Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 14/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9528

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

URHEBER- UND MEDIENRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) ÄRZTE MUSIKINDUSTRIE GEMA

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Urheberrechtsschutz für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller: Vergütungsansprüche wegen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Zahnarztpraxen - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen


Leitsatz

Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen

Die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Zahnarztpraxen ist im Allgemeinen nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG anzusehen. Sie greift daher in der Regel nicht in das ausschließliche Recht der Urheber von Musikwerken oder Sprachwerken ein, Funksendungen ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 5 Fall 1, § 22 Satz 1 Fall 1 UrhG) und begründet auch keinen Anspruch der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung, soweit damit Sendungen ihrer Darbietungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 UrhG).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 23. Zivilkammer des [X.] vom 8. Januar 2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben, soweit hinsichtlich des [X.] aus einem Betrag von 51,93 € für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des [X.] vom 4. April 2013 auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 aus einem Betrag von 51,93 € weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die [X.] ([X.]). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten Rechte zur Nutzung von Werken der Tonkunst (mit oder ohne Text) wahr. Sie ist von der Verwertungsgesellschaft Wort ([X.]) und der [X.] ([X.]) ermächtigt, die von diesen wahrgenommenen Rechte und Ansprüche der Urheber von Sprachwerken ([X.]) sowie der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller ([X.]) im eigenen Namen und für eigene Rechnung geltend zu machen. Der Beklagte ist Zahnarzt und betreibt eine zahnärztliche Praxis. In deren Wartebereich werden [X.] als Hintergrundmusik übertragen.

2

Die Parteien schlossen am 6. August 2003 einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag, mit dem die Klägerin dem Beklagten das Recht zur Nutzung an Werken ihres Repertoires sowie des Repertoires der [X.] und der [X.] zur Wiedergabe von [X.] in seiner Praxis gegen Zahlung einer Vergütung einräumte. Der Vertrag war für die [X.] vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2004 geschlossen und verlängerte sich mangels Kündigung jeweils um ein weiteres Jahr. Die für den [X.]raum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Mai 2013 geschuldete und am 1. Juni 2012 im Voraus fällige Vergütung betrug 113,57 €. Davon entfielen netto 72,70 € auf die Klägerin, 14,54 € (20% der [X.]-Vergütung) auf die [X.] und 18,90 € (26% der [X.]-Vergütung) auf die [X.] zuzüglich 7% Umsatzsteuer.

3

Nachdem die Klägerin den Beklagten mehrmals vergeblich zur Zahlung der für den [X.]raum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Mai 2013 geschuldeten Vergütung aufgefordert hatte, hat sie ihn mit der vorliegenden Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - auf Zahlung von 113,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2012 in Anspruch genommen.

4

Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 6. Dezember 2012, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Dezember 2012 zugestellt wurde, die fristlose Kündigung des Lizenzvertrags erklärt. Diese hat er damit begründet, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 ([X.]/10, [X.], 593 = [X.], 689 - SCF/Del Corso) keine öffentliche Wiedergabe darstelle.

5

Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 61,64 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen ([X.], [X.], 458). Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Urteil vom 8. Januar 2014 - 23 S 144/13, juris). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 51,93 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe

6

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen den Beklagten nach dem Lizenzvertrag lediglich ein Zahlungsanspruch in Höhe einer anteiligen Vergütung für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. Dezember 2012 von 61,64 € zu. Dazu hat es ausgeführt:

7

Das Vertragsverhältnis der [X.]en sei durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 6. Dezember 2012 mit Wirkung zum 17. Dezember 2012 beendet worden. Der Beklagte sei zur fristlosen Kündigung des Lizenzvertrags vom 6. August 2003 berechtigt gewesen, weil dessen Geschäftsgrundlage mit dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 in der Sache „[X.]“ entfallen sei. Die [X.]en hätten den Lizenzvertrag in der Annahme geschlossen, dass es sich bei der Wiedergabe von [X.] im Wartebereich einer Zahnarztpraxis um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Abs. 3 [X.] handele. Diese Geschäftsgrundlage sei durch das Urteil des Gerichtshofs der [X.] entfallen. Dem Urteil sei zu entnehmen, dass eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und damit auch im Sinne von § 15 Abs. 3 [X.] voraussetze, dass die Wiedergabe Erwerbszwecken diene. Ferner ergebe sich aus dem Urteil, dass ein solcher Erwerbszweck bei einer Wiedergabe von [X.] im Wartebereich einer Zahnarztpraxis zu verneinen sei.

8

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat nur hinsichtlich eines Teils des [X.] Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin gegen den Beklagten nach dem von den [X.]en geschlossenen Lizenzvertrag kein Anspruch auf Zahlung der auf den Zeitraum vom 17. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 entfallenden Vergütung in Höhe von 51,93 € zusteht (dazu [X.]). Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus diesem Betrag ist allerdings für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 begründet (dazu [X.]I).

9

I. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin gegen den Beklagten nach dem von den [X.]en geschlossenen Lizenzvertrag kein Anspruch auf Zahlung der auf den Zeitraum vom 17. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 entfallenden Vergütung in Höhe von 51,93 € zusteht, weil der Lizenzvertrag durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 6. Dezember 2012 mit Wirkung zum 17. Dezember 2012 beendet worden ist.

1. Die Klägerin konnte vom Beklagten nach dem Lizenzvertrag vom 6. August 2003 die Zahlung der für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Mai 2013 geschuldeten und am 1. Juni 2012 im Voraus fälligen Vergütung für die Wiedergabe von [X.] in seiner zahnärztlichen Praxis in Höhe von 113,57 € beanspruchen. Das Berufungsgericht hat aber mit Recht angenommen, dass der Lizenzvertrag mit Zugang der vom Beklagten mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 6. Dezember 2012 erklärten fristlosen Kündigung beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Dezember 2012 beendet worden ist. Der Beklagte war gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB zur fristlosen Kündigung des Lizenzvertrags berechtigt, weil dessen Geschäftsgrundlage mit dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 entfallen und dem Beklagten eine Fortsetzung des Vertrags bis zum Ende der Vertragslaufzeit nicht zumutbar war. Die Klägerin kann vom Beklagten daher nicht mehr die Zahlung der auf den Zeitraum vom 17. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 entfallenden Vergütung in Höhe von 51,93 € nebst Zinsen verlangen.

2. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die [X.]en den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Einer Veränderung der Umstände steht es nach § 313 Abs. 2 BGB gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung.

3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB eine Anpassung eines Vertrags rechtfertigen kann, wenn der Geschäftswille der [X.]en - wie regelmäßig - auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war. Die Frage, ob und inwieweit gegebenenfalls eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB möglich und zumutbar ist oder der benachteiligte Teil eines Dauerschuldverhältnisses nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung hat, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider [X.]en zu entscheiden. Es genügt nicht, dass ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine [X.] unzumutbar erscheint; vielmehr muss das Abgehen vom Vereinbarten der anderen [X.] auch zumutbar sein (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 2009 - [X.], [X.], 440 [X.]).

4. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Beklagte den Lizenzvertrag nach diesen Maßstäben fristlos kündigen konnte.

a) Beim Abschluss des Lizenzvertrags am 6. August 2003 entsprach es gefestigter Rechtsprechung, dass die Lautsprecherübertragung von [X.] in Wartezimmern von Arztpraxen eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 [X.] darstellt, die zum einen in das ausschließliche Recht der Urheber von Musikwerken oder Sprachwerken eingreift, [X.] ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen, und zum anderen einen Anspruch der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung begründet, soweit damit Sendungen ihrer Darbietungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden.

aa) Die Wiedergabe ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 [X.] öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört nach § 15 Abs. 3 Satz 2 [X.] jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] können bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 [X.] bilden ([X.], Urteil vom 22. April 2009 - [X.], [X.], 845 Rn. 35 = [X.], 1001 - [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 11. Juli 1996 - [X.], [X.], 875, 876 - Zweibettzimmer im Krankenhaus). Ob eine Verbundenheit durch persönliche Beziehungen im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 2 [X.] besteht, ist im Wesentlichen Tatfrage ([X.], Urteil vom 24. Juni 1955 - [X.], [X.]Z 17, 376, 380 - Betriebsfeiern; Urteil vom 7. Oktober 1960 - [X.], [X.], 97, 99 - Sportheim; vgl. auch [X.], Urteil vom 12. Juli 1974 - [X.], [X.], 33, 34 - [X.]; Urteil vom 17. März 1983 - [X.], GRUR 1983, 562, 563 - Zoll- und Finanzschulen, insoweit nicht in [X.]Z 87, 126 abgedruckt; Urteil vom 7. Juni 1984 - [X.], [X.], 734, 735 - Vollzugsanstalten).

cc) Nach diesen Maßstäben haben die Instanzgerichte die Lautsprecherübertragung von [X.] als Hintergrundmusik in Arztpraxen als öffentliche Wiedergabe eingestuft, weil eine solche Übertragung für mehrere Personen bestimmt sei und die Patienten weder mit dem Arzt noch miteinander persönlich verbunden seien (vgl. [X.], NJW-RR 1999, 551, 552; [X.], NJW-RR 1995, 1325; [X.], 384; [X.], NJW-RR 1996, 683; Wolf, GRUR 1997, 511 ff. [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 180).

[X.]) Handelt es sich bei der Lautsprecherübertragung von [X.] als Hintergrundmusik in Arztpraxen um eine öffentliche Wiedergabe, so greift diese zum einen in das ausschließliche Recht der Urheber von Musikwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 [X.]) oder Sprachwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.]) ein, [X.] ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 5 Fall 1, § 22 Satz 1 Fall 1 [X.]). Eine solche Wiedergabe begründet zum anderen einen Anspruch der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung, soweit damit Sendungen ihrer Darbietungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 [X.]). Wird zur öffentlichen Wiedergabe der Darbietung ein erschienener oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonträger benutzt, auf den die Darbietung der ausübenden Künstler aufgenommen ist, so hat darüber hinaus der Hersteller des Tonträgers gegen die ausübenden Künstler einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung, die diese nach § 78 Abs. 2 [X.] erhalten (§ 86 [X.]).

b) Mit dem Lizenzvertrag vom 6. August 2003 hat die Klägerin dem Beklagten die nach dieser Rechtsprechung zur Nutzung der betroffenen Werke erforderlichen Rechte eingeräumt. Zugleich haben die [X.]en die vom Beklagten für die Einräumung dieser Nutzungsrechte und die Wiedergabe der Darbietungen geschuldete Vergütung vereinbart. Dabei sind sie ersichtlich davon ausgegangen, dass die Übertragung von [X.] als Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen auch in Zukunft als öffentliche Wiedergabe anzusehen ist, die entsprechende Vergütungsansprüche begründet.

c) Diese zum Zeitpunkt des Abschlusses und während der Laufzeit des Lizenzvertrags bestehende Rechtslage hat sich durch das Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 in der Sache „[X.]“ geändert. Im Blick auf diese Entscheidung kann die Wiedergabe von [X.] in Wartezimmern von Zahnarztpraxen im Allgemeinen nicht mehr als öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 [X.] angesehen werden.

aa) Die hier in Rede stehenden Rechte der Urheber und Ansprüche der ausübenden Künstler wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Darbietungen beruhen auf Richtlinien der [X.]. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] auszulegen.

(1) Das ausschließliche Recht der Urheber zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke (§ 15 Abs. 2 Satz 1 [X.]) einschließlich ihres Rechts, [X.] ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 Fall 1, § 22 Satz 1 Fall 1 [X.]), hat seine unionsrechtliche Grundlage in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.]s und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Danach sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.

Die Revision rügt ohne Erfolg, das Recht zur Wiedergabe von [X.] nach § 22 [X.] falle nicht in den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] erfasse lediglich Übermittlungsvorgänge auf Distanz. § 22 [X.] regele dagegen eine unmittelbare Wahrnehmung.

Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] umfasst allerdings nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt (vgl. Erwägungsgrund 23 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/[X.]). Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlichkeit, die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet, die dieses Werk aufführt oder darbietet ([X.], Urteil vom 4. Oktober 2011 - [X.]/08 und [X.]/08, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 156 Rn. 200 bis 202 = [X.], 434 - Football Association Premier League und [X.]; Urteil vom 24. November 2011 - [X.]/10, [X.]. 2011, [X.] = [X.]. 2012, 150 Rn. 35 und 36 - UCMR-ADA/[X.]). Bei der hier in Rede stehenden Wiedergabe von [X.] über Lautsprecher besteht jedoch kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit. Sie fällt daher in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.].

§ 22 Satz 1 [X.] setzt gleichfalls keinen solchen unmittelbaren körperlichen Kontakt voraus. Ein Wahrnehmbarmachen im Sinne von § 22 Satz 1 [X.] erfordert zwar eine unmittelbare Wiedergabe des Werkes für die menschlichen Sinne (vgl. v. Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim, [X.], 4. Aufl., § 22 [X.] Rn. 10; vgl. auch [X.], [X.], 875, 876 - Zweibettzimmer im Krankenhaus). Dazu bedarf es aber keines unmittelbaren körperlichen Kontakts zwischen den das Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit.

(2) Der Anspruch der ausübenden Künstler auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für das öffentliche Wahrnehmbarmachen einer Sendung ihrer Darbietungen (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 [X.]), dient - ebenso wie der entsprechende Beteiligungsanspruch der Tonträgerhersteller (§ 86 [X.]) - der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem [X.] verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (kodifizierte Fassung). Danach sehen die Mitgliedstaaten ein Recht vor, das bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentlichten Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks eines solchen Tonträgers für eine öffentliche Wiedergabe die Zahlung einer einzigen angemessenen Vergütung durch den Nutzer und die Aufteilung dieser Vergütung auf die ausübenden Künstler und die Tonträgerhersteller gewährleistet.

Die öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] umfasst nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Nutzung des Tonträgers für eine öffentliche Wiedergabe und damit den hier in Betracht kommenden Fall, dass die Sendung der auf einem Tonträger aufgezeichneten Darbietung eines ausübenden Künstlers über Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar gemacht wird (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2010, Rn. 6.8.17 und 6.8.18).

bb) Die hier in Rede stehende Wiedergabe von [X.] als Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen erfüllt nicht die Voraussetzungen, die nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 in der Sache „[X.]“ an eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] zu stellen sind.

(1) Der Gerichtshof der [X.] hat in diesem Urteil ausgeführt, die Frage, ob ein Sachverhalt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] (jetzt Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/[X.]) darstelle, erfordere eine individuelle Beurteilung, bei der die drei (nachfolgend aufgeführten) unselbständigen und miteinander verflochtenen Kriterien, die der Gerichtshof in dem etwas anders gelagerten Kontext von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] aufgestellt habe, einzeln und in ihrem Zusammenwirken miteinander zu berücksichtigen seien, da sie - je nach Einzelfall - in sehr unterschiedlichem Maße vorliegen könnten (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 78 bis 81 - [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 15. März 2012 - [X.]/10, [X.], 597 Rn. 29 und 30 - [X.]/[X.]; vgl. weiter [X.], Beschluss vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 818 Rn. 15 bis 19 = [X.], 1047 - Die Realität).

Erstens setze eine „Wiedergabe“ voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig werde, um [X.] einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 82 - [X.]; [X.], 597 Rn. 31 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 - [X.]/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 225 Rn. 42 und 43 - [X.]/[X.]; [X.], [X.], 156 Rn. 195 - Football Association Premier League und [X.]; [X.], Urteil vom 13. Februar 2014 - [X.]/12, [X.], 360 Rn. 17 und 19 - [X.]/[X.]; Urteil vom 27. Februar 2014 - [X.]/12, [X.], 473 Rn. 25 und 26 = [X.], 418 - [X.]/Léčebné lázně; Urteil vom 27. März 2014 - [X.], [X.], 468 Rn. 39 = [X.], 540 - [X.]Constantin Film und Wega).

Zweitens sei der Begriff „Öffentlichkeit“ nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 84 - [X.]; [X.], 597 Rn. 33 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 7. März 2013 - [X.]/11, [X.], 500 Rn. 32 - [X.]/[X.]; [X.], [X.], 360 Rn. 21 - [X.]/[X.]; [X.], 473 Rn. 27 - [X.]/Léčebné lázně). Hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums sei die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergebe. Dabei komme es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk hätten ([X.], [X.], 593 Rn. 87 - [X.]; [X.], 597 Rn. 35 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], [X.], 225 Rn. 38 - [X.]/[X.]; [X.], 500 Rn. 33 - [X.]/[X.]; [X.], 473 Rn. 28 - [X.]/Léčebné lázně).

[X.]s sei es nicht unerheblich, ob die betreffende Nutzungshandlung Erwerbszwecken diene (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 88 - [X.]; [X.], 597 Rn. 36 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], [X.], 225 Rn. 44 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 13. Oktober 2011 - [X.]/09 und [X.]/09, [X.]. 2011, [X.] = [X.]. 2011, 1058 Rn. 80 - Airfield und [X.]; [X.], [X.], 156 Rn. 204 - Football Association Premier League und [X.]). Das setze voraus, dass sich der Nutzer gezielt an das Publikum wende, für das die Wiedergabe vorgenommen werde, und dieses für die Wiedergabe aufnahmebereit sei und nicht nur zufällig erreicht werde (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 91 - [X.]; [X.], 597 Rn. 37 - [X.]/[X.]).

(2) Der Gerichtshof der [X.] hat angenommen, nach diesen Kriterien nehme ein Zahnarzt, der - wie der im Ausgangsverfahren des [X.] in Rede stehende - kostenlos Tonträger in seiner Praxis für seine Patienten als Hintergrundmusik wiedergebe, keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] vor (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 92 bis 100 - [X.]). Dazu hat er ausgeführt:

Ein solcher Zahnarzt gebe die Tonträger zwar absichtlich wieder, um seinen Patienten deren Genuss zu verschaffen (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 94 - [X.]).

Die Patienten eines Zahnarztes bildeten jedoch üblicherweise eine bestimmte Gesamtheit potentieller Leistungsempfänger, da andere Personen grundsätzlich keinen Zugang zur Behandlung durch den Zahnarzt hätten. Auch sei die Zahl der Patienten, für die ein Zahnarzt denselben Tonträger hörbar mache, unerheblich oder sogar unbedeutend, da der Kreis der gleichzeitig in der Praxis anwesenden Personen im Allgemeinen sehr begrenzt sei und aufeinander folgende Patienten in aller Regel nicht Hörer derselben Tonträger seien, insbesondere wenn diese über Rundfunk wiedergegeben würden (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 95 und 96 - [X.]).

Eine solche Wiedergabe diene auch keinem Erwerbszweck. Ein Zahnarzt, der Tonträger in Anwesenheit seiner Patienten als Hintergrundmusik wiedergebe, könne vernünftigerweise allein wegen dieser Wiedergabe weder eine Erweiterung seines [X.] erwarten noch die Preise der Behandlungen erhöhen. Daher sei eine solche Wiedergabe für sich genommen nicht geeignet, sich auf seine Einkünfte auszuwirken. Die Patienten eines Zahnarztes begäben sich nur zu dem Zweck ihrer Behandlung in eine Zahnarztpraxis, und eine Wiedergabe von Tonträgern gehöre nicht zur Zahnbehandlung. Die Patienten [X.] zufällig und unabhängig von ihren Wünschen je nach dem Zeitpunkt ihres Eintreffens in der Praxis und der Dauer des Wartens sowie der Art der Behandlung den Zugang zu bestimmten Tonträgern. Sie seien daher für eine solche Wiedergabe normalerweise nicht aufnahmebereit (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 97 bis 99 - [X.]).

(3) Das Berufungsgericht hat dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 entnommen, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und damit auch im Sinne von § 15 Abs. 3 [X.] setze voraus, dass die Wiedergabe Erwerbszwecken diene. Ferner ergebe sich aus dem Urteil, dass ein solcher Erwerbszweck bei einer Wiedergabe von [X.] im Wartebereich einer Zahnarztpraxis fehle.

Mit dieser Begründung kann eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und damit ein Eingriff in das ausschließliche Recht der Urheber von Musikwerken oder Sprachwerken, [X.] ihrer Werke durch Lautsprecher öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 5 Fall 1, Abs. 3, § 22 Satz 1 Fall 1 [X.]), nicht verneint werden. Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] setzt jedenfalls nicht zwingend voraus, dass die Wiedergabe Erwerbszwecken dient.

Der Gerichtshof der [X.] hat mit seinem Urteil vom 15. März 2012 allein über die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] (jetzt Richtlinie 2006/115/[X.]) entschieden (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 64 - [X.]). Zur Auslegung dieses Begriffs hat er zwar die bereits zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] aufgestellten Kriterien herangezogen. Dabei hat er jedoch darauf hingewiesen, der Begriff der öffentlichen Wiedergabe werde in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und in Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] in Zusammenhängen verwendet, die nicht gleich seien, und zwar ähnliche, aber gleichwohl teilweise unterschiedliche Zielsetzungen verfolgten. Die Urheber verfügten nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] über ein Recht vorbeugender Art, dass es ihnen erlaube, bereits eine beabsichtigte öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu verbieten. Dagegen verfügten die ausübenden Künstler und die Tonträgerhersteller nach Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] über ein Recht mit Entschädigungscharakter, das sie erst bei oder nach der Verwendung eines Tonträgers für eine öffentliche Wiedergabe ausüben könnten. Daraus folge, dass Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] eine individuelle Beurteilung des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe erfordere und auf ein im Wesentlichen wirtschaftliches Recht abstelle ([X.], [X.], 593 Rn. 74 bis 79 - [X.]).

Es kann offenbleiben, ob der Hinweis des Gerichtshofs der [X.], das im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] nicht unerhebliche Kriterium des Erwerbszwecks müsse in Bezug auf Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] in Anbetracht der im Wesentlichen wirtschaftlichen Natur dieses Anspruchs „erst recht“ gelten ([X.], [X.], 593 Rn. 89 - [X.]), dahin zu verstehen ist, dass diesem Kriterium in Bezug auf den Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] eine größere Bedeutung zukommt als im Zusammenhang mit dem Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]. Jedenfalls kann aus dieser Bemerkung nicht geschlossen werden, dem Kriterium des Erwerbszwecks sei für den Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] - mehr als eine „nicht unerhebliche“ Bedeutung beizumessen.

Der Gerichtshof der [X.] hat in seiner - nach Verkündung des Berufungsurteils ergangenen - Entscheidung vom 27. Februar 2014 ([X.], 473 Rn. 35 - [X.]/Léčebné lázně) ausdrücklich klargestellt, die aus seinem Urteil vom 15. März 2012 hergeleiteten Grundsätze beträfen nicht das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 bezeichnete [X.], sondern das Recht mit Entschädigungscharakter der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller nach Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.]. Danach ändert das Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 nichts daran, dass der Erwerbszweck keine zwingende Voraussetzung einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ist (vgl. [X.], [X.], 225 Rn. 44 - [X.]/[X.]) und für die Einstufung einer Weiterverbreitung als Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] unter Umständen auch unerheblich sein kann ([X.], [X.], 500 Rn. 42 und 43 - [X.]/[X.]).

(4) Es kann weiter offenbleiben, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] und damit ein Anspruch der ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung, soweit Sendungen ihrer Darbietungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 Fall 1 [X.]), nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 zwingend voraussetzt, dass die Wiedergabe Erwerbszwecken dient. Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, dieses Urteil sei nicht auf den Vergütungsanspruch der ausübenden Künstler anwendbar, weil es bei dem Urteil allein um den Anspruch der Tonträgerhersteller auf Beteiligung an der Vergütung der ausübenden Künstler gegangen sei, und die ausübenden Künstler vor dem Hintergrund ihrer Künstlerpersönlichkeitsrechte im Unterschied zu den [X.] nicht bloße „wirtschaftliche Rechte“ hätten. Der Umstand, dass ausübende Künstler anders als Tonträgerhersteller auch Künstlerpersönlichkeitsrechte haben, ändert nichts daran, dass es sich bei dem den ausübenden Künstlern und [X.] nach Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] zustehenden Vergütungsanspruch im Wesentlichen um ein wirtschaftliches Recht mit Entschädigungscharakter handelt ([X.], [X.], 593 Rn. 75 und 77 - [X.]). Ob daraus folgt, dass nur eine Nutzungshandlung, die Erwerbszwecken dient, einen solchen Vergütungsanspruch begründet, kann dahinstehen, da jedenfalls eine andere - zwingende - Voraussetzung einer öffentlichen Wiedergabe im Streitfall nicht erfüllt ist (vgl. nachfolgend Rn. 43 bis 46).

(5) Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich (jedenfalls) aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] setzt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zwingend eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten und recht viele Personen als Adressaten voraus. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 15. März 2012 in der Sache „[X.]“ ist davon auszugehen, dass diese Voraussetzung im Allgemeinen nicht erfüllt ist, wenn ein Zahnarzt in seiner Praxis für seine Patienten [X.] als Hintergrundmusik wiedergibt.

Der Begriff „Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.] ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 84 - [X.]; [X.], 597 Rn. 33 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], [X.], 500 Rn. 32 - [X.]/[X.]). Um eine „unbestimmte Zahl potentieller Adressaten“ handelte es sich, wenn die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juni 2005 - [X.]/04, [X.]. 2005, [X.] = ZUM 2005, 549 Rn. 30 - Mediakabel/[X.]; Urteil vom 14. Juli 2005 - [X.]/04, [X.]. 2005, [X.] = [X.], 50 Rn. 31 - [X.]/[X.] und [X.]; [X.], [X.], 225 Rn. 37 - [X.]/[X.]; [X.], 593 Rn. 85 - [X.]; [X.], 597 Rn. 34 - [X.]/[X.]). Mit dem Kriterium „recht viele Personen“ ist gemeint, dass der Begriff der Öffentlichkeit eine bestimmte Mindestschwelle enthält und eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl betroffener Personen ausschließt. Zur Bestimmung dieser Zahl von Personen ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. [X.], [X.], 225 Rn. 38 - [X.]/[X.]; [X.], 593 Rn. 86 und 87 - [X.]; [X.], 597 Rn. 35 - [X.]/[X.]; [X.], 500 Rn. 33 - [X.]/[X.]).

Diese Voraussetzungen sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] beispielsweise erfüllt, wenn der Betreiber eines Hotels in Rundfunksendungen übertragene Werke oder abgespielte Tonträger für seine Gäste über in deren Zimmern aufgestellte Fernseh- oder Radiogeräte überträgt (zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] [X.], [X.], 225 Rn. 37 bis 39 - [X.]/[X.]; zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/[X.] [X.], [X.], 597 Rn. 41 und 42 - [X.]/[X.]) oder der Inhaber einer Gastwirtschaft im Rundfunk gesendete Werke über einen Fernsehbildschirm und Lautsprecher für die sich in seiner Gastwirtschaft aufhaltenden Gäste wiedergibt (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] [X.], [X.], 156 Rn. 183 bis 207 - Football Association Premier League und [X.]) oder der Betreiber einer Kureinrichtung in Rundfunksendungen wiedergegebene Werke an seine Patienten über in deren Zimmern aufgestellte Fernseh- oder Radioempfänger übermittelt (zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] [X.], [X.], 473 Rn. 27 bis 30 - [X.]/Léčebné lázně). Nicht erfüllt sind diese Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] dagegen bei einer Wiedergabe von [X.] durch einen Zahnarzt an die Patienten seiner Praxis. Der Gerichtshof der [X.] hat dazu in seinem Urteil vom 15. März 2012 ausgeführt, die Patienten eines Zahnarztes bildeten üblicherweise eine bestimmte Gesamtheit potentieller Leistungsempfänger, da andere Personen grundsätzlich keinen Zugang zur Behandlung durch den Zahnarzt hätten. Zudem sei die Zahl der Patienten, für die ein Zahnarzt denselben Tonträger hörbar mache, unerheblich oder sogar unbedeutend, da der Kreis der gleichzeitig in der Praxis anwesenden Personen im Allgemeinen sehr begrenzt sei und aufeinander folgende Patienten in aller Regel nicht Hörer derselben Tonträger seien, insbesondere wenn diese über Rundfunk wiedergegeben würden (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 95 und 96 - [X.]).

Die Revision rügt vergeblich, da regelmäßig jede beliebige Person mit der Bitte um medizinische Behandlung in einer ärztlichen Praxis vorsprechen könne, gebe es dort eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten. Angesichts der erfahrungsgemäß meist vollen Wartezimmer in ärztlichen Praxen könne keine Rede davon sein, dass dortige [X.] nur einer unbedeutenden und begrenzten Anzahl von Personen zu Gehör gelangen würden (ebenso [X.], [X.]. 2013, 627, 633). Der Gerichtshof der [X.] hat zwar darauf hingewiesen, dass grundsätzlich die nationalen Gerichte anhand der von ihm aufgestellten Kriterien aufgrund einer umfassenden Beurteilung der gegebenen Situation zu beurteilen haben, ob in einem konkreten Fall ein Zahnarzt, der Tonträger in Gegenwart seiner Patienten als Hintergrundmusik wiedergibt, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] vornimmt (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 93 - [X.]). Gleichwohl hat er selbst entschieden, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] vorliegt. Seiner Beurteilung der Frage, ob die Patienten eines Zahnarztes wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten und recht viele Personen sind, hat er die Feststellung zugrunde gelegt, dass die Patienten eines Zahnarztes üblicherweise eine Gesamtheit von Personen bilden, deren Zusammensetzung weitgehend stabil ist, der Kreis der gleichzeitig in der Praxis eines Zahnarztes anwesenden Personen im Allgemeinen sehr begrenzt ist und die aufeinanderfolgenden Patienten sich in der Anwesenheit abwechseln (vgl. [X.], [X.], 593 Rn. 95 und 96 - [X.]). Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Situation im Streitfall davon in entscheidungserheblicher Weise unterscheidet. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zusammensetzung der Patienten des Beklagten weniger stabil oder der Kreis der gleichzeitig in seiner Praxis anwesenden Personen weniger begrenzt ist als bei Zahnärzten üblich. Deshalb ist auch im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die Wiedergabe von [X.] in der Zahnarztpraxis nicht öffentlich ist.

cc) Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.]). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/[X.], die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist.

II. Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2012 aus 51,93 € ist für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB begründet. Die für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Mai 2013 zunächst geschuldete Vergütung in Höhe von insgesamt 113,57 € war nach dem Lizenzvertrag am 1. Juni 2012 im Voraus fällig. Der Beklagte war nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, aufgrund von Mahnungen der Klägerin seit dem 8. September 2012 mit der Zahlung in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieser Verzug hat in Höhe des hier in Rede stehenden Betrages von 51,93 € am 16. Dezember 2012 geendet, weil die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der auf den Zeitraum vom 17. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 entfallenden Vergütung mit der Beendigung des Lizenzvertrags zum 17. Dezember 2012 erloschen ist. Während des Verzuges ist die Geldschuld mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) zu verzinsen (§ 288 Abs. 1 BGB).

C. Danach ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abzuändern, soweit hinsichtlich des [X.] aus einem Betrag von 51,93 € für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Abänderung ist auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und der Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin aus einem Betrag von 51,93 € weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 8. September 2012 bis zum 16. Dezember 2012 zu zahlen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Büscher                 Schaffert                        [X.]

               Koch                      Fe[X.]ersen

Meta

I ZR 14/14

18.06.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Düsseldorf, 8. Januar 2014, Az: 23 S 144/13, Urteil

§ 15 Abs 2 S 1 UrhG, § 15 Abs 2 S 2 Nr 5 Alt 1 UrhG, § 15 Abs 3 UrhG, § 22 S 1 Alt 1 UrhG, § 78 Abs 2 Nr 3 Alt 1 UrhG, Art 3 Abs 1 EGRL 29/2001

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 14/14 (REWIS RS 2015, 9528)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2273 REWIS RS 2015, 9528

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 14/14 (Bundesgerichtshof)


I ZR 21/14 (Bundesgerichtshof)

Urheberrechtsschutz: Bereitstellung von Fernsehgeräten in Hotelzimmern zum Empfang von Fernsehsendungen über eine Zimmerantenne als öffentliche …


I ZR 21/14 (Bundesgerichtshof)


I ZR 85/17 (Bundesgerichtshof)

Urheberrechtsverletzung: Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage; öffentliche Wiedergabe von Radiosendungen durch Weiterleitung …


I ZR 228/14 (Bundesgerichtshof)

Urheberrecht: Kabelweitersendung durch Übertragung von mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangenen Fernseh- oder Hörfunksignalen durch …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.