Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2006, Az. XII ZR 157/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4793

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 157/03 Verkündet am: 1. März 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 1361 Abs. 1; [X.] § 13 Abs. 6, § 37 Abs. 1 a) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Ehegatte einer überobligationsmäßi-gen Erwerbstätigkeit nachgeht, ist ein überdurchschnittlich hoher Betreu-ungsaufwand eines behinderten Kindes in die Beurteilung einzubeziehen. Inwieweit überobligationsmäßig erzieltes Einkommen sodann unterhalts-rechtlich zu berücksichtigen ist, hängt auch davon ab, zu wel[X.] [X.]en ein Kind etwa infolge des Besuchs einer Behinderteneinrichtung der Betreuung nicht bedarf. b) Soweit einer der in § 13 Abs. 6 Satz 2 [X.] geregelten Ausnahmefälle nicht vorliegt, verbietet sich nach Abs. 6 Satz 1 der Bestimmung eine unter-haltsrechtliche Berücksichtigung des an die Pflegeperson weitergeleiteten Pflegegeldes gemäß § 37 Abs. 1 [X.], die zu einer Verkürzung des dieser zustehenden Unterhaltsanspruchs führen würde. c) Werden Fahrtkosten zur Arbeit mit der in den unterhaltsrechtli[X.] Leitlinien vorgesehenen Kilometerpauschale angesetzt, so sind hierin regelmäßig sämtliche [X.] einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzie-rungsaufwand enthalten. [X.], Urteil vom 1. März 2006 - [X.]AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 2. Zivilsenats - [X.] für Familiensa[X.] - des [X.] vom 17. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien, die im Revisionsverfahren noch um Trennungsunterhalt streiten, schlossen am 27. Mai 1995 die Ehe, aus der der am 28. Dezember 1995 geborene Sohn [X.] hervorgegangen ist. Seit dem 30. Oktober 2000 le-ben sie voneinander getrennt. Das Kind lebt im Haushalt der Mutter. Es leidet an einem unklaren Dysmorphie-Syndrom; aufgrund seiner Schwerbehinderung ist eine Pflegebedürftigkeit nach der [X.] anerkannt. Das Pflegegeld in Höhe von monatlich 1.300 DM bzw. 665 • wird an die Klägerin gezahlt. 1 - 3 - Diese war bis zum 30. November 2002 bei der [X.]; sie verrichtete ihre Tätigkeit von einem häusli[X.] Telearbeitsplatz aus. Seit dem 1. Dezember 2002 ist sie nicht mehr erwerbstätig. Sie lebt seit April 2002 mit einem neuen Partner zusammen. 2 3 Der [X.] ist als Industriekaufmann beschäftigt. Auf einen zusammen mit der Klägerin aufgenommenen Kredit entrichtete er - ebenso wie diese - bis Mai 2002 monatliche Raten von 250 DM (128 •). Seit der Trennung zahlte er Trennungsunterhalt in Höhe von 759,50 DM und Kindesunterhalt in Höhe von 345 DM (jeweils monatlich); seit Januar 2002 zahlt er insgesamt 507,20 • mo-natlich. Die Klägerin hat den [X.]n im Wege der Stufenklage auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt für die [X.] ab August 2001 in Anspruch genommen. Bezüglich des begehrten [X.] (monatlich 925,03 • ab Mai 2002 zuzüglich eines Rückstandes für die [X.] bis April 2002) hat sie die Auffassung vertreten, ihr Erwerbseinkommen sei nicht zu berücksichtigen, da sie aufgrund der Versorgung des schwer behinderten Kindes erheblich belastet sei. [X.] fehle wegen zusätzlicher Erkrankungen häufig im Kindergarten; sie werde von ihrem Arbeitgeber zwar während dieser Betreuungszeiten freige-stellt, müsse die [X.]en jedoch nacharbeiten, weshalb sie teilweise noch bis spät abends tätig sei. 4 Der [X.] ist dem Unterhaltsbegehren entgegengetreten. Er hat [X.] gemacht, die Erwerbstätigkeit der Klägerin sei zumutbar, denn sie könne ihrer Arbeit in der [X.] nachgehen, in der [X.] den Kindergarten besuche. So-weit dies wegen akuter Erkrankungen des Kindes nicht möglich sei, könne die Klägerin die Betreuung durch eine Pflegekraft beanspru[X.]. 5 - 4 - Das Amtsgericht hat den [X.]n zur Zahlung von Kindesunterhalt [X.] zur Zahlung folgenden [X.] verurteilt: monatlich 918 • für Mai 2002, monatlich 851 • ab Juni 2002 sowie für die [X.] von August 2001 bis April 2002 rückständiger 4.959,80 •. Auf die gegen die Verurteilung zur Zahlung von Trennungsunterhalt gerichtete Berufung des [X.]n hat das Oberlan-desgericht das angefochtene Urteil insoweit abgeändert und der Klägerin [X.] zuerkannt, die zwis[X.] 862 • und 694 • (jeweils monatlich) liegen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der [X.] sein Klageabweisungsbe-gehren weiter. 6 Entscheidungsgründe: [X.] Das Rechtsmittel ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung - uneingeschränkt zulässig. Die Revision hat zwar beantragt, das Beru-fungsurteil aufzuheben und die Klage unter Abänderung des erstinstanzli[X.] Urteils abzuweisen. Die Auslegung des in der Revisionsbegründung zum Aus-druck kommenden Rechtsmittelbegehrens ergibt indessen ohne jeden Zweifel, dass der [X.] nicht Klageabweisung insgesamt, sondern hinsichtlich des in der Berufungsinstanz allein noch streitgegenständli[X.] [X.] begehrt, also nicht hinsichtlich seiner Verurteilung zur Zahlung von Kindesun-terhalt, die bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Das hat der Prozessbevoll-mächtigte des [X.]n in der mündli[X.] Verhandlung vor dem [X.] auch klargestellt. 7 - 5 - I[X.] 8 Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefoch-tenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 9 1. Die Klägerin hat nach § 1361 Abs. 1 BGB Anspruch auf den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der [X.] angemessenen Trennungsunterhalt. Bei der Ermittlung des [X.] nach den eheli[X.] Lebensverhältnissen ist das [X.] davon ausgegangen, dass diese durch die Einkünfte beider Parteien geprägt worden seien. Dazu hat es im Wesentli[X.] ausgeführt: 10 Von dem Einkommen des [X.]n seien bis Mai 2002 keine berufsbe-dingten Aufwendungen in Abzug zu bringen, da ihm bis dahin ein Firmenwagen zur Verfügung gestanden habe und er bei seinem Arbeitgeber kostenlos habe tanken können. Vielmehr sei die private Nutzungsmöglichkeit des [X.] als geldwerter Vorteil zu berücksichtigen. Der Entzug dieses Fahrzeugs ab Juni 2002 habe zur Folge, dass dieser Vorteil entfallen sei und die vom [X.] geltend gemachten Fahrtkosten von da an als berufsbedingte Aufwen-dungen anzuerkennen seien. Die Benutzung eines Pkw für die Fahrten zur [X.] müsse die Klägerin hinnehmen, weil die eheli[X.] Lebensverhältnis-se hierdurch geprägt gewesen seien und kein Mangelfall vorliege. Gegen den Ansatz von 0,26 • pro Kilometer bestünden keine Bedenken, da die einfache Fahrtstrecke lediglich 25 km betrage. In dieser Fahrtkostenpauschale sei aller-dings der Aufwand für die Anschaffung bzw. Finanzierung des Pkw enthalten, so dass der [X.] die behaupteten Kreditraten von 150 • monatlich nicht zusätzlich von seinem Einkommen in Abzug bringen könne. [X.] seien 11 - 6 - deshalb allein berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 240,50 • (50 km x 0,26 • x 222 Arbeitstage : 12). Unter Berücksichtigung der bis Mai 2002 zu zah-lenden anderweitigen Kreditraten, des geschuldeten Kindesunterhalts sowie des in Abzug zu bringenden Erwerbstätigenbonus sei - wie vom Amtsgericht errechnet - von einem bereinigten monatli[X.] Einkommen des [X.]n von 3.360 DM bis November 2001, von 3.266 DM für Dezember 2001 und von 1.723 • von Januar bis Mai 2002 auszugehen. Ab Juni 2002 sei dagegen - unter zusätzlicher Berücksichtigung der vorgenannten Fahrtkosten - ein berei-nigtes monatliches Einkommen von 1.486,35 • zugrunde zu legen. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Klägerin hat das [X.] ausgeführt: Das ihr zufließende Pflegegeld für [X.] habe gemäß § 13 Abs. 6 [X.] unberücksichtigt zu bleiben, weil keine der in dieser Be-stimmung genannten Ausnahmen vorliege. Die bis November 2002 ausgeübte Halbtagsbeschäftigung der Klägerin sei als überobligationsmäßige Tätigkeit zu bewerten. Grundsätzlich bestehe keine Erwerbsverpflichtung des ein Kind betreuenden Ehegatten, solange dieses nicht die dritte Grundschulklasse besu-che. [X.] sei erst sieben Jahre alt, stehe aber infolge seiner Behinderung auf der Entwicklungsstufe eines [X.]kindes. Die Betreuungsleistungen der Mutter seien auch nicht mit denen für ein Schulkind im Alter von acht Jahren zu ver-glei[X.], auch wenn [X.], der den Lebenshilfekindergarten besuche, dadurch in der Regel mindestens so lange von zu Hause abwesend sei wie ein Grund-schulkind. Aufgrund des von [X.] gewonnenen Eindrucks stehe außer Frage, dass die Klägerin morgens, bis das Kind abgeholt werde, und nachmittags von seiner Rückkehr bis zum Dienstbeginn der Nachtwache ungleich mehr an Betreuungsleistungen für ihn zu erbringen habe als für ein gesundes Kindergar-tenkind. Auf den gesamten Tagesablauf bezogen ergebe sich deshalb [X.] keine nennenswerte Entlastung der Klägerin gegenüber der [X.] für ein gesundes Kind im Kindergarten- oder Grundschulalter. Das daher 12 - 7 - überobligationsmäßig erzielte Einkommen (von - bereinigt um die Kreditrate sowie den Erwerbstätigenbonus - 1.428 DM im Jahr 2001, 760 • für Januar bis Mai 2002 und 875 • von Juni bis November 2002) sei in voller Höhe als [X.] anzusetzen, jedoch in Anwendung von § 1577 Abs. 2 BGB nur teilweise, nämlich zur Hälfte, als bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Die [X.] der Berufstätigkeit der Klägerin als überobligationsmäßig habe weiter zur Folge, dass sie diese jederzeit habe aufgeben dürfen. Das gelte um so mehr, als sie einleuchtende Gründe für ihre Entscheidung, sich beurlauben zu lassen, vorgebracht habe. Neben ihren Erwerbseinkünften müsse die Klägerin sich allerdings fiktive Einkünfte aus der - in relativ geringem Umfang übernom-menen - Haushaltsführung für ihren neuen Partner anrechnen lassen. [X.] sei insofern für die [X.] ab April 2002 ein Betrag von monatlich 100 • (1/2 des üblicherweise nach Ziff. 6 der Süddeuts[X.] Leitlinien - Stand: 1. Januar 2002 - anzusetzenden [X.] von 200 •). Das betreffende Einkommen sei in der selben Weise wie das Erwerbseinkommen im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtli[X.] Nach-prüfung stand. 13 2. Die Ermittlung des Einkommens des [X.]n ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision die Auffassung [X.], das Berufungsgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, den Aufwand des [X.] für die Finanzierung des Pkw in Höhe von monatlich 150 • zu berück-sichtigen, kann ihr nicht gefolgt werden. 14 Das Berufungsgericht hat die Höhe der als abzugsfähig [X.] Fahrtkosten zur Arbeit in tatrichterlicher Verantwortung und entspre[X.]-dem eigenen Vortrag des [X.]n nach einem Satz von 0,26 •/km bestimmt. 15 - 8 - Wenn ein Gericht insoweit die in seinem Bezirk gebräuchli[X.] unterhaltsrecht-li[X.] Leitlinien zugrunde legt bzw. sich hieran anlehnt, so unterliegt das aus Rechtsgründen keinen Bedenken. Der [X.] hat es in ständiger Rechtspre-chung mangels sonstiger konkreter Anhaltspunkte für angemessen gehalten, die Kilometerpauschale nach § 9 Abs. 3 Satz 1 des bis zum 30. Juni 2004 [X.]en Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen heranzuziehen ([X.]surteil vom 21. Januar 1998 - [X.] ZR 117/96 - FamRZ 1998, 1501, 1502 m.w.N.). Hiervon gehen auch die vom Berufungsgericht an-gewandten Süddeuts[X.] Leitlinien (Stand: 1. Januar 2002, Nr. 10 c) aus. Dass anstelle des Betrages von 0,27 • nur ein solcher von 0,26 • zugrunde gelegt worden ist, ist nicht zu beanstanden, zumal der [X.] selbst keinen höheren Betrag in Ansatz gebracht hat. In der Kilometerpauschale sind aber regelmäßig sämtliche [X.] einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzie-rungsaufwand enthalten ([X.]/[X.]/[X.] Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. [X.]. 936; [X.] FamRZ 2000, 1367 und 1998, 561; [X.]). Letzterer kann deshalb nicht zu-sätzlich als abzugsfähig anerkannt werden. Dass ausnahmsweise eine andere Beurteilung geboten wäre, hat der [X.] nicht dargetan. Damit ist der Unterhaltsberechnung das vom Berufungsgericht festge-stellte Einkommen des [X.]n zugrunde zu legen, gegen dessen Ermittlung die Revision im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben hat. 16 3. a) Gegen das vom Berufungsgericht errechnete Einkommen der Klä-gerin aus Erwerbstätigkeit bestehen ebenfalls keine Bedenken. Auch die Revi-sion erinnert hiergegen nichts. 17 b) Sie wendet sich allerdings gegen die Beurteilung der Erwerbstätigkeit der Klägerin als überobligationsmäßig. Insofern weist sie darauf hin, dass nach 18 - 9 - allgemeiner Ansicht zwar in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des betreuen-den Ehegatten erst dann bestehe, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschul-klasse besuche. Hiervon könne aber vor allem bei der Fortsetzung einer bereits vor der Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit abgewi[X.] werden. Das Berufungsgericht habe diesen Grundsatz nicht beachtet und infol-gedessen nicht geprüft, ob nach den vorliegenden Umständen ein Abwei[X.] von der Regel in Betracht komme. Der [X.] habe unwiderspro[X.] vorge-tragen, dass die Klägerin bereits ab dem zweiten Lebensjahr des [X.], näm-lich von Anfang 1998 an, freiwillig einer [X.] nachgegangen sei. Sie müsse für mehr als 7 ½ Stunden pro Tag keine Betreuungsleistungen erbringen, weil [X.] insoweit im Lebenshilfekindergarten betreut werde. Damit seien die Betreuungsleistungen eher geringer als für ein gesundes Kind im [X.] oder Grundschulalter. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin für die Betreuungsdienste Pflegegeld beziehe und zusätzlich Leistun-gen im Rahmen der Verhinderungspflege durch die Krankenkasse erhalten ha-be. Damit kann die Revision nicht durchdringen. 19 c) Inwieweit für einen Ehegatten, der ein gemeinsames Kind betreut, eine Erwerbsobliegenheit besteht, ist nach objektiven Kriterien zu entscheiden. Bei der vorzunehmenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls kommt es neben den persönli[X.] Verhältnissen des Unterhalt fordernden Ehegatten vor allem auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes an. Dabei spielt nicht nur das Alter des Kindes eine Rolle, sondern insbesondere auch sein Gesundheitszustand, sein sonstiger Entwicklungsstand sowie möglicherweise bei ihm aufgetretene Verhaltensstörungen. Demgemäß ist auch ein überdurchschnittlich hoher Betreuungsbedarf so genannter Problemkinder zu berücksichtigen ([X.] vom 26. Oktober 1984 - [X.] - FamRZ 1985, 50, 51 und vom 20 - 10 - 18. April 1984 - [X.]/82 - FamRZ 1984, 769, 770; [X.]/[X.] Das [X.] in der familienrichterli[X.] Praxis 6. Aufl. § 4 [X.]. 68, 70; [X.]/[X.] Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [X.] IV [X.]. 162; [X.] in [X.]/[X.] Praxishandbuch Familienrecht Teil H [X.]. 65). 21 Nach der Rechtsprechung des [X.]s braucht sich eine Ehefrau, die [X.] von ihrem Ehemann verlangt, im Regelfall nicht auf eine eigene [X.] verweisen zu lassen, solange sie ein Kind betreut, das noch nicht acht Jahre alt ist (vgl. [X.]surteile vom 30. November 1994 - [X.] ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 21. Dezember 1988 - [X.] - FamRZ 1989, 487 m.w.N.). Dieser Beurteilung liegt die Erfahrung zugrunde, dass ein schulpflichtiges Kind in den ersten Schuljahren noch einer verstärkten Beauf-sichtigung und Fürsorge bedarf, die nicht auf bestimmte [X.]abschnitte eines Tages beschränkt ist ([X.]surteil vom 23. Februar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 456, 458). Im Prozess hat deshalb derjenige, der sich auf eine Ausnahme von dieser auf der Lebenserfahrung beruhenden Regel beruft, die hierfür erforderli[X.] Voraussetzungen darzulegen und notfalls zu beweisen ([X.]surteile vom 26. Oktober 1984 aaO [X.] und vom 23. Februar 1983 aaO [X.]). d) Der [X.] hat zwar Umstände vorgetragen, aus denen sich nach seiner Auffassung eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin ergibt. Das [X.] hat sich hierdurch jedoch nicht veranlasst gesehen, von seiner dem vorgenannten Grundsatz entspre[X.]den Beurteilung abzuwei[X.]. Das ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 22 Die Revision weist im Ansatz zutreffend darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des [X.]s im Rahmen der Prüfung der persönli[X.] Verhält-nisse des betreuenden Ehegatten regelmäßig von Bedeutung ist, ob er bereits 23 - 11 - während der bestehenden eheli[X.] Lebensgemeinschaft eine berufliche Tä-tigkeit ausgeübt hat. Der [X.] hat dabei maßgeblich darauf abgehoben, dass eine Erwerbstätigkeit, die nicht aus Not, also wegen unzurei[X.]der Versor-gung durch den unterhaltspflichtigen Ehegatten, sondern aus freien Stücken aufgenommen worden sei, im Allgemeinen zu einer Überprüfung Anlass geben werde, ob nicht die Grenzen des Zumutbaren zunächst zu eng gezogen worden seien. Die Ausübung der Erwerbstätigkeit könne in diesem Zusammenhang ein bedeutsames Indiz für die vorhandene tatsächliche Arbeitsfähigkeit sein (Se-natsurteile vom 23. September 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 1159, 1161 und vom 21. Januar 1998 aaO S. 1502). Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich hieraus indessen kein für eine Erwerbsobliegenheit spre[X.]der Grundsatz herleiten; vielmehr gilt es allein, die mögliche indizielle Bedeutung einer tatsächlich ausgeübten [X.] zu beachten. Ob diese mit Rücksicht auf die Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes zumutbar ist oder entspre[X.]d dem Grundsatz, dass etwa bei Betreuung eines - wie hier zur [X.] der letzten mündli[X.] Verhandlung vor dem Berufungsgericht - noch nicht acht Jahre alten Kindes regelmäßig keine Er-werbsobliegenheit besteht, als überobligationsmäßig zu bewerten ist, muss [X.] nach der konkreten Situation, in der sich ein Ehegatte nach der Trennung oder Scheidung befindet, beurteilt werden. Es ist deshalb auch zu [X.], dass mit der Trennung die Mehrbelastung des ein Kind betreuenden Ehe-gatten nicht wie früher durch den anderen Ehegatten aufgefangen werden kann, sondern der betreuende Ehegatte nunmehr grundsätzlich auf sich allein angewiesen ist, was die Fortsetzung der bisherigen Erwerbstätigkeit unzumut-bar erscheinen lassen kann (vgl. [X.]surteil vom 4. November 1987 - [X.] - FamRZ 1988, 145, 148 f.; [X.]/Bäumel Unterhaltsrecht 8. Aufl. [X.]. 957; [X.]/[X.] aaO § 4 [X.]. 28; [X.] in [X.]/[X.] aaO Teil H [X.]. 67; [X.]/[X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl. § 1570 [X.]. 24; 24 - 12 - [X.]/[X.] aaO [X.] IV [X.]. 172; [X.]/[X.] 5. Aufl. 6. [X.] [X.]. 264; [X.] Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. [X.]. 2108; [X.]/[X.] Familienrecht 2. Aufl. § 1570 [X.]. 8; vgl. auch [X.] FamRZ 1997, 129, 132). 25 Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die [X.] Würdigung, dass die Klägerin überobligationsmäßig gearbeitet hat. Das Berufungsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass das zur [X.] der letz-ten mündli[X.] Verhandlung in der Berufungsinstanz sieben Jahre alte Kind aufgrund seiner Schwerbehinderung auf der Entwicklungsstufe eines [X.]kin-des steht, weshalb die Mutter - bevor [X.] morgens zum Kindergarten abgeholt wird sowie nach seiner Rückkehr bis zum Beginn der Tätigkeit der für die nächt-liche Überwachung erforderli[X.] Hilfskräfte - ungleich mehr an Betreuungsleis-tungen für ihn zu erbringen hat als für ein gesundes Kindergartenkind. Auf den gesamten Tagesablauf bezogen ergibt sich deshalb durch den Besuch des [X.] keine nennenswerte Entlastung der Klägerin gegenüber der Betreu-ungssituation für ein gesundes Kindergartenkind. Vielmehr war die Klägerin darauf angewiesen, in der [X.], während der sich [X.] im Kindergarten aufhielt, die notwendige Hausarbeit zu verrichten, um sich dem Kind nach seiner Rück-kehr (nach 15.00 Uhr) wieder uneingeschränkt widmen und es beaufsichtigen zu können. Die daneben ausgeübte Erwerbstätigkeit stellt deshalb, auch wenn sie im Wesentli[X.] von einem häusli[X.] Telearbeitsplatz aus verrichtet wer-den konnte, eine überobligationsmäßige Tätigkeit der Klägerin dar, die von ihr nicht verlangt werden kann. e) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Klägerin für ihre Betreuungsleistungen Pflegegeld in Höhe von monatlich 1.300 DM bzw. 665 • erhält. Das nach § 37 Abs. 1 [X.] gewährte Pflegegeld bleibt, wenn es an eine Pflegeperson weitergeleitet wird, bei der Ermittlung von [X.] - 13 - [X.] der Pflegeperson grundsätzlich unberücksichtigt (§ 13 Abs. 6 Satz 1 [X.]). Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass das Pflegegeld nicht nur dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch der Pflegeperson, die die häusli-che Pflege unentgeltlich übernommen hat, möglichst ungeschmälert erhalten bleibt. In dem Entwurf eines [X.] zur Änderung des [X.] wird hierzu ausgeführt: Ohne eine gesetzliche Regelung [X.] die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Pflegegeldes weiterhin allein durch richterliche Entscheidung bestimmt. Dabei ist davon auszugehen, dass auf der Basis der bisherigen zivilrechtli[X.] Rechtsprechung zum [X.] und [X.] das vom Pflegebedürftigen an die Pflegeperson weitergelei-tete Pflegegeld zu einem erhebli[X.] Teil als "Vergütungsanteil" der [X.] bewertet und demzufolge unterhaltsrechtlich als Einkommen der [X.] berücksichtigt wird (so auch noch [X.]sbeschluss vom 24. April 1996 - [X.] ZR 7/96 - FamRZ 1996, 933). Dies ist mit dem sozialpolitis[X.] Anliegen, die häusliche Pflege zu fördern und die Pflegebereitschaft und -fähigkeit im häusli[X.] Bereich zu stärken, nicht vereinbar. Mit der Neuregelung wird [X.], dass z.B. bei einer geschiedenen Ehefrau nicht mehr der [X.] gegenüber dem geschiedenen Ehemann gemindert wird, wenn sie für die Pflege des gemeinsamen behinderten pflegebedürftigen Kindes Pflegegeld erhält (BT-Drucks. 14/580 S. 5). Der [X.] hält mit Blick auf die zum 1. August 1999 in [X.] getretene Neufassung des § 13 Abs. 6 [X.] an seiner früheren Auffassung nicht mehr fest. Da einer der in § 13 Abs. 6 Satz 2 [X.] geregelten Ausnahmefälle nicht vorliegt, verbietet sich mithin eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Pflegegeldes, die zu einer Verkürzung des der Klägerin zustehenden [X.] führen würde (vgl. auch [X.] in Wannagat [X.] § 13 [X.]. 172 a). 27 - 14 - 4. Die Bewertung der Erwerbstätigkeit der Klägerin als überobligatorisch hat - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - zugleich zur Fol-ge, dass sie diese Beschäftigung jederzeit aufgeben konnte. Das gilt vorliegend in besonderem Maße, da die Klägerin, wie sie in der mündli[X.] Verhandlung vor dem Berufungsgericht dargelegt hat, keine Telearbeit mehr hätte verrichten können, sondern darauf angewiesen gewesen wäre, in der Behörde zu arbei-ten. Diesem Vorbringen ist der [X.] nicht mehr entgegengetreten. 28 5. Von der Frage, ob Einkünfte durch überobligationsmäßige Tätigkeit [X.] werden, ist diejenige zu unterscheiden, in welcher Höhe solche Einkünfte unterhaltsrechtlich relevant sind. Soweit das Berufungsgericht das Einkommen der Klägerin in voller Höhe in die Bedarfsberechnung eingestellt, aber nur antei-lig, nämlich in Höhe der Hälfte (nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/10), als bedarfsdeckend berücksichtigt hat, begegnet diese Vorgehensweise durchgreifenden rechtli[X.] Bedenken. 29 a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist bei der Ermittlung des an-gemessenen Unterhaltsbedarfs nur der unterhaltsrelevante Anteil eines überob-ligatorisch erzielten Einkommens als eheprägend zu berücksichtigen. Der nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte prägt die eheli[X.] Lebensverhältnisse dagegen nicht ([X.]surteil vom 13. April 2005 - [X.] ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1157 f.). Damit steht nicht in [X.], dass das Berufungsgericht das volle Einkommen der Klägerin in die [X.] einbezogen hat. 30 b) Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Einkommen aus einer überobligatoris[X.] Tätigkeit des Unterhaltsberechtigten bei der [X.]sberechnung zu berücksichtigen ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des [X.]s nicht pauschal beantworten, sondern hängt von den besonderen 31 - 15 - Umständen des Einzelfalles ab. Maßgebend ist hierbei insbesondere, wie etwa die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob und gegebenenfalls zu wel-[X.] [X.]en die Kinder infolge eines Kindergarten- oder Schulbesuchs der Betreuung nicht bedürfen (vgl. zuletzt [X.]surteile vom 15. Dezember 2004 - [X.] ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 und vom 13. April 2005 - [X.] ZR 48/02 - FamRZ 2005, 967, 970). Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Es ist vielmehr allein aufgrund der Bewertung der Tätigkeit der Klägerin als über-obligationsmäßig zu dem Ergebnis gelangt, das Einkommen sei (nur) zur Hälfte anzurechnen. Demgemäß ist z.B. unberücksichtigt geblieben, dass die Klägerin zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten, mithin sich die Arbeitszeit ver-mutlich einteilen konnte, und Fahrzeiten jedenfalls überwiegend nicht anfielen. Die Beurteilung, inwieweit das überobligationsmäßig erzielte Einkommen an-rechnungsfrei zu bleiben hat, hängt aber maßgeblich davon ab, wel[X.] Schwierigkeiten die Klägerin hinsichtlich der Vereinbarkeit von Arbeit und Kin-derbetreuung im Einzelnen ausgesetzt war, z.B. auch davon, welcher [X.]auf-wand morgens erforderlich war, bevor [X.] zum Kindergarten abgeholt wurde. 32 6. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin fiktive Einkünfte für die Haushaltsführung für ihren neuen Partner zugerechnet hat, erhebt die Revision hiergegen weder hinsichtlich des zugrunde gelegten [X.]raums noch bezüglich der Höhe Einwendungen. Die Behandlung dieses Einkommens, das das [X.] gleichermaßen in die Unterhaltsberechnung im Wege der [X.] eingestellt hat, begegnet keinen rechtli[X.] Bedenken, sondern entspricht der Rechtsprechung des [X.]s (vgl. [X.]surteil vom 5. Mai 2004 - [X.] ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 ff. mit zustimmender [X.]. [X.] FamRZ 33 - 16 - 2004, 1175 und [X.] 13/2004; ablehnend: [X.] FamRZ 2004, 1545). 34 7. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es über die Bestim-mung des der Klägerin anrechnungsfrei zu belassenden Einkommensteils unter Nachholung der hierfür erforderli[X.] Feststellungen erneut befinden kann. 8. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf Folgendes hin: 35 a) Die Verurteilung des [X.]n zur Zahlung eines [X.] von 17.502,82 • für die [X.] von August 2001 bis Juni 2003 beinhaltet für die [X.] von August 2001 bis April 2002 einen Betrag von 7.668,82 • (4.270,82 • + 2.586 • + 812 •), obwohl - mit Rücksicht auf die vom [X.]n geleisteten Zahlungen - insoweit nur ein rückständiger Betrag von 4.959,80 • verlangt worden war. Das Berufungsurteil geht somit - entgegen § 308 Abs. 1 ZPO - über den Klageantrag hinaus. 36 b) Soweit das Berufungsgericht den [X.]n mit der Maßgabe [X.] hat, "geleistete Zahlungen sind anzurechnen", widerspricht dies dem Be-stimmtheitserfordernis eines Vollstreckungstitels mit der Folge, dass das Beru-fungsurteil, jedenfalls für die Vergangenheit, nicht als vollstreckungsfähig 37 - 17 - anzusehen sein dürfte (vgl. im Einzelnen [X.]surteil vom 7. Dezember 2005 - [X.] ZR 94/03 - [X.], 261, 262 f.). Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 19.09.2002 - 2 [X.]/01 - [X.], Entscheidung vom 17.06.2003 - 2 UF 130/02 -

Meta

XII ZR 157/03

01.03.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2006, Az. XII ZR 157/03 (REWIS RS 2006, 4793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4793

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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