Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 5 StR 635/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4481

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Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]St : ja [X.] : ja StGB § 66b Na[X.]hträgli[X.]he Si[X.]herungsverwahrung kann au[X.]h na[X.]h [X.] Ni[X.]hteröffnung eines Hauptverfahrens, bei dessen Dur[X.]hführung Si[X.]herungsverwahrung hätte verhängt werden können, ni[X.]ht angeordnet werden (Vorrang des [X.], im [X.] an [X.]St 50, 373). [X.], Bes[X.]hluss vom 15. April 2008 [X.] 5 [X.]/07

LG Neuruppin [X.]

5 [X.]/07 [X.] vom 15. April 2008 in der Strafsa[X.]he gegen wegen na[X.]hträgli[X.]her Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungs- verwahrung - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 15. April 2008 bes[X.]hlos-sen: 1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des [X.] vom 27. September 2007 na[X.]h § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. Der Antrag auf na[X.]h-trägli[X.]he Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]he-rungsverwahrung wird zurü[X.]kgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens eins[X.]hließli[X.]h des [X.] des [X.] fallen der St[X.]tskasse zur Last. 3. Der Verurteilte ist für die in der [X.] vom 22. Juni 2007 bis zum 15. April 2008 vollzogene einstweilige Unterbrin-gung na[X.]h § 275a Abs. 5 StPO zu ents[X.]hädigen. 4. Der Unterbringungsbefehl des [X.] vom 1. Juni 2007 wird aufgehoben. Der Verurteilte ist in dieser Sa[X.]he sofort auf freien Fuß zu setzen.
G r ü n d e
Das [X.] hat die na[X.]hträgli[X.]he Unterbringung des Verurteilten in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 2 StGB angeordnet. Hier-gegen ri[X.]htet si[X.]h die Revision des Verurteilten, mit der er die Verletzung materiellen Re[X.]hts beanstandet. Das Re[X.]htsmittel führt zur Aufhebung der Ents[X.]heidung und zur Zurü[X.]kweisung des Antrags der St[X.]tsanwalts[X.]haft. 1 - 3 - 1. Das [X.] hat festgestellt: 2 a) Der 1958 geborene Verurteilte ist s[X.]hon mehrfa[X.]h wegen Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bestraft worden. Bereits im Alter von 17 Jahren wurde er 1976 wegen Nötigung und sexuellen Missbrau[X.]hs von Kindern zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, die er vollständig verbüßte. Am 26. Juni 1978 wurde er wegen einer vier Monate na[X.]h seiner Haftentlassung begangenen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt, die er bis Ende Februar 1980 ver-büßte. Im Oktober 1980 beging er erneut eine Vergewaltigung; unter ande-rem wegen dieser Tat wurde er am 23. Dezember 1980 wegen Vergewalti-gung in einem s[X.]hweren Fall und wegen Hehlerei zu einer Einheitsfreiheits-strafe von drei Jahren und se[X.]hs Monaten verurteilt. Diese Strafe verbüßte er bis Anfang April 1984. Dur[X.]h Urteil vom 22. August 1985 wurde er wegen Vergewaltigung in einem s[X.]hweren Fall [X.] die Tat hatte er am 9. Juli 1985 begangen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von se[X.]hs Jahren verurteilt. Am 9. [X.] 1990 wurde er aus der Strafhaft entlassen. Die verbleibende [X.] wurde na[X.]h Ablauf der Bewährungszeit erlassen. 3 Am 31. Mai 1998 [X.] mithin knapp a[X.]ht Jahre na[X.]h seiner letzten [X.] aus der Strafhaft [X.] vergewaltigte er erneut eine Frau. Deswegen wurde er dur[X.]h das [X.] Neuruppin am 22. Januar 1999 wegen Ver-gewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. 4 b) Erst kurz na[X.]h dieser letzten Verurteilung wurde der [X.] verdä[X.]htigt, am 14. Juni 1995 eine weitere Straftat, nämli[X.]h einen se-xuellen Missbrau[X.]h von Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung began-gen zu haben. Deswegen wurde ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingelei-tet, das am 13. Dezember 2000 na[X.]h § 154 Abs. 1 StPO im Hinbli[X.]k auf die dur[X.]h das Urteil vom 22. Januar 1999 verhängte Freiheitsstrafe von neun Jahren eingestellt wurde. Mit Verfügung vom 12. Mai 2006 nahm die [X.] die Ermittlungen wieder auf und erhob am 2. September 2006 5 - 4 - Anklage. Mit Bes[X.]hluss vom 6. November 2006 lehnte das [X.] Frankfurt (Oder) die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, da die überlange Verfahrensdauer ein Verfahrenshindernis begründe. Die St[X.]tsanwalts[X.]haft legte hiergegen kein Re[X.]htsmittel ein, der Bes[X.]hluss erwu[X.]hs in Re[X.]htskraft. [X.]) Bis zum 21. Juni 2007 verbüßte der Verurteilte die Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 22. Januar 1999 vollständig. Seit dem 22. Juni 2007 be-findet er si[X.]h aufgrund des Bes[X.]hlusses des [X.] vom 1. Juni 2007 im Vollzug der einstweiligen Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO. 6 2. Das [X.] ist sa[X.]hverständig beraten zu der Überzeugung gelangt, dass der Verurteilte aufgrund eines Hanges zu erhebli[X.]hen Strafta-ten mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit erneut Straftaten der in § 66b Abs. 2 StGB vorausgesetzten Art begehen werde. Seine Gefährli[X.]hkeit für die [X.] ergebe si[X.]h aus Tatsa[X.]hen, die erst während des Strafvollzugs erkenn-bar geworden seien. Die Voraussetzungen na[X.]h § 66b Abs. 2 StGB für die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung lägen damit vor. Der Vorrang des Erkenntnisverfahrens stehe dem ni[X.]ht entgegen. Bei der [X.] dur[X.]h das [X.] Neuruppin vom 22. Januar 1999 sei die primäre Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung aus re[X.]htli[X.]hen Gründen ni[X.]ht mögli[X.]h gewesen, da hinsi[X.]htli[X.]h der früheren Ta-ten na[X.]h den damaligen Erkenntnissen die sogenannte Rü[X.]kfallverjährung gemäß § 66 Abs. 4 Sätze 3 und 4 StGB eingetreten gewesen sei. 7 Als neue Tatsa[X.]hen im Sinne des § 66b Abs. 1 StGB hat das Landge-ri[X.]ht gewertet, dass der Verurteilte die Tat vom 14. Juni 1995 begangen ha-be, was bei seiner Verurteilung am 22. Januar 1999 no[X.]h unbekannt gewe-sen sei. Erst dur[X.]h diese Straftat [X.] die die ansonsten gegebene Rü[X.]kfallver-jährung unterbro[X.]hen habe [X.] seien die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB erfüllt. Dass wegen dieser Tat keine Verurteilung erfolgt sei, sei uns[X.]hädli[X.]h. Das [X.] Frankfurt (Oder) habe zwar hinsi[X.]htli[X.]h dieser 8 - 5 - Tat die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen überlanger Verfahrensdauer re[X.]htskräftig abgelehnt, hierin liege aber keine im Hinbli[X.]k auf die unterblie-bene Si[X.]herungsverwahrung re[X.]htsfehlerhafte Sa[X.]hents[X.]heidung, weswegen der Vorrang des Erkenntnisverfahrens der Anwendung des § 66b StGB ni[X.]ht entgegenstehe. 3. Dies hält re[X.]htli[X.]her Überprüfung ni[X.]ht stand. Zwar hat si[X.]h das [X.] re[X.]htsfehlerfrei von der Täters[X.]haft des Verurteilten bei der Tat am 14. Juni 1995 überzeugt. Au[X.]h soweit es einen Hang des Verurteilten zur Begehung s[X.]hwerer Straftaten und seine Gefährli[X.]hkeit für die Allgemeinheit feststellt, weist das angefo[X.]htene Urteil keinen Re[X.]htsfehler auf, was au[X.]h die Revision ni[X.]ht verkennt. Die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung kann aber keinen Bestand haben, weil das [X.] [X.] ersi[X.]htli[X.]h in dem Bemühen, die Allgemeinheit vor einem ge-fährli[X.]hen Straftäter zu s[X.]hützen [X.] die [X.] unzutref-fend als neue Tatsa[X.]he gewertet hat. 9 10 Diese Straftat kann s[X.]hon deswegen ni[X.]ht als neu im Sinne des § 66b StGB gelten, da gegen den Verurteilten aufgrund dieser Tat die primäre Ver-hängung von Si[X.]herungsverwahrung hätte erfolgen können. Dass dies aus re[X.]htsfehlerhaften Erwägungen in dem wegen dieser Tat eingeleiteten, aber re[X.]htskräftig abges[X.]hlossenen Verfahren unterblieben ist, kann ni[X.]ht dur[X.]h die [X.] faktis[X.]h in die Re[X.]htskraft der Ni[X.]hteröffnungsents[X.]heidung eingreifen-de [X.] na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung geheilt werden. a) Die Mögli[X.]hkeiten primärer Anordnung von Si[X.]herungsverwahrung gemäß §§ 66, 66a StGB müssen gegenüber der na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung strikt vorrangig bleiben ([X.]St 50, 373, 380; [X.], StGB 55. Aufl. § 66b Rdn. 18, 19 m.w.N.). Lagen die Voraussetzungen zur Anordnung der Si[X.]he-rungsverwahrung zu einem früheren [X.]punkt vor, ist aber aufgrund einer re[X.]htskräftigen Ents[X.]heidung hiervon abgesehen worden, hindert der [X.] die Anordnung der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]he-11 - 6 - rungsverwahrung. Dieser Vorrang gilt unabhängig davon, ob der in der Ni[X.]htanordnung der Si[X.]herungsverwahrung liegende Re[X.]htsfehler bei der [X.] oder [X.] wie hier [X.] erst in dem Verfahren wegen der Straf-tat, wel[X.]he jetzt die neue Tatsa[X.]he im Sinne des § 66b StGB bilden soll, [X.] ist (vgl. [X.]St 50, 373, 380). Denn das Verfahren na[X.]h § 66b StGB dient ni[X.]ht der Korrektur fehlerhafter, aber re[X.]htskräftiger früherer Ents[X.]hei-dungen ([X.] [X.] Kammer [X.] NJW 2006, 3483, 3484; [X.] NStZ-RR 2007, 370, 371; [X.], Bes[X.]hluss vom 19. Oktober 2007 [X.] 3 [X.]). Eine sol[X.]he na[X.]hträgli[X.]he Korrektur re[X.]htskräftiger Ents[X.]heidungen auf unveränderter Tatsa[X.]henbasis ist mit dem Gebot der Re[X.]htssi[X.]herheit als tragendem Prinzip der Re[X.]htsst[X.]tli[X.]hkeit (vgl. hierzu [X.]E 2, 380, 403; 25, 269, 290; S[X.]hnapp in von Mün[X.]h/[X.], [X.] 5. Aufl. Art. 20 Rdn. 30) ni[X.]ht vereinbar. Denn die dur[X.]h die Notwendigkeit der Re[X.]htssi[X.]herheit und des Vertrauenss[X.]hutzes legitimierte Re[X.]htskraft (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.]. Einl. Abs[X.]hn. [X.]. 79) der ab-lehnenden Ents[X.]heidung bewirkt, dass das Geri[X.]ht grundsätzli[X.]h gehindert ist, denselben Streitstoff zwis[X.]hen den dur[X.]h die Re[X.]htskraft Gebundenen no[X.]hmals sa[X.]hli[X.]h zu prüfen ([X.]E 1, 89, 90). Individuals[X.]hützender Aus-fluss dessen ist, dass dur[X.]h die re[X.]hts- und bestandskräftige Ents[X.]heidung über die Ni[X.]htanordnung der Si[X.]herungsverwahrung in einem konkreten Strafverfahren ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden ist ([X.]St 50, 373, 380). Dieses bere[X.]htigte Vertrauen darf jedenfalls im Hinbli[X.]k auf das allge-meine Vertrauenss[X.]hutzgebot aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG bei unveränderter Tatsa[X.]hengrundlage ohne ausdrü[X.]kli[X.]he gesetzli[X.]he Ermä[X.]h-tigung ni[X.]ht dur[X.]h na[X.]hträgli[X.]he Korrektur ers[X.]hüttert werden. 12 Der Gesetzgeber wollte [X.] jedenfalls jenseits des neu eingefügten und am 18. April 2007 in [X.] getretenen § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB [X.] mit der Ein-führung der na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung keine Re[X.]htskraftdur[X.]hbre[X.]hung bei unveränderter Tatsa[X.]hengrundlage ermögli-[X.]hen. Er wollte vielmehr die Mögli[X.]hkeit s[X.]haffen, sol[X.]he Tatsa[X.]hen in die 13 - 7 - Gefährli[X.]hkeitsprognose einzubeziehen, die —erst zu diesem späten [X.]punkt berü[X.]ksi[X.]htigt werden konntenfi, hingegen soll diese Maßregel ni[X.]ht darauf abzielen, —die Frage einer späteren Unterbringung länger als bisher offen zu haltenfi (vgl. BT-Dru[X.]ks 15/2887 S. 12). Dies belegt die Subsidiarität der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung [X.] die faktis[X.]h wie eine Wiederauf-nahme zu Lasten des Verurteilten wirkt ([X.]St 50, 373, 380 im [X.] an Ullenbru[X.]h in MüKo-StGB 2003 § 66b Rdn. 41) [X.] gegenüber der primären Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung. Ob der Vorrang des Erkenntnisverfahrens die Anwendung des § 66b StGB au[X.]h hindert, wenn wegen der neuen Tat ein Erkenntnisverfahren ni[X.]ht re[X.]htskräftig abges[X.]hlossen ist, liegt zwar nahe, brau[X.]ht der Senat jedo[X.]h ni[X.]ht zu ents[X.]heiden. 14 15 b) Der Grundsatz der Subsidiarität des Verfahrens zur Anordnung der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung steht vorliegend der Verwertung der [X.] als neue Tatsa[X.]he im Sinne des § 66b StGB entge-gen. Denn aufgrund dieser Tat wäre die primäre Anordnung der Si[X.]herungs-verwahrung na[X.]h § 66 StGB mögli[X.]h gewesen, wie das [X.] im Er-gebnis zutreffend ausführt. [X.]) Dass die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB in Be-tra[X.]ht kamen, liegt ungea[X.]htet der 1980 verhängten [X.], mit der au[X.]h eine Hehlerei als Ni[X.]htkatalogtat geahndet wurde, auf der Hand (vgl. zum Wegfall der zeitli[X.]hen Bes[X.]hränkungen bei [X.] im Beitrittsgebiet [X.]St 50, 373, 377). Jedenfalls die Voraussetzungen für die Mögli[X.]hkeit der Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB im Bli[X.]k auf die 1985 erfolgte Verurteilung mit ans[X.]hließender fünfjähriger Straf-vollstre[X.]kung [X.] im Übrigen au[X.]h die des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB im Kontext mit der [X.] [X.] lagen zum [X.]punkt der in Re[X.]htskraft (§§ 210, 211 StPO) erwa[X.]hsenen Ni[X.]hteröffnungsents[X.]heidung dur[X.]h das Landge-ri[X.]ht Frankfurt (Oder) vor. 16 - 8 - [X.]) Die materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 StGB drängten si[X.]h aus den glei[X.]hen Erwägungen auf, die jetzt das [X.] re[X.]htsfeh-lerfrei zur materiellen Grundlage der Anordnung des § 66b StGB gema[X.]ht hat. Die Beurteilungsgrundlage hinsi[X.]htli[X.]h des Hangs und der darauf basie-renden Gefährli[X.]hkeit des Verurteilten ist unverändert geblieben. 17 Die dana[X.]h mögli[X.]he Anordnung der primären Si[X.]herungsverwahrung ist aber ni[X.]ht erfolgt. Vielmehr ist das wegen dieser Tat eingeleitete Verfah-ren na[X.]h der von der St[X.]tsanwalts[X.]haft ni[X.]ht beanstandeten, auf die An-nahme eines dauerhaften Verfahrenshindernisses gestützten Ni[X.]hteröff-nungsents[X.]heidung des [X.]s Frankfurt (Oder) re[X.]htskräftig abge-s[X.]hlossen worden. 18 19 [X.]) Der Vorrang des Erkenntnisverfahrens gilt au[X.]h, wenn über die Ni[X.]htanordnung der primären Si[X.]herungsverwahrung ni[X.]ht dur[X.]h ein Sa[X.]hur-teil, sondern [X.] wie hier [X.] dur[X.]h eine wirksame Prozessents[X.]heidung in Form der Ni[X.]hteröffnung des Hauptverfahrens aus re[X.]htli[X.]hen Gründen gemäß § 204 StPO ents[X.]hieden worden ist. Zwar entfaltet ein die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnender Be-s[X.]hluss gegenüber einem Sa[X.]hurteil nur eine bes[X.]hränkte Re[X.]htskraft ([X.]St 7, 65; [X.], Strafverfahrensre[X.]ht 25. Aufl. § 50 [X.] b.; vgl. hierzu au[X.]h [X.] in Löwe/[X.], [X.] Aufl. § 211 Rdn. 2 m.w.N.). Die [X.] weitrei[X.]hende Re[X.]htskraft fällt aber nur bei einer Änderung der Tatsa-[X.]hengrundlage ins Gewi[X.]ht. So gestattet die Vors[X.]hrift des § 211 StPO als Konsequenz der Prüfung allein na[X.]h Aktenlage eine Wiederaufnahme zuun-gunsten des Bes[X.]huldigten bei einer na[X.]hträgli[X.]hen Veränderung der tat-sä[X.]hli[X.]hen Grundlagen (vgl. [X.]St 18, 225, 226; [X.] in [X.]. § 211 Rdn. 1). Eine Korrektur von Subsumtionsfehlern oder Irrtümern wird damit aber ni[X.]ht zugelassen ([X.], [X.]. § 211 20 - 9 - Rdn. 3; [X.] [X.]O Rdn. 1). Insoweit steht die Re[X.]htskraftwirkung des Ni[X.]ht-eröffnungsbes[X.]hlusses gemäß § 211 StPO einem Urteil glei[X.]h. Im vorliegenden Fall hat das [X.] Frankfurt (Oder) bei der [X.] und der Annahme einer die Eröffnung hindernden überlangen Verfahrensdauer in seine Abwägung die Mögli[X.]hkeit der primären Anordnung von Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h § 66 StGB ni[X.]ht mit einbezogen. Darin liegt eine mangelhafte re[X.]htli[X.]he Bewertung, die ni[X.]ht na[X.]hträgli[X.]h [X.] wie etwa bei neuen Tatsa[X.]hen, die dem angenommenen Pro-zesshindernis den Boden entziehen oder es beseitigen [X.] korrigiert werden kann. Zwar ers[X.]heint die Annahme eines Verfahrenshindernisses aufgrund überlanger Verfahrensdauer im vorliegenden Fall kaum na[X.]hvollziehbar, [X.] re[X.]htsfehlerhaften Erwägungen hindern aber den Eintritt der Re[X.]htskraft und die daran geknüpften Folgen hinsi[X.]htli[X.]h Re[X.]htssi[X.]herheit und Vertrau-enss[X.]hutz ni[X.]ht. 21 22 d) Der Senat s[X.]hließt angesi[X.]hts der sorgfältigen Darlegungen im an-gefo[X.]htenen Urteil aus, dass si[X.]h aufgrund einer weiteren Verhandlung no[X.]h Umstände ergeben könnten, die als neue Tatsa[X.]hen die Verhängung der Maßregel re[X.]htfertigen könnten. Er ents[X.]heidet daher selbst, dass die [X.] entfällt, und hebt glei[X.]hzeitig den Unterbringungsbefehl auf (§ 275a Abs. 5, § 126a Abs. 3, § 126 Abs. 3 StPO). 4. Der Verurteilte ist für die einstweilige Unterbringung zu ents[X.]hädi-gen. Es handelt si[X.]h um eine Strafverfolgungsmaßnahme na[X.]h § 2 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ([X.], Bes[X.]hluss vom 11. März 2008 [X.] 3 [X.] m.w.N.). Der Senat ist na[X.]h § 8 [X.] für den Ausspru[X.]h über die Verpfli[X.]htung zur Ents[X.]hädigung zuständig, weil er eine verfahrensabs[X.]hließende Ents[X.]hei-dung getroffen hat. Weitere, vom Tatri[X.]hter zu treffende Feststellungen sind 23 - 10 - ni[X.]ht mehr erforderli[X.]h. Umstände, die zum Auss[X.]hluss oder zur Versagung der Ents[X.]hädigung Anlass geben könnten, liegen ni[X.]ht vor. Dem [X.] obliegen die Ents[X.]heidungen im Zusammenhang mit der [X.] eintretenden Führungsaufsi[X.]ht (§ 68f StGB). 24 [X.] [X.] Jäger

Meta

5 StR 635/07

15.04.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2008, Az. 5 StR 635/07 (REWIS RS 2008, 4481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4481

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