Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2016, Az. I ZB 37/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16931

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


[X.]:[X.]:[X.]:2016:280116BIZB37.15.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/15
vom
28. Januar
2016
in
dem Verfahren
auf Vollstreckbarerklärung eines [X.]

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 1047 Abs. 3
Ein Schiedsgericht ist nach § 1047 Abs.
3 Fall 1 ZPO nicht verpflichtet, die von einer [X.] vorgelegten Unterlagen der anderen [X.] zu übermitteln, wenn diese Unterlagen der anderen [X.] bereits bekannt sind.
[X.], Beschluss vom 28. Januar 2016 -
I [X.]/15 -
[X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 28.
Januar
2016
durch [X.] Dr. Büscher, [X.] Dr. Koch, [X.], die Richterin Dr. [X.] und den Richter Fe[X.]ersen

beschlossen:

Die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesge-richts
Frankfurt am Main
-
26. Zivilsenat -
vom 25. März
2015
wird auf Kosten des
Antragsgegners
zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 500.000

.

Gründe:
[X.] Der Antragsteller verfügte über Liegenschaften, die er zur Errichtung einer Golfanlage nutzen wollte. Er trat mit dem Antragsgegner in [X.] über eine Zusammenarbeit, die zum Abschluss eines [X.] und eines [X.] vom 30.
Oktober 2000 sowie eines [X.] und eines
notariellen Unterer[X.]aurechtsvertrags vom 11. Mai 2001 führten. Etwa ab dem [X.] kam es zwischen den [X.] zu Unstimmigkeiten über die sich aus dem [X.] und deren Erfüllung. Der Antragsgegner erklärte mit Schreiben vom 21.
April 2010, vom 29. September 2011 und vom 1.
Dezember 2011 aus unterschiedlichen Gründen jeweils die außerordentliche Kündigung des [X.].
In dem vom Antragsteller
geführten Schiedsverfahren ist -
soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung -
nach zwei mündlichen Verhand-1
2
-
3
-
lungen am 9. November 2012 ein Teilschiedsspruch
ergangen, mit dem das Schiedsgericht die Unwirksamkeit der Kündigungen festgestellt sowie über wei-tere Sachanträge des Antragstellers zum Nachteil des Antragsgegners ent-schieden hat.
Der Antragsteller hat die Vollstreckbarerklärung des [X.] beantragt. Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat die Aufhebung des [X.] begehrt.
Das [X.] hat den [X.] für vollstreckbar erklärt. Dagegen
richtet sich die Rechtsbeschwerde des
Antragsgegners.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.]s ist von Gesetzes wegen statthaft (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ZPO). Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO genannte Entscheidung des [X.]s über einen Antrag betreffend die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff. ZPO) findet gemäß §
1065 Abs.
1 Satz 1 ZPO die Rechtsbe-schwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist auch sonst zulässig (§
574 Abs.
2 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß §
1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in §
1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Rechtsbe-schwerde trägt vor, der Antragsgegner
habe seine Angriffs-
oder [X.] nicht geltend machen können (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst.
b Fall 2 ZPO) und die Vollstreckung des Schiedsspruchs führe zu einem der öffentli-chen Ordnung (ordre public) widersprechenden Ergebnis (§
1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Fall 2 ZPO), weil das Schiedsgericht dem Antragsgegner
entgegen §
1047 Abs. 3 ZPO nicht das dem Schiedsgericht vom Antragsteller
vorgelegte [X.] übermittelt und damit den
Anspruch des Antragsgegners
3
4
5
-
4
-
auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt habe. Damit hat die Rechtsbe-schwerde keinen Erfolg.
2. Das [X.] hat mit Recht
angenommen, dass das Schiedsgericht dadurch, dass es dem Antragsgegner nicht das vom [X.] vorgelegte [X.] übermittelt hat, nicht gegen § 1047 Abs. 3 ZPO verstoßen und den Antragsgegner weder an der Geltendmachung von Angriffs-
oder
Verteidigungsmitteln gehindert
noch in seinem Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt hat. Es kann daher offenbleiben, ob der Antragsgeg-ner
einen durch die unterbliebene Übermittlung von Abschriften des [X.] unterlaufenen Verstoß gegen §
1047 Abs. 3 ZPO -
wie das Ober-landesgericht weiter angenommen hat -
nicht rechtzeitig gerügt hat und daher ohnehin nicht mehr geltend machen
konnte.

a) Nach den Feststellungen des [X.]s war dem Antrags-gegner der Inhalt des dem Schiedsgericht vom Antragsteller vorgelegten [X.] bekannt. Das [X.] hat festgestellt, das dem Schiedsgericht vom Antragsteller
vorgelegte [X.] habe nach dem Vortrag des Antragstellers die in den Jahren 1999 bis 2005 zwischen
den [X.]en geschlossenen Verträge und insbesondere den nach dem [X.] für die Rechtsbeziehung zwischen den [X.]en maßgebenden Koope-rationsvertrag vom 30. Oktober 2000
enthalten. Der Antragsgegner habe
nicht geltend gemacht, dass ihm diese
Vertragsunterlagen nicht bekannt seien. Er habe ferner keine konkreten Anhaltspunkte für einen vom Original abweichen-den Inhalt der vorgelegten Unterlagen vorgetragen. Der Inhalt des [X.]s biete entgegen der Auffassung des Antragsgegners keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Schiedsgericht mit dem [X.] gegenüber dem Wortlaut der Originalurkunden veränderte Vertragsunterlagen vorgelegen hätten.
6
7
-
5
-
b) Das [X.] hat mit Recht angenommen, dass § 1047 Abs.
3 ZPO das Schiedsgericht nicht verpflichtet, die von einer [X.] vorgeleg-ten Unterlagen der anderen [X.] zu übermitteln, wenn diese Unterlagen der anderen [X.] bereits bekannt sind
([X.]ZPO/[X.], 4. Aufl., § 1047
Rn.
16). Die andere [X.] wird
dadurch, dass ihr solche Unterlagen nicht übermittelt werden, weder an der Geltendmachung von Angriffs-
oder [X.]n gehindert noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
aa) Gemäß § 1047 Abs. 3 Fall 1 ZPO sind alle Schriftsätze, Dokumente und sonstigen Mitteilungen, die dem Schiedsgericht von einer [X.] vorgelegt werden, der anderen [X.] zur Kenntnis zu bringen.
[X.]) Bereits der Wortlaut des § 1047 Abs. 3 Fall 1 ZPO legt -
entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde -
nahe, dass das Schiedsgericht nicht ver-pflichtet ist, die ihm von einer [X.] vorgelegten Unterlagen der anderen [X.] zu übermitteln, wenn der anderen [X.] diese Unterlagen bereits bekannt sind. Die Vorschrift bestimmt entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde
nicht, dass sämtliche Unterlagen, die eine [X.] des Schiedsverfahrens einreicht, der anderen [X.] zu übermitteln sind. Sie ordnet vielmehr lediglich
an, dass dem Gegner die vorgelegten Unterlagen zur Kenntnis zu bringen sind. Wenn eine [X.] -
wie hier der Antragsgegner -
bereits Kenntnis von einem bestimmten Schriftstück hat, kann ihr dieses Schriftstück nicht mehr zur Kenntnis gebracht werden.
[X.]) Auch aus dem Zweck des § 1047 ZPO, den Anspruch auf rechtliches Gehör zu konkretisieren
(vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Ge-setzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, S.
49) folgt, dass sich §
1047 Abs. 3 ZPO nicht auf von einer [X.] vorgelegte Unterlagen bezieht, die der
anderen [X.] des Schiedsverfahrens bereits [X.] sind. Zu ihr bereits vorliegenden oder sonst bekannten Unterlagen kann 8
9
10
11
-
6
-
eine [X.] sich äußern, ohne dass ihr diese vom Schiedsgericht übermittelt werden.
[X.]) Das [X.] hat mit Recht angenommen, dass kein An-lass besteht, § 1047 Abs. 3 ZPO für eine Übermittlung der von einer [X.] vor-gelegten Unterlagen an die andere [X.] strengere Anforderungen zu [X.],
als sie im Zivilprozess für das Verfahren vor staatlichen Gerichten [X.].
Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO sollen die [X.]en den Schriftsätzen, die sie bei Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Anzahl von [X.] der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen. Das gilt nach § 133 Abs.
1 Satz 2 Fall 2 ZPO nicht für Anlagen, die dem Gegner in Urschrift oder Abschrift vorliegen. Danach ist eine Vorlage von Abschriften der
Anlagen zur Übermittlung an den Gegner nicht erforderlich, wenn die Anlagen dem Gegner in Urschrift oder in Abschrift vorliegen.
Allerdings gilt der Grundsatz der mündlichen Verhandlung im schieds-richterlichen Verfahren im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren (vgl. § 128 Abs. 1 ZPO) nicht und haben Schriftsätze im Verfahren vor den Schiedsgerich-ten daher
eine weitaus stärkere Bedeutung als im Verfahren vor den staatlichen Gerichten (vgl. BT-Drucks. 13/5274, [X.]). Diese Umstände sprechen entge-gen der Ansicht der Rechtsbeschwerde jedoch nicht für die Annahme, im schiedsrichterlichen Verfahren seien nach § 1047 Abs. 3 ZPO anders als im gerichtlichen Verfahren nach § 133 Abs. 1 ZPO die von einer [X.] vorgelegten Unterlagen der anderen [X.] auch dann zu
übermitteln, wenn sie dieser be-reits vorliegen
oder sonst bekannt sind. Der durch die Bestimmungen des §
1047 Abs. 3 ZPO und des § 133 Abs. 1 ZPO gleichermaßen konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert
es nicht, dass das Gericht den Par-12
13
14
-
7
-
teien Unterlagen übermittelt, von denen sie bereits Kenntnis haben und zu de-nen sie daher
ohnedies Stellung nehmen können.
ee) Auch zur Eröffnung der Möglichkeit, Manipulationen an Unterlagen durch eine [X.] aufzudecken, ist es nicht geboten, § 1047 Abs. 3 ZPO
dahin auszulegen, dass die von einer [X.] vorgelegten Unterlagen
der anderen [X.] auch dann zu übermitteln sind, wenn die andere [X.] bereits über Urschrif-ten oder Abschriften der betreffenden
Unterlagen verfügt. Die Verpflichtung des Schiedsgerichts nach § 1047 Abs. 3 ZPO, die von einer [X.] vorgelegten [X.] der anderen [X.] zur Kenntnis zu bringen, dient nicht dem Zweck, den [X.]en die Aufdeckung eines solchen
prozessordnungswidrigen
oder so-gar strafbaren
Verhaltens
des Prozessgegners zu ermöglichen. Sie setzt viel-mehr ein ordnungsgemäßes prozessuales Verhalten der [X.]en voraus und soll
lediglich den Anspruch der [X.]en
auf rechtliches Gehör konkretisieren. Das Schiedsgericht ist daher jedenfalls dann, wenn -
wie im Streitfall -
keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die von der einen [X.] vorge-legten Unterlagen von den der anderen [X.] bereits vorliegenden Unterlagen inhaltlich abweichen, nicht verpflichtet, der anderen [X.] die vorgelegten [X.] zu übermitteln.
Im Übrigen kann eine Übermittlung der von einer [X.] vorgelegten [X.] von Unterlagen an die andere [X.] weder im schiedsrichterlichen noch im gerichtlichen Verfahren gewährleisten, dass die andere [X.] etwaige Manipulationen
an den dem Gericht vorgelegten Abschriften dieser Unterlagen aufdecken kann. Die der anderen [X.] übermittelten Abschriften der [X.] müssen nicht mit den dem Gericht vorgelegten Abschriften der Unterlagen übereinstimmen. Eine [X.]
kann die Übereinstimmung der dem Gericht vom Gegner vorgelegten Unterlagen mit ihr vorliegenden Unterlagen
daher zuver-lässig nur durch eine Einsichtnahme
in die Verfahrensakte
überprüfen. Der An-15
16
-
8
-
tragsgegner hat von dieser Möglichkeit -
auch in den beiden mündlichen Ver-handlungen vor dem Schiedsgericht
-
keinen Gebrauch gemacht.
II[X.] Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] auf Kosten des
Antragsgegners

97 Abs.
1 ZPO)
zurückzuwei-sen.

Büscher
Koch
Löffler

[X.]
Fe[X.]ersen
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 25.03.2015 -
26 [X.] 7/12 und
26 Sch 1/13 -

17

Meta

I ZB 37/15

28.01.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2016, Az. I ZB 37/15 (REWIS RS 2016, 16931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16931

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 37/15 (Bundesgerichtshof)

Schiedsgerichtliches Verfahren: Übermittlung der von einer Partei vorgelegten Unterlagen an die andere Partei


I ZB 36/21 (Bundesgerichtshof)

Schiedsverfahren: Verletzung des rechtlichen Gehörs bei fehlerhafter Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags; Frist für die Begründung des …


34 Sch 3/15 (OLG München)

Vollstreckbarerklärungsverfahren nur mit ausreichend legalisierter Urschrift des Schiedsspruchs


III ZB 11/07 (Bundesgerichtshof)


I ZB 8/15 (Bundesgerichtshof)

Schiedsgerichtliches Verfahren: Verstoß gegen den ordre public durch Nichtbeachtung zwingender Vorschriften für Vertragsärzte; Richten in …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZB 37/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.