Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2017, Az. IX ZR 178/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8460

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:060717UIXZR178.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX [X.]

Verkündet am:

6. Juli 2017

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 17 Abs. 2 Satz 2, § 133 Abs. 1; ZPO § 806b aF
Erklärt sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem [X.] zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit, muss der Gläubiger allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

[X.], Urteil vom 6. Juli 2017 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
6. Juli
2017
durch [X.] Dr. [X.],
die Richterin [X.], die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und
die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 26. Juli 2016 wird auf Kosten des Klägers
zurück-gewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 4. Oktober 2013 am 27.
November 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des

S.

(nachfolgend: Schuldner), der
einen Dachdeckerbetrieb [X.]. Der Beklagte erstellte für den Betrieb des
Schuldners
im Rahmen eines einmaligen geschäftlichen Kontakts [X.] und führte Kernbohrungen durch. Für diese Arbeiten stellte er dem Schuldner am 7. Juli 2011 einen Betrag [X.] auch nach dreimaliger Mahnung nicht beglichen hatte, leitete der [X.] das gerichtliche Mahnverfahren ein. Am
27. Januar 2012 erging gegen den Schuldner ein Vollstreckungsbescheid. Im März 2012 bestanden gegen den Schuldner fällige Forderungen weiterer Gläubiger in Höhe von mehr als k-geführt wurden. Der mit der Vollstreckung des Titels beauftragte [X.]
-
3
-

zieher vereinbarte
mit dem Schuldner am 12. März 2012 Ratenzahlungen
in Höhe von monat. Am selben Tag erbrachte der Schuldner die erste Teilleistung in der vereinbarten Höhe.
Anschließend informierte der [X.] den Beklagten schriftlich über das Ratenzahlungsangebot des Schuldners und teilte mit, der Schuldner sei seines Erachtens in der Lage, die Sache durch Ratenzahlung zu erledigen.
Am 3. April 2012 und 4. Mai 2012 zahlte der
Schuldner

an den Gerichtsvollzieher, am 4. Juli 2012 einen Betrag von e-

Gestützt auf eine Vorsatzanfechtung der über den Gerichtsvollzieher er-brachten Leistungen hat der Insolvenzverwalter im Oktober 2014 Klage
auf Zahlung verhoben. Die
Klage ist in den Vorinstanzen
erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein auf §
143 Abs.
1 Satz 1, § 133
Abs. 1 [X.] gestützter [X.] zu. Es fehle die
Kenntnis des
Beklagten vom [X.] des [X.]. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlun-2
3
4
-
4
-

gen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen müssen.
Zwar deute das monatelange Schweigen des Schuldners einer unstreitigen Forderung trotz erheblichen Zahlungsdrucks grundsätzlich auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin und könne ein Indiz für eine Zahlungseinstellung darstellen. Vorliegend habe der Beklagte jedoch nicht in einer länger andauernden Geschäftsbeziehung zum Schuldner gestan-den, sondern aufgrund der
erstmaligen Auftragserteilung
keine Kenntnis über dessen Zahlungsverhalten
und
sonstiges
geschäftliches
Gebaren besessen. Überdies stelle
die ursprüngliche Forderung

kleine und mittlere
Geschäftsbetriebe eine lediglich
geringe Forderung dar. Die Nichtbegleichung einer geringfügigen Forderung lasse
jedoch
für sich genom-men nicht den Schluss auf existenzbedrohende Zahlungsschwierigkeiten zu. Die Tatsache, dass der Schuldner mit dem Gerichtsvollzieher trotz der Gering-fügigkeit der Forderung eine
-
bis auf eine Unterbrechung im Juni 2012
-
ter-mingerecht
eingehaltene Ratenzahlungsvereinbarung
abgeschlossen habe, stelle ebenfalls
kein starkes Indiz für eine Zahlungseinstellung dar.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Anfecht-barkeit einer Rechtshandlung des Schuldners nach § 133 Abs. 1 [X.]
in der
hier anwendbaren
bis zum 5. April 2017 geltenden Fassung setzt voraus, dass der Schuldner mit dem Vorsatz handelte, seine Gläubiger zu benachteiligen, und der [X.] diesen Vorsatz kannte.
Die Würdigung des [X.], der
zufolge der Beklagte
den [X.] des Schuldners nicht
erkannt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

5
-
5
-

1.
Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt stel-len die zwischen
dem 12. März 2012
und 30. August 2012 an den Gerichtsvoll-zieher geleisteten
Zahlungen Rechtshandlungen des Schuldners im Sinne des §
133 Abs. 1 [X.] dar. Leistet der Schuldner zur Abwendung einer ihm ange-drohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung, ist eine anfechtbare Rechtshandlung gegeben, weil der Schuldner noch in der Lage ist, über den angeforderten Betrag nach seinem Belieben zu verfügen. Diese Möglichkeit zu eigenem,
willensgesteuerten Handeln wird dem Schuldner nicht allein dadurch genommen, dass die [X.] bereits begonnen hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 -
IX ZR 128/08, Z[X.]
2010, 226
Rn.
10
f). Im Rahmen einer Zahlungsvereinbarung nach §
806b
ZPO aF er-brachte Leistungen des Vollstreckungsschuldners sind regelmäßig nicht auf einen einheitlichen hoheitlichen Zugriff zurückzuführen, sondern beruhen auf der eigenen Entscheidung des Schuldners (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO Rn. 13 mwN; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 133 Rn. 9a). Auch nach Beginn der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner frei entschei-den, ob er die vom Gerichtsvollzieher bislang nicht aufgefundenen oder heraus-verlangten Vermögenswerte ratenweise herausgibt oder aber die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung in Kauf nimmt (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2009, aaO Rn. 12).

2. Die angefochtenen Vermögensverlagerungen haben die Insolvenz-gläubiger im Sinne des § 129 Abs. 1 [X.] benachteiligt. Die an den Beklagten geleisteten Zahlungen haben das später der Gläubigergesamtheit zur Verfü-gung stehende Vermögen des Schuldners
verringert
(vgl. [X.], Urteil vom 7.
Mai 2015 -
IX [X.], Z[X.]
2015, 1262 Rn. 8 mwN). Die Anfechtungsfrist ist gewahrt.

6
7
-
6
-

3. Mit
Recht ist das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass der Schuldner die Rechtshandlungen mit dem gemäß § 133 Abs. 1 [X.] erforderli-chen [X.] vorgenommen hat.

a) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2016 -
IX [X.], Z[X.]
2016, 628
Rn. 11
mwN). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinn des §
17 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz regelmäßig ent-behrlich, wenn eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (vgl. [X.], Urteil vom 12. Februar 2015 -
IX [X.], Z[X.]
2015, 628
Rn. 18 f mwN).

b) Nach den tatrichterlichen Feststellungen hatte
der gewerblich tätige Schuldner bereits im März 2012 seine Zahlungen eingestellt. Zu diesem Zeit-punkt bestanden gegen den Schuldner fällige Forderungen in Höhe von mehr [X.] wurden. Dieser Umstand gestattet für
sich genommen den Rück-schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2015 -
IX [X.], Z[X.]
2015, 1262 Rn. 15
mwN).

4. Die eine Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ablehnende Würdigung des Berufungsgerichts ist [X.] nicht zu beanstanden.

a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können
-
weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen 8
9
10
11
12
-
7
-

handelt
-
meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. [X.], Urteil
vom 19. September 2013 -
IX ZR 4/13, Z[X.]
2013, 2213
Rn. 14; vom 14. Juli 2016 -
IX [X.], Z[X.]
2016, 1749
Rn. 12). Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen geschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des §
133 Abs. 1 [X.] die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der [X.] die tatsächlichen Umstände kennt, aus de-nen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsa-chen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden [X.]. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzel-falls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer [X.] Beweisaufnahme zu prüfen ([X.], Urteil vom 13. August 2009 -
IX ZR 159/06, Z[X.]
2009, 1901
Rn. 8). Die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des [X.] getroffenen Feststellungen beschränkt sich darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des §
286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 2016, aaO).

b) Einer Überprüfung anhand dieses Maßstabes hält die angefochtene Entscheidung stand.

13
-
8
-

aa) Die Kenntnis des [X.] wird gemäß § 133 Abs.
1 Satz 2 [X.] vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die [X.] drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der [X.] die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern.
Mithin ist der [X.] regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2015 -
IX [X.], Z[X.]
2016, 214
Rn. 23
mwN).

[X.]) Das Berufungsgericht konnte im Streitfall ohne Verstoß gegen §
286 ZPO zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Beklagten keine Umstände bekannt waren, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die zumindest dro-hende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zweifelsfrei folgte. Insbesondere ist die Würdigung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich hinzunehmen, wonach der im erstmaligen Geschäftskontakt zu dem Schuldner stehende Beklagte
aus der Tatsache, dass der Schuldner
die verhältnismäßig geringfügige
Forderung erst nach dreimaliger
außergerichtlicher Mahnung und Erlass eines Vollstre-ckungsbescheides im Rahmen einer mit dem Gerichtsvollzieher gemäß §
806b ZPO aF geschlossenen Zahlungsvereinbarung beglich, nicht zwingend auf die aus
einer
Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§
17 Abs.
2 Satz 2 [X.]) schließen musste.

(1) Grundsätzlich kennt ein Gläubiger die Zahlungseinstellung bereits dann, wenn er selbst bei [X.] seine Ansprüche ernsthaft einge-fordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht der Lage ist, die Forderungen
zu erfüllen ([X.], Urteil vom 30. April 2015
-
IX
ZR
149/14, Z[X.]
2015, 1441
Rn. 9; vom 14. Juli
2016
-
IX [X.], 14
15
16
-
9
-

Z[X.]
2016, 1749
Rn. 21). Das monatelange völlige Schweigen eines [X.]
auf Rechnungen und Mahnungen kann hierbei für sich genommen
ein In-diz für eine Zahlungseinstellung begründen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar
2016 -
IX [X.], Z[X.]
2016, 628
Rn. 13; vom 14. Juli 2016, aaO Rn. 23). Ein weiteres
Beweisanzeichen ist in der eigenen Erklärung des Schuldners zu sehen, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte verbunden ist (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 2016 -
IX [X.], Z[X.] 2016, 910 Rn. 8; vom 8. Januar 2015 -
IX [X.], Z[X.] 2015, 396 Rn. 21 mwN).
Betreibt ein die kritische Lage des Schuldners erken-nender Gläubiger die Zwangsvollstreckung und zahlt der Schuldner zu deren Abwendung, kann dies ebenfalls eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 [X.] begründen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 2003 -
IX ZR 199/02, [X.]Z 157, 242, 256 mwN).

Allerdings ermöglicht die zwangsweise Durchsetzung einer Forderung für sich betrachtet
keinen zwingenden Schluss auf Zahlungsunfähigkeit oder [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2017 -
IX [X.], zVb Rn.
19). Die Vorsatzanfechtung beruht nicht auf dem Grundsatz der Gläubiger-gleichbehandlung, sondern schützt das Interesse der Gläubiger, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt
(vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 2005 -
IX ZR 211/02, [X.]Z 162, 143, 150; vom 16. Januar 2014 -
IX ZR 31/12, Z[X.] 2014, 293 Rn. 17; vom 22. Juni 2017, aaO Rn. 20). Daher
unterliegt der Gläubiger, welcher sich mangels nähe-rer Kenntnisse über die Liquiditätslage des Schuldners der staatlichen Zwangsmittel
zur Forderungsdurchsetzung bedient, außerhalb des von den Normen der besonderen Insolvenzanfechtung geschützten Zeitraums grund-sätzlich keinen vom Anfechtungsrecht ausgehenden Beschränkungen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2017, aaO mwN). Zum Schutz vor einer möglichen 17
-
10
-

Zahlungsunwilligkeit, bewussten Zahlungsverzögerungen oder einem [X.] Lieferantenkredit muss dem Gläubiger, demgegenüber erstmalig ein Zahlungsrückstand auftritt und der über keine weiteren Erkenntnisse zur [X.] des Schuldners verfügt, möglich sein, außerhalb des von der be-sonderen Insolvenzanfechtung erfassten Zeitraums seine Forderung ohne [X.] auf dem gerichtlichen Weg durchzusetzen
(vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2017, aaO Rn. 22).

Auch
das Wissen um die ausbleibende
oder stockende
Tilgung einer verhältnismäßig geringen Forderung begründet regelmäßig noch nicht die Kenntnis des Gläubigers von einer Zahlungseinstellung (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2015, aaO Rn. 10 mwN). Die schleppende Berichtigung einer nicht auffallend hohen Verbindlichkeit kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hindeuten (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2015, aaO; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., §
130 Rn. 39). Insbesondere trifft die
Erwägung
der Revision, wonach die [X.] kleinerer Forderungen erst recht auf die Unfähigkeit zur Entrichtung grö-ßerer, ebenfalls noch offener
Beträge schließen lasse, nicht zu
(vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2005 -
IX ZR 123/04, [X.]Z 163, 134, 143). Ein solches Zahlungs-verhalten lässt mehrere Deutungen zu, etwa auch die, dass die kleinere Forde-rung aus Nachlässigkeit nicht beglichen worden ist.

(2) Hiernach
durfte das Berufungsgericht annehmen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht erkannt hat. Das Berufungsgericht hat die vom Senat geforderte Gesamtwürdi-gung vorgenommen, welche die vorgenannten, hier
wesentlichen Umstände einbezieht. Dazu gehört insbesondere, dass der Beklagte als außenstehender Gläubiger keinen Gesamtüberblick über die Liquiditäts-
oder Zahlungslage des 18
19
-
11
-

Schuldners
hatte (vgl. [X.], Urteil vom 19. Februar 2009 -
IX ZR 62/08, [X.]Z 180, 63 Rn.
17; vom 30. April
2015, aaO Rn. 11). Er
hatte weder Einblick in die Geschäftsunterlagen des Schuldners, noch kannte er dessen [X.] gegenüber anderen Gläubigern (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2015, aaO). Er musste lediglich allgemein
damit rechnen, dass der gewerblich tätige Schuldner weitere Gläubiger mit offenen Rechnungen hatte (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 -
IX [X.], Z[X.]
2012, 2244
Rn. 30; vom 6. [X.] 2012 -
IX ZR 3/12, Z[X.]
2013, 190
Rn. 42; vom 30. April 2015, aaO).
Entscheidend ist -
was das Berufungsgericht mit Recht hervorgehoben hat
-
des Weiteren, dass sich der Geschäftskontakt zwischen dem Schuldner und dem Beklagten auf die einmalige Ausführung von Werkleistungen
beschränkte.
Dem Beklagten
war es deshalb
nicht möglich, aus
dem
vorangehenden
Zahlungs-verhalten eindeutige Rückschlüsse auf die finanzielle Situation des Schuldners zu ziehen. Anderweitige Kontakte oder Gespräche zwischen
dem
Beklagten
und dem Schuldner, in deren Rahmen
sich
finanzielle Schwierigkeiten offenbar-ten
oder um Stundung gebeten wurde, hat der darlegungs-
und beweisbelastete Kläger
nicht vorgetragen.

Innerhalb des von § 286 ZPO eröffneten [X.] hält sich auch die Erwägung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte angesichts der Höhe und der
Bedeutung der Verbindlichkeit für die Fortführung des schuldnerischen Geschäftsbetriebs keinen zwingenden
Schluss auf [X.] wirtschaftliche Schwierigkeiten des Schuldners ziehen musste. Zwar wurde die streitgegenständliche Forderung
erst nach monatelangem Schweigen unter dem Eindruck der Zwangsvollstreckung im Wege einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b
ZPO
aF beglichen. Dies kann
grundsätzlich auf das Vorliegen ei-nes nicht unerheblichen finanziellen Engpasses hindeuten
(vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2016 -
IX [X.], Z[X.]
2016, 628
Rn. 14). Entgegen
der An-20
-
12
-

sicht der Revision kann aber allein aus der Tatsache, dass mit dem [X.] eine Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF geschlossen wurde, kein zwingendes Indiz für eine Zahlungseinstellung abgeleitet werden.
Zwar setzt der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung nach § 806b ZPO aF das [X.] pfändbarer Gegenstände und damit den fruchtlosen Verlauf ei-nes [X.] voraus. Dieser Umstand kann grundsätzlich für eine Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Schuldners gewertet werden (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 2001 -
IX ZR 48/01, [X.]Z 149, 178, 185 f; vom 22. Juni 2017 -
IX [X.], zVb
Rn. 25).
Werden dem Gläu-biger -
wie im hier zu entscheidenden Einzelfall
-
jedoch im Rahmen der Voll-streckung keine über die durch den Gerichtsvollzieher mitgeteilte,
grundsätzli-che Fähigkeit und Bereitschaft des Schuldners, die ausstehende Schuld kurz-fristig in Teilbeträgen zu tilgen, hinausgehenden
Tatsachen bekannt, begründet der Abschlusses einer Zahlungsvereinbarung nach §
806b ZPO aF für sich be-trachtet keine Anfechtbarkeit der empfangenen Zahlungen nach § 133 Abs. 1 ZPO. Anderenfalls wäre ein Einzelgläubiger regelmäßig gehalten, sein [X.] zum Abschluss einer
Vereinbarung nach §
806b ZPO aF aufgrund der hierdurch erst eröffneten Vorsatzanfechtung zu versagen.

Der Wertung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte aufgrund der unter Berücksichtigung des konkreten Zuschnitts des schuldnerischen [X.] geringen Forderungshöhvon dem Vorliegen einer
nur geringfügigen
Liquiditätslücke ausgehen
durfte, ist demnach nicht zu bean-standen (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 2013 -
IX ZR 49/13, Z[X.] 2013, 2434 Rn. 14 mwN).
Für diese Sichtweise spricht ferner,
dass es sich bei der Forderung nicht um eine zur Betriebsfortführung notwendige, fortlaufende Ver-bindlichkeit wie Sozialabgaben, Steuern, Mieten oder Lohnzahlungen handelte
(vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2015 -
IX ZR 149/14, Z[X.] 2015, 1441
Rn. 9), 21
-
13
-

sondern lediglich um eine aus einer einmaligen Geschäftsbeziehung folgende Schuld.

[X.]
[X.]
Pape

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.05.2015 -
112 C 223/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.07.2016 -
11 [X.]/15 -

Meta

IX ZR 178/16

06.07.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2017, Az. IX ZR 178/16 (REWIS RS 2017, 8460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8460

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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