Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2012, Az. II ZR 50/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8247

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR 50/09
Verkündet am:

13.
März 2012

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 286 E
Ein Gericht darf die Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen einer [X.] nicht deshalb ablehnen, weil es zu ihrem früheren Vortrag in [X.] stehe. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des [X.]vortrags ist vielmehr im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

[X.], Urteil vom 13. März 2012 -
II ZR 50/09 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.
März 2012 durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und [X.]
Strohn, die Richterinnen Caliebe
und
Dr.
Reichart
und den Richter Born
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 18.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Januar 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.]n entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine im [X.]handel und in der [X.]verarbeitung tätige GmbH & Co. KG, der [X.] war bis Anfang Januar 2004 zusammen mit B.

[X.]

gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer ihrer Komple-mentär-GmbH. Die Klägerin verlangt vom [X.]n Schadensersatz wegen 1
-
3
-
ihrer Inanspruchnahme aus einer Garantievereinbarung in Höhe von

Die Klägerin bezog [X.] von der Streithelferin, der S.

GmbH. In die Vertragsbeziehung war die E.

Ltd. (im Folgenden: E.

) mit Sitz in [X.], [X.] zwischengeschaltet. Zwischen der Streithelferin und der E.

einerseits sowie der E.

und der Klägerin ande-rerseits bestanden im Wesentlichen gleichlautende Lieferverträge: Die E.

kaufte [X.] von der Streithelferin und verkaufte ihn an die Klägerin. Die [X.] selbst erfolgten von der Streithelferin unmittelbar an die Klägerin.
Mit schriftlicher Erklärung vom 29. März 2001 übernahm die Klägerin ge-genüber der Streithelferin eine Garantie für die Erfüllung der Zahlungsverpflich-tungen der E.

gegenüber der Streithelferin aus den in den Jahren 2001 und 2002 geschlossenen [X.]. Am 9. Juli 2002 gaben der [X.] und sein Mitgeschäftsführer für die Klägerin eine weitere Garantieerklärung gegenüber der Streithelferin ab, mit der sich die Klägerin unwiderruflich verpflichtete, an die Streithelferin Zahlung zu leisten, sofern die E.

ihren Verpflichtungen aus den mit der Streithelferin in den Jahren 2002 und 2003 geschlossenen [X.] nicht fristgerecht nachkäme (im Folgenden: Garantie 2002). Am 17. Dezember 2003 unterzeichneten der [X.] und auf seine Veranlassung auch sein Mit-geschäftsführer [X.]

eine entsprechende Garantieerklärung gegenüber der Streithelferin, in der sich die Klägerin verpflichtete, für die Erfüllung der [X.] der E.

gegenüber der Streithelferin aus den in den [X.] 2003 und 2004 geschlossenen [X.] einzustehen (im Folgenden: [X.]). In der Garantieerklärung heißt es, dass Ansprüche aus der Garan-tie vom Begünstigten schriftlich unter Darlegung des [X.] ge-genüber dem Garanten geltend gemacht werden müssen. Die nach den [X.] der Klägerin, ihrer Geschäftsordnung für 2
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-
4
-
die Geschäftsführung und des [X.] des [X.]n für die Über-nahme einer solchen Garantie erforderliche Zustimmung des [X.] lag bei Abgabe der Garantieerklärung im Dezember 2003 nicht vor.
Die Gesellschafterversammlung der Klägerin erteilte beiden Geschäfts-führern für die Jahre 2001 und 2002 Entlastung. Für das [X.] entlastete sie den Geschäftsführer [X.]

, während sie dem [X.]n die Entlastung verweigerte.
Im Februar 2004 beendete die Streithelferin die Zusammenarbeit mit der E.

Mit Schreiben vom 22. April 2004 forderte sie, gestützt auf die Garantie 2003, von der Klägerin Zahlung von 3.575.924,77

die E.

ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem Vertrag vom 7.
März 2003 für die von ihr bestellten [X.]lieferungen nicht nachgekommen sei. Am 6.
Mai 2004 schloss die Klägerin mit der Streithelferin eine sogenannte Erfüllungsver-einbarung, in der sie sich zur Zahlung des geforderten Betrages verpflichtete, den sie vereinbarungsgemäß an die Streithelferin zahlte. Die Klägerin ist der Ansicht, der [X.] schulde ihr Ersatz des dadurch entstandenen Schadens, weil er die Zustimmung des [X.] zur Abgabe der Garantieerklärung 2003 nicht eingeholt habe.
Das [X.] hat ihre auf Erstattung der Garantiezahlung an die Streithelferin gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Klageabweisung im Übrigen der Klage in Höhe von 3.256.275,15

e-nat zugelassene Revision des [X.]n, mit der er seinen Antrag auf vollstän-dige Abweisung der Klage weiter verfolgt.

4
5
6
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.]n hat Erfolg und führt, soweit zum Nachteil des [X.]n entschieden worden ist, zur Aufhebung der angefochtenen Entschei-dung und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Klägerin könne vom [X.]n Schadensersatz in Höhe von 3.256.275,15

43 Abs.
2 GmbHG wegen ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie 2003 verlangen. Die Übernahme dieser Garantie sei pflichtwidrig gewesen, weil die Zustimmung des [X.] nicht eingeholt worden sei. Es [X.] auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Beirat seine Zustimmung erteilt hätte. Hierzu sei er auch nicht verpflichtet gewesen. Der [X.] habe auch deshalb pflichtwidrig gehandelt, weil er im Zusammenhang mit der Über-nahme der Garantie flankierende Maßnahmen versäumt habe, durch die eine doppelte Inanspruchnahme der Klägerin durch die E.

und die Streithelferin verhindert worden wäre. Seiner Haftung stehe nicht entgegen, dass die [X.] ihn für das [X.] und seinen Mitgeschäftsführer auch für das [X.] entlastet habe, da seine Entlastung für 2003 ausdrücklich verweigert worden sei. Der Klägerin sei durch die Pflichtverletzung des [X.] ein Schaden in Höhe des eingeklagten Betrages entstanden, weil sie die zugrunde liegenden Lieferungen bereits an die E.

bezahlt
habe. Die Erfül-lungsvereinbarung schließe die Haftung des [X.]n nicht aus, da sie ohne die vom [X.]n zu Lasten der Klägerin übernommene Garantie 2003 nicht geschlossen worden wäre und ausdrücklich auf diese Garantie Bezug nehme.
Die Garantie 2003 sei wirksam vereinbart worden. Die von den [X.] der Klägerin unterzeichnete Garantieerklärung 2003 sei der 7
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-
6
-
Streithelferin zeitnah per Fax zugegangen und von deren Geschäftsführern H.

und Dr. He.

unterschrieben worden. Auf den Zeitpunkt der Un-terzeichnung komme es nicht an, da sie das Angebot der Klägerin jedenfalls konkludent angenommen hätten. Der Abschluss eines [X.] sei formfrei möglich. Eine qualifizierte [X.] des Inhalts, dass die Garantie zu ihrer Wirksamkeit im Original von den vier Geschäftsführern der Klägerin und der Streithelferin unterzeichnet werden müsse, hätten die [X.] nicht getroffen. Da der [X.] in der Berufungsverhandlung vom 16. Oktober 2008 eine solche Vereinbarung auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich verneint habe, sei sein gegenteiliger Vortrag in dem folgenden Schriftsatz, es sei eine entsprechende mündliche Absprache getroffen worden, prozessual unbeachtlich. Zudem habe der [X.] keinen konkreten Lebens-sachverhalt vorgetragen, sondern nur pauschal eine mündliche Absprache be-hauptet. Dass die Annahmeerklärung der Klägerin möglicherweise nicht zuge-gangen sei, sei wegen § 151 BGB unschädlich.
Die Kausalität entfalle auch nicht deshalb, weil die Klägerin die gleiche Zahlung schon aus der Garantie 2002 hätte leisten müssen. Abgesehen davon, dass die Streithelferin die Klägerin ausdrücklich aus der späteren Garantie in Anspruch genommen habe, sei die Garantie 2003 nach den hier anwendbaren Grundsätzen der Doppelkausalität auch dann für den eingetretenen Schaden ursächlich, wenn man diesen bereits in der Haftung für die Verbindlichkeiten der E.

gegenüber der Streithelferin sehe. In den Fällen der Doppelkausalität bei mehreren [X.] sei davon auszugehen, dass beide Ursachen im haf-tungsrechtlichen Sinne ursächlich seien, da andernfalls jeder Schädiger sich auf den Ursachenbeitrag des anderen stützen könnte. Diese Grundsätze würden auch in der vorliegenden Fallkonstellation greifen, in der zwar beide Ursachen vom selben Verursacher gesetzt worden seien, dieser aber -
aufgrund der ihm 11
-
7
-
für das Geschäftsjahr 2002 erteilten Entlastung
-
wegen der früheren Garantie nicht mehr in Anspruch genommen werden könne.

spruch der Klägerin gemäß §
254 BGB ausgeschlossen, weil sie diesen Betrag noch nach ihrer Inan-spruchnahme aus der Garantie und nach Abschluss der Erfüllungsvereinbarung an die E.

gezahlt habe.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in ent-scheidenden Punkten nicht stand.
1.
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Garantievertrag 2003, in dessen Abschluss es eine Pflichtverletzung des [X.] als Geschäftsführer der Klägerin gesehen hat, wirksam zustande [X.] ist, und es hat infolgedessen auf der Grundlage der getroffenen Fest-stellungen einen haftungsrechtlichen Zusammenhang zwischen der Unter-zeichnung der Garantieerklärung 2003 durch die Geschäftsführer der Klägerin und den von der Klägerin aufgrund der Erfüllungsvereinbarung geleisteten [X.] zu Unrecht bejaht.
a)
Das Berufungsgericht ist verfahrensfehlerhaft zu der Auffassung ge-langt, die Streithelferin habe das schriftliche Angebot der Klägerin auf [X.] einer Garantievereinbarung formlos angenommen. Der [X.] hat vorgetragen, die Klägerin und die Streithelferin, vertreten durch ihre damaligen Geschäftsführer, hätten für den Abschluss des [X.] ausdrücklich mündlich konstitutive Schriftform vereinbart, und hat für diesen
Vortrag Beweis durch Vernehmung der damaligen Geschäftsführer der Streithelferin Dr.
He.

und H.

angeboten. Das Berufungsgericht hat den [X.] zu Recht für diesen Vortrag als beweisbelastet angesehen (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar
1997 -
II
ZR
213/95, NJW-RR 1997, 669, 670; [X.]/A.
Arnold, 12
13
14
15
-
8
-
BGB, 13.
Aufl., §
127 Rn.
11; Laumen in [X.], [X.] der Beweislast, [X.], 3.
Aufl., §
125 Rn.
11
f.). Es durfte deshalb nicht zu dem Ergebnis kommen, die Streithelferin habe das Vertragsangebot der Klägerin wirksam konkludent angenommen, ohne die vom [X.]n angebote-nen Zeugen zu vernehmen.
aa)
Wie die Revision mit Recht rügt, war das Berufungsgericht von der Beweisaufnahme nicht deshalb entbunden, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.]n in der mündlichen Verhandlung vom 16.
Oktober 2008 eine aus-drückliche Schriftformabrede auf Nachfrage des Berufungsgerichts verneint hat. Diesen Vortrag hat der [X.] im nachgelassenen Schriftsatz vom 19.
November 2008 dahingehend klargestellt, dass sich die Aussage seines Prozessbevollmächtigten nur darauf bezogen habe, dass eine ausdrückliche, schriftlich festgehaltene Schriftformabrede nicht bestanden habe, wohl aber -
wie mehrfach vorgetragen
-
eine ausdrückliche mündliche Schriftformverein-barung. Er hat dabei auf sein Vorbringen in den Schriftsätzen vom 10.
Januar 2007 und vom 12. Dezember 2005 verwiesen. Der Umstand, dass der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des [X.]n in der mündlichen Verhandlung zu dem Vortrag in den genannten Schriftsätzen in Widerspruch stehen mag, recht-fertigt es nicht, von der Erhebung der angebotenen Beweise abzusehen. Darin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet. Eine etwaige Widersprüchlichkeit
des [X.]vortrags kann nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden ([X.], Beschluss vom 21.
Juli 2011 -
IV
ZR
216/09, VersR
2011, 1384 Rn.
6; Urteil vom 1.
Juli 1999 -
VII
ZR
202/98, [X.], 208; Urteil vom 5.
Juli 1995 -
KZR
15/94, NJW-RR
1995, 1340, 1341 -
Sesamstraße-Aufnäher).
bb)
Ebenso wenig durfte das Berufungsgericht von einer Beweisaufnah-me absehen, weil der [X.] die mündliche Absprache über die Formbedürf-16
17
-
9
-
tigkeit der Garantievereinbarung behauptete, ohne nähere Einzelheiten
darzu-legen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen; unerheblich ist, ob die Darstellung der [X.] wahrscheinlich ist (vgl. nur [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2011 -
IV
ZR
216/09, VersR
2011, 1384 Rn.
6; Urteil vom 2.
April 2007 -
II
ZR
325/05, ZIP
2007, 1056 Rn.
23; Urteil vom 25.
Juli 2005 -
II
ZR
199/03, [X.], 1847, 1848; Beschluss vom 1.
Juni 2005 -
XII
ZR
275/02, NJW 2005, 2710, 2711). Genügt das [X.]vorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht gefordert werden. Vielmehr muss der Tatrichter in die Beweisaufnahme eintreten; dabei muss er gegebenenfalls durch entsprechende Nachfrage nähere Einzelheiten klären, soweit er ihnen für die Wahrscheinlichkeit der Behauptung Bedeutung zumisst.
Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen §§
284, 286 ZPO verkannt.
Der Vortrag des [X.]n, die [X.]en des [X.] hätten konstitutive Schriftform vereinbart, erfüllt die Anforderungen an ei-nen schlüssigen Tatsachenvortrag, so dass das Berufungsgericht die von ihm angebotenen Zeugen hätte vernehmen müssen.
b)
Das Urteil beruht auf diesen Verfahrensfehlern. War eine konstitutive Schriftform des [X.] vereinbart, konnte die Streithelferin das Ange-bot der Klägerin zum Abschluss des [X.] vom 17. Dezember 2003 nur schriftlich innerhalb der Annahmefrist des §
147 Abs. 2 BGB annehmen. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, die Geschäftsführer der Streithelferin hätten das Fax noch im Dezember 2003 unterzeichnet. Der [X.] hat diesen Vor-trag bestritten. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. [X.] ist deshalb entsprechend dem [X.]nvortrag davon [X.], dass der von der Klägerin im Dezember 2003 angebotene Garantie-18
19
-
10
-
vertrag nicht zustande gekommen ist, weil er von den vertretungsberechtigten Organen der Streithelferin nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB un-terzeichnet wurde.
War aber die Klägerin aufgrund der von ihren Geschäftsführern im [X.] unterzeichneten Garantieerklärung nicht zu Garantiezahlungen verpflichtet, steht der haftungsrechtliche Zusammenhang zwischen der vom Berufungsgericht angenommenen Pflichtverletzung des [X.]n und den durch die Erfüllungsvereinbarung begründeten [X.] nicht mehr fest. Denn dem Schädiger ist es nicht als adäquate Folge seines Tuns zuzurechnen, wenn der Geschädigte in ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt. Der Kausalzusammenhang wird nur dann nicht unterbrochen, wenn für die Zweithandlung ein rechtfertigender An-lass bestand oder diese durch das haftungsbegründende Ereignis [X.] wurde und eine nicht ungewöhnliche oder gänzlich unangemessene Reak-tion auf dieses darstellt ([X.], Urteil vom 10.
Mai 1990 -
IX
ZR
113/89, NJW
1990, 2882, 2883; Urteil vom 3.
Dezember 1992 -
IX
ZR
61/92, NJW
1993, 1139, 1141; Urteil vom 7.
Januar 1993 -
IX
ZR
199/91, NJW
1993, 1587, 1589; Urteil vom 4.
Juli 1994 -
II
ZR
126/93, NJW
1995, 126, 127).
Diese Voraussetzungen sind nach den bisher vom Berufungsgericht ge-troffenen Feststellungen nicht erfüllt. War der Geschäftsführer [X.]

-
wie vom [X.]n behauptet und unter Beweis gestellt
-
an der konstitutiven Schriftformabrede beteiligt, muss sich die Klägerin dessen Kenntnis zurechnen lassen. Schloss sie in Kenntnis der Tatsache, dass das für den Garantievertrag vereinbarte Schriftformerfordernis nicht erfüllt war, mit der Streithelferin die als Vergleich zu beurteilende Erfüllungsvereinbarung, liegt eine ungewöhnliche und gänzlich unangemessene Reaktion auf die Unterzeichnung der Garantieverein-20
21
-
11
-
barung durch den [X.]n und den Geschäftsführer [X.]

nahe. Ob der Abschluss der Erfüllungsvereinbarung in dieser Weise zu beurteilen ist, hängt von den vom Berufungsgericht in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren gegebenenfalls zu klärenden Umständen des Falles ab. Dabei können die Er-folgsaussichten der Klägerin im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Streithelferin und ihr Interesse an einer raschen Streitbeilegung zu be-rücksichtigen sein (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Januar 1993 -
IX
ZR
199/91, NJW
1993, 1587, 1589).
2.
Ebenso ist die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, die -
angenommene
-
Pflichtverletzung des [X.]n sei für einen Schaden der Klägerin ursächlich geworden.
a)
Das Berufungsgericht sieht eine Pflichtverletzung des [X.]n darin, dass er die Garantieerklärung im Dezember 2003 ohne die Zustimmung des [X.] unterzeichnet und nicht zugleich durch entsprechende Maßnahmen si-chergestellt habe, dass die Klägerin für dieselben Lieferungen nicht sowohl von der E.

als Vertragspartnerin als auch von der Streithelferin als Garantin auf Zahlung in Anspruch genommen werden konnte. Diese Pflichtverletzung ist für die Verpflichtung der Klägerin, für die Verbindlichkeiten der E.

gegenüber der Streithelferin aus 2003 geschlossenen [X.] aufkommen zu müssen, auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch dann nicht kausal geworden, wenn die Streithelferin, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines [X.] vom 17.
Dezember 2003 wirksam angenommen hat. Die Garantie 2003 hat die [X.] der Klägerin nicht verschlechtert, soweit sie die Einstandspflicht der Klägerin für die hier maßgeblichen Zahlungsverpflichtungen der E.

aus den im [X.] geschlossenen [X.] betrifft. Denn die Klägerin wurde nicht erst durch die Unterzeichnung der Garantievereinbarung im Dezember 22
23
-
12
-
2003 mit der Verbindlichkeit belastet, die Forderungen der Streithelferin gegen die E.

aus den im [X.] geschlossenen [X.] zu erfüllen, sofern diese ihren Zahlungspflichten nicht rechtzeitig nachkam. Vielmehr war sie hier-zu, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, schon durch den im Juli 2002 mit der Streithelferin geschlossenen, insoweit gleichlautenden [X.] verpflichtet, unabhängig davon, ob der [X.] für solche Forderungen der Streithelferin eine weitere Garantieverpflichtung zu Lasten der Klägerin be-gründete.
b)
Anders verhielte es
sich nur, wenn durch den späteren Garantiever-trag die Garantieverpflichtung für die gesicherten Forderungen aus den 2003 geschlossenen [X.] erweitert worden wäre oder der Klägerin gegen ihre Inanspruchnahme aus der Garantie 2002 durchgreifende Einwendungen [X.] hätten. Hierfür bestehen nach den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte. [X.] ist deshalb da-von auszugehen, dass die vom Berufungsgericht angenommene Pflichtverlet-zung des [X.]n im Zusammenhang mit der Garantie 2003 nicht für die Ver-pflichtung der Klägerin kausal war, gegenüber der Streithelferin für die Verbind-lichkeiten der E.

aus [X.], die diese im [X.] mit der Streithelferin geschlossen hat, einstehen zu müssen.
c)
Der fehlende [X.] lässt sich nicht durch die vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze der Doppelkausalität überwin-den. Sogenannte Doppelkausalität liegt vor, wenn ein bestimmter Schaden durch verschiedene gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände [X.] worden ist, aber jede dieser Ursachen allein ausgereicht hätte, um den ganzen Schaden herbeizuführen. In einem solchen Fall sind sämtliche [X.] als rechtlich ursächlich für den Schadenseintritt zu behandeln, obwohl keiner r-24
25
-
13
-
den kann (vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 1988 -
IX
ZR
43/87, WM
1988, 905, 908; Urteil vom 7.
Mai 2004 -
V
ZR
77/03, [X.], 189, 191). Eine vergleich-bare Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Die Garantievereinbarungen [X.] zeitlich nacheinander geschlossen. Der in der Begründung der [X.] zu Lasten der Klägerin liegende Schaden war be-reits vor Unterzeichnung des [X.] im Dezember 2003 durch [X.] der Garantievereinbarung im Juli 2002 eingetreten.
d)
Der Umstand, dass die Streithelferin ihren Zahlungsanspruch nur auf die spätere Garantie gestützt hat, ändert nichts daran, dass sich die Vermö-genslage der Klägerin durch das
nach Ansicht des Berufungsgerichts pflichtwid-rige Handeln des [X.]n im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des [X.] im Dezember 2003 nicht verschlechtert hat. Ebenso wenig ist für die Beurteilung der Kausalität der Pflichtverletzung des [X.]n von [X.], ob der [X.] bereits mit dem Abschluss des [X.] im Juli 2002 eine Pflichtverletzung begangen hat und ob er von der Klägerin -
in [X.] seiner Entlastung für das [X.]
-
aus diesem Grund auf Schadenser-satz in Anspruch genommen werden kann. Denn diese Umstände haben keinen Einfluss darauf, ob die Pflichtverletzung des [X.]n im Zusammenhang mit der Garantieerklärung 2003 zu einem Schaden der Klägerin im Sinne einer Verschlechterung ihrer Vermögenslage geführt hat.
e)
Hat das vom Berufungsgericht angenommene pflichtwidrige Handeln des [X.]n im Zusammenhang mit der von ihm im Dezember 2003 abgege-benen Garantieerklärung die Vermögenslage der Klägerin nicht verschlechtert, schuldet ihr der [X.] keinen Schadensersatz nach §
43 Abs.
2 GmbHG. Dies gilt auch für den ihm angelasteten Kompetenzverstoß. Denn diese Vor-schrift sanktioniert nicht den Kompetenzverstoß des Geschäftsführers an sich, sondern setzt einen dadurch verursachten Schaden voraus (vgl. [X.], Urteil 26
27
-
14
-
vom 11.
Dezember 2006 -
II
ZR
166/05, [X.], 268 Rn.
10 und 12; Urteil vom 21.
Juli 2008 -
II
ZR
39/07, [X.], 1818 Rn.
19).
III.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, soweit der Klage stattgege-ben worden ist (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht -
gegebenenfalls nach ergänzendem [X.]vortrag
-
die erforderlichen Feststel-lungen treffen kann (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Denn es kann nicht ausge-schlossen werden, dass die Klägerin gegen ihre Inanspruchnahme aus dem im Juli 2002 geschlossenen Garantievertrag gegenüber der Streithelferin durch-greifende Einwendungen hätte erheben können. In diesem Fall wäre durch den Abschluss des weiteren [X.] im Dezember 2003 die Vermögensla-ge der Klägerin verschlechtert worden.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls erneut damit zu [X.] haben, ob das Handeln des [X.]n deshalb pflichtwidrig war, weil er im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Garantieerklärung 2003 flankie-rende Maßnahmen zur Vermeidung einer Doppelzahlung unterlassen hat.
2.
Sollte sich ergeben, dass die Klägerin schon aus dem im Juli 2002 ab-geschlossenen Garantievertrag für die Forderungen der Klägerin gegen die E.

aus den im [X.] geschlossenen [X.] einstehen musste und sollten Schadensersatzansprüche gegen den [X.]n wegen Abschlusses dieses [X.] in Betracht kommen, scheiden solche Ansprüche ent-gegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht schon von vornherein aus, weil der [X.] für das [X.] von der Gesellschafterversammlung entlastet wurde. Die Gesellschaft ist durch eine Entlastung des Geschäftsführers nur mit 28
29
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31
-
15
-
solchen Ersatzansprüchen ausgeschlossen, die der [X.] bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte erkennbar waren oder von denen alle Gesellschafter privat Kenntnis hatten ([X.], Urteil vom 20.
Mai 1985 -
II
ZR
165/84, [X.]Z
94, 324, 326; Urteil vom 21.
April 1986 -
II
ZR
165/85, [X.]Z 97, 382, 384).
Das Berufungsgericht wird hierzu die nach ergänzendem [X.]vortrag gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Bergmann

Strohn

Caliebe

Reichart

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.07.2007 -
87 [X.]/04 -

O[X.], Entscheidung vom [X.] -
18 [X.] -

32

Meta

II ZR 50/09

13.03.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2012, Az. II ZR 50/09 (REWIS RS 2012, 8247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8247

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 50/09

18 U 142/07

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