Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2010, Az. IX ZR 240/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2116

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 240/09 Verkündet am: 21. Oktober 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2010 durch [X.] Ganter, [X.] [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und Grupp für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 2. Dezember 2009 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der W.

GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der [X.](fortan: Sparkasse) ein Girokonto, für das die Schuldnerin und die Sparkasse einen vierteljährlichen Rechnungsabschluss vereinbart [X.]. Der Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin lagen die Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen der Sparkassen (fortan: [X.]) zugrunde. 1 Die Beklagte zog - wie regelmäßig quartalsweise und zuvor ohne [X.] der Schuldnerin - am 12. November 2004 [X.] in Höhe von 1.120,12 • aufgrund einer ihr erteilten Einzugsermächtigung vom Konto der Schuldnerin ein. Die Schuldnerin beantragte am 3. Januar 2005 die Eröffnung des Insol[X.] über ihr Vermögen. Der Kläger wurde am 13. Januar 2005 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit [X.] - bestellt. Am folgenden Tag wurde die Bestellung im [X.] veröffentlicht. Das Insolvenzverfahren wurde am 27. Juni 2005 eröffnet. 3 Mit Schreiben vom 25. September 2008 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von 1.120,12 • auf, wobei er erklärte, er genehmige die Lastschrift und fechte die Zahlung an. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision bleibt ohne Erfolg. 4 [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in [X.], 63 ver-öffentlicht ist, hat ausgeführt: Der allein in Betracht kommende Anspruch aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] scheitere daran, dass es an einer vor Er-öffnung des Insol[X.] vorgenommenen Rechtshandlung fehle. [X.] Rechtshandlung bei einer Lastschrift im [X.] sei die Genehmigung der Belastungsbuchung. Eine Genehmigung liege erst in dem Schreiben des [X.] vom 25. September 2008. Diese sei nach Eröff-nung des Insol[X.] erfolgt. Die Schuldnerin selbst habe die [X.] nicht genehmigt, weil in der bloßen Kontofortführung keine konkludente Genehmigung zu sehen sei. Die in Nr. 7 Abs. 4 [X.] enthaltene Ge-nehmigungsfiktion sei nicht eingetreten, weil vor Ablauf der Frist der Kläger zum 5 - 4 - vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden sei, so dass die Schuldnerin allein die Lastschrift nicht mehr habe genehmigen [X.]. Gegenüber dem Kläger habe die Fiktion keine Wirkung entfalten können. Durch das Schreiben vom 25. September 2008 sei die schwebend unwirksame Genehmigung der Schuldnerin nicht mit Rückwirkung (§ 184 BGB) auf den Zeit-punkt des Eintritts der Fiktion gegenüber der Schuldnerin im Februar 2005 wirk-sam geworden. I[X.] Das Berufungsurteil hat im Ergebnis Bestand. 6 1. Bei einer Abbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung liegt die anfechtbare Rechtshandlung (§ 129 [X.]) in der Genehmigung des [X.], mit der er einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt ([X.], Urt. v. 4. November 2004 - [X.] ZR 22/03, [X.]Z 161, 49, 56; v. 25. Oktober 2007 - [X.] ZR 217/06, [X.]Z 174, 84 Rn. 15; v. 29. Mai 2008 - [X.] ZR 42/07, [X.], 482 Rn. 11; v. 2. April 2009 - [X.] ZR 171/07, [X.], 958 Rn. 6). Maßgeblich für die Anwendbarkeit von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist der Zeitraum zwi-schen Eröffnungsantrag und Eröffnung des Insol[X.] ([X.], Urt. v. 2. April 2009, aaO). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts spricht einiges dafür, dass bereits die Schuld-nerin vor Insolvenzantragstellung die Belastungsbuchung genehmigt hat. Dann käme keine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], sondern bei der hier vorliegenden kongruenten Deckung nur eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] in Betracht. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift fehlt es jedoch sowohl an Feststellungen als auch an [X.]. 7 - 5 - 8 Das Berufungsgericht hat eine konkludente Genehmigung der [X.]buchung durch die Schuldnerin verneint, weil eine Fortführung des [X.] allein hierfür nicht ausreiche. Wie der [X.] nach Erlass des Beru[X.] entschieden hat, kommt eine konkludente Genehmigung durch den Kontoinhaber auch dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle er-kennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften handelt, wozu insbeson-dere auch wiederkehrende Abgabenzahlungen gehören können ([X.], Urt. v. 20. Juli 2010 - [X.], [X.], 1546 Rn. 48, z.[X.]. in [X.]Z). Hat der Schuldner in der Vergangenheit solche Buchungen genehmigt und erhebt er in Kenntnis des [X.], der den bereits genehmigten betragsmäßig nicht wesentlich übersteigt, gegen diesen nach einer angemessenen Überle-gungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtig-te Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben ([X.], Urt. v. 20. Juli 2010 - [X.], aaO). Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, es habe sich um regelmäßig quartalsweise vom Konto eingezogene [X.] gehandelt, denen die Schuldnerin in der Vergangenheit niemals widersprochen habe. Danach liegt nahe, dass mit der Würdigung des Amtsgerichts, das zutreffend die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt hat (vgl. [X.], Urt. v. 20. Juli 2010 - [X.], aaO Rn. 47; v. 20. Juli 2010 - [X.] ZR 37/09, [X.], 1543 Rn. 11, z.[X.]. in [X.]Z), die Schuldnerin bereits vor dem 3. Januar 2005 den Lastschrifteinzug genehmigt hatte. 2. Lehnt man eine konkludente Genehmigung der Lastschriftbuchung vor dem Eröffnungsantrag ab, weil bisher nicht festgestellt ist, dass die Schuldnerin vor diesem Zeitpunkt Kenntnis vom Lastschrifteinzug erlangte, kann die [X.] nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden, es fehle an einer vor Eröffnung des [X.] - 6 - [X.] vorgenommenen Rechtshandlung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Genehmigung spätestens während dieses [X.] erfolgt. 10 a) Aus dem Schreiben des [X.] vom 25. September 2008 lässt sich eine solche Rechtswirkung allerdings nicht ableiten. Dieses Schreiben enthält keine wirksame Genehmigung, weil es nicht an den richtigen Adressaten ge-richtet ist. Die Genehmigung hätte gegenüber der Sparkasse, nicht aber ge-genüber der Beklagten erklärt werden müssen. Selbst wenn mit der vom Kläger vertretenen Auffassung anzunehmen sein sollte, dass sich dieser auch als end-gültiger Insolvenzverwalter noch wie ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zu-stimmungsvorbehalt darauf beschränken kann, nur eine Zustimmung zu der nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK fingierten Genehmigung der Schuldnerin zu erklä-ren, hätte eine solche Erklärung nach § 182 Abs. 1 BGB gegenüber der Zahl-stelle oder der Schuldnerin erfolgen müssen (vgl. [X.], Urt. v. 30. September 2010 - [X.] ZR 178/09, z.[X.].; Kirchhof, [X.], 337, 338 f). Die von der Revi-sion in den Mittelpunkt ihrer Begründung gestellte Frage, ob eine nach Eröff-nung des Insol[X.] erteilte Genehmigung wegen der nach § 184 Abs. 1 BGB grundsätzlich eintretenden Rückwirkung als eine in dem Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung vorgenommene Rechts-handlung angesehen werden kann, ist danach nicht entscheidungserheblich. b) Die Genehmigung ist aber durch den Eintritt der in Nr. 7 Abs. 4 AGB-SpK enthaltenen Fiktion erfolgt. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s ([X.], Urt. v. 25. Oktober 2007 - [X.] ZR 217/06, [X.]Z 174, 84 Rn. 21 ff) angenommen, dass diese [X.] gegenüber einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustim-mungsvorbehalt keine Wirkung entfalte. Wie der [X.] nach Erlass des [X.] - 7 - [X.] entschieden hat, hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest ([X.], Urt. v. 30. September 2010 - [X.] ZR 178/09, z.[X.].). Danach ist die [X.] sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses vom 31. Dezember 2004, also während des Zeitraums der vorläufigen [X.], genehmigt worden. Rechtshandlungen des späteren [X.], denen der vorläufige Insolvenzverwalter zugestimmt hat, können nach den Vorschriften der §§ 129 ff [X.] angefochten werden ([X.], Urt. v. 9. [X.] 2004 - [X.] ZR 108/04, [X.]Z 161, 315, 318). Eine anfechtbare Rechts-handlung in dem von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] erfassten Zeitraum ist [X.] gegeben. 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es fehlt an der für eine An-fechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] erforderlichen Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder von dem Eröff-nungsantrag zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung. 12 a) Die Beklagte hat nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffe-nen tatrichterlichen Feststellungen lediglich eingeräumt, am 21. März 2005 ers-te Rücklastschriften erhalten zu haben; positive Kenntnis von der Insolvenz ha-be sie erst am 22. November 2005 erlangt. Kenntnis von Umständen, die auf eine Zahlungsunfähigkeit oder einen Eröffnungsantrag hindeuten könnten (§ 130 Abs. 2 [X.]), hatte sie danach erst nach dem Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung (Mitte Februar 2005). 13 b) Nach Auffassung der Revision soll sich die Kenntnis vom Eröffnungs-antrag aus der Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 [X.] ergeben. Der [X.] hat jedoch zwischenzeitlich mit Urteil vom 7. Oktober 2010 ([X.] ZR 14 - 8 - 209/09, z.[X.].) entschieden, dass sich allein aus der öffentlichen Bekanntma-chung der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters nicht die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem gegen den Schuldner gerichteten Eröff-nungsantrag ergibt. [X.]

Gehrlein Fischer Grupp Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.07.2009 - 25 C 365/08 - [X.], Entscheidung vom 02.12.2009 - 13 S 198/09 -

Meta

IX ZR 240/09

21.10.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2010, Az. IX ZR 240/09 (REWIS RS 2010, 2116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2116

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