normativen Bereich ihres Arbeitsverhältnisses jeweils umgesetzt.

b) Die Dynamik der Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags erfasst die [X.] des [X.] und die der ihn begleitenden weiteren Tarifverträge der Metallindustrie [X.], darunter die der [X.] und 2009.

aa) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags verweist auf die Tarifverträge der Metallindustrie in [X.]. Dazu gehören auch die [X.] [X.].

bb) Aus § 1 des Arbeitsvertrags und der darin enthaltenen Formulierung - „soweit unten nichts anderes vereinbart“ - ergibt sich keine Einschränkung der Bezugnahme hinsichtlich des Entgelts. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung des § 4 des Arbeitsvertrags nicht um eine spezielle Vergütungsregelung, der Vorrang vor der Bezugnahme in § 1 des Arbeitsvertrags zukäme. Diese vertragliche Regelung schränkt die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags in keiner Weise ein; ihre Formulierungen - „als Vergütung für seine Tätigkeit erhält [X.] ein Monatsgehalt mit folgender Aufgliederung“ und „Tarifgehalt nach [X.]“ - stellen vorliegend eine in einem Formulararbeitsvertrag durchaus übliche Information für den Arbeitnehmer zu den bei Vertragsabschluss maßgebenden [X.] dar, der aufgrund des übrigen [X.] kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt (vgl. ua. [X.] 9. November 2005 - 5 [X.] 128/05 - Rn. 19 mwN, [X.]E 116, 185; 13. November 2002 - 4 [X.] 351/01 - [X.]E 103, 338).

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] sind erfüllt. Die Beklagte ist ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung, den Kläger auf der Grundlage der [X.] des [X.] zu vergüten, nicht nachgekommen.

a) Der TV [X.] lautet auszugsweise:

§ 2

[X.]

2.1 In Betrieben, die den [X.] bis zum 29.02.2008 nicht eingeführt haben und in denen keine freiwillige Betriebsvereinbarung gem. § 4 c) 2. Absatz [X.] Anpassungsfonds besteht, erhalten die Beschäftigten und Auszubildenden für die Periode vom 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 [X.] als Einmalzahlung für den [X.]raum vom 1. März bis zum Stichtag der [X.]

a) vom 1. März 2008 bis 31. August 2008 mit der Abrechnung vom August 2008. Diese berechnet sich wie folgt:

6,66 x 2,79 % = 18,58 %

b) vom 1. September 2008 bis 28. Februar 2009 mit der Abrechnung vom Februar 2009. Diese berechnet sich wie folgt:

6,56 x 2,79 % = 18,31 %

jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäßigen Monatsentgelt (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne [X.]) bzw. der Ausbildungsvergütung des Auszahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen war bzw. ist. Dabei ist die [X.] auf die Einmalzahlung nach § 2.6 TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen vom 16. Mai 2007 in den Faktoren bereits berücksichtigt. Die Einmalzahlung ist deshalb im individuellen regelmäßigen Monatsentgelt nicht zu berücksichtigen.

...

Für die Berechnung der [X.] ist die jeweilige Prozentzahl verbindlich.

Abweichende Auszahlungszeitpunkte für diese Einmalzahlungen können betrieblich vereinbart werden. Bestehende [X.] zur [X.] und Betriebsvereinbarungen über abweichende Auszahlungszeitpunkte bleiben von diesem Tarifvertrag unberührt.

 …“

Der TV [X.] 2009 lautet auszugsweise:

§ 2

[X.]

2.1 In Betrieben, die den [X.] bis zum 28.02.2009 nicht eingeführt haben und in denen keine freiwillige Betriebsvereinbarung gem. § 4 c) 2. Absatz [X.] Anpassungsfonds oder sonstige abweichende Regelung (s. Punkt 2.2) besteht, erhalten die Beschäftigten und Auszubildenden jeweils für den [X.]raum von März bis Februar des Folgejahres [X.] als Einmalzahlung für den [X.]raum bis zum Stichtag der [X.] für

a) den [X.]raum vom 1. März bis 31. August mit der Abrechnung vom August

6,69 x 2,79 % = 18,67 %

b) den [X.]raum vom 1. September bis 28. Februar mit der Abrechnung vom Februar 6,55 x 2,79 % = 18,27 %

jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäßigen Monatsentgelt (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne [X.]) bzw. der Ausbildungsvergütung des Auszahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen war bzw. ist.

Für die Berechnung der [X.] ist die jeweilige Prozentzahl verbindlich.

Abweichende Auszahlungszeitpunkte für diese Einmalzahlungen können betrieblich vereinbart werden.

2.2 Bestehende [X.] und Betriebsvereinbarungen zur [X.] bleiben von diesem Tarifvertrag unberührt.

 …“

b) Die Voraussetzungen für die begehrten Einmalzahlungen ([X.]), die sich - je nach Streitzeitraum - jeweils aus § 2.1 TV [X.] sowie § 2.1 TV [X.] 2009 ergeben, sind im streitgegenständlichen [X.]raum von März 2008 bis August 2010 dem Grunde nach erfüllt. Die Beklagte war jedenfalls ab dem 1. März 2008 zur Anwendung der [X.] des [X.] und insbesondere des [X.] im Arbeitsverhältnis der Parteien verpflichtet. Sie ist dem nicht nachgekommen.

aa) § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] setzen eine Verpflichtung zur Einführung und Anwendung des [X.] voraus. Diese muss nicht unbedingt betriebseinheitlich bestehen. Auch in dem einzelnen normativ an diese Tarifverträge und deren Entgeltsystem gebundenen Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflichen Arbeitsbedingungen ([X.]), ua. auf ein tarifgerechtes Entgelt. Das folgt aus einer Auslegung der Entgeltbestimmungen des [X.] einschließlich der diese ergänzenden Regelungen von § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.].

(1) Voraussetzung eines Anspruchs auf Einmalzahlungen ([X.]) gemäß § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] ist ein „fruchtloser“ Ablauf der Einführungsphase des [X.], die von den Tarifvertragsparteien auf die [X.] vom 1. März 2005 bis 29. Februar 2008 festgelegt worden ist, sofern der [X.] nicht mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien verschoben worden war. Nur während dieser Einführungsphase war die [X.] in der Metallindustrie [X.] durch das grundsätzliche Nebeneinander zweier unterschiedlicher Tarif- und auch [X.] - [X.] und [X.] - gekennzeichnet. Diese Übergangszeit der fakultativen Einführung von [X.] in den tarifgebundenen Betrieben endete mit Ablauf des 29. Februar 2008 (vgl. auch [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] 424/09 - Rn. 37 und 42, [X.]E 138, 287). Ab dem 1. März 2008 gilt der [X.] verbindlich für alle Betriebe (§ 24.3 [X.]; § 2.1.3 E[X.] ([X.] zum [X.] vom 16. September 2003)). Auch die bis dahin dem bisherigen System angehörigen Betriebe fielen zu diesem [X.]punkt zwingend unter den tariflichen Geltungsbereich des [X.] (vgl. auch [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] 424/09 - Rn. 42, aaO).

(2) Ein tarifgebundener Arbeitgeber wäre zur Einführung und Anwendung des [X.] auf einzelne tarifgebundene Arbeitsverhältnisse verpflichtet, wenn er keine der tariflich vorgesehenen Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen kann.

(a) § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] setzen eine Pflicht zur Einführung des [X.] voraus (vgl. zur Einführungspflicht im Zusammenhang mit § 4 Buchst. c [X.]-APF: [X.] 16. Januar 2013 - 5 [X.] 266/12 - Rn. 17 für das Tarifgebiet [X.]; 14. November 2012 - 5 [X.] 778/11 - Rn. 11 für das [X.]; 23. Februar 2011 - 5 [X.] 143/10 - Rn. 20 für das [X.]; 17. Februar 2010 - 5 [X.] 192/09 - Rn. 14 und - 5 [X.] 191/09 - Rn. 13 für das [X.]; 14. Januar 2009 - 5 [X.] 174/08 -, - 5 [X.] 175/08 - und - 5 [X.] 380/08 - jeweils Rn. 16 für das [X.] und [X.]). Besteht keine solche Verpflichtung, fehlt es an der Grundlage für einen Anspruch auf die [X.].

(b) Entgegen der Auffassung des [X.]s scheidet eine Verpflichtung zur Einführung für einzelne Arbeitsverhältnisse nicht schon deshalb aus, weil das [X.]-Entgeltsystem nur „betriebseinheitlich“ eingeführt werden könnte oder für nur einzelne Arbeitsverhältnisse nicht durchführbar wäre.

(aa) Zwar sind einige Regelungen der [X.] auf eine betriebseinheitliche Einführung durch tarifgebundene Arbeitgeber ausgerichtet (bspw. die Regelungen zur paritätisch besetzten Einstufungs- und Reklamationskommission, §§ 7, 10 [X.]). Daraus lässt sich aber kein Zwang zu einer betriebseinheitlichen Einführung und Anwendung sämtlicher in diesen Tarifverträgen vereinbarten Regelungen - insbesondere der [X.] des Entgeltsystems - herleiten. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass es der [X.] der Tarifvertragsparteien - mit Ausnahme der Bestimmungen von § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 [X.] - nur entspricht, Regelungen für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse zu schaffen, nicht aber für tarifungebundene (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]). Von einer einheitlichen Tarifgebundenheit aller Beschäftigten der Belegschaften der tarifgebundenen Betriebe konnten die Tarifvertragsparteien nicht ausgehen. Dementsprechend konnten sie auch nicht eine umfassende [X.] für jedes einzelne Arbeitsverhältnis der tarifgebundenen Arbeitgeber für sich reklamieren, und sie haben dies auch nicht getan.

(bb) Im Hinblick auf die [X.] ist eine betriebseinheitliche Einführung des [X.] zudem nicht zwingend erforderlich, selbst wenn im [X.] betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen iSd. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 [X.] enthalten und teilweise mit den [X.] verbunden sind, deren Durchführung der einzelne - auch tarifgebundene - Arbeitnehmer nicht verlangen kann (für Letzteres ua. [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] 527/10 - Rn. 33, 39, 41). Ein Tarifvertrag kann stets neben [X.] auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen enthalten (ua. [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] 527/10 - Rn. 33; 7. Juli 2010 - 4 [X.] 549/08 - Rn. 44, [X.]E 135, 80). Selbst wenn diese durch einen tarifgebundenen Arbeitgeber nicht umgesetzt wurden, schließt dies die Anwendung der in demselben Tarifvertrag enthaltenen [X.] iSd. § 1 Abs. 1 [X.] nicht aus.

Zwar weist das Entgeltsystem des [X.] eine Reihe von betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen iSd. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 [X.] auf, bezüglich derer kein individualrechtlicher Einführungs- und Umsetzungsanspruch besteht (wie bspw. die Regelungen zur paritätisch besetzten Einstufungs- und Reklamationskommission, §§ 7, 10.3 bis 10.6 [X.]). Daneben enthält dieses Entgeltsystem aber zahlreiche [X.], bspw. zum Grundentgelt, zum Leistungsentgelt und zur Belastungszulage (§ 2 [X.]), mit denen tarifliche Rechte und Pflichten der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber iSv. § 4 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Halbs. 2 [X.] unmittelbar begründet werden. Zu den [X.] gehören neben § 9.1 [X.] zum [X.] der Beschäftigten Regelungen im [X.] zum Grundentgelt (Teil II des [X.]), insbesondere § 4 [X.] (Grundsätze der Grundentgeltermittlung), § 5 [X.] (Einstufung der Arbeitsaufgabe) und § 6 [X.] (System der Bewertung und Einstufung) sowie die gemäß §§ 6.1.2, 6.1.3 und 6.3 [X.] zugehörigen Anlagen 1 (Stufenwertzahlverfahren zur Bewertung und Einstufung von Arbeitsaufgaben) und 2 (Belastungen) und gemäß § 6.2 [X.] der Anhang mit den tariflichen Niveaubeispielen.

Diese [X.] im Entgeltsystem des [X.] können grundsätzlich auch ohne die mit dem Entgeltsystem im Zusammenhang stehenden betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen angewandt werden. Das ergibt sich aus den weiteren tariflichen Regelungen des [X.], wie bspw. dem sog. vereinfachten Einstufungsverfahren des § 8 [X.]. Danach ist eine ständige [X.] ohnehin nur für Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung vorgesehen (ab 500 Beschäftigte, in [X.] Betrieben bereits ab 300 Beschäftigte); in Betrieben, die unter diesen Beschäftigtenzahlen liegen, ist erst im Fall einer Reklamation der [X.] eine [X.] zu bilden (§§ 7, 8.3, 8.4 [X.]). In solchen Fällen obliegt die - verbindliche - Einstufung bestehender, aber noch nicht bewerteter Arbeitsaufgaben sowie die Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben dem Arbeitgeber (§ 8.2 [X.]). [X.]. kommen auch die Rechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG zur Geltung, falls ein solcher besteht.

Für den Fall, dass ein Betriebsrat nicht gebildet ist, spricht nichts im [X.] dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine Anwendung des [X.] ausschließen wollten. Auch in [X.] Betrieben ist eine - ggf. reduzierte, auf die für die Entgeltfindung wesentlichen Normen beschränkte - Anwendung des Entgeltsystems möglich und von den [X.]-Tarifvertragsparteien offensichtlich nicht ausgeschlossen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert eine auf einzelne Arbeitsverhältnisse bezogene Vergütungsfindung zudem nicht daran, dass der [X.] nur einen Entgeltrahmen schaffen wollte, das [X.]-Entgeltsystem keine abschließend bestimmten [X.]n enthält und in der Folge wegen seiner inhaltlichen Anforderungen zwangsläufig nur betriebseinheitlich anwendbar wäre (so aber [X.]/[X.]/Bissels BB 2007, 2289). Die auf die Einstufung von Arbeitsaufgaben bezogenen Methoden der Arbeitsbewertung des [X.] als Grundlage für die Ermittlung des [X.]s des Beschäftigten können nach den tarifvertraglichen Vorgaben (ua. der §§ 4, 5 und 6 [X.]) auch auf einzelne Arbeitsverhältnisse angewandt werden. Dafür stehen jedenfalls das Stufenwertzahlverfahren (§ 5.2 iVm. § 6.1 und § 6.4.1 [X.]) und die Vergleichsbewertung anhand tariflicher Niveaubeispiele (§ 5.2.2 iVm. § 6.2 und § 6.4.2 [X.] sowie dem Katalog tariflicher Niveaubeispiele im Anhang des [X.]) zur Verfügung.

([X.]) Nach allem ergibt sich aus dem System der [X.] eine Verpflichtung zur Einführung auch für einzelne tarifgebundene Arbeitsverhältnisse. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung begründet einen Anspruch der Beschäftigten auf Leistung von Einmalzahlungen ([X.]) nach § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.].

bb) Entsprechendes trifft auch auf Arbeitsverhältnisse zu, in denen die [X.] zwar nicht normativ gelten, aber aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme so Anwendung finden, als wenn eine Tarifgebundenheit vorläge (offengelassen ua. in [X.] 16. Januar 2013 - 5 [X.] 266/12 - Rn. 21). Diese Rechtsfolge herbeizuführen ist Sinn und Zweck der vertraglichen Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien.

[X.]) Dem Grunde nach sind deshalb die Voraussetzungen von § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] hier erfüllt. Wie die Auslegung der vertraglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des Arbeitsvertrags ergeben hat, ist das [X.]-Entgeltsystem im Arbeitsverhältnis der Parteien umzusetzen und hätte seit dem 1. März 2008 Anwendung finden müssen. Das Entgeltsystem des [X.] ersetzt die entsprechenden Bestimmungen der zuvor bestehenden Tarifverträge, darunter die des [X.] (§ 2.1.2 E[X.] iVm. § 24 [X.]). Da die Beklagte ihrer arbeitsvertraglich begründeten Umsetzungsverpflichtung nicht nachgekommen ist, hat der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Einmalzahlungen ([X.]) nach § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.], die die Funktion haben, die tatsächliche Auszahlung des erhöhten Tarifvolumens an die Arbeitnehmer insoweit sicherzustellen, als es aufgrund der unterbliebenen Einführung des neuen Entgeltsystems nicht tabellenwirksam geworden ist (vgl. zu § 4 Buchst. c [X.]-APF für das [X.] [X.] 23. Februar 2011 - 5 [X.] 143/10 - Rn. 22).

Die Zahlungspflicht ist auch nicht nach § 2.1 [X.] und § 2.1 [X.] entfallen, weil die Betriebsparteien eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSv. § 4 Buchst. c Abs. 2 [X.]-APF abgeschlossen haben. Eine solche ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

II. Ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe zusteht, bleibt einer weiteren instanzrichterlichen Überprüfung vorbehalten. Die Beklagte hat die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten und die Einhaltung der anzuwendenden tariflichen Ausschlussfrist ausdrücklich gerügt. Zu beiden Gesichtspunkten hat das [X.] - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    G. Kleinke    

        

    Pfeil    

                 

Meta

4 AZR 969/11

12.06.2013

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Karlsruhe, 11. Mai 2011, Az: 4 Ca 421/10, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. 4 AZR 969/11 (REWIS RS 2013, 5086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5086

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10 AZR 831/09

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