Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2002, Az. 1 StR 548/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 5052

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[X.]/01vom15. Januar 2002in der [X.] Totschlags u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 15. Januar 2002 beschlos-sen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. September 2001 im Strafausspruch mitden Feststellungen aufgehoben.Die weitergehende Revision wird verworfen.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Schwurgerichtskammer des [X.].Gründe:Der Angeklagte wurde wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mitgefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von [X.] ([X.]) sowie zwei (weite[X.]) Fällen der gefährlichen Körperver-letzung zum Nachteil seiner Ehefrau ([X.] jeweils zwei Jahre), zu einerGesamtfreiheitsstrafe von acht Jah[X.] verurteilt.Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt zum Schuldspruch er-folglos (§ 349 Abs. 2 StPO), hat aber zum Strafausspruch Erfolg (§ 349 Abs. 4StPO).- 3 -1. Folgendes ist festgestellt:Im Rahmen des von der Ehefrau des Angeklagten eingeleiteten Schei-dungsverfah[X.]s kam es unter den Eheleuten zu Streitigkeiten vor allem rdas Sorgerecht fr die 1990 und 1992 gebo[X.]en Sie Tilgung [X.] in [X.] mehre[X.] hunderttausend [X.]. Diese rrten [X.] einem Hausbau her sowie von einem Darlr 80.000 [X.], das [X.]" der Ehefrau aufgenommen worden war. Ein [X.] Einkommen erzielte diese nicht.Nach der T[X.]nung der Eheleute verblieben dem Angeklagten, der in [X.] zur Miete wohnte, von seinem Nettoverdienst von etwa 4.400 [X.]noch etwa 460 [X.]. Als die Zwangsversteigerung des Hauses anstand, [X.] die Ehefrau ihre fr einen freiigen Verkauf erforderliche Zustim-mung, ohne daß ein Grund hierfr festgestellt wre, obwohl bei einer Zwangs-versteigerung ein wesentlich geringerer Erls zu erwarten war als bei einemfreiigen Verkauf. In dem nunmehr von der Ehefrau und den [X.] hielt sich zumindest zeitweite [X.] , der Freundder Ehefrau, auf, dem diese auch den vom Angeklagten fr sie und die Kindergeleasten Pkw - fr den der Angeklagte monatliche Leasingraten bezahlte - [X.] hatte.Als der Angeklagte erfuhr, daß die Sr dem Familienge-richt erklrt hatten, im Fall einer Scheidung bei der Mutter bleiben zu wollen,war er enttscht und verzweifelt, nachdem diese bis zuletzt immer wieder [X.] hatten, bei einer Scheidung bei ihm leben zu wollen. Wie es zu diesemSinneswandel gekommen war, ist nicht mitgeteilt. Der Angeklagte vermutete"gleichfalls eine Intrige seiner Frau und ihres [X.] -Der Angeklagte geriet r die ganze Situation so in Wut, [X.] er nochin derselben Nacht zu seinem fr[X.] Wohnhaus und zu seiner Ehefrau [X.] sie notfalls auch mit [X.] zwingen, dem Verkauf des [X.]"; er nahm ein Kchenmesser mit, "um seiner Forderung Nachdruckverleihen zu k". Vor dem Haus steigerte sich seine Wut weiter, als er dortden von ihm geleasten und von [X.]benutzten Pkw stehen sah. Es gingihm jetzt nicht mehr nur um den Hausverkauf, sondern er wollte "die Situationauf der Stelle unter Einsatz von Gewalt bereinigen" und dabei seine [X.] [X.]"angreifen". Er betrat r die Garage die [X.], nach-dem er zuvor einen aufgefundenen [X.] als Schlagwerkzeug ansich genommen hatte. In der [X.] trat ihm seine Ehefrau entgegen, derer mit den Worten: "Jetzt hast Du erreicht, was Du wolltest, Du Drecksau!" den[X.] zweimal auf den Kopf schlug. Einen Ttungsvorsatzkonnte die [X.] nicht feststellen. Als die Ehefrau [X.] um [X.], wandte sich der Angeklagte von ihr ab und lief in das Wohnzimmer, wo ermit den Worten: "Ich bring Dich um, Du Drecksau!" mit dem [X.] mehrfach auf [X.] einstach. Es kam zu einem Kampf, bei [X.]zwar letztlich erfolgreich weh[X.], tiefe Schnitt- und weniger [X.] aber nicht verhindern konnte. Am Ende konnte [X.]trotz Verfolgung durch den Angeklagten fliehen.Der Angeklagte kehrte zum Haus zurck und wandte sich wieder, dies-mal auch mit dem Messer, gegen die Ehefrau, der er, noch immer ohne T-tungsvorsatz, trotz ihrer Gegenwehr Verletzungen am Ellenbogen und am [X.] zufte. Das Eingreifen der durcrm aufgewachten Kinder [X.] dann auch der Ehefrau die [X.] 5 -2. [X.] ist rechtsfehlerfrei. Der [X.] Ausfrung [X.] folgendes:Die Annahme, es liege nicht Tateinheit (natrliche Handlungseinheit),sondern Tatmehrheit hinsichtlich der drei Tatkomplexe vor, ist entgegen [X.] der Revision nicht zu beanstanden.Hchstpersliche Rechtster verschiedener Personen sind einer ad-ditiven Betrachtungsweise, wie sie der natrlichen Handlungseinheit zu [X.], nur ausnahmsweise zlich. Greift der Tter daher einzelne Men-schen nacheinander an, so besteht selbst bei einheitlichem [X.] undengem rmlichen und zeitlichen Zusammenhang [X.] kein Anlaû, [X.] als eine Tat zusammenzufassen ([X.], 351,352, [X.], 537, 538 jew. m.w.[X.]). Besonderheiten, die eine andere Beur-teilung rechtfertigen kten (vgl. [X.] [X.] aaO), sind nicht ersichtlich.Insbesondere ergibt sich dies auch nicht daraus, [X.] der Angeklagte [X.] angriff, da der zwischenzeitliche Angriff gegen [X.] inso-weit eine Zsur bildet.3. Der Strafausspruch kann dagegen keinen Bestand haben.a) Hinsichtlich des [X.] ist [X.], ein minder schwe-rer Fall (§ 213 StGB) liege nicht vor. Ein Anlaû, der den in § 213 StGB ge-nannten [X.] nur rnd vergleichbar sei, sei nicht ersichtlich.[X.]habe dem Angeklagten "keinerlei Anlaû" zur Tat gegeben, [X.] sei jedoch wegen Versuchs gemû §§ 23, 49 StGB zu mildern.Dabei geht die [X.] von einem unzutreffenden Ansatz aus, dabei der Frage, ob ein sonstiger minder schwerer Fall im Sinne von § 213 StGB,zweite Alternative, vorliegt, nach der Rechtsprechung des [X.]- 6 -nicht auf die Vergleichbarkeit mit den Fllen einer Provokation abzustellen ist.Entscheidend hierfr ist vielmehr, ob das gesamte Tatbild einschlieûlich allersubjektiven Momente und der Tterperslichkeit vom Durchschnitt der [X.] gewlich vorkommenden Flle in einem Maûe abweicht, [X.]die Anwendung des [X.] geboten ist ([X.], [X.] vom21. Dezember 1992 - 5 StR 645/92 -; NStZ 1985, 310 m.w.[X.]). In diesem [X.] die Vorgeschichte der Tat und die gesamten [X.] zwischen den Beteiligten von Bedeutung sein ([X.]/Schrr StGB, 26. Aufl. § 213 Rdn. 13 m.w.[X.]). Bereits bei Vorliegen eines"vertypten Milderungsgrundes" (hier: Versuch) kann die Annahme eines minderschwe[X.] Falles in Betracht kommen (st. Rspr., vgl. die Nachw. bei [X.]/[X.] StGB, 50. Aufl. § 50 Rdn. [X.]) Nach diesen Grundstztte die [X.] bei der Prfung desminder schwe[X.] Falles die dazu aufgezeigten Besonderheiten der Vorge-schichte der Tat in die Errterung einbeziehen mssen. Die [X.] siehtzwar die finanzielle und familire Lage des Angeklagten als wesentlich zuGunsten des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkt an, errtert diesen [X.] aber nicht - wie geboten - bereits bei der Prfung des Strafrahmens son-dern erst bei der Strafzumessung innerhalb des bereits gefundenen Strafrah-mens. [X.] hat [X.] selbst, fr das Opfer eines Ttungsversuchsungewlich, "ein gewisses Verstis" fr die Gesamtsituation des Ange-klagten gezeigt.c) Allerdings gebietet der hohe Rang des durch § 212 StGB gesctztenRechtsguts die Schwelle des § 213 StGB - auch nach der Strafrahmenver-scrfung durch das 6. [X.] - nicht zu niedrig anzusetzen ([X.]/[X.]aaO § 213 Rdn. 13 m.w.[X.]). Gleichwohl kann der Senat unter den hier gege-- 7 -benen Umsticht ausschlieûen, [X.] es sich im Ergebnis zu [X.] Angeklagten ausgewirkt tte, wenn die [X.] die genannten [X.] schon bei der Strafrahmenbestimmung erwtte.d) Dirwiegend auf dieselben Erwwie die Strafe wegenversuchten Totschlags gesttzten [X.]n wegen der gefrlichen Kr-perverletzungen zum Nachteil der Ehefrau [X.] im Hinblick auf [X.] inne[X.] Zusammenhang des gesamten Tatgeschehens keinen Bestandhaben.[X.] [X.]Wahl Schluckebier Kolz

Meta

1 StR 548/01

15.01.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2002, Az. 1 StR 548/01 (REWIS RS 2002, 5052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 5052

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