Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 01.06.2017, Az. I ZR 139/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10045

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie zu den Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung ihrer Werke; Berücksichtigung der Grundrechte der EU-Grundrechtecharta - Afghanistan Papiere


Leitsatz

Afghanistan Papiere

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zum ausschließlichen Recht der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?

2. In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta zu berücksichtigen?

3. Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EU-Grundrechtecharta) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG) ihrer Werke außerhalb der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, [X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zum ausschließlichen Recht der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke und den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.]) Umsetzungsspielräume im nationalen Recht?

2. In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke die Grundrechte der [X.] zu berücksichtigen?

3. Können die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 [X.]) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 [X.]) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) ihrer Werke außerhalb der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen?

Gründe

1

A. Die Klägerin ist die [X.]. Sie lässt wöchentlich einen militärischen Lagebericht über die Auslandseinsätze der [X.] und die Entwicklungen im Einsatzgebiet gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland ([X.] - [X.]) erstellen. Die Berichte werden von der Klägerin unter der Bezeichnung „Unterrichtung des Parlaments“ ([X.]) an ausgewählte Abgeordnete des [X.], Referate im [X.] und in anderen [X.]ministerien sowie dem [X.] nachgeordnete Dienststellen übersandt. Die [X.] sind gemäß § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des [X.] (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - [X.]) als Verschlusssache „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft, die niedrigste von vier Geheimhaltungsstufen. Daneben veröffentlicht die Klägerin gekürzte Fassungen der [X.] als „Unterrichtung der Öffentlichkeit“ ([X.]).

2

Die Beklagte betreibt unter der [X.]adresse „[X.].     .de“ das Onlineportal der [X.]. Am 27. September 2012 beantragte sie unter Berufung auf das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des [X.] (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) die Einsichtnahme in sämtliche [X.] aus der [X.] vom 1. September 2001 bis zum 26. September 2012. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 25. Oktober 2012 mit der Begründung, das Bekanntwerden der Informationen könne nachteilige Auswirkungen auf sicherheitsempfindliche Belange der [X.] haben, gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. [X.] abgelehnt. Zugleich wurde in dem Bescheid auf die regelmäßig erscheinende [X.] hingewiesen, die eine nicht die Sicherheitsinteressen der [X.] berührende Version der [X.] darstelle.

3

Die Beklagte gelangte auf unbekanntem Weg an einen Großteil der [X.], wobei sich der Kreis der Übermittler auf Bedienstete der Klägerin oder [X.]tagsabgeordnete beschränken lässt. Seit dem 27. November 2012 veröffentlicht die Beklagte die von ihr als „[X.]“ bezeichneten [X.] aus den Jahren 2005 bis 2012 im [X.], die dort als eingescannte Einzelseiten betrachtet werden können.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze damit das Urheberrecht an diesen Berichten. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

5

Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt ([X.], [X.], 55). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Androhung von [X.] verurteilt wird, die auf dem als Anlage [X.] beigefügten Datenträger befindlichen und über den [angegebenen] Pfad seitenweise abrufbaren, als „[X.] Papiere“ bezeichneten Schriftstücke ganz oder in Teilen ohne Zustimmung der Klägerin im [X.] zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie unter der [angegebenen] [X.]adresse geschehen (O[X.], [X.], 59).

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

7

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung von Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ab. Vor einer Entscheidung über die Revision der Beklagten ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

8

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin erhobene Unterlassungsanspruch sei begründet, weil die Beklagte das Urheberrecht an den [X.] widerrechtlich verletzt habe. Dazu hat es ausgeführt:

9

Die von der Beklagten zum Abruf im [X.] eingestellten Texte seien als Schriftwerke urheberrechtlich geschützt. Es handele sich nicht um amtliche Werke, die keinen urheberrechtlichen Schutz genössen. Die Klägerin sei berechtigt, einen Unterlassungsanspruch wegen unbefugter [X.], Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der Texte geltend zu machen. Die Beklagte habe die [X.] veröffentlicht, vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht. Der Eingriff in das Urheberrecht sei nicht von einer Schrankenregelung gedeckt. Da die Beklagte sich darauf beschränkt habe, die militärischen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten, handele es sich weder um eine Berichterstattung über Tagesereignisse noch lägen die Voraussetzungen des Zitatrechts vor.

Die erforderliche Abwägung der betroffenen Grundrechte der Parteien habe im Rahmen der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Schrankenregelungen zu erfolgen. Auf Seiten der Beklagten seien die Presse- und die Informationsfreiheit zu berücksichtigen, auf Seiten der Klägerin deren Verwertungs- und Geheimhaltungsinteressen. Die Grundrechte der Beklagten überwögen die Rechte der Klägerin nicht in dem Sinne, dass die [X.] der gesamten und ungekürzten [X.] vom Zweck des Zitatrechts gedeckt sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Dokumente in Gestalt der [X.] bereits zum größten Teil für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dem Informationsinteresse damit in hohem Maße entsprochen habe. Dagegen präsentiere die Beklagte den Lesern ihrer [X.]seite keine Informationen zu den in den [X.] behandelten Themen. Sie setze sich nicht etwa in der Weise mit den [X.] auseinander, dass sie einzelnen Abschnitten der [X.] die entsprechenden Abschnitte der [X.] gegenüberstelle und die Diskrepanzen zwischen den [X.] und den [X.] im Rahmen einer Analyse erörtere. Die Klägerin habe die Geheimhaltung bestimmter Informationen damit begründet, dass die [X.] sicherheitsempfindliche Belange der [X.] beträfen. Dies überzeuge ohne weiteres, soweit eine Bedrohungslage oder die Rolle handelnder Personen eingeschätzt und bewertet oder Strategien der [X.] oder Details ihrer Einsatzstärke dargestellt würden. Im Übrigen müsse der Klägerin insoweit ein entsprechendes und nicht in jedem Einzelfall zu begründendes Beurteilungsermessen eingeräumt werden.

II. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§ 97 Abs. 1 [X.]) setzt voraus, dass die Beklagte das Urheberrecht an den [X.] widerrechtlich verletzt hat.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.] als Schriftwerke urheberrechtlich geschützt sein können. Es hat ferner mit Recht angenommen, dass es sich bei den [X.] nicht um amtliche Werke im Sinne von § 5 Abs. 1 oder 2 [X.] handelt, die keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Seine Beurteilung, die Klägerin sei berechtigt, einen Unterlassungsanspruch wegen unbefugter [X.] (§ 12 [X.]), Vervielfältigung (§ 16 [X.]) und öffentlicher Zugänglichmachung (§ 19a [X.]) der Texte geltend zu machen, und die Beklagte habe die [X.] veröffentlicht, vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Die vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen zwar nicht seine Annahme, dass die [X.] tatsächlich die Anforderungen an den urheberrechtlichen Schutz von Schriftwerken erfüllen; das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, durch welche konkreten Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit der von der Beklagten veröffentlichten [X.] bestimmt wird. Eine Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, um diesem Gelegenheit zur Nachholung entsprechender Feststellungen zu geben, scheidet jedoch aus, wenn ein Eingriff in das Urheberrecht an den [X.] jedenfalls von den hier in Betracht kommenden urheberrechtlichen Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 [X.]) oder des Zitatrechts (§ 51 [X.]) gedeckt ist oder unter Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG; Art. 11 Abs. 1 Satz 2 [X.]) oder der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 11 Abs. 2 [X.]) gerechtfertigt ist. In diesem Fall wäre die Sache zur Endentscheidung reif und hätte der Senat das Berufungsurteil aufzuheben, die landgerichtliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

III. Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein - für die rechtliche Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellender - Eingriff in das Urheberrecht an den [X.] gerechtfertigt ist, stellen sich Fragen zur Auslegung von Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.], die nicht zweifelsfrei zu beantworten sind.

1. Das im Streitfall betroffene [X.]srecht des [X.] (§ 12 [X.]) liegt als Urheberpersönlichkeitsrecht zwar außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2001/29/[X.] (vgl. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2001/29/[X.]). Die hier in Rede stehenden ausschließlichen Rechte des [X.] zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes, sind dagegen durch die Richtlinie 2001/29/[X.] auf [X.]sebene harmonisiert. Darüber hinaus regelt die Richtlinie 2001/29/[X.] die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf die von ihr erfassten Verwertungsrechte und so auch in Bezug auf das Recht des [X.] zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung seines Werkes für dessen Nutzung in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse (Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.] der Richtlinie 2001/29/[X.]) und für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.]). Die im [X.] Recht vorgesehenen Schranken des Rechts des [X.] zur Vervielfältigung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 [X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a [X.]) seines Werkes zur Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 [X.]) oder zum Zwecke des Zitats (§ 51 [X.]) beruhen auf diesen Bestimmungen der Richtlinie 2001/29/[X.] und sind daher richtlinienkonform auszulegen.

2. Bei einer allein am Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.] und Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] ausgerichteten richtlinienkonformen Auslegung der §§ 50, 51 [X.], kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse oder des Zitatrechts berufen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

a) Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.] der Richtlinie 2001/29/[X.] können die Mitgliedstaaten für die Nutzung von Werken in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse in Bezug auf das in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Vervielfältigungsrecht und das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung Ausnahmen und Beschränkungen vorsehen, soweit es der Informationszweck rechtfertigt und sofern - außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist - die Quelle, einschließlich des Namens des [X.], angegeben wird.

Der [X.] Gesetzgeber hat diese Bestimmung mit § 50 und § 63 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] ins nationale Recht umgesetzt. Nach § 50 [X.] ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in [X.]ungen, [X.]schriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Für den Fall, dass ein Werk oder ein Teil eines Werkes nach § 50 [X.] vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach Maßgabe von § 63 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] die Verpflichtung zur Angabe der Quelle.

Die Beklagte hat die [X.] dadurch, dass sie diese im [X.] eingestellt hat, nicht im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.] der Richtlinie 2001/29/[X.] in Verbindung mit einer Berichterstattung über Tagesereignisse vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben. Die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe der [X.] durch die Beklagte steht jedenfalls nicht in Verbindung mit einer Berichterstattung. Es kann danach offenbleiben, ob im Streitfall ein Tagesereignis betroffen ist.

Die Beklagte hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf beschränkt, die militärischen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten. Darin liegt keine Berichterstattung. Die Beklagte hat damit weder selbst über die militärische Lage berichtet noch hat sie die Schilderung der militärischen Lage durch die Verfasser der Berichte analysiert oder kommentiert und damit ihrerseits zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Sie hat sich in Verbindung mit der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] auch nicht etwa in der Weise mit den Diskrepanzen zwischen den [X.] und den [X.] auseinandergesetzt, dass sie einzelnen Abschnitten der [X.] die entsprechenden Abschnitte der [X.] gegenübergestellt hat. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, zentrales Anliegen der Beklagten sei es gewesen, die [X.] dadurch, dass sie diese im Volltext ins [X.] stellt und mit der Einladung zur Partizipation verbindet, in ein Netzwerk journalistischer Berichterstattung einzubinden. Eine eigene Berichterstattung der Beklagten wird damit auch von der Revision nicht behauptet.

b) Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] können die Mitgliedstaaten für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen in Bezug auf das in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Vervielfältigungsrecht und das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehene Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung Ausnahmen und Beschränkungen vorsehen, sofern sie ein Werk betreffen, das der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern - außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist - die Quelle, einschließlich des Namens des [X.], angegeben wird und sofern die Nutzung den anständigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.

Der [X.] Gesetzgeber hat diese Bestimmung mit § 51 und § 63 Abs. 1 und 2 [X.] ins nationale Recht umgesetzt. Nach § 51 Satz 1 [X.] ist die Vervielfältigung eines veröffentlichten Werks zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Für den Fall, dass ein Werk oder ein Teil eines Werkes nach § 51 [X.] vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach Maßgabe von § 63 Abs. 1 und 2 [X.] die Verpflichtung zur Angabe der Quelle.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] berufen. Sie hat die [X.] weder für Zitatzwecke vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben noch waren die [X.] zum [X.]punkt ihrer Vervielfältigung und öffentlichen Wiedergabe durch die Beklagte der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden.

aa) Die Beklagte hat die [X.] nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zum Zwecke des Zitats vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben.

(1) Die Zitatfreiheit soll die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken erleichtern. Die Verfolgung eines Zitatzwecks erfordert daher, dass der [X.] eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen des [X.]n erscheint. Es genügt nicht, wenn die Verwendung des fremden Werkes allein zum Ziel hat, dieses [X.] - etwa zu Informationszwecken - leichter zugänglich zu machen (zu § 51 [X.] vgl. [X.], Urteil vom 30. November 2011 - I ZR 212/10, [X.], 819 Rn. 12 und 28 = [X.], 1418 - Blühende Landschaften; Urteil vom 17. Dezember 2015 - [X.], [X.], 368 Rn. 25 = [X.], 485 - Exklusivinterview, jeweils mwN).

(2) Die Beklagte hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darauf beschränkt, die militärischen Lageberichte in systematisierter Form im [X.] einzustellen und zum Abruf bereitzuhalten. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des [X.]s gibt es keine eigenen Ausführungen der Beklagten, für die die auf dem [X.] eingestellten Berichte als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage dienen könnten. Die Beklagte hat demnach keine innere Verbindung zwischen den fremden Schriftwerken und eigenen Gedanken hergestellt. Die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung der [X.] diente somit keinem Zitatzweck. Dafür genügt es nicht, dass die Beklagte mit dem Einstellen der Berichte im [X.] - wie die Revision geltend macht - das Ziel verfolgt, der Öffentlichkeit bedeutsame Informationen zugänglich zu machen.

bb) Darüber hinaus waren die [X.] zum [X.]punkt ihrer Vervielfältigung und öffentlichen Wiedergabe durch die Beklagte der Öffentlichkeit nicht bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden.

(1) Ein Werk ist der Öffentlichkeit rechtmäßig zugänglich gemacht worden, wenn es ihr mit Zustimmung des Berechtigten zugänglich gemacht worden ist.

(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die [X.] nicht dadurch veröffentlicht - also der Öffentlichkeit mit Zustimmung des Berechtigten zugänglich gemacht (vgl. § 6 Abs. 1 [X.]) - worden sind, dass die Klägerin sie an ausgewählte Abgeordnete des [X.], Referate im [X.] und in anderen [X.]ministerien sowie an dem [X.] nachgeordnete Dienststellen übersandt hat. Die Klägerin hat die [X.] damit lediglich einem abgegrenzten Personenkreis und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2014 - [X.], [X.], 974 Rn. 57 = [X.], 1198 - Porträtkunst). Sie hat ferner durch die Einstufung der [X.] als „Verschlusssache“ im Sinne von § 4 Abs. 2 [X.] deutlich gemacht, dass die Berichte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 143, 144).

(3) Die [X.] sind auch nicht dadurch veröffentlicht worden, dass die Klägerin der Öffentlichkeit - wie die Revision geltend macht - die mit den [X.] nahezu identischen [X.] zugänglich gemacht hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, im Blick auf die zwischen den [X.] und den [X.] bestehenden Unterschiede könne in der [X.] der [X.] keine [X.] der [X.] gesehen werden, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob - wie die Revision geltend macht - die allein in den [X.] und nicht in den [X.] enthaltenen Textteile keinen [X.] haben. Das [X.]srecht umfasst das Recht des [X.] zu bestimmen, wie sein Werk zu veröffentlichen ist (vgl. § 12 Abs. 1 [X.]). Daraus folgt, dass in der [X.] der gekürzten Fassung eines Schriftwerks auch dann keine [X.] der vollständigen Fassung des Schriftwerks liegt, wenn die allein in der vollständigen Fassung enthaltenen Textteile für sich genommen keinen [X.] haben.

3. Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine widerrechtliche Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] ausscheidet, weil die der Klägerin nach Art. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] (§§ 16, 19a [X.]) zustehenden Befugnisse oder die - hier allein in Betracht kommenden - Schrankenregelungen der Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.], Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] (§§ 50, 51 [X.]) im Lichte der im Streitfall betroffenen Grundrechte und Interessen auszulegen und anzuwenden sind, und die von der Beklagten geltend gemachte Behinderung der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit durch das Urheberrecht an den [X.] schwerer wiegt als der Schutz von Verwertungsinteressen und Geheimhaltungsinteressen der Klägerin.

Die Revision macht insoweit geltend, die Schrankenregelungen der Berichterstattung über [X.] und insbesondere des Zitatrechts seien im Falle einer investigativen [X.] amtlicher Dokumente auf der [X.]seite eines Presseorgans extensiv auszulegen oder analog anzuwenden, wenn diese [X.] - wie im Streitfall - dem Zweck diene, die Öffentlichkeit auf eine faktische Kriegsführung aufmerksam zu machen und zu einer Auseinandersetzung mit den Dokumenten aufzufordern. Jedenfalls bestehe in einem solchen Fall die Verpflichtung, über diese Schrankenregelungen hinaus eine Einzelfallabwägung der betroffenen Grundrechte vorzunehmen. Der ebenfalls ins [X.] eingestellten und vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Einleitung der Beklagten sei zu entnehmen, dass sie die [X.] im Rahmen eines investigativen Konzepts veröffentlicht habe. Die [X.] der [X.] habe es der Öffentlichkeit ermöglichen sollen, die Unterschiede zwischen den [X.] und den [X.] zu erfassen und daraus eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Es sei ureigene Sache der Presse zu bestimmen, ob sie Texte im Wege einzelner Zitate veröffentliche oder der Öffentlichkeit das Material im Volltext zur Verfügung stelle und die [X.] mit einer Einleitung interaktiv gestalte.

a) Zunächst stellt sich die Frage, ob die hier in Rede stehenden Vorschriften des [X.]srechts zum Vervielfältigungsrecht (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zum Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) des [X.] und zu den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.]) [X.] im nationalen Recht lassen (Vorlagefrage 1).

aa) Diese Frage ist entscheidungserheblich, weil nach der Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts innerstaatliche Rechtsvorschriften, die eine Richtlinie der [X.] in [X.]s Recht umsetzen, grundsätzlich nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein am [X.]srecht und damit auch an den durch dieses gewährleisteten Grundrechten zu messen sind, soweit die Richtlinie den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum überlässt, sondern zwingende Vorgaben macht ([X.], Urteil vom 31. Mai 2016 - 1 BvR 1585/13, [X.], 690 Rn. 115 = [X.], 822). Für die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des [X.], die die hier in Rede stehenden Vorschriften der Richtlinie 2001/29/[X.] zum Vervielfältigungsrecht und zum Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung des [X.] und zu den Ausnahmen oder Beschränkungen dieser Rechte in [X.]s Recht umsetzen, sind daher grundsätzlich allein die durch das [X.]srecht gewährleisteten Grundrechte und nicht die Grundrechte des Grundgesetzes maßgeblich, soweit die Richtlinie 2001/29/[X.] den Mitgliedstaaten für die Umsetzung dieser Vorschriften zwingende Vorgaben macht.

In diesem Fall kommt es für die Auslegung und Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften ferner nicht auf die Gewährleistungen der [X.] ([X.]) und die Rechtsprechung des [X.] ([X.]MR) an. Die Gewährleistungen der [X.], der im nationalen Recht der Rang von einfachem [X.]recht zukommt, und die Rechtsprechung des [X.]MR dienen zwar auf [X.] des nationalen Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07 und 1 BvR 1626/07, [X.]E 120, 180, 200 f., mwN). Richtlinien der [X.] sind dagegen allein anhand der durch die [X.] garantierten Grundrechte auszulegen, da die [X.], solange die [X.] ihr nicht beigetreten ist, kein Rechtsinstrument darstellt, das förmlich in die [X.]srechtsordnung übernommen wurde (vgl. [X.], Urteil vom 26. Februar 2013 - [X.]/10, NJW 2013, 1415 Rn. 44 - [X.]; Urteil vom 15. Februar 2016 - [X.]/15, NVwZ 2016, 1789 Rn. 45 bis 48; Urteil vom 21. Dezember 2016 - [X.]/15 und [X.]/15, [X.]. 2017, 165 Rn. 127 bis 129; Urteil vom 5. April 2017 - [X.]/15 und [X.]/15, juris Rn. 15, jeweils mwN). Entgegen der Ansicht der Revision käme es danach für die Auslegung und Anwendung der hier in Rede stehenden Vorschriften des [X.], soweit diese zwingende Vorgaben der Richtlinie 2001/29/[X.] in [X.]s Recht umsetzen, nicht auf die nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung und das Urteil des [X.] vom 10. Januar 2013 in der Rechtssache „[X.] u.a./Frankreich“ (36769/08, [X.], 859) an.

bb) Nach Ansicht des Senats hat die Richtlinie 2001/29/[X.] die in ihr geregelten Verwertungsrechte der Urheber vollständig harmonisiert (zum Verbreitungsrecht der Urheber vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03, [X.], 840 Rn. 19 f. = WRP 2009, 1127 - [X.], mwN). Den Mitgliedstaaten steht es nach Art. 5 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/[X.] zwar frei, ob sie in den dort genannten Fällen Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf diese Verwertungsrechte vorsehen. Sie dürfen jedoch zum einen in keinem anderen Fall eine Ausnahme oder Beschränkung schaffen, da diese in der Richtlinie erschöpfend aufgeführt sind (vgl. Erwägungsgrund 32 Satz 1 der Richtlinie). Sie müssen zum anderen, wenn sie eine Ausnahme oder Beschränkung einführen, deren Voraussetzungen vollständig umsetzen, da eine inkohärente Umsetzung dem [X.] (vgl. Erwägungsgrund 32 Satz 4 der Richtlinie; [X.], Urteil vom 3. September 2014 - [X.], [X.], 972 Rn. 16 - Deckmyn und [X.]/Vandersteen u.a., mwN).

b) Sodann stellt sich die Frage, in welcher Weise bei der Bestimmung der Reichweite der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts des [X.] zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes die Grundrechte der [X.] zu berücksichtigen sind (Vorlagefrage 2). Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 [X.]) oder der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 [X.]) Ausnahmen oder Beschränkungen des ausschließlichen Rechts des [X.] zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.]) und zur öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.]) seines Werkes außerhalb der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen rechtfertigen können (Vorlagefrage 3). Nach Ansicht des Senats sollten insoweit folgende Grundsätze gelten:

Bei der Auslegung und Anwendung der hier in Rede stehenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/29/[X.] und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts sind nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 [X.] die dort aufgeführten Grundrechte zu beachten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die den Urhebern von der Richtlinie 2001/29/[X.] eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte und die in Bezug auf diese Rechte vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen bereits das Ergebnis einer vom Richtliniengeber vorgenommenen Abwägung zwischen dem Interesse der Urheber an einer möglichst umfassenden und uneingeschränkten Ausschließlichkeitsbefugnis und den Interessen der Allgemeinheit an einer möglichst umfassenden und uneingeschränkten Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke sind (zum [X.] Urheberrecht vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 2002 - [X.], [X.]Z 150, 5, 8 f. - [X.]; Urteil vom 20. März 2003 - [X.]/00, [X.]Z 154, 260, 264 f. - [X.]).

Daher haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung der [X.] der Urheber und der [X.] die in der Richtlinie zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachzuvollziehen, die den durch Art. 17 Abs. 2 [X.] verbrieften Schutz des geistigen Eigentums des [X.] ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen der Nutzer beachtet und im Wege einer Abwägung in ein angemessenes Gleichgewicht bringt (zum [X.] Urheberrecht vgl. [X.]Z 154, 260, 265 - [X.]; [X.], Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09, [X.]E 129, 78, 101 f., mwN; [X.], [X.], 690 Rn. 122; vgl. auch [X.], Urteil vom 29. Januar 2008 - [X.]/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 241 Rn. 68 - Promusicae; Urteil vom 27. März 2014 - [X.], [X.], 468 Rn. 46 = [X.], 540 - [X.] Telekabel).

Dabei kann beispielsweise ein gesteigertes öffentliches Interesse an der öffentlichen Zugänglichmachung eines geschützten Werkes unter Umständen schon bei der Auslegung der dem Urheber zustehenden Befugnisse, in jedem Fall aber bei der Auslegung der [X.] berücksichtigt werden und im Einzelfall dazu führen, dass eine enge, am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung einer großzügigeren, dem Informationsinteresse der Allgemeinheit genügenden Interpretation weichen muss (vgl. [X.]Z 150, 5, 8 - [X.]; [X.]Z 154, 260, 265 - [X.]).

Dagegen kommt eine außerhalb der urheberrechtlichen [X.] und [X.] angesiedelte allgemeine Interessenabwägung aus Sicht des Senats nicht in Betracht. Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Richtlinie würde eine von der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Vorschriften losgelöste Grundrechtsabwägung durch die Gerichte in das vom Richtliniengeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bereits allgemein geregelte Verhältnis von Urheberrecht und Schrankenregelung übergreifen (zum [X.] Urheberrecht vgl. [X.]Z 154, 260, 266 f. - [X.]; [X.], [X.] vom 17. November 2011 - 1 BvR 1145/11, [X.], 389 Rn. 14 mwN).

c) Im Streitfall wären nach diesen Maßstäben bei der Auslegung und Anwendung der Verwertungsrechte und der Schrankenregelungen das der Klägerin von den Urhebern eingeräumte ausschließliche Recht der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] und das Interesse der Klägerin an einer Geheimhaltung der für die Sicherheit der [X.] bedeutsamen Informationen auf der einen Seite und die durch Art. 11 Abs. 1 und 2 [X.] gewährleisteten Grundrechte der Informationsfreiheit (hier in Form der Freiheit, Informationen ohne behördliche Eingriffe weiterzugeben) und der Medienfreiheit (hier in Gestalt der Pressefreiheit) auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen.

Dabei kommt den von der Beklagten geltend gemachten Grundrechten der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit ein besonders hoher Rang zu, da die umfassende und wahrheitsgemäße Information der Bürger durch die Presse eine Grundvoraussetzung des Prozesses [X.] Meinungs- und Willensbildung ist; diese Grundrechte gewinnen bei einem Konflikt mit anderen Rechtsgütern zudem besonderes Gewicht, wenn sie Angelegenheiten betreffen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren (zu Art. 5 Abs. 1 GG: [X.], Beschluss vom 3. Dezember 1985 - 1 BvR 15/84, [X.]E 71, 206, 220 mwN).

Das von der Klägerin beanspruchte ausschließliche Recht zur [X.], Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der [X.] muss nicht deshalb von vornherein hinter dem von der Beklagten geltend gemachten öffentlichen Interesse an der Wiedergabe der Dokumente zurücktreten, weil amtliche Dokumente keinen oder nur einen eingeschränkten Urheberrechtsschutz genießen (aA [X.]/[X.], [X.], 500, 503). Der Umstand, dass es sich bei den [X.] um amtlichen Zwecken dienende Berichte handelt, die von Staatsbediensteten in Erfüllung ihrer Dienstpflichten geschaffen wurden, berührt weder die Urheberrechtsfähigkeit der Berichte noch das Bestehen von Verwertungsrechten auf Seiten der Verfasser oder des Dienstherrn (vgl. [X.], [X.], 410, 413).

Bei amtlichen Werken ist die Kollisionslage mit der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit allerdings nicht dadurch geprägt, dass das Interesse der staatlichen Stellen darauf gerichtet ist, dem Urheber einen gerechten Lohn für seine Schöpfung zu sichern. Die [X.] werden von Staatsbediensteten in Erfüllung ihrer Dienstpflichten erstellt. Die Verfasser der Berichte werden nicht über eine wirtschaftliche Verwertung der Berichte, sondern über ihre Dienstbezüge entlohnt. Auch im Streitfall dient die Geltendmachung der Urheberrechte durch die Klägerin nicht der Wahrung wirtschaftlicher Interessen, sondern der Geheimhaltung bestimmter Berichtsinhalte. Das steht jedoch der Gewährung von Urheberrechtsschutz nicht entgegen (aA [X.]/[X.], [X.], 500, 503; [X.], [X.], 285, 288). Das Urheberrechtsgesetz schützt mit dem [X.]srecht (§ 12 [X.]) auch das Interesse des [X.] an einer Geheimhaltung des Inhalts seines Werkes (vgl. [X.], [X.], 188, 190; [X.], Urheber- und Urhebervertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 364; aA [X.], [X.], 285, 288).

Es kann nach Ansicht des Senats zum jetzigen [X.]punkt offenbleiben, ob unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles dem Geheimhaltungsinteresse der Klägerin oder dem [X.]sinteresse der Beklagten größeres Gewicht beizumessen ist. Der Senat neigt zu der Annahme, dass das von der Beklagten behauptete, gesteigerte öffentliche Interesse an der Wiedergabe der - unterstellt - urheberrechtlich geschützten Schriftwerke nicht zu einer Auslegung der Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse und des Zitatrechts führen kann, die nicht mehr vom Wortlaut dieser Regelungen gedeckt ist und dem klar erkennbaren Willen des [X.] widerspricht. Dies wäre nach Ansicht des Senats aber der Fall, wenn die Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. [X.] (§ 50 [X.]) dahin ausgelegt würde, dass sie Werke erfasst, die - wie die [X.] - nicht in Verbindung mit einer Berichterstattung vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben werden, oder die Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/[X.] (§ 51 [X.]) dahin ausgelegt würde, dass sie Werke erfasst, die - wie die [X.] - nicht zu Zitatzwecken vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben werden und zum [X.]punkt der Vervielfältigung oder öffentlichen Wiedergabe der Öffentlichkeit nicht bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden sind.

Büscher     

      

Koch     

      

Löffler

      

Schwonke     

      

[X.]     

      

Berichtigungsbeschluss vom 9. November 2017

Der Senatsbeschluss vom 1. Juni 2017 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO in Randnummer 5 dahin berichtigt, dass dort im zweiten Satz nach den Wörtern „verurteilt wird,“ die Wörter „es zu unterlassen,“ eingefügt werden.

Büscher     

    

Koch     

    

Löffler

    

Schwonke     

    

[X.]     

    

Meta

I ZR 139/15

01.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 12. Juni 2015, Az: I-6 U 5/15, Urteil

Art 2 Buchst a EGRL 29/2001, Art 3 Abs 1 EGRL 29/2001, Art 5 Abs 2 EGRL 29/2001, Art 5 Abs 3 EGRL 29/2001, Art 11 Abs 1 S 2 EUGrdRCh, Art 11 Abs 2 EUGrdRCh, Art 267 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 01.06.2017, Az. I ZR 139/15 (REWIS RS 2017, 10045)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1004-1006 REWIS RS 2017, 10045


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 139/15

Bundesgerichtshof, I ZR 139/15, 30.04.2020.

Bundesgerichtshof, I ZR 139/15, 01.06.2017.


Az. 6 U 5/15

Oberlandesgericht Köln, 6 U 5/15, 12.06.2015.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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